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Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 07.12.2004
Aktenzeichen: B 2 U 47/03 R
Rechtsgebiete: SGB VII
Vorschriften:
SGB VII § 2 | |
SGB VII § 3 | |
SGB VII § 6 | |
SGB VII § 8 Abs 1 Satz 1 |
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil
in dem Rechtsstreit
Az: B 2 U 47/03 R
Der 2. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 7. Dezember 2004 durch den Vorsitzenden Richter Steege, die Richter Kruschinsky und Dr. Becker sowie die ehrenamtlichen Richter Heithecker und Gehrken
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall. Der Kläger war bei dem Unternehmen J. L. GmbH & Co.KG, einem Mitgliedsunternehmen der beklagten Berufsgenossenschaft (BG), beschäftigt. Das Unternehmen gehörte zur P. & M. -Gruppe Großhandel AG (im Folgenden: Firmenmutter) mit acht weiteren Niederlassungen in Baden-Württemberg. Zur Stärkung des "Wir-Gefühls" veranstaltet die Firmenmutter in unregelmäßigen Abständen Turniere an verschiedenen Orten, zu denen sie alle Niederlassungen einlädt (1999 Fußball-, 2001 und 2002 Volleyball-Turnier). Die Angehörigen der einzelnen Niederlassungen werden durch Aushang informiert, die Teilnahme ist freiwillig. Die Kosten der Veranstaltung werden von den teilnehmenden Niederlassungen getragen. Die Hin- und Rückfahrt wird mit Privat-PKW durchgeführt.
An der Veranstaltung am (arbeitsfreien) Samstag, den 10. Juli 1999 nahm der Kläger als Mitglied der Fußballmannschaft seiner Niederlassung teil. Mit einer Ausnahme waren alle Niederlassungen durch eine Mannschaft mit jeweils zehn Spielern, inklusive Auswechselspielern vertreten. Ca weitere 100 Mitarbeiter des Gesamtunternehmens, davon etwa sechs aus der Niederlassung des Klägers, waren als Zuschauer anwesend. Das Turnier begann um 11.00 Uhr und wurde um 18.00 Uhr für beendet erklärt, die Veranstaltung endete um 21.30 Uhr. Bei einem Fußballspiel zog sich der Kläger eine Kniedistorsion rechts zu, die ärztlich behandelt werden musste.
Die Beklagte lehnte die Gewährung von Leistungen aufgrund dieses Ereignisses zunächst ab, weil die wesentliche Ursache für die medizinische Behandlung in Vorschäden gelegen habe (Bescheid vom 3. November 1999). Im Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2000 führte sie dann aus, das Fußballturnier sei eine unversicherte Freizeitaktivität und keine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gewesen. Für eine solche reiche es nicht, wenn nur einer ausgewählten Gruppe von Beschäftigten die Teilnahme an einer für sie ausgerichteten Veranstaltung offen stehe. Es habe auch kein Betriebssport vorgelegen, da es an der notwendigen Regelmäßigkeit der Sportausübung fehle.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 23. Oktober 2000). Um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung habe es sich nicht gehandelt, weil nur eine unverhältnismäßig kleine Anzahl von Beschäftigten teilgenommen habe. Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung des Klägers festgestellt, dass der Zustand nach Kniegelenkstrauma rechts Folge des Arbeitsunfalls vom 10. Juli 1999 sei (Urteil vom 23. Oktober 2003). Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger sei bei einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung, zumindest einer seiner Niederlassung Villingen-Schwenningen, verunglückt. Die Teilnahme an betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen sei der versicherten Tätigkeit zuzurechnen, wenn die Veranstaltung der Pflege der Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Belegschaft sowie letzterer untereinander diene, allen Beschäftigten offen stehe und zumindest von der Unternehmensleitung gebilligt und gefördert werde (Hinweis auf Bundessozialgericht <BSG> SozR 3-2200 § 548 Nr 21). Diese Voraussetzungen seien bei der Veranstaltung vom 10. Juli 1999 erfüllt gewesen. Sie sei von der Unternehmensleitung initiiert und von deren Autorität getragen worden. Angehörige der Unternehmensleitung seien anwesend gewesen. Es sei unschädlich, dass die Veranstaltung an einem arbeitsfreien Samstag stattgefunden habe. Es seien sämtliche Betriebsangehörigen der gesamten Unternehmensgruppe eingeladen gewesen. Der Einwand, die Veranstaltung habe sich nur an Fußballbegeisterte gewandt, gehe fehl, weil sportliche Gemeinschaftsveranstaltungen naturgemäß immer nur einen begrenzten Personenkreis beträfen. Andernfalls würden sämtliche sportlichen Gemeinschaftsveranstaltungen nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Gerade sportliche Mannschaftswettbewerbe förderten jedoch den Gemeinschaftsgeist, vor allem wenn, wie vorliegend, anschließend noch zusammen gesessen werde. Die Veranstaltung sei von einem wesentlichen Teil der Beschäftigten besucht worden. Bezogen auf das Gesamtunternehmen hätten mit 90 Spielern und ca 100 weiteren Unternehmensangehörigen rund 18 vH der insgesamt 1.972 Beschäftigten teilgenommen und von der Niederlassung des Klägers mit sechzehn Personen fast 20 vH der insgesamt 82 Beschäftigten. Für eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung genüge, dass der selbstständige Unternehmensteil, in dem der Kläger beschäftigt war, eine entsprechende Teilnehmerzahl erreicht habe. Zumal nichts mehr verbinde als der gemeinsame "Kampf" gegen andere Niederlassungen und die Niederlassungsleitung auch ein besonderes Interesse an der Repräsentation ihrer Niederlassung gegenüber den anderen gehabt habe.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Sie macht geltend, das Ereignis, bei dem sich der Kläger verletzt habe, sei kein Arbeitsunfall gewesen. Das LSG habe unter Verstoß gegen die ständige Rechtsprechung des BSG das Fußballturnier, bei dem sich der Kläger verletzte, als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung angesehen. Die Programmgestaltung - Fußballturnier um einen Pokal ohne weiteres Rahmenprogramm - zeige, dass das Austragen des Turniers im Vordergrund gestanden habe. Auch wenn alle Beschäftigten eingeladen waren, habe die Veranstaltung aufgrund der Programmgestaltung nur einen Teil von ihnen angesprochen. Die Veranstaltung sei nicht geeignet gewesen, zur Förderung des Gemeinschaftsgedankens im Betrieb beizutragen. Die Feststellung des LSG, die Veranstaltung sei von einem wesentlichen Teil der Beschäftigten besucht worden, sei rechtsfehlerhaft. Zwar gebe es nach der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf BSGE 7, 249, 252; SozR 2200 § 550 Nr 19) keine feste Mindestteilnehmerzahl, aber auch nicht jede noch so geringe Teilnehmerzahl sei als ausreichend angesehen worden (Hinweis auf BSGE 9, 222, 225). Es sei nicht von der Niederlassung Villingen-Schwenningen des Klägers, sondern von dem Gesamtunternehmen auszugehen, weil es sich um eine Gemeinschaftsveranstaltung der Firmenmutter gehandelt habe. Weder die Teilnahme von 17,7 vH der Beschäftigten des Gesamtunternehmens noch von 19,5 vH der Niederlassung des Klägers könne als ausreichend angesehen werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus: Seit dem Urteil des Senats vom 28. August 1968 - 2 RU 68/68 - hätten sich die Verhältnisse grundlegend geändert. Einladungen zu einem Fußballturnier mit geselligem Beisammensein sprächen nicht von vornherein nur einen begrenzten Kreis der Beschäftigten an.
II
Die Revision der Beklagten ist insoweit begründet, als das angefochtene Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist. Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen für eine abschließende Entscheidung über die vom Kläger geltend gemachte Anerkennung seines Unfalls vom 10. Juli 1999 als Arbeitsunfall nicht aus.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch <SGB VII>). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach in der Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignete, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Dieser innere bzw sachliche Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung (BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr 92; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 19; BSG SozR 3-2700 § 8 Nr 10) ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr 70; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr 84; BSG SozR 3-2700 § 8 Nr 10; SozR 4-2700 § 8 Nr 2 RdNr 4).
Im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit unter Versicherungsschutz stehen auch betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG kann die Teilnahme von Beschäftigten etwa an Betriebsfesten, Betriebsausflügen oder ähnlichen Gemeinschaftsveranstaltungen dem Unternehmen zugerechnet und der versicherten Tätigkeit gleichgesetzt werden. Dies ist, wie der Senat schon bisher entschieden hat, nur zu rechtfertigen, soweit die betreffende Veranstaltung im Interesse des Unternehmens liegt und wie die eigentliche Arbeitstätigkeit selbst betrieblichen Zwecken dient. Veranstaltungen zur Freizeitgestaltung oder zur Befriedigung sportlicher oder kultureller Interessen der Beschäftigten stehen auch dann nicht unter Versicherungsschutz, wenn sie im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit erfolgen und von dem Unternehmen gebilligt oder unterstützt werden. Voraussetzung für die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ist, dass die Zusammenkunft der Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmensleitung und den Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander dient. Die Veranstaltung muss deshalb allen Beschäftigten des Unternehmens - bei Großbetrieben mindestens allen Beschäftigten einzelner Abteilungen oder anderer betrieblicher Einheiten - offen stehen und von der Unternehmensleitung selbst veranstaltet oder zumindest gebilligt oder gefördert und von ihrer Autorität als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung getragen werden (s ua BSGE 1, 179, 182; 17, 280, 281 = SozR Nr 56 zu § 542 RVO; BSG SozR 2200 § 548 Nr 30; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 21, 40; BSGE 87, 294 = SozR 3-2200 § 539 Nr 54; SozR 4-2700 § 8 Nr 2 RdNr 5; Krasney in: Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand: 2004, § 8 RdNr 118 ff mwN). Für die Beurteilung, ob eine Veranstaltung diese Voraussetzungen erfüllt, ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich.
Eine Veranstaltung ist dann von der Autorität der Unternehmensleitung getragen, wenn der Veranstalter dabei nicht nur aus eigenem Antrieb und freier Entschließung, sondern im Einvernehmen mit der Unternehmensleitung oder für diese handelt (BSG SozR Nr 66 zu § 542 RVO aF). Bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen, die in einzelnen organisatorischen Einheiten des Unternehmens erfolgen, insbesondere wenn das Unternehmen über mehrere Betriebsstätten oder wie vorliegend Filialen verfügt, genügt es, wenn die Leitung der jeweiligen organisatorischen Einheit oder zB Filiale als Veranstalter seitens des Unternehmens fungiert (BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 2 RdNr 6).
Um die für den Versicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen wesentliche "betriebliche Zielsetzung" - Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander - zu erreichen, muss die Veranstaltung grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens offen stehen, von besonderen Fallgestaltungen in Großbetrieben, Versorgungsunternehmen usw abgesehen (s ua BSG SozR 2200 § 548 Nr 69). Es reicht nicht aus, dass allen Beschäftigten einer ausgewählten Gruppe die Teilnahme an einer für sie und nicht für alle Beschäftigten des Unternehmens oder Unternehmensteils ausgerichteten Veranstaltung offen steht (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 21; SozR 4-2700 § 8 Nr 2 RdNr 7). Eine Anwesenheit der Unternehmensleitung während der gesamten Veranstaltung ist nicht erforderlich, grundsätzlich muss die Unternehmensleitung oder müssen Teile von ihr aber an der Veranstaltung teilnehmen, damit die betriebliche Zielsetzung Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten erreicht werden kann (BSG SozR Nr 25 und Nr 66 zu § 542 RVO aF; SozR 4-2700 § 8 Nr 2 RdNr 8).
Zwar ist ein Teilnahmezwang unserer heutigen Rechtsordnung fremd (BSGE 7, 249, 252; BSG SozR Nr 24 zu § 548 RVO), jedoch ist eine bestimmte Mindestbeteiligung zu fordern, um tatsächlich von einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ausgehen zu können, die den beabsichtigten Zweck erreichen kann (BSGE 7, 249, 252). Das BSG hat eine Teilnahme von drei von 150 Betriebsangehörigen als eindeutiges Missverhältnis bezeichnet (BSG SozR Nr 25 zu § 542 RVO aF), bei einer Beteiligungsquote von 26,5 bzw 40 vH hatte es keine Bedenken gegen eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung (BSGE 7, 249, 252 f bzw SozR Nr 24 zu § 548 RVO). Eine feste Mindestbeteiligungsquote ist keiner dieser Entscheidungen zu entnehmen. Eine solche feste Grenze oder Relation ist angesichts der Verschiedenartigkeit der von der gesetzlichen Unfallversicherung umfassten Unternehmen aufgrund ihrer Größe und Struktur (vgl die besonderen Fallgestaltungen wie zB Großbetriebe, Schichtbetriebe, Versorgungsunternehmen usw) auch nicht festlegbar. Entscheidend sind immer die konkreten Verhältnisse im Einzelfall im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung (BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 2 RdNr 9).
Im Übrigen ist bei einem möglichen Missverhältnis zu beachten, dass der Versicherungsschutz für die einzelnen Teilnehmer einer Veranstaltung, zu der das Unternehmen als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung eingeladen hat und bei der die übrigen Voraussetzungen für eine solche erfüllt sind, an der aber nun so wenig Beschäftigte teilnehmen, dass der Gemeinschaftscharakter fraglich wird, auf Vertrauensschutz beruhen kann, zumal die geringe Anzahl der Teilnehmer ggf erst bei Beginn der Veranstaltung festgestellt wird (BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 2 RdNr 10; Brackmann/Krasney, § 8 RdNr 121).
Form und Ort der betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung sind nicht eng begrenzt, wie ua Weihnachtsfeiern, Jubiläen und Betriebsausflüge zeigen. Ebenso ist der Zeitpunkt der Gemeinschaftsveranstaltung für den Versicherungsschutz unerheblich, sie kann deshalb auch, wie im vorliegenden Fall, an einem arbeitsfreien Tag stattfinden (BSGE 7, 249, 253; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 2 RdNr 11).
Unter Versicherungsschutz stehen bei einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung alle Verrichtungen, die mit dem Zweck der Veranstaltung vereinbar sind. Dies werden oft Verrichtungen sein, die sonst mit der betrieblichen Tätigkeit nicht im unmittelbaren, inneren Zusammenhang stehen, zB Tanzen beim Betriebsfest, Spazieren gehen und Baden beim Betriebsausflug, Spiele, Theateraufführungen, Chorgesang, nicht aber rein persönlich motivierte Reitvorführungen (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 40). Unter Versicherungsschutz stehen die Teilnehmer an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung nämlich nur bei den Tätigkeiten, die mit dem Gesamtzweck der Veranstaltung, der sich auch auf die körperliche Entspannung und Erholung erstreckt, vereinbar bzw vorgesehen oder üblich sind. Sportliche Betätigungen mit spielerischem Charakter sind unter diesen Voraussetzungen versichert, wenn sie der Förderung des Gemeinsinns oder des Zusammengehörigkeitsgefühls aller Beschäftigten und nicht allein dem persönlichen Interesse des Betroffenen dienen. Dabei spielt es wiederum keine Rolle, ob der oder die Teilnehmer die besondere Aktivität allein bzw unter sich entfalten oder ob sie ihre besonderen Fähigkeiten etwa einzelnen, einigen oder gar allen anderen Teilnehmern der Gemeinschaftsveranstaltung vorführen oder vorführen wollen. Allein wenn eine derartige Vorführung zur Unterhaltung oder Belustigung aller übrigen Teilnehmer als Teil der Gemeinschaftsveranstaltung vorgesehen oder üblich war, kann sie als der Gemeinschaftspflege dienend in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehend beurteilt werden (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 40; SozR 4-2700 § 8 Nr 2 RdNr 12; vgl auch Brackmann/Krasney, § 8 RdNr 133 mit zahlreichen Beispielen).
Die Veranstaltung muss jedoch insgesamt von ihrer Programmgestaltung her geeignet sein, zur Förderung des Gemeinschaftsgedankens im Unternehmen beizutragen, indem sie die Gesamtheit der Belegschaft und nicht nur einen begrenzten Kreis der Beschäftigten anspricht. Auch eine Werbewirkung des Unternehmens, die im Zusammenhang mit einer im Interesse der Beschäftigten durchgeführten sportlichen Veranstaltung in Erscheinung tritt, wäre hierbei nicht außer Betracht zu lassen (BSG vom 28. August 1968 - 2 RU 68/68 -, BG 1969, 276, 277; SozR 4-2700 § 8 Nr 2 RdNr 13).
Die Teilnahme an Freizeit- und Erholungsveranstaltungen hingegen ist nicht deshalb versichert, weil diese vom Unternehmen organisiert und finanziert werden. Stehen Freizeit, Unterhaltung oder Erholung im Vordergrund, fehlt es an einem wesentlichen betrieblichen Zusammenhang (BSGE 17, 280, 282; BSG SozR 2200 § 548 Nr 21 mwN). Es steht jedem Unternehmen zwar frei, seine Mitarbeiter zB durch "Incentiv-Reisen" zu höheren Leistungen anzuspornen; das Unternehmen hat es jedoch nicht in der Hand, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf sonst unversicherte Tatbestände auszuweiten, und zwar auch dann nicht, wenn hierdurch die persönliche Verbundenheit einer Gruppe von Beschäftigten mit dem Unternehmen gestärkt würde (s BSG SozR 2200 § 548 Nr 21). Das Interesse der Unternehmensleitung, dass sich aus solchen Veranstaltungen wahrscheinlich auch eine Motivation zu Leistungssteigerungen ergibt, reicht nicht aus, für solche Betätigungen den rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit herzustellen (s BSGE 17, 280, 282). Der Unternehmer honoriert insoweit eine bestimmte Leistung mit einem geldwerten Vorteil, ohne dass dadurch die vom Unternehmen finanzierte Reise für die Beschäftigten zu einer betrieblichen Tätigkeit wird. Ebenso wie die Pflege gesellschaftlicher Beziehungen, auch wenn sie für das Unternehmen wertvoll ist, nicht schon deshalb unter Versicherungsschutz steht, ist die Pflege der persönlichen Beziehungen zur Unternehmensleitung und unter den Beschäftigten trotz günstiger Auswirkungen auf die Arbeit im Unternehmen außerhalb der in den Versicherungsschutz einbezogenen Teilnahme an betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zuzurechnen (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 21; SozR 4-2700 § 8 Nr 2 RdNr 14).
Nach diesen Grundsätzen kann nach den unangefochtenen und für den Senat bindenden (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes <SGG>) tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend entschieden werden, ob der Kläger bei seinem Unfall am 10. Juli 1999 einen Arbeitsunfall erlitten hat. Denn im Rahmen der aufgrund der obigen Kriterien anzustellenden Gesamtbetrachtung kann nicht beurteilt werden, ob das Fußballspiel, bei dem der Kläger sich verletzte, Teil einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung war.
Für eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung spricht, dass die Veranstaltung der Stärkung der Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Belegschaft sowie letzterer untereinander dienen sollte, wie sich aus der unternehmerischen Zielsetzung Stärkung des "Wir-Gefühls" und dem Interesse der Leitung der Niederlassung an der Teilnahme an dem Turnier ergibt. Ebenfalls nicht umstritten ist die Teilnahme der Unternehmensleitung sowie, dass die Veranstaltung von ihrer Autorität getragen wurde, wie sich aus der Einladung seitens der Firmenmutter, dem Aushang in der jeweiligen Niederlassung und deren Kostenübernahme ergibt.
Auch die für eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung sprechende grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit für alle Beschäftigten wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Sie meint jedoch, durch das Programm "Fußballturnier" wäre nur ein Teil der Beschäftigten angesprochen und die für eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung erforderliche Mindestbeteiligung nicht erreicht worden. Dass es keine Mindestbeteiligungsquote für betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen gibt, ist den obigen Grundsätzen zu entnehmen (BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 2 RdNr 9). Die vorliegende niedrige Beteiligung spricht aber eher gegen eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung, weil damit nur ein Teil der Belegschaft erreicht und der Zweck Stärkung der Verbundenheit in Frage gestellt wird.
Dies mag mit dem gewählten Programm "Fußballturnier" zusammenhängen. Dass das Programm betrieblicher Gemeinschaftsveranstaltungen nicht eng begrenzt ist und die verschiedensten Aktivitäten dazu gehören können, ist ebenfalls oben ausgeführt (BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 2 RdNr 11). Folglich kann auch ein Fußballturnier eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung bzw ein Teil einer solchen sein. Eine grundsätzliche Entscheidung der Frage, inwieweit das Turnier einer bestimmten Sportart Teil einer oder alleine eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung sein kann, ist nicht möglich. Vielmehr hängt dies von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab (zB Geschlechterverteilung in der Belegschaft, Sportart, gibt es nur Männer- oder auch Frauen- oder gemischte Mannschaften?). In der Entscheidung vom 28. August 1968 (2 RU 68/68, BG 1969, 276 f) hat der Senat dies angesichts eines Fußballturniers und einer zu 80 vH weiblichen Belegschaft verneint. In der Entscheidung vom 9. Dezember 2003 (B 2 U 52/02 R, SozR 4-2700 § 8 Nr 2) hat der Senat einen Unfall während eines Fußballspiels im Rahmen eines "Familiensonntags" als ggf im Rahmen einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung versicherten Arbeitsunfall angesehen. Dass die Teilnahme an Freizeit- und Erholungsveranstaltungen, auch wenn sie vom Unternehmen finanziert werden, nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen und deshalb nicht versichert sind, ist den obigen Grundsätzen zu entnehmen (BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 2 RdNr 14). Denn diese Veranstaltungen dienen im Unterschied zu betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen nicht dem Unternehmenszweck durch Stärkung der Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Belegschaft bzw letzterer untereinander.
Im Übrigen hat es das Unternehmen, wie bereits ausgeführt, nicht in der Hand, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung von sich aus auf sonst unversicherte Tätigkeiten und Aktivitäten auszuweiten. Der Inhalt der versicherten Tätigkeit eines Beschäftigten ergibt sich aus dem dem Beschäftigungsverhältnis typischerweise zugrunde liegenden Arbeitsverhältnis, nach dem der Arbeitnehmer (= Beschäftigter = Versicherter) zur Leistung der versprochenen Dienste verpflichtet ist (§ 611 Abs 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Diese Dienste sind die versicherte Tätigkeit. Nicht versichert sind sog Vorbereitungshandlungen, die trotz ihrer Betriebsdienlichkeit dem unversicherten persönlichen Lebensbereich des Beschäftigten zugerechnet werden (BSG vom 28. April 2004 - B 2 U 26/03 R, vorgesehen für SozR 4-2700 § 8 Nr 5). Die Begründung für den Versicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen liegt in der personalen Grundbeziehung zwischen Dienstverpflichtetem und Dienstherrn sowie dem für den Unternehmenserfolg in der Regel erforderlichen arbeitsteiligen Zusammenwirken der Beschäftigten. Daher werden auch Veranstaltungen, die der Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Belegschaft sowie letzterer untereinander dienen, als Teil der versicherten Tätigkeit angesehen und ihr zugerechnet.
"Sportliche Gemeinschaftsveranstaltungen" - so der vom LSG verwandte Begriff - stehen entgegen der Auffassung des LSG ebenso wie Freizeitveranstaltungen nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Es sei denn, sie erfüllen die oben dargestellten Voraussetzungen für eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung oder für in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Betriebssport. Der "Kampf" - so das LSG - von Mannschaften verschiedener Niederlassungen eines Unternehmens gegeneinander ist, auch wenn er die jeweilige Mannschaft "zusammenschweißen" sollte, nicht automatisch eine versicherte Tätigkeit iS der gesetzlichen Unfallversicherung. Er ist es nur dann, wenn die obigen Voraussetzungen für eine versicherte Tätigkeit oder die einer zu den versicherten Tätigkeiten gezählten betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung erfüllt sind. Gleiches gilt auch für die vom LSG erwogene Repräsentation der Niederlassung auf dem Turnier: Nicht jede Pflege gesellschaftlicher Beziehungen, auch wenn sie für die jeweilige Niederlassung oder das Unternehmen insgesamt wertvoll ist, steht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (SozR 4-2700 § 8 Nr 2 RdNr 14 mwN).
Aus dem Zeitpunkt der Veranstaltung - an einem arbeitsfreien Samstag - kann nicht zwingend etwas hergeleitet werden: Betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen können, wie erwähnt, auch an einem arbeitsfreien Tag stattfinden. Andererseits liegt es auf der Hand, dass bei der im Einzelfall anzustellenden Gesamtbetrachtung eine Veranstaltung ganz oder zumindest teilweise während der Arbeitszeit eher für eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung und eine Veranstaltung am Wochenende in der Freizeit eher für eine Freizeitveranstaltung spricht.
Diese vorstehenden Grundsätze sind auch bei der Prüfung eines möglichen Vertrauensschutzes des Verletzten zu beachten. Die Vorstellung des Verletzten alleine, bei einer bestimmten Veranstaltung unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu stehen, kann nicht zum Versicherungsschutz führen. ZB gibt es auch entgegen einer verbreiteten Auffassung keinen Betriebsbann in der gesetzlichen Unfallversicherung - außer in der Schifffahrt (vgl § 10 SGB VII). Vertrauensschutz setzt vielmehr voraus, dass der Versicherte aufgrund der Gesamtumstände davon ausgehen konnte, dass es sich entsprechend den obigen Voraussetzungen um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung handeln würde (vgl BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 2 RdNr 10).
Da das Revisionsgericht den Sachverhalt nicht selbst feststellen kann und Feststellungen des LSG zu bestimmten Elementen der anzustellenden Gesamtbetrachtung über das Vorliegen einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung am 10. Juli 1999 fehlen, insbesondere zu dem Charakter der Veranstaltung, ob sie sich überhaupt an die gesamte oder nur einen Teil der Belegschaft wandte, ob es eine der Niederlassungen oder des Gesamtunternehmens sein sollte, einem möglichen Vertrauensschutz des Versicherten, ist die angefochtene Entscheidung des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
Das LSG wird bei seiner abschließenden Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Ende der Entscheidung
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