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Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 06.08.1998
Aktenzeichen: B 3 KR 3/98 R
Rechtsgebiete: SGB V, GG


Vorschriften:

SGB V § 110 Abs. 1
SGB V § 109 Abs. 1 u. 5
SGB V § 108 Nr. 3
GG Art. 2 Abs. 1
GG Art. 2 Abs. 3
GG Art. 2 Abs. 12 u. 14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 6. August 1998

in dem Rechtsstreit

Az: B 3 KR 3/98 R

Klägerin und Revisionsklägerin,

Prozeßbevollmächtigte:

gegen

1. AOK Rheinland - Die Gesundheitskasse, Kasernenstraße 61, 40213 Düsseldorf,

2. Landesverband der Betriebskrankenkassen Nordrhein-Westfalen, Kronprinzenstraße 6, 45128 Essen,

3. Innungskrankenkasse Nordrhein, Kölner Straße 1-5, 51429 Bergisch Gladbach,

4. Krankenkasse der rheinischen Landwirtschaft, Merowingerstraße 103, 40225 Düsseldorf,

5. Bundesknappschaft, Pieperstraße 14/28, 44789 Bochum,

6. Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V., Frankfurter Straße 84, 53721 Siegburg,

7. Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V., Frankfurter Straße 84, 53721 Siegburg,

Beklagte und Revisionsbeklagte,

beigeladen:

Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit, Fürstenwall 25, 40219 Düsseldorf.

Der 3. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. August 1998 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ladage, die Richter Dr. Udsching und Dr. Naujoks sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Gasser und Leite für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 4. September 1997, der Bescheid der Beklagten vom 21. Dezember 1994 sowie der Widerspruchsbescheid der Beklagten zu 5) vom 18. Mai 1995 aufgehoben.

Die Kosten der Klägerin im Klage- und Revisionsverfahren tragen die Beklagten, die Kosten der Beklagten im Berufungsverfahren trägt die Klägerin. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Klägerin betreibt eine gewerbliche Klinik in H. , die auf Venenoperationen spezialisiert ist und jährlich mehr als 3.000 Eingriffe durchführt; die Klinik ist nicht in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen. Am 14. Oktober 1992 schlossen die beklagten Krankenkassen (KKn), Ersatzkassenverbände sowie die Bundesknappschaft mit der Klägerin für diese Klinik einen Versorgungsvertrag über 48 Betten für die Indikation "Venenerkrankungen", den das beigeladene Land "befristet" bis zum 31. Dezember 1995 genehmigte.

Nach Einholung eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der KKn kündigten die Beklagten den Versorgungsvertrag zum 31. Dezember 1995 mit der Begründung, daß die Klinik nicht mehr erforderlich sei und nicht die Gewähr für eine wirtschaftliche sowie leistungsfähige Krankenhausbehandlung der Versicherten biete (Bescheid vom 21. Dezember 1994). In den chirurgischen und gefäßchirurgischen Krankenhausabteilungen des maßgeblichen Versorgungsgebiets sei es zu einem - auch zukünftig zu erwartenden - dramatischen Rückgang des Bettenbedarfs gekommen; zudem könnten auch viele der klägerischen Patienten ambulant behandelt werden. Im übrigen führe die Klinik der Klägerin die Operationen zwar routinemäßig, gut und mit vergleichsweise günstiger Fallpauschale durch; mangels personell-räumlich-apparativer Ausstattung für Vollnarkoseoperationen werfe sie jedoch erhebliche Zweifel an ihrer Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit auf. Das beigeladene Land stimmte der Kündigung zu. Den Widerspruch der Klägerin wies nur die Widerspruchsstelle der Beklagten zu 5) mit Bescheid vom 18. Mai 1995 als unzulässig zurück, weil ein Verwaltungsakt nicht erlassen worden sei. Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ist der Klägerin gestattet worden, Versicherte der Beklagten vorläufig weiter zu behandeln.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Urteil vom 4. September 1997 abgewiesen und ausgeführt, der Bedarf an Venenoperationen werde durch die in den Krankenhausplan aufgenommenen Krankenhäuser gedeckt, denen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bei der Zulassung ein Vorrang zukomme; das müsse auch für die Kündigung gelten. Im maßgeblichen Versorgungsgebiet gebe es zahlreiche geeignete allgemein-chirurgische Kliniken, die - und zwar nicht nur vorübergehend - im Durchschnitt nur zu 80 % ausgelastet seien.

Das Urteil wurde dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 11. Oktober 1997 zugestellt, der den Beklagten am 23. Oktober 1997 mitgeteilt hat, daß er wegen der grundsätzlichen Rechtsfrage des Vorrangs von Plankrankenhäusern auch bei einer Kündigung die Zulassung der (Sprung-)Revision beantragen werde und dazu die Zustimmungen der Beklagten erbitte. Die letzte Zustimmungserklärung ging dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 11. November 1997 zu. Dieser hat mit Schreiben vom 11. November 1997 beim SG die Zulassung der Sprungrevision beantragt und mit Telefax vom gleichen Tage beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt, die er nach Zulassung der Sprungrevision durch das SG am 19. Februar 1998 wieder zurückgenommen hat.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 110 Abs 1 iVm den §§ 109 Abs 1, 5 und 108 Nr 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). § 110 Abs 1 Satz 1 SGB V verweise hinsichtlich der Kündigungsmöglichkeit, wie sich auch aus dem Gesetzgebungsverfahren ergebe, auf alle Versorgungsverträge nach § 109 Abs 1 SGB V. Deshalb sei die Auslegung des SG unzutreffend, bei der Kündigung komme den Hochschulkliniken und Plankrankenhäusern ein Vorrang zu. Durch die Krankenhausplanung sei nur ein Kernbereich unverzichtbarer Planung abzudecken; für alle anderen Bereiche, insbesondere Fach- und Spezialkliniken, bleibe den KKn bei der Kündigung ein pflichtgemäßes Auswahlermessen, innerhalb dessen die besondere Leistungsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Akzeptanz ihrer Klinik zu berücksichtigen sei. Da die Kündigung zur Aufgabe der Klinik führen müsse, werde sie, die Klägerin, auch in ihren Grundrechten aus den Art 2 Abs 1, 3, 12 und 14 Grundgesetz (GG) verletzt. Hilfsweise erhebt die Klägerin die Verfahrensrüge unzureichender Sachverhaltsaufklärung.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 4. September 1997, den Bescheid der Beklagten vom 21. Dezember 1994 sowie den Widerspruchsbescheid der Beklagten zu 5) vom 18. Mai 1995 aufzuheben.

Die Beklagten beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Das beigeladene Land hat keinen Antrag gestellt.

II

Die Revision der Klägerin ist zulässig und begründet. Das Urteil des SG war abzuändern; der Bescheid der Beklagten, mit dem der mit der Klägerin (unbefristet) geschlossene Versorgungsvertrag gekündigt worden ist, und der Widerspruchsbescheid der Beklagten zu 5) waren aufzuheben, weil sie rechtswidrig sind.

1. Die Revision ist zulässig. An die Zulassung der Sprungrevision durch das SG ist der Senat gebunden (BSG SozR 1500 § 131 Nr 31; BSGE GrS 51, 23), so daß nicht zu prüfen ist, ob ordnungsgemäße Zustimmungserklärungen vorgelegen haben und die ehrenamtlichen Richter zu beteiligen waren.

2. Die Revision ist begründet.

a) Die Klage ist zulässig. Zutreffend hat die Klägerin die Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 21. Dezember 1994 und des sie formal ebenfalls belastenden Widerspruchsbescheids der Beklagten zu 5) vom 18. Mai 1995 beantragt. Bei der Klage gegen die Kündigung eines Versorgungsvertrages ist die Anfechtungsklage die richtige Klageart. Auch bei der Kündigung nach § 110 Abs 1 SGB V handelt es sich, wie bei der "Ob"-Entscheidung über den Abschluß eines Versorgungsvertrages nach § 109 Abs 1 SGB V (BSGE 78, 233, 236 f = SozR 3-2500 § 109 Nr 1), um einen Verwaltungsakt iS von § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), nämlich um das Gegenstück zu jener Abschlußentscheidung (hM in der Literatur: Klückmann in Hauck, SGB V, Stand November 1996, K § 110 RdNrn 13, 42; Hess in Kasseler Komm, Stand Februar 1994, § 110 RdNr 12; Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand Februar 1994, § 110 RdNr 5; Jung, GemeinschaftsKomm-SGB V, Stand September 1994, § 110 RdNr 5; aA, auch schon für die Zulassungsentscheidung, Krauskopf/Knittel, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Stand März 1994, § 110 RdNr 7). Mit dieser hoheitlichen Maßnahme wird für alle KKn im Inland verbindlich (§ 109 Abs 1 Satz 3 SGB V) der Status als Versorgungskrankenhaus und damit die Verpflichtung zur stationären Versorgung der Versicherten beendet. Dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit wird durch die Fristgebundenheit der Rechtsbehelfe Rechnung getragen. Vor Klageerhebung wäre allerdings gemäß § 78 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens und die Erteilung eines Widerspruchsbescheides durch alle Beklagten gemeinsam (§ 110 Abs 1 Satz 1 SGB V) erforderlich gewesen (§ 85 Abs 2 Nr 1 SGG); eine ausdrückliche Vorschrift über die Entbehrlichkeit eines Widerspruchsverfahrens wie in § 73 Abs 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) fehlt. Durch den Bescheid der Beklagten zu 5) ist das Widerspruchsverfahren nicht ordnungsgemäß abgeschlossen worden, da dieser eine alleinige Zuständigkeit nicht zukam. Das Vorverfahren kann im vorliegenden Fall dennoch als durchgeführt gelten, da Widerspruchsstelle und Klagegegner identisch sind und von einer Nachholung des Vorverfahrens nicht zu erwarten wäre, daß damit das Klageverfahren entbehrlich wird (BSG SozR 1500 § 78 Nrn 8, 15).

Die Klage ist auch nicht mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, weil - wie die Beklagten und das beigeladene Land vorgetragen haben - der am 14. Oktober 1992 geschlossene Versorgungsvertrag von vornherein nur befristet gewesen und deshalb unabhängig von der Kündigung beendet worden sei. Das Genehmigungsschreiben des beigeladenen Landes vom 23. Juli 1992 enthält zwar einen entsprechenden Passus, der aber nicht zur Befristung des Vertrages geführt hat. Mit seiner Genehmigung konnte sich der Beigeladene nur auf den vorgelegten (unbefristeten) Vertrag beziehen und diesen wirksam werden lassen oder ablehnen, nicht aber selbst umgestalten. Die Beteiligten sind übereinstimmend von dem Wirksamwerden des Vertrages ausgegangen. Wenn nach dem Genehmigungsschreiben des Beigeladenen die Zustimmung nur "bis zum 31. Dezember 1993" gelten sollte, kann dies nach Treu und Glauben nur dahingehend ausgelegt werden, daß danach eine Kündigung vorbehalten bleiben sollte. So hat es schließlich auch der Beigeladene selbst verstanden, als er die Beklagten mit Schreiben vom 27. Dezember 1993 aufforderte, den Vertrag fristgemäß zu kündigen.

b) Die Klage ist auch begründet, weil die Kündigung des Versorgungsvertrages durch die Beklagten rechtswidrig war. Gemäß § 110 Abs 1 SGB V kann ein Versorgungsvertrag nach § 109 Abs 1 SGB V von den Landesverbänden der KKn und den Verbänden der Ersatzkassen gemeinsam und aus den in § 109 Abs 3 Satz 1 SGB V genannten - nicht nur vorübergehend bestehenden - Gründen mit einer Frist von einem Jahr gekündigt werden; nach § 110 Abs 2 Satz 2 SGB V wird die Kündigung erst mit der Genehmigung durch die zuständige Landesbehörde wirksam. Nach § 110 Abs 1 Satz 1 SGB V iVm § 109 Abs 3 Satz 1 SGB V kann die Kündigung nur darauf gestützt werden, daß das Krankenhaus nicht die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung der Versicherten bietet (Nr 1) oder für deren bedarfsgerechte Krankenhausbehandlung nicht erforderlich ist (Nr 2).

Nach den Feststellungen des SG, daß in Übereinstimmung mit den Ausführungen im Bescheid der Beklagten vom 21. Dezember 1994 die Operationen in der Klinik der Klägerin "routinemäßig, gut und mit vergleichsweise günstiger Fallpauschale" durchgeführt werden, scheidet eine Kündigung nach § 109 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB V aus. Damit ist die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der Klinik anerkannt. Daß sie Operationen durchführt, die ambulant und deshalb wirtschaftlicher erbracht werden könnten, ist hingegen nicht festgestellt worden. Das SG hat auch nicht festgestellt, daß die Klinik der Klägerin etwa Venenoperationen in Lokalanästhesie durchführt, bei denen nach den Regeln der ärztlichen Kunst eine Vollnarkose geboten wäre. Auch die in dem Bescheid erwähnte mangelhafte personell-räumlich-apparative Ausstattung für Vollnarkoseoperationen kann keine ausreichende Begründung für die Kündigung abgeben, weil die Klinik über die ihrem Versorgungsauftrag entsprechenden diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten verfügt, was genügt (§ 107 Abs 1 Nr 2 SGB V). Wenn sie im Hinblick auf das Fehlen umfassender Anästhesieeinrichtungen auf bestimmte Operationen verzichtet, kann dies kein Grund sein, das von ihr angebotene Leistungsspektrum, das sie fachlich einwandfrei und kostengünstig erbringt, als unwirtschaftlich zu bewerten.

Die Kündigung läßt sich im vorliegenden Fall aber auch nicht auf § 109 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB V stützen. Selbst wenn die im maßgeblichen Versorgungsgebiet liegenden allgemein-chirurgischen Abteilungen, in denen die Patienten der Klägerin nach den Feststellungen des SG ebenfalls behandelt werden könnten, zum Zeitpunkt der Kündigung nur zu 80 % ausgelastet gewesen sind und dieser Zustand nicht nur vorübergehend vorgelegen hat, ändert dies nichts an der Bedarfsgerechtigkeit der Klinik der Klägerin. Im Rahmen des § 110 Abs 1 SGB V kommt bei einem Bettenüberhang den in den Krankenhausplan aufgenommenen Krankenhäusern im Versorgungsgebiet kein Vorrang zu.

In mehreren Entscheidungen zum Abschluß eines Versorgungsvertrages nach § 109 Abs 1 SGB V (BSGE 78, 233 = SozR 3-2500 § 109 Nr 1; BSGE 78, 243 = SozR 3-2500 § 109 Nr 2 und BSG SozR 3-2500 Nr 3) hat der Senat allerdings ausgeführt, daß bei einem fehlenden Bedarf der Abschluß eines Versorgungsvertrages mit einem im Krankenhausplan nicht enthaltenen Krankenhaus von vornherein - und zwar selbst bei höherer Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit des den Vertragsabschluß begehrenden Krankenhauses - ausscheidet, solange ein Bettenüberhang besteht. Dies bedeutet, daß für den Abschluß eines Versorgungsvertrages erst dann Raum besteht, wenn die weniger leistungsfähigen und unwirtschaftlicheren Krankenhäuser aus dem Krankenhausplan ausgeschieden sind. Insoweit kommt ihnen in faktischer Hinsicht ein Vorrang zu, der sich nur damit rechtfertigen läßt, daß der Verhinderung eines auch nur vorübergehenden weiteren Anstiegs des Bettenüberhangs als einer der Hauptursachen für die Kostensteigerungen im Krankenhausbereich höchste Priorität zukommt.

Bei der Kündigung eines bereits zugelassenen Krankenhauses liegen die Dinge indes anders, weil hier nicht die Gefahr der weiteren Erhöhung eines Bettenüberhangs besteht. Es ist nur die Frage zu beantworten, wie ein bestehender Bettenüberhang zur Sicherstellung einer wirtschaftlichen Krankenhausversorgung im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung abzubauen ist. Dabei kommt den sog Plankrankenhäusern weder ein gesetzlicher noch faktischer Vorrang zu. Ihnen kann bei bestehender Unwirtschaftlichkeit wie vertraglich zugelassenen Krankenhäusern gekündigt werden.

Die Kündigung von Plankrankenhäusern ist vom Gesetzgeber in § 110 Abs 1 Satz 1 SGB V vorgesehen. Das folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, wonach ein "Versorgungsvertrag nach § 109 Abs 1" gekündigt werden kann; in dieser Vorschrift sind auch die Hochschulkliniken und Plankrankenhäuser aufgeführt, bei denen der Abschluß eines Versorgungsvertrages fingiert wird. Auf die Auffassung, jedenfalls Hochschulkliniken könnten nicht nach § 110 SGB V gekündigt werden (Heinze, aaO, § 38 RdNr 47), ist hier nicht näher einzugehen, weil es nicht um einen Bettenüberhang in diesem Bereich, sondern nur bei den Plankrankenhäusern geht, die ein der Klägerin vergleichbares Behandlungsspektrum anbieten.

Die vom Gesetzgeber vorgesehene Kündigung der Plankrankenhäuser kann nicht als auf den Fall beschränkt angesehen werden, daß allein Hochschulkliniken und Plankrankenhäuser zugelassen sind und wegen eines vorliegenden Überhanges an Betten unter ihnen auszuwählen ist. Für eine solche Auslegung gibt der Wortlaut des Gesetzes keinen Anhalt; sie entspräche auch nicht der Entstehungsgeschichte der Vorschrift und der Gesamtzielrichtung des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG), zu einer größeren Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen beizutragen, die auch im Krankenhausbereich Platz greifen sollte (BT-Drucks 11/2237, S 150 f). Noch nach der Vorgängervorschrift des § 371 Abs 1, 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) konnten lediglich die Rechtsbeziehungen zu den sog Vertragskrankenhäusern durch Kündigung beendet werden; die in das Hochschulverzeichnis bzw den Krankenhausbedarfsplan aufgenommenen Kliniken waren davon nicht betroffen. Diese für die Kassen unzureichenden Möglichkeiten, auf eine wirtschaftliche Krankenhausversorgung Einfluß zu nehmen, sollten durch die Einführung einer Kündigungsmöglichkeit auch für die sog Plankrankenhäuser verbessert werden. Die Kündigung von sog Plankrankenhäusern ist zwar im Vergleich zu sog Vertragskrankenhäusern dadurch erschwert, daß sie nicht nur der Genehmigung durch die zuständige Landesbehörde bedarf, sondern zusätzlich mit einem Antrag auf Aufhebung oder Änderung des Feststellungsbescheids nach § 8 Abs 1 Satz 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) zu verbinden ist, mit dem das Krankenhaus in den Krankenhausplan des Landes aufgenommen ist. Dadurch bieten sich nicht nur weitere Rechtsschutzmöglichkeiten für das betroffene Krankenhaus. Auch faktisch werden Rücksichtnahmen auf die Landesplanung und die insoweit maßgebenden politischen Kräfte die Landesbehörde möglicherweise dazu veranlassen, die Genehmigung zur Kündigung bei einem sog Plankrankenhaus eher zu verweigern als bei einem sog Vertragskrankenhaus. Die gesetzliche Verpflichtung der Landesbehörde, ihre Entscheidung zu begründen und dazu Fristen einzuhalten (§ 110 Abs 2 Satz 3, 5 und 6 SGB V), sowie die Beschränkung einer Versagung der Genehmigung auf den Grund der Unverzichtbarkeit des Krankenhauses (§ 110 Abs 2 Satz 4 SGB V) sind zwar Ausdruck des gesetzgeberischen Bemühens, die Verweigerung der Genehmigung einer Kündigung aus anderen Gründen als der Sicherstellung einer ausreichenden Krankenhausversorgung nach Möglichkeit zu verhindern, was sich mit dem Interesse der gesetzlichen KKn an einer wirtschaftlichen Krankenhausversorgung weitgehend decken dürfte. Damit ist es der Landesbehörde auch nicht möglich, die Kündigung eines Plankrankenhauses mit der Begründung zu verhindern, daß dort öffentliche Mittel investiert worden seien, deren Rentabilität gesichert werden müsse. Gleichwohl ist nicht mit Sicherheit auszuschließen, daß es zur Versagung einer Genehmigung kommt, weil die zuständige Landesbehörde die Richtigkeit ihrer Bedarfsplanung verteidigt oder die Versorgungssituation anders einschätzt als die KKn.

Diese Schwierigkeiten, den Versorgungsvertrag bei einem sog Plankrankenhaus zu kündigen, sind aber kein rechtfertigender Grund für die KKn, davon abzusehen und statt dessen einem sog Vertragskrankenhaus zu kündigen, bei dem in der Regel weniger Widerstand, insbesondere politischer Art, zu erwarten ist. Das gesetzliche Gebot, für eine wirtschaftliche Versorgung ihrer Versicherten zu sorgen (§ 12 SGB V), hat für die KKn gerade in Zeiten allgemein knapper öffentlicher Gelder hohe Bedeutung. Das hat zur Folge, daß sie alle zur Verfügung stehenden Mittel auszuschöpfen haben, unwirtschaftlich arbeitende Krankenhäuser von der Versorgung der Versicherten auszuschließen. Die gesetzlichen Voraussetzungen dafür sind auch in bezug auf sog Plankrankenhäuser vorhanden.

War im Gegensatz zur Auffassung des SG bei der Kündigungsentscheidung nicht von einem Vorrang der sog Plankrankenhäuser auszugehen, mußte eine Kündigung des klägerischen Krankenhauses unterbleiben. Da das Krankenhaus der Klägerin einerseits leistungsfähig und andererseits wirtschaftlicher ist als eine Reihe von allgemein-chirurgischen bzw gefäßchirurgischen Abteilungen der Plankrankenhäuser im Versorgungsgebiet, kommt bei Bestehen einer Überversorgung allein die Kündigung der betreffenden Abteilungen oder einzelner Betten dieser Plankrankenhäuser in Betracht.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1, 4 Satz 2 SGG iVm § 116 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) sowie § 51 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGG. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren der Klägerin aufzuerlegen, weil sich deren Prozeßbevollmächtigter bei Fristablauf am 11. November 1997 allein für die Berufungseinlegung hätte entschließen können; ein prozessualer Anspruch auf gleichzeitige Inanspruchnahme zweier alternativer Rechtsmittel besteht nicht. Die Klägerin hat trotz Obsiegens in der Hauptsache nur Anspruch auf Erstattung der "notwendigen" Kosten der Rechtsverfolgung (§ 193 Abs 1 SGG). Hat sie sich nach Einlegung zweier Rechtsmittel (Berufung und Sprungrevision) später für die alleinige Fortführung des Revisionsverfahrens entschieden, sind ihr daher die Kosten des zurückgenommenen, mithin nicht notwendigen Rechtsmittels der Berufung aufzuerlegen.

Ende der Entscheidung

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