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Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 26.06.2007
Aktenzeichen: B 4 R 31/07 R
Rechtsgebiete: SGB VI, GG
Vorschriften:
SGB VI § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a | |
SGB VI § 58 Abs 1 Satz 2 | |
GG Art 14 Abs 1 | |
GG Art 3 Abs 1 |
BUNDESSOZIALGERICHT
Im Namen des Volkes
Urteil
in dem Rechtsstreit
Az: B 4 R 31/07 R
Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 26. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meyer, die Richter Husmann und Dr. Knörr sowie die ehrenamtliche Richterin Govorusic und den ehrenamtlichen Richter Oster
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Januar 1999 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte den Wert des Rechts des Klägers auf Altersrente nach dem bis zum 31.12.1996 geltenden Recht für die Bewertung der ersten Berufsjahre festzustellen hat.
In einer Rentenauskunft vom 13.9.1996 hatte die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass der (zukünftige) Wert seines Rechts auf Altersrente 884,30 DM betragen werde. Hierbei bewertete sie ua die ersten Berufsjahre nach § 70 Abs 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.1996 geltenden Fassung; nach dieser galten die ersten 48 Monate (= vier Jahre) an Pflichtbeitragszeiten stets als "Pflichtbeitragszeiten für eine Berufsausbildung" und wurden einheitlich mit mindestens 0,9 Entgeltpunkten (EP), dh mit 90 vH des allgemeinen Durchschnittsverdienstes, bewertet. Unter Berücksichtigung der so bewerteten ersten vier Berufsjahre sowie weiterer Beitragszeiten stellte die Beklagte die Beitragszeiten insgesamt mit 17,7195 EP ein. Zuzüglich 1,2285 EP für beitragsfreie Zeiten legte sie in jener Auskunft der - fiktiven - Feststellung des Rentenwerts 18,9480 EP zugrunde.
Im Bescheid vom 20.1.1997 stellte die Beklagte fest, dass der am 2.12.1931 geborene Kläger mit Vollendung des 65. Lebensjahres das Recht auf Regelaltersrente habe. Den Wert dieses Rechts setzte sie zu Rentenbeginn (1.1.1997) mit monatlich 792,86 DM fest. Diese im Vergleich zur Rentenauskunft niedrigere Wertfeststellung beruhte auf den zum 1.1.1997 in Kraft getretenen Rechtsänderungen durch das Gesetz zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz <WFG>) vom 25.9.1996 (BGBl I 1461). Durch das WFG war § 70 Abs 3 SGB VI aufgehoben worden; Zeiten der beruflichen Ausbildung galten nunmehr als beitragsgeminderte Zeiten. Sie wurden einerseits als Anrechnungszeiten ausgestaltet (§ 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a SGB VI); insoweit unterlagen sie der begrenzten Gesamtleistungsbewertung nach den §§ 71, 74 SGB VI; ihr Wert durfte 75 vH des - individuellen - Gesamtleistungswertes, jedoch in keinem Fall 75 vH des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten überschreiten (§ 74 Satz 1 und 2 SGB VI). Zum anderen galten die ersten 36 (anstatt 48) Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres als Zeiten einer beruflichen Ausbildung (§ 58 Abs 1 Satz 2 SGB VI; seit dem 1.1.1998: § 54 Abs 3 Satz 3 SGB VI idF des Rentenreformgesetzes 1999). Unter Berücksichtigung dieser Rechtsänderungen stellte die Beklagte die EP für Beitragszeiten mit 15,7036, die EP für beitragsfreie Zeiten mit 1,1466 und die EP für beitragsgeminderte Zeiten mit 0,1384 ein, sodass sich insgesamt 16,9886 EP ergaben.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 15.7.1997). Mit seinem Begehren, den monatlichen Wert des Rentenrechts wie in der Rentenauskunft vom 13.9.1996 festzustellen, hatte er im Klage- und Berufungsverfahren keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts vom 28.5.1998, Urteil des Landessozialgerichts vom 29.1.1999).
Das Bundessozialgericht (BSG) hat das Verfahren gemäß Art 100 Abs 1 Grundgesetz (GG) ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI idF des WFG mit Art 14 Abs 1 GG iVm Art 3 Abs 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar sei, soweit dadurch die erworbene Rangstelle von Anwartschaftsinhabern, die im Zeitpunkt der Rechtsänderung das 55. Lebensjahr vollendet hatten, durch eine Neubewertung der ersten Berufsjahre gemindert worden sei. Diese Frage hat das BVerfG im Beschluss vom 27.2.2007 (1 BvL 10/00) bejaht.
Im weitergeführten Revisionsverfahren begehrt der Kläger eine abschließende Entscheidung durch das BSG, weil er die Einlegung einer weiteren Verfassungsbeschwerde erwägt. Im Übrigen hat er sein bisheriges Vorbringen nicht ergänzt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29.1.1999 und des Sozialgerichts Dortmund vom 28.5.1998 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.1.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.7.1997 und des Bescheides vom 6.3.1998 zu verurteilen, ihm für Rentenbezugszeiten vom 1.1.1997 bis 31.12.1999 3.352,08 DM nachzuzahlen und ab 1.1.2000 Regelaltersrente nach einem dynamisierbaren Rentenwert von 915,00 DM zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision ist unbegründet.
In dem Vorlagebeschluss vom 16.12.1999 hat der erkennende Senat im Einzelnen dargelegt, dass das Begehren des Klägers, einen höheren Wert seines monatlichen Rechts auf Altersrente festzustellen, keinen Erfolg hat, wenn § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI verfassungsgemäß ist. Die Vereinbarkeit dieser Regelungen mit dem GG hat das BVerfG im Beschluss vom 27.2.2007 bejaht. An diese Entscheidung ist der erkennende Senat gebunden (§ 31 Abs 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz). Er weist allerdings im Hinblick auf die Ausführungen des BVerfG darauf hin, dass er im Vorlagebeschluss nicht die Auffassung vertreten hat, § 109 SGB VI schaffe einen erhöhten Vertrauensschutz des Versicherten; vielmehr hat er dargetan, mit Blick auf diese Norm sei das verfassungsrechtliche Eigentumsgrundrecht einfachgesetzlich dahingehend konkretisiert worden, dass ein subjektives Recht mit einem Vermögenswert im Sinne des Art 14 Abs 1 GG als ein eigentumsgeschütztes Anwartschaftsrecht erstmals ab Vollendung des 55. Lebensjahrs bestehe, sofern die Wartezeit erfüllt sei.
Die Beklagte hat bei der Festsetzung des monatlichen Werts des Rechts auf Altersrente § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4a und Satz 2 SGB VI in der mit dem GG vereinbaren Fassung durch das WFG zutreffend angewandt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die entsprechenden Ausführungen im Vorlagebeschluss vom 16.12.1999 Bezug (Teil A des genannten Beschlusses = S 5 bis 12 des Umdrucks). Das Begehren des Klägers ist unbegründet, sodass seine Revision zurückzuweisen war (§ 170 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ende der Entscheidung
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