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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 02.02.1999
Aktenzeichen: B 2 U 7/98 R
Rechtsgebiete: RVO, SGG


Vorschriften:

RVO § 539 Abs. 1 Nr. 13
SGG § 124
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 2. Februar 1999

in dem Rechtsstreit

Az: B 2 U 7/98 R

Klägerin und Revisionsklägerin,

Prozeßbevollmächtigte:

gegen

Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, Deelbögenkamp 4-6, 22297 Hamburg,

Beklagte und Revisionsbeklagte.

Der 2. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. Februar 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Burchardt, die Richter Klüglein und Mütze sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Obijou und Haase

für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden- Württemberg vom 22. Januar 1998 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Zwischen den Beteiligten ist (noch) streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Unfall der Klägerin vom 8. Dezember 1992 für die Zukunft als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die im Jahre 1971 geborene Klägerin war Leiterin einer Pfadfindergruppe der Deutschen Pfadfinderschaft St. G. (DPSG) in der katholischen Kirchengemeinde St. J. in Hi. . Am 8. Dezember 1992 besuchte sie im Rahmen einer Gruppenstunde mit ihrer Jugendgruppe die Kunsteisbahn in He. . Die im Schlittschuhlaufen erfahrene Klägerin lief dabei einige Runden, wobei sie ein zwölfjähriges Kind an der Hand führte. Dieses kam ohne ersichtlichen Grund im Stehen zum Straucheln und stürzte. Dabei wurde auch die Klägerin zu Boden gerissen, wobei sie sich eine Fraktur des rechten Radiusknochens zuzog. Während des langwierigen Heilungsverlaufes wurden zahlreiche Operationen durchgeführt.

Mit Schreiben vom 4. Februar 1994 teilte die Beklagte der Klägerin mit, der Unfall vom 8. Dezember 1992 werde vorbehaltlich der Entscheidung des Rentenausschusses als Arbeitsunfall anerkannt. In der Folgezeit erstattete die Beklagte der Klägerin gegen Vorlage der entsprechenden Rechnungen wiederholt die für ihre Heilbehandlung erforderlichen Kosten.

Unter dem 16. Juni 1994 hörte die Beklagte die Klägerin zu der Absicht, den Unfall vom 8. Dezember 1992 als Arbeitsunfall abzulehnen, das Heilverfahren abzubrechen und die bisher entstandenen Kosten zurückzufordern, weil die Klägerin im Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe. Dem widersprach die Klägerin unter Vorlage eines Schreibens des Katholischen Pfarramts St. J. vom 21. Juni 1994, wonach sie seit dem Jahre 1990 in der katholischen Jugendarbeit tätig sei und somit als ehrenamtliche Mitarbeiterin der Pfarrgemeinde unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe. Der Unfall vom 8. Dezember 1992 sei bei Ausübung ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit geschehen. Die Beklagte erstattete danach im Juli und August 1994 weiterhin geltend gemachte Behandlungskosten. Auch veranlaßte sie eine Begutachtung durch Prof. Dr. W. , der die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 40 vH einschätzte.

Die Beklagte lehnte - nachdem sie erstmals mit Schreiben vom 1. Dezember 1994 die Erstattung von Heilbehandlungskosten abgelehnt hatte - es ab, den Unfall vom 8. Dezember 1992 als Arbeitsunfall anzuerkennen; zugleich wurden die bisher gemachten Aufwendungen in Höhe von insgesamt 45.097,78 DM zurückgefordert (Bescheid vom 15. März 1995 idF des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 1995).

Das Sozialgericht (SG) Mannheim hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben (Urteil vom 30. Januar 1997). Bei dem Schreiben der Beklagten vom 4. Februar 1994 habe es sich um einen Verwaltungsakt gehandelt, mit dem der Unfall vom 8. Dezember 1992 als Arbeitsunfall anerkannt worden sei. Somit habe es sich bei dem angefochtenen Bescheid vom 15. März 1995 nicht um einen Erstbescheid, sondern um einen Rücknahmebescheid nach § 45 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gehandelt. Die hiernach erforderlichen Rücknahmevoraussetzungen lägen jedoch nicht vor, weil das schutzwürdige Vertrauen der Klägerin entgegenstehe. Abgesehen davon handele es sich bei dem Unfall vom 8. Dezember 1992 tatsächlich um einen Arbeitsunfall, weil die Klägerin als ehrenamtliche Mitarbeiterin in der kirchlichen Jugendarbeit nach § 539 Abs 1 Nr 13 der Reichsversicherungsordnung (RVO) unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe.

Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat das Urteil des SG abgeändert und die Klage abgewiesen, soweit die angefochtenen Bescheide der Beklagten auch mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben worden seien. Im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 22. Januar 1998). Die Berufung der Beklagten sei nur insoweit begründet, als die Anerkennung des Unfalls vom 8. Dezember 1992 als Arbeitsunfall vom SG auch für die Zukunft bestätigt worden sei. Denn die Klägerin habe grundsätzlich keine Ansprüche auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, weil sie bei der zum Unfall führenden Tätigkeit am 8. Dezember 1992 nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe.

Ein Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO scheide mangels eines Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses zur DPSG aus. Die Klägerin sei im Unfallzeitpunkt auch nicht iS § 539 Abs 1 Nr 13 RVO für eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ehrenamtlich tätig gewesen. Die DPSG selbst sei keine Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern ein nicht rechtsfähiger Verein. Er sei als bundesweite Organisation auch nicht Angehöriger einer Körperschaft. Entgegen der Ansicht der Klägerin und des SG gebe es keine Körperschaft "Katholische Kirche" (Deutschlands). Die Katholische Kirche werde vielmehr durch die Körperschaften der Bistümer und Pfarrgemeinden repräsentiert, nicht aber durch die Gesamtheit der Bistümer. Ebensowenig sei der Bund der Deutschen Katholischen Jugend, dessen Verbandsmitglied die DPSG sei, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Klägerin sei auch nicht aufgrund des Umstands, daß die Untergruppierungen/Stämme der DPSG bei den Diözesen und Pfarrgemeinden angesiedelt und dort auch auf bischöfliche Weisung in die Jugendarbeit dieser Körperschaften eingegliedert seien und hierfür auch Mittel von diesen Körperschaften erhielten, ehrenamtlich für eine dieser Körperschaften tätig gewesen. Vielmehr sei die Klägerin, geprägt von der Zielsetzung der DPSG, einen Beitrag für Kirche und Gesellschaft zu leisten, nicht ehrenamtlich für die Diözese bzw Kirchengemeinde tätig geworden, sondern im Rahmen ihrer Mitgliedschaft zur DPSG. Die Tätigkeit als Gruppenleiterin, bei der sie den Unfall erlitten habe, sei damit Ausfluß ihrer Mitgliedschaft in der DPSG und der sich daraus ergebenden Verpflichtungen gewesen. Ein Versicherungsschutz sei auch nicht gemäß § 539 Abs 2 RVO iVm Abs 1 Nr 1 RVO gegeben gewesen. Die Tätigkeit der Klägerin sei in Erfüllung mitgliedschaftlicher Vereinspflichten erfolgt, wie sie jedem insoweit geeigneten Mitglied oblägen. Dies schließe einen Versicherungsschutz gemäß § 539 Abs 2 RVO iVm § 539 Abs 1 Nr 1 RVO aus, wie das LSG Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 21. Januar 1997 - L 5 U 33/95 - entschieden habe.

Die Beklagte sei allerdings nicht berechtigt, rückwirkend festzustellen, daß die Klägerin am 8. Dezember 1992 keinen Arbeitsunfall erlitten habe. Denn bei dem Bescheid vom 15. März 1995 idF des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 1995 handele es sich nicht um eine Erstfeststellung, sondern um die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts gemäß § 45 SGB X. Das Schreiben vom 4. Februar 1994 sei als Verwaltungsakt zu qualifizieren. Der Einschub "vorbehaltlich der Entscheidung des Rentenausschusses" stelle im Hinblick auf § 32 Abs 1 und Abs 2 Nr 3 SGB X einen unzulässigen Widerrufsvorbehalt dar. Der Rücknahme des Verwaltungsaktes für die Vergangenheit stehe schon § 45 Abs 4 Satz 1 SGB X entgegen. Es sei jedoch im Rahmen der gemäß § 45 Abs 2 SGB X vorzunehmenden Abwägung ein überwiegendes Interesse der Versichertengemeinschaft an der Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts vom 4. Februar 1994 für die Zukunft gegeben. Daß die Klägerin im Vertrauen auf die Bestandskraft dieses Bescheides nicht mehr rückgängig zu machende Maßnahmen ergriffen oder finanzielle Dispositionen getroffen habe, sei nicht ersichtlich. Es sei auch unschädlich, daß sich die Beklagte bei ihrer Entscheidung nicht auf § 45 SGB X gestützt und deshalb keine Ermessenserwägung vorgenommen habe. Denn eine andere Entscheidung als eine Rücknahme des Verwaltungsakts für die Zukunft wäre rechtlich nicht zulässig gewesen. Damit fehle es auch an der gemäß § 50 Abs 1 SGB X erforderlichen Voraussetzung für die Rückforderung der von der Beklagten bisher erstatteten Kosten für die Heilbehandlung.

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Klägerin sowohl die Verletzung materiellen als auch formellen Rechts. Wie das Bundessozialgericht (BSG) mehrfach entschieden habe, gehörten auch die Untergliederungen der Katholischen Kirche, so auch die Pfarrgemeinde als Kirchengemeinde, zu den Körperschaften des öffentlichen Rechts iS des § 539 Abs 1 Nr 13 RVO. Das LSG habe die Einbindung ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit und der des DPSG-Stammes in die Pfarrgemeinde St. J. nicht richtig berücksichtigt. Der Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 13 RVO sei völlig unabhängig davon, ob die ehrenamtliche Tätigkeit zugleich oder in Überschneidung mit der Mitgliedschaft in einem Verein ausgeübt werde. Die Auslegung dieser Vorschrift nach Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck sowie der Geschichte ergebe, daß sie - die Klägerin - für die Katholische Kirche ehrenamtlich tätig gewesen sei. Selbst wenn man der Mitgliedschaft in der DPSG Bedeutung für den Versicherungsschutz gemäß § 539 Abs 1 Nr 13 RVO beimesse, müßte ihr Engagement aber zumindest als gemischte Tätigkeit sowohl für die Kirche als auch für die DPSG angesehen werden. Bei zutreffender Würdigung der gesamten Umstände ergebe sich, daß ihre Tätigkeit als Gruppenleiterin ihrem Wesen nach den Zwecken der Katholischen Kirchengemeinde St. J. gedient habe. Selbst wenn sie im Unfallzeitpunkt nicht für die Pfarrgemeinde tätig gewesen sei, hätte Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 13 RVO bestanden. Denn als Mitglied des Diözesanverbandes der DPSG in der Erzdiözese F. sei sie zugleich ehrenamtlich für die Diözese, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, tätig gewesen. Im übrigen sei zumindest § 539 Abs 2 RVO iVm Abs 1 Nr 13 RVO anwendbar, falls sie nur deshalb nicht nach § 539 Abs 1 Nr 13 RVO versichert gewesen sein sollte, weil sie zugleich für die DPSG tätig geworden sei. Denn im äußeren Erscheinungsbild ihrer Tätigkeit als Gruppenleiterin habe es keine oder allenfalls geringe Unterschiede zu Jugendgruppenleitern in anderen Pfarrgemeinden gegeben, die keinem Jugendverband angehörten. Es sei eine Frage des Zufalls oder der Tradition, welchem der katholischen Jugendverbände die Gemeindejugend angehöre oder ob Mitgliedschaft in keinem Verband bestehe.

Außerdem habe das LSG gegen § 103 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) verstoßen. Es hätte nämlich genau aufklären müssen, ob ihre Tätigkeit nach den Umständen ihrem Wesen nach überwiegend auf den Pflichten gegenüber der DPSG beruht habe. Das Urteil des LSG enthalte keinen zutreffenden Gesichtspunkt, der diese Auffassung stützen könnte. Auch habe das LSG gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (§§ 62, 112 Abs 2, 128 Abs 2 SGG) verstoßen, weil es sich auf das von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegte Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 21. Januar 1997 gestützt habe. Trotz abweichenden Sachverhalts sei das LSG dieser Entscheidung gefolgt, ohne einen entsprechenden Hinweis zu geben. Ihr - der Klägerin - Vertreter habe daher keinen Anlaß sehen können, zu den rechtlichen Ausführungen im Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen Stellung zu nehmen; er habe deshalb nur darauf verwiesen, daß dieses Urteil einen wesentlich anderen Sachverhalt betreffe. Das LSG habe ferner gegen den Grundsatz der mündlichen Verhandlung gemäß § 124 SGG verstoßen, weil die Beteiligten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht zugestimmt hätten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Januar 1998 aufzuheben, soweit es das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30. Januar 1997 abgeändert hat, und die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil insgesamt zurückzuweisen;

hilfsweise,

die Sache an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

II

Die Revision ist unbegründet.

In prozessualer Hinsicht ist nur noch die von der Klägerin begehrte Anerkennung des Unfalls vom 8. Dezember 1992 als Arbeitsunfall für die Zukunft streitig. Das LSG ist - wie bereits das SG - rechtlich zu dem Ergebnis gelangt, daß eine Rücknahme des Verwaltungsaktes vom 4. Februar 1994 für die Vergangenheit nicht möglich sei. Daher fehle es auch an der gemäß § 50 Abs 1 SGB X erforderlichen Voraussetzung für die Rückforderung der von der Beklagten bisher erstatteten Kosten für die Heilbehandlung der Klägerin. Dies steht zwischen den Beteiligten nunmehr rechtskräftig fest. Denn die durch das Urteil des LSG an sich insoweit beschwerte Beklagte hat im Wege einer Revision oder Anschlußrevision hiergegen ihrerseits keine rechtlichen Einwendungen erhoben.

Das LSG hat rechtlich zutreffend entschieden, daß der angefochtene Bescheid vom 15. März 1995 idF des Widerspruchsbescheids vom 11. Oktober 1995 rechtmäßig ist, soweit - wie im Revisionsverfahren auch nur noch streitig - darin die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall für die Zukunft abgelehnt wurde. Denn die Klägerin stand bei dem Unfall am 8. Dezember 1992 unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung und erlitt damit auch keinen entschädigungspflichtigen Arbeitsunfall nach § 548 Abs 1 Satz 1 RVO.

Der Anspruch der Klägerin richtet sich noch nach den Vorschriften der RVO, da der von ihr als Arbeitsunfall geltend gemachte Unfall vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten ist (Art 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz <UVEG>, § 212 SGB VII).

Nach § 548 Abs 1 Satz 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den eine Versicherte bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten und danach versicherten Tätigkeiten erleidet. Das LSG hat zutreffend erkannt, daß die Klägerin weder zu dem nach § 539 Abs 1 Nr 13 RVO noch zu dem nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO oder § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 bzw Abs 1 Nr 13 RVO versicherten Personenkreis gehörte.

Entgegen der Auffassung der Revision stand die Klägerin im Unfallzeitpunkt nicht gemäß § 539 Abs 1 Nr 13 RVO unter Unfallversicherungsschutz. Nach dieser Vorschrift sind ua gegen Arbeitsunfall versichert, die für eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ehrenamtlich Tätigen, wenn ihnen nicht durch Gesetz eine laufende Entschädigung zur Sicherstellung ihres Lebensunterhalts gewährt wird.

Die Klägerin gehörte bei ihrer Tätigkeit als Leiterin der Pfadfindergruppe der DPSG, wie der Senat bereits entschieden hat (BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 41), nicht zu dem in dieser Vorschrift genannten ehrenamtlich tätigen Personenkreis. Die DPSG selbst ist keine Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern ein nichtrechtsfähiger Verein (Abschn 1 Nr 6 der Satzung der DPSG). Bei der Katholischen Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, repräsentiert durch Bistümer und Pfarrgemeinden, handelt es sich insoweit zwar um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (Art 140 des Grundgesetzes iVm Art 137 Abs 5 S 1 der Weimarer Reichsverfassung) iS des § 539 Abs 1 Nr 13 RVO (BSG SozR 2200 § 539 Nr 10). Die Klägerin ist aber im Unfallzeitpunkt nach ihrer Handlungstendenz nicht für die Römisch-katholische Kirche, sei es in der Katholischen Kirchengemeinde St. J. in Hi. , sei es für die zuständige Diözese, ehrenamtlich tätig gewesen, sondern für die DPSG. Denn die Gruppenstunde, bei der sich der Unfall ereignete, war dazu bestimmt, den Zwecken der DPSG zu dienen. Diese ist zwar der Katholische Pfadfinderbund in der Bundesrepublik Deutschland, aber rechtlich kein Teil der Römisch-katholischen Kirche (Abschn 1 Nr 1 der Satzung der DPSG). Sie ist vielmehr ein eigenständiger nichtrechtsfähiger Verein (Abschn 1 Nr 6 der Satzung der DPSG). Wie das LSG rechtlich zutreffend ausführt, bestehen lediglich organisatorische Verbindungen zur Katholischen Kirche. Von dieser erhält die DPSG auch finanzielle Mittel. Nach der "Ordnung" der DPSG hat diese ihren Platz in der Katholischen Kirche (Abschn 3 S 13 der Ordnung der DPSG) mit Laienverbandscharakter (Abschn 3 S 15 der Ordnung der DPSG). Damit hat die Klägerin im Unfallzeitpunkt auch nicht mittelbar eine ehrenamtliche Tätigkeit in der Kirchengemeinde ausgeübt. Ehrenamtlich in privatrechtlich organisierten Vereinen tätige Personen werden nicht vom Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 13 RVO erfaßt (BSG Urteil vom 24. Januar 1992 - 2 RU 23/91 - USK 9204; BSG SozR 2200 § 539 Nr 114 und zuletzt BSG SozR 3-2200 § 535 Nr 41). Auch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift kommt nicht in Betracht, da eine Regelungslücke nicht besteht. Diese Vorschrift ist vielmehr bewußt nicht auf privatrechtliche - rechtsfähige oder nichtrechtsfähige - Vereine erstreckt worden (BSG aaO).

Bereits aufgrund der Handlungstendenz der Klägerin im Unfallzeitpunkt ergibt sich ferner, daß schon deshalb ein Versicherungsschutz gemäß § 539 Abs 2 RVO iVm § 539 Abs 1 Nr 13 RVO ausscheidet. Hinzu kommt, daß auch ein Zuordnungsgrund fehlt, aufgrund dessen die Gruppenstunde der Pfadfinder über das allgemeine Interesse der Katholischen Kirche an der Jugendarbeit hinaus, aufgrund eines Aufnahmeaktes in den öffentlich-rechtlichen Aufgabenbereich und somit in die Verantwortung der Kirche einbezogen wurde. Fehlen diese Zuordnungsvoraussetzungen des den Unfallversicherungsschutz begründenden Versicherungsverhältnisses iS des § 539 Abs 1 Nr 13 RVO, dann ist auch - entgegen der Ansicht der Revision - eine Ausdehnung des Versicherungsschutzes nach § 539 Abs 1 Nr 13 RVO durch § 539 Abs 2 RVO ausgeschlossen (BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 10).

Zu Unrecht rügt die Klägerin insoweit, daß das LSG es versäumt habe, aufzuklären, ob nach den Umständen ihre Tätigkeit ihrem Wesen nach überwiegend auf den Pflichten gegenüber der DPSG beruht habe. Eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das LSG (§ 103 SGG) liegt nur vor, wenn das Gericht eine Beweiserhebung nicht durchführt, obwohl es sich aus seiner Sicht dazu hätte gedrängt fühlen müssen (BSG SozR Nr 40 zu § 103 SGG; BSGE 40, 49, 50 = SozR 3100 § 30 Nr 7; BVerwG Buchholz 310 § 86 Nr 100; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl, § 103 RdNr 20). Es ist davon auszugehen, daß das LSG die zu dem aufzuklärenden Sachverhalt bereits eingeholten Beweise gewürdigt hat. Aus seiner Sicht brauchte sich das LSG danach nicht gedrängt zu fühlen, weitere Beweise zu erheben. Zur Beweiswürdigung gehört auch die Entscheidung, mit welchen Grundlagen sich das Tatsachengericht bei seiner Entscheidung in der Sache begnügt. Aus der Sicht des LSG war das Verhalten der Klägerin von der in der Satzung der DPSG festgelegten Zielsetzung geprägt. Sie ist im Unfallzeitpunkt für die DPSG tätig geworden. Ihre Tätigkeit als Gruppenleiterin der DPSG beruhte nach den auch insoweit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ausschließlich auf ihrer Mitgliedschaft in der DPSG.

Nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO sind die aufgrund eines Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnisses Beschäftigten gegen Arbeitsunfall versichert. Ferner sind nach § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO Personen gegen Arbeitsunfall versichert, die wie ein in einem Beschäftigungsverhältnis stehender Versicherter tätig werden. Die Klägerin war, wie das LSG zutreffend entschieden hat, im Unfallzeitpunkt weder nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO noch nach § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO gegen Arbeitsunfall versichert. Denn sie hat an der Gruppenstunde der DPSG am 8. Dezember 1992 in Erfüllung mitgliedschaftlicher Vereinspflichten in ihrer Eigenschaft als Gruppenleiterin teilgenommen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG schließt zwar die Mitgliedschaft in einem - rechtsfähigen oder nichtrechtsfähigen - Verein die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO nicht von vornherein aus und damit auch nicht schlechthin eine versicherte Tätigkeit wie eine Beschäftigte iS von § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO aus (BSGE 14, 1; 17, 211; 52, 11, 12 = SozR 2200 § 539 Nr 81; BSG SozR 2200 § 539 Nrn 101, 114, 123; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 18; BSG Urteil vom 26. Januar 1982 - 2 RU 43/80 - USK 8252; Urteil vom 19. Mai 1983 - 2 RU 55/82 - USK 8366; Urteil vom 24. Januar 1992 - 2 RU 23/91 - USK 9204, jeweils mwN). Die Anwendung dieser Vorschriften setzt aber voraus, daß das Vereinsmitglied als eine bzw wie eine in einem Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnis Stehende tätig wird. Ist für ein Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnis kein Raum, weil die Tätigkeit nicht aufgrund eines solchen Verhältnisses, sondern aufgrund von Mitgliedspflichten ausgeübt worden ist, so entfällt die Anwendung des § 539 Abs 1 Nr 1 RVO und damit auch des § 539 Abs 2 RVO (vgl BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 18 mwN). Es ist somit zu unterscheiden zwischen Arbeitsleistungen, die nur auf Mitgliedspflichten beruhen, und Arbeitsleistungen, die außerhalb dieses Rahmens verrichtet werden. Nur im letzteren Fall kann, wenn die erforderliche Abhängigkeit gegeben ist, ein Arbeits- oder Dienstverhältnis angenommen werden (BSG SozR 2200 § 539 Nrn 114 und 123).

Hinsichtlich des Versicherungsschutzes nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO fehlt es für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses bereits an einer persönlichen Abhängigkeit zwischen der Klägerin und der DPSG oder einer kirchlichen Einrichtung, wie das LSG rechtlich zutreffend festgestellt hat.

Es sind aber auch die Voraussetzungen des § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO nicht gegeben. Ein Vereinsmitglied kann zwar grundsätzlich nicht nur - wie dargelegt - "als", sondern dementsprechend auch "wie" ein nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO Beschäftigter für den Verein tätig und nach § 539 Abs 2 RVO versichert sein (BSG SozR 2200 § 539 Nr 123; BSG Urteil vom 22. September 1988 - 2/9b RU 78/87 - HV-INFO 1988, 2178). Danach sind gegen Arbeitsunfall Personen versichert, die wie ein nach Abs 1 des § 539 RVO Versicherter tätig werden. Die Anwendung der Vorschrift erfordert eine ernsthafte, dem Unternehmen zu dienen bestimmte und seinem wirklichen oder mutmaßlichen Willen entsprechende Tätigkeit, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen, und die unter solchen Umständen geleistet wird, daß sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist. Die hier zu beurteilende Betreuung der Pfadfinder während der Gruppenstunde stellt zwar eine ernsthafte, dem Willen der DPSG entsprechende Arbeitsleistung dar. Eines persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses bedarf es bei einem Tätigwerden nach § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO nicht (BSGE 5, 168; 17, 211; BSG SozR 2200 § 539 Nr 123; BSG Urteil vom 22. September 1988 - 2/9b RU 78/87 - aaO; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, S 475m ff mwN).

Der Versicherungsschutz ist im vorliegenden Fall aber ausgeschlossen, weil sich die Tätigkeit der Klägerin als Gruppenleiterin der Pfadfinder als Ausfluß ihrer Mitgliedschaft im Verein darstellt. Denn maßgebend ist, daß die Tätigkeit aufgrund ihrer Mitgliedspflichten im Rahmen des Vereinszweckes verrichtet wurde.

Diese Mitgliedspflichten können sich aus der Satzung des Vereins, den Beschlüssen der zuständigen Vereinsorgane oder aufgrund allgemeiner Vereinsübung ergeben. Für die Klägerin beruhte ihre Teilnahme an der Gruppenstunde als Leiterin nach den vom LSG festgestellten Umständen aufgrund der Vereinsübung. Zu den auf allgemeiner Vereinsübung beruhenden Mitgliedspflichten zählen nach der ständigen Rechtsprechung des BSG im allgemeinen Tätigkeiten, die ein Verein von jedem seiner Mitglieder erwarten kann und die von den Mitgliedern dieser Erwartung entsprechend auch verrichtet werden (BSGE 14, 1; 17, 211; BSG Urteil vom 22. September 1988 - 2/9b RU 78/87 - aaO; BSG SozR 3-2200 § 539 Nrn 18 und 41; Brackmann/Wiester, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, § 2 RdNr 862; Schlegel in Schulin, HS-UV, § 14 RdNr 56), wie zB regelmäßige Arbeiten zur Herrichtung und Reinigung von Sportplätzen, Verkauf von Eintrittskarten und Ordnungsdienste bei Veranstaltungen. Gekennzeichnet sind diese geringfügigen Tätigkeiten im allgemeinen dadurch, daß sie nach Art und Umfang nur wenig zeitlichen oder sachlichen Arbeitsaufwand erfordern.

Nach der Rechtsprechung des BSG fielen in diesen Rahmen Arbeiten in einem Umfang von drei bis vier Stunden (BSG SozR 2200 § 539 Nr 123; BSG Urteil vom 22. September 1988 - 2/9b RU 78/87 - aaO), von sieben Stunden (BSG Urteil vom 19. Mai 1983 - 2 RU 55/82 - USK 8366) oder sogar von drei Wochen (BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 41). Dagegen wurden über diesen Rahmen hinausgehende umfangreichere Arbeitsleistungen (zB Bau eines Vereinsheims s BSGE 14, 1 und BSG Urteil vom 26. Januar 1982 - 2 RU 43/80 - USK 8252; Errichtung eines Vereinshauses eines Kleingartenvereins s BSG Urteil vom 24. Januar 1992 - 2 RU 3/91 - USK 9204; Neubau des Sportplatzgeländes und des Vereinshauses s BSG Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 54/92 - HV-INFO 1994, 413) nicht mehr als geringfügig angesehen. Die Grenze der Geringfügigkeit überschreiten kann eine Tätigkeit sowohl hinsichtlich ihres Umfangs als auch ihrer Art nach (BSG SozR 2200 § 539 Nr 101). Ferner kann die Geringfügigkeitsmarke je nach Verein verschieden sein. Wenn die Bereitschaft der Vereinsmitglieder, Arbeiten für den Verein zu verrichten, größer ist, wird auch die Grenze, von der an der Verein diese Arbeiten allgemein aufgrund einer sich so entwickelnden Vereinsübung von seinen Mitgliedern erwarten kann und die von den Mitgliedern entsprechend dieser Erwartung verrichtet werden, höher liegen. Allgemein betrachtet ist die Grenze der Geringfügigkeit dort überschritten, wo sich eine Arbeitsleistung von wirtschaftlichem Wert deutlich erkennbar von dem Maß an vergleichbarer Aktivität abhebt, das die Vereinsmitglieder üblicherweise aufwenden (BSG aaO). Diese Grenze wurde im Fall der Klägerin nicht überschritten. Denn nach den Feststellungen des LSG erforderte die Tätigkeit als Leiterin der Pfadfindergruppe das Abhalten von Gruppenstunden, die Teilnahme an Elterngesprächen sowie die regelmäßige Teilnahme an sog Leiterrunden. Es kommt hinzu, daß der Maßstab für die allgemeine Vereinsübung nicht notwendig für alle Mitglieder gleich ist (vgl Schlegel in Schulin, HS-UV, § 14 RdNr 55). Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, daß, wenn der Verein bestimmte Personen dadurch aus dem Kreis seiner Mitglieder heraushebt, er ihnen ehrenamtliche Vereinsfunktionen überträgt, diese Funktionäre auch qualitativ und quantitativ andere Mitgliedspflichten als "einfache Vereinsmitglieder" treffen. Die Klägerin erfüllte bei der Teilnahme an der Gruppenstunde eine typische Aufgabe, die ihr als ehrenamtliche Funktionärin der Pfadfindergruppe oblag. Damit ist die Arbeitsleistung, die die Klägerin gegenüber ihrer Pfadfindergruppe erbracht hat, als unmittelbarer Ausfluß ihrer Mitgliedschaft zu werten. Als ehrenamtliche Funktionärin des Vereins hat sie nach allgemeiner Vereinsübung Aufgaben wahrgenommen, die gewöhnlich von Funktionären aufgrund ihrer Mitgliedschaft zum Verein verrichtet werden (vgl BSG SozR 3-2200 § 539 Nrn 18 und 41). Wie das LSG überzeugend darlegt, entsprach dies insbesondere der Aufgabe, die sich die DPSG gestellt hat: Die Erziehung junger Menschen nach den Zielvorstellungen und Methoden, wie sie sich aus der Ordnung des Verbandes ergeben, wobei sich Ordnung des Verbandes und Satzung gegenseitig ergänzen.

Damit ging die Aktivität der Klägerin nicht über das hinaus, was die DPSG von ihr als Gruppenleiterin erwartete, um die Ziele des Pfadfindertums zu erreichen.

Da somit ein Tätigwerden der Klägerin aufgrund mitgliedschaftlicher Verpflichtung vorgelegen hat, hat das LSG zu Recht auch den Versicherungsschutz nach § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO verneint.

Entgegen der Ansicht der Revision stand die Klägerin auch nicht aufgrund einer sogenannten gemischten Tätigkeit unter Unfallversicherungsschutz. Darunter wird im allgemeinen der Umstand verstanden, daß Verrichtungen sowohl privaten, nicht versicherten, als auch betrieblichen Interessen zu dienen bestimmt sind (s ua Brackmann/Krasney, aaO, § 8 RdNr 47 mwN). Die Revision versteht darunter offensichtlich eine Tätigkeit, die sowohl der DPSG als auch der Katholischen Kirche dienen sollte. Nach den Feststellungen des LSG hat aber die Gruppenstunde wesentlich nur der DPSG gedient.

Ein - wie die Revision meint - Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (§§ 62, 112 Abs 2, 128 Abs 2 SGG), weil das LSG sich auf das von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegte Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 21. Januar 1997 - L 5 U 33/95 - gestützt habe, ohne trotz des abweichenden Sachverhalts einen entsprechenden Hinweis gegeben zu haben, liegt nicht vor. Das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen, auf das gerade die Beklagte ihre Berufung stützte, wurde der Klägerin mit der Berufungsbegründung zugestellt. Die Klägerin hat dazu auch Stellung genommen, aber aus der Entscheidung hinsichtlich des gerade streitigen Unfallversicherungsschutzes einer Pfadfinderführerin einen anderen Schluß gezogen als die Beklagte, weil die Klägerin die Ansicht vertrat, es liege ein abweichender Sachverhalt vor. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs schützt grundsätzlich nur die Anhörung der Beteiligten zum Sachverhalt, nicht hinsichtlich ihrer Rechtsmeinung (BVerfG NJW 1980, 1093; BSG SozR 3-2200 § 1252 Nr 1). Wenn das Berufungsgericht seine Entscheidung ua auch auf das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen gestützt hat, weil es hinsichtlich des Versicherungsschutzes bei der Tätigkeit als Pfadfinderführerin der gleichen Rechtsansicht war, konnte die Klägerin somit nicht überrascht worden sein. Der Rechtsstreit hat dadurch keine überraschende Wendung genommen. Auch wurde das Urteil auf keine neuen rechtlichen Gesichtspunkte gestützt (Meyer-Ladewig, SGG, aaO, § 62 RdNr 8 mwN). Daß die Klägerin wegen eines fehlenden Hinweises des LSG es unterlassen hat, Tatsachen vorzutragen, ist von ihr nicht behauptet worden.

Zu Unrecht rügt die Klägerin, das LSG habe gegen den Grundsatz der mündlichen Verhandlung gemäß § 124 SGG verstoßen, weil die Beteiligten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht zugestimmt, sondern im Gegenteil auf einer mündlichen Verhandlung bestanden hätten. Denn die Beteiligten haben übereinstimmend mit Schriftsätzen vom 16. Dezember 1997 und 19. Dezember 1997 sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 SGG einverstanden erklärt.

Nach alledem hat das LSG zu Recht entschieden, daß die Klägerin am 8. Dezember 1992 keinen Arbeitsunfall erlitt. Damit stellt sich das Schreiben der Beklagten vom 4. Februar 1994, wonach sie den Unfall "vorbehaltlich der Entscheidung des Rentenausschusses" als Arbeitsunfall anerkannt hatte, als ein rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakt dar. Ob als Rechtsgrundlage für die Rücknahme dieses Verwaltungsaktes für die Zukunft die Vorschrift des § 45 Abs 2 SGB X, dessen Voraussetzungen (vor allem: überwiegendes Interesse der Versichertengemeinschaft an der Rücknahme für die Zukunft, Ermessensreduzierung auf Null) das LSG rechtlich zutreffend bejaht hat, oder ob der mangels Anfechtung bindend gewordene Vorbehalt im Verwaltungsakt vom 4. Februar 1994, sei es als rechtmäßiger oder als rechtswidriger Vorbehalt iS des § 32 Abs 1 Alternative 2 SGB X in Betracht kommt, läßt der Senat offen. Beide Lösungen führen zu demselben Ergebnis, sei es, daß die Beklagte, wie das LSG meint, im Rahmen einer Neufeststellung für die Zukunft nach § 45 Abs 2 SGB X den Verwaltungsakt vom 4. Februar 1994 zurücknehmen konnte, sei es, daß im Rahmen einer Erstfeststellung nach erfolgter Entscheidung des Rentenausschusses (§ 1569a RVO, § 36a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch iVm § 17a der Satzung der Beklagten) entsprechend dem Vorbehalt im Verwaltungsakt vom 4. Februar 1994 die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall abgelehnt wurde.

Die Revision war nach alledem zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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