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Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 10.02.2005
Aktenzeichen: B 4 RA 47/04 R
Rechtsgebiete: AAÜG
Vorschriften:
AAÜG § 1 | |
AAÜG § 5 |
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil
in dem Rechtsstreit
Az: B 4 RA 47/04 R
Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 10. Februar 2005 durch die Richterin Tüttenberg als Vorsitzende, die Richter Husmann und Dr. Knörr sowie die ehrenamtliche Richterin Farlock und den ehrenamtlichen Richter Dr. Wirsam
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 28. Juli 2004 aufgehoben; die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 8. Januar 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, Tatbestände von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech), und zwar vom 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1988, sowie die entsprechenden Arbeitsentgelte festzustellen.
Der im Januar 1934 geborene Kläger erlangte nach Abschluss seines Studiums an der Fachschule für Bauwesen im Juli 1956 die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Bauingenieur zu führen. Er war im streitigen Zeitraum von Januar 1966 bis Dezember 1973 als Aufbauleiter bei der Zentralen Aufbau- und Investitionsbauleitung der Milchindustrie des Bezirks S. und von Januar 1974 bis Dezember 1988 als Bauleiter bei der Milchvereinigung des Bezirks S. beschäftigt. Von Januar 1989 bis September 1990 war er Bauleiter beim volkseigenen Betrieb (VEB) Kombinat Milchwirtschaft S. .
Mit Bescheid vom 31. August 2001 stellte die Beklagte als nachgewiesene Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz die Zeiten vom 1. September 1956 bis 18. Januar 1958 und vom 1. Januar 1963 bis 31. Dezember 1965 fest; die Feststellung weiterer Zeiten (19. Januar 1958 bis 31. Dezember 1962 und vom 1. Januar 1966 bis 30. Juni 1990) lehnte sie ab, weil der Kläger nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb beschäftigt gewesen sei. Den gegen die ablehnende Entscheidung gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2001 zurück.
Im Verlaufe des Verfahrens vor dem Sozialgericht (SG) hat die Beklagte mit Bescheid vom 19. Dezember 2001 die Zeit vom 1. Januar 1989 bis 30. Juni 1990, während der der Kläger beim VEB Kombinat Milchwirtschaft beschäftigt gewesen war, als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr 1 zum AAÜG festgestellt. Die darüber hinausgehende Klage hat das SG Schwerin durch Urteil vom 8. Januar 2004 abgewiesen. Es hat ua ausgeführt: Der Kläger sei in kein Versorgungssystem einbezogen gewesen. Auch habe er bundesrechtlich keinen obligatorischen Anspruch auf Erteilung einer fiktiven Versorgungszusage im streitgegenständlichen Zeitraum gehabt. Er sei nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder in einem diesem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen. Die Zentrale Aufbau- und Investitionsbauleitung sei kein Produktionsbetrieb gewesen, sondern ein spezielles Bauleitungsorgan der Milchwirtschaft. Wie sich aus ihrem Statut ergebe, sei sie zuständig gewesen für die Durchführung der von der Milchvereinigung geplanten Investitionen; ua habe dies neben der Bauüberwachung auch die Abnahme der entsprechenden Bauobjekte eingeschlossen. Die Konstruktion von Bauwerken oder Industrieanlagen sei nicht in ihren Verantwortungsbereich gefallen. Die Milchvereinigung selbst sei auch keine Vereinigung volkseigener Betriebe (VVB) iS von § 1 Abs 2 der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl S 487) zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (<VO-AVItech> GBl S 844) gewesen. Denn ihr hätten nicht nur VEB, sondern auch Genossenschaftsmolkereien angehört.
Durch Urteil vom 28. Juli 2004 hat das Landessozialgericht (LSG) Mecklenburg-Vorpommern unter Aufhebung des Urteils des SG sowie unter Abänderung der angefochtenen Bescheide die Beklagte verpflichtet, auch die Zeit vom 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1988 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr 1 zum AAÜG und die entsprechenden Entgelte festzustellen. Es hat ua ausgeführt: Der Kläger habe am 1. August 1991 zwar keinen Versorgungsanspruch, aber eine Versorgungsanwartschaft iS des § 1 Abs 1 AAÜG gehabt. Eine Versorgungszusage sei ihm zwar nicht erteilt worden; er habe jedoch am 30. Juni 1990 zu den aus bundesrechtlicher Sicht obligatorisch in das Versorgungssystem der AVItech Einzubeziehenden gehört. Die Einbeziehung gemäß der VO-AVItech iVm den Bestimmungen der 2. DB zur VO-AVItech sei von drei Voraussetzungen abhängig gewesen, nämlich einer persönlichen, einer sachlichen und einer betrieblichen. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass der Kläger als Bauingenieur die persönliche und die fachliche Voraussetzung für eine Einbeziehung in die AVItech erfüllt gehabt habe. Er habe auch die betriebliche Voraussetzung erfüllt. Die Vereinigung der Betriebe der Milchwirtschaft sei zwar offensichtlich kein volkseigener Produktionsbetrieb der Bereiche Industrie oder Bauwesen gewesen, da die eigentliche Sachgüterproduktion nicht Aufgabe der Vereinigung gewesen sei. Sie sei aber ein wirtschaftsleitendes Organ gewesen. Daher habe es sich bei der Milchvereinigung um eine gleichgestellte Einrichtung iS von § 1 Abs 2 2. DB zur VO-AVItech, nämlich eine VVB, gehandelt. Die den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellten VVB seien im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben, Rechte und Pflichten für die Durchführung der Wirtschaftsaufgaben im Industriezweig zuständig gewesen (§ 34 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der VEB, Kombinate und VVB vom 28. März 1973 <Kombinats-VO 1973> GBl I S 129), nicht jedoch für die materielle Produktion. Die Vereinigung der Betriebe der Milchwirtschaft sei auch in dem Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen gewesen. Dementsprechend seien die Vereinigungen für die Lenkung der milchverarbeitenden Industrie in der Finanzierungsrichtlinie für 1971 - Nahrungsgüterwirtschaft - vom 12. Mai 1971 als VVB aufgeführt gewesen. Da die Milchvereinigung eine VVB gewesen sei und die Zentrale Aufbau- und Investitionsbauleitung, bei der der Kläger in der Zeit von Januar 1966 bis Dezember 1973 beschäftigt gewesen sei, nach § 1 Abs 3 ihres Statuts vom 3. November 1965 ein Organ der Vereinigung für die Lenkung der milchverarbeitenden Industrie, sei die Beschäftigung des Klägers bei der Aufbauleitung ebenfalls als eine solche in einer VVB anzusehen.
Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt - sinngemäß - eine Verletzung von §§ 1, 5 AAÜG und trägt vor: Das LSG habe zwar zutreffend festgestellt, dass die Vereinigung der Betriebe der Milchwirtschaft kein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen sei. Das LSG habe jedoch nicht festgestellt, um welches Wirtschaftssubjekt es sich bei dieser Vereinigung gehandelt habe. Die VVB seien zwar für alle Bereiche der Volkswirtschaft der DDR, also auch für den Bereich der Nahrungsgüterwirtschaft, eingerichtet gewesen. Wie sich jedoch aus dem vergleichbaren Statut der Vereinigung der Betriebe der Milchwirtschaft des Bezirks Neubrandenburg ergebe, habe es sich nicht um eine den volkseigenen Produktionsbetrieben der Industrie oder des Bauwesens iS von § 1 Abs 2 2. DB zur VO-AVItech gleichgestellte Einrichtung gehandelt. Die Gleichstellung erfasse nur VVB iS der Kombinats-VO, nicht jedoch andere wirtschaftsleitende Organe oder Vereinigungen, die auf Grund anderer rechtlicher Regelungen gegründet worden seien. Die Vereinigungen hätten im Unterschied zu Kooperationsverbänden zwar kombinatsähnlichen Charakter gehabt. Für eine Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech nach der VO-AVItech sei es jedoch ohne Bedeutung, ob ein Betrieb wirtschaftsleitendes Organ im Wirtschaftssystem der DDR gewesen sei und wie ein VEB oder eine VVB behandelt worden sei. Es müsse vielmehr auch tatsächlich eine VVB vorgelegen haben. Der Kläger habe während seiner Beschäftigung bei der Zentralen Aufbau- und Investitionsbauleitung der Milchindustrie ebenfalls nicht die betriebliche Voraussetzung für eine Einbeziehung in die AVItech erfüllt. Denn die Aufbauleitung sei weder ein VEB noch eine VVB gewesen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 28. Juli 2004 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 8. Januar 2004 zurückzuweisen.
Der Kläger ist anwaltlich nicht vertreten; er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).
II
Die Revision der Beklagten ist begründet.
Der Kläger hat keinen mit den Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen (§ 54 Abs 1 SGG) verfolgbaren Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech im streitgegenständlichen Zeitraum (1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1988) sowie auf Feststellung der in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte (§ 8 Abs 1 und 2 AAÜG). Infolgedessen ist das Urteil des LSG Mecklenburg-Vorpommern aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Schwerin zurückzuweisen.
1. Nach den Feststellungen des LSG kann zwar nicht abschließend beurteilt werden, ob die Vorschriften des AAÜG überhaupt auf den Kläger Anwendung finden. § 1 Abs 1 AAÜG in direkter Anwendung greift zu Gunsten des Klägers nicht ein, weil, wie das LSG festgestellt hat, der Kläger zu keinem Zeitpunkt bis zum 30. Juni 1990 eine Versorgungszusage erhalten hatte. Auch hat die Beklagte in dem Bescheid vom 19. Dezember 2001 keine positive Statusentscheidung getroffen. Denn sie hat als Versorgungsträger insoweit lediglich die ihr nach § 8 Abs 3 Satz 1 AAÜG in dieser Vorschrift übertragene besondere Befugnis ausgeübt, bestimmte, möglicherweise in der Rentenversicherung des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) erhebliche Tatbestände - hier Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem sowie die entsprechenden Arbeitsentgelte - vorab festzustellen. Sie hat damit allein versorgungsspezifische Vorfragen geklärt. In der bloßen Anwendung der Vorschriften des AAÜG in dem Bescheid liegt jedoch nicht die bindende Feststellung, zum 1. August 1991 habe der Kläger eine wirkliche oder fiktive Versorgungsanwartschaft gehabt (vgl hierzu BSGE 90, 102, 105 ff = SozR 3-2600 § 307b Nr 10 und SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 10 f). Ob schließlich das LSG - von der Beklagten in der Revisionsbegründung nicht angegriffen - eine derartige bindende Entscheidung in dem angefochtenen Urteil getroffen und festgestellt hat, dass der Kläger am 30. Juni 1990 als Bauingenieur im VEB Kombinat Milchwirtschaft eine Beschäftigung in einem Betrieb ausgeübt hat, derentwegen er einen Anspruch auf Erteilung einer fiktiven Versorgungszusage iS der erweiternden Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl hierzu ua BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 12 und Nr 3 S 20 f) gehabt hätte, kann letztlich offen bleiben; es fehlen jedenfalls jegliche Feststellungen über die Art der vom Kläger am 30. Juni 1990 ausgeübten Tätigkeit und dem Haupt(Betriebs-)Zweck des VEB Kombinat Milchwirtschaft.
2. Dennoch kann der Senat abschließend entscheiden. Denn selbst wenn man "unterstellt", das AAÜG sei auf den Kläger anwendbar (in erweiternder Auslegung des § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG), steht ihm kein Anspruch auf Feststellung von Tatbeständen gleichgestellter Pflichtbeitragszeiten nach § 5 AAÜG im streitgegenständlichen Zeitraum zu. Der auf den Tatsachenfeststellungen des SG einschließlich des in Bezug genommenen Statuts der Zentralen Aufbau- und Investitionsbauleitung der Milchindustrie des Bezirks S. vom 3. November 1965 sowie der Anordnung zur Einführung der wirtschaftlichen Rechnungsführung in den Vereinigungen für die Lenkung der milchverarbeitenden Industrie vom 3. Oktober 1967 (GBl II S 708) beruhenden Ansicht des LSG, wonach die umstrittenen Beschäftigungszeiten Zugehörigkeitszeiten iS von § 5 Abs 1 AAÜG und damit Tatbestände von gleichgestellten Pflichtbeitragszeiten iS des SGB VI seien, kann nicht gefolgt werden.
Das LSG hat verkannt, dass die Frage, ob Tatbestände von gleichgestellten Pflichtbeitragszeiten nach § 5 AAÜG vorliegen, sich ausschließlich nach den Texten der jeweiligen Versorgungsordnungen iVm den Durchführungsbestimmungen sowie den sonstigen, sie ergänzenden bzw ausfüllenden abstrakt-generellen Regelungen beurteilt. Sie sind faktische Anknüpfungspunkte und dafür maßgebend, ob in der DDR nach dem Stand der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ihrer Art nach von einem Versorgungssystem erfasst war (vgl BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 3 S 22).
Ausgehend von diesen abstrakt-generellen Voraussetzungen nach der VO-AVItech sowie nach der hierzu ergangenen 2. DB (stRspr; vgl ua BSG SozR 3-8570 § 5 Nr 6 S 32 f, 37 f) hat der Kläger im streitigen Zeitraum keine "Zeit der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" und damit keine gleichgestellten Pflichtbeitragszeiten iS von § 5 Abs 1 AAÜG erlangt. Denn er hat in dem og Zeitraum keine Beschäftigung bei einem Arbeitgeber ausgeübt, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in einem System vorgesehen war, das in der Anlage 1 (und 2) zum AAÜG aufgelistet ist.
Eine "Zeit der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" nach dem hier allein in Betracht kommenden Versorgungssystem der AVItech liegt nur vor, wenn der Kläger 1. die Berechtigung hatte, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und
2. eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt hat (sachliche Voraussetzung), und zwar
3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs 1 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs 2 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung) (vgl hierzu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 6 S 40 und Nr 8 S 74; Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 32/01 R).
Geht man von diesen Kriterien aus, so erfüllte der Kläger weder mit seiner Beschäftigung als Aufbauleiter bei der Zentralen Aufbau- und Investitionsbauleitung der Milchindustrie von Januar 1966 bis Dezember 1973 noch mit derjenigen als Bauleiter bei der Milchvereinigung des Bezirks S. von Januar 1974 bis Dezember 1988 die betriebliche Voraussetzung für eine Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech. Denn weder war die Zentrale Aufbau- und Investitionsbauleitung der Milchindustrie S. noch war die Milchvereinigung des Bezirks S. ein volkseigener Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens; ihr Hauptzweck war - wie SG und LSG festgestellt haben - weder Bauwirtschaft noch Industrie iS der Versorgungsordnung (a, b). Die beiden "Betriebe" waren auch keine den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellten "Einrichtungen" iS von § 1 Abs 2 2. DB zur VO-AVItech (c).
a) Hauptzweck der Zentralen Aufbau- und Investitionsbauleitung war nicht die industrielle Fertigung von Sachgütern oder Bauwerken (vgl hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Ihr Zweck bestand nach ihrem Statut vielmehr in der Vorbereitung, Durchführung und Überwachung des Bauablaufs sowie in der Bauabnahme der Investitionsvorhaben. Insoweit war ein Konsortium eingerichtet worden, das Aufgaben, Rechte und Pflichten eines Hauptinvestitionsträgers wahrnahm. Als Aufbauleitung war die Zentrale Aufbau- und Investitionsbauleitung Organ der Vereinigung für die Lenkung der milchverarbeitenden Industrie; diese wiederum war ihr gegenüber der Planträger.
b) Um einen volkseigenen Produktionsbetrieb handelte es sich auch nicht bei der Vereinigung der Betriebe der Milchwirtschaft des Bezirks S. . Denn auch ihr Hauptzweck war nicht die Produktion von Sachgütern. Sie war vielmehr zuständig für die Durchführung von Wirtschaftsaufgaben des Industriezweiges. Insoweit war sie bilanzierendes Organ für die Betriebe der Milchwirtschaft des Bezirks, der sowohl VEB als auch Genossenschaften angehörten.
c) Die Milchvereinigung und die Zentrale Aufbau- und Investitionsbauleitung waren entgegen der Auffassung des LSG aber auch keine VVB.
Das LSG hat lediglich deshalb einen Anspruch des Klägers auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech - und zwar sowohl vom 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1973 als auch vom 1. Januar 1974 bis 31. Dezember 1988 - bejaht, weil die Milchvereinigung selbst eine VVB iS von § 1 Abs 2 2. DB zur VO-AVItech und die Zentrale Aufbau- und Investitionsbauleitung nach ihrem Statut unselbstständig und der Milchvereinigung zugehörig gewesen sei; damit habe der Kläger - so das LSG - während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums eine Beschäftigung in einer VVB ausgeübt und die betriebliche Voraussetzung für eine Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech erfüllt. Dieser Rechtsauffassung kann nicht gefolgt werden.
Anhaltspunkte dafür, dass die Zentrale Aufbau- und Investitionsbauleitung eine - selbstständige - VVB war, sind nicht ersichtlich. Aber auch die Milchvereinigung war keine den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellte Einrichtung iS der 2. DB zur VO-AVItech, sie war keine VVB. Infolgedessen kann dahinstehen, ob die Verflechtung der Zentralen Aufbau- und Investitionsbauleitung mit der Milchvereinigung (bzw der Vereinigung für die Lenkung der milchverarbeitenden Industrie des Bezirks S. ) so eng war, dass nicht die Zentrale Aufbau- und Investitionsbauleitung, sondern die Milchvereinigung Arbeitgeber der Beschäftigten der Zentralen Aufbau- und Investitionsbauleitung war.
Maßgebend für die rechtliche Beurteilung der Frage, ob eine VVB vorliegt, sind die abstrakt-generellen Regelungen in den Texten der VO-AVItech sowie der 2. DB zur VO-AVItech. Geht man hiervon aus, so wird deutlich, dass § 1 Abs 2 2. DB zur VO-AVItech nur bestimmte Arten von Institutionen aufführt und diese den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichstellt. Lediglich dann also, wenn der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum bei einer der dort - abschließend - genannten Institutionen - hier allein in Betracht kommend eine VVB - beschäftigt gewesen wäre, könnten Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech iS des § 5 AAÜG festgestellt werden.
In § 34 Abs 1 Kombinats-VO 1973 wird die VVB als ein wirtschaftsleitendes Organ, dem VEB, Kombinate und Einrichtungen unterstellt sind, definiert. Die Milchvereinigung hätte demnach nur dann eine VVB in diesem Sinne sein können, wenn die nach den tatsächlichen Feststellungen neben den VEB ebenfalls zur Milchvereinigung gehörenden Genossenschaften "Einrichtungen iS von § 34 Abs 1 Kombinats-VO 1973" gewesen wären. Dies war jedoch - wie der Senat bereits entschieden hat (vgl Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 4 RA 23/04 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen) - nicht der Fall.
Der Senat hat in der vorgenannten Entscheidung ausgeführt, dass der Begriff VVB zuletzt in der Kombinats-VO 1973 enthalten war. Allerdings ist der Begriff "Einrichtung" dort und auch nicht in der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979 (<Kombinats-VO 1979> GBl I S 355) definiert. Näher bestimmt wird er in der Vorgänger-Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten des volkseigenen Produktionsbetriebs vom 9. Februar 1967 (GBl II S 121), auf der die Kombinats-VO 1973 aufbaut. Dort ist in § 49 Abs 2 aaO bestimmt, dass unter Beachtung der zweigbedingten Besonderheiten die Verordnung auf alle VEB und "volkseigenen Einrichtungen" - also gerade nicht auf Genossenschaften - Anwendung finde, die nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Rechnungsführung arbeiten. Die Differenzierung zwischen volkseigenen Wirtschaftseinheiten und Genossenschaften entspricht im Übrigen dem Wirtschaftsrecht der DDR. Dieses unterschied (ua) zwischen volkseigenen Wirtschaftseinheiten, zu denen VEB, Kombinate und volkseigene Einrichtungen zählten (vgl Heuer, Wirtschaftsrecht 1985, S 75), und Genossenschaften, einem Zusammenschluss von Werktätigen, die auf der Grundlage von Statuten gemeinsam zu bewirtschaftendes Eigentum bildeten, und den Gewinn ihrer Betriebe ua zur Auszahlung an ihre Mitglieder verwendeten (vgl § 18 Abs 1 Zivilgesetzbuch/DDR vom 19. Juni 1975, GBl I S 465; vgl hierzu im Übrigen BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 6 S 43).
Die auf dieser Differenzierung beruhende unterschiedliche rechtliche Behandlung von volkseigenen Wirtschaftseinheiten und Genossenschaften ergibt sich im Übrigen auch aus der vom SG in Bezug genommenen Anordnung zur Einführung der wirtschaftlichen Rechnungsführung in den Vereinigungen für die Lenkung der milchverarbeitenden Industrie vom 3. Oktober 1967 (GBl II S 708). Zwar hatten die Vereinigungen danach die für die VVB geltenden Grundsätze des Rechnungswesens anzuwenden. Es wurde jedoch dort bei der Bilanzierung, der Mittelverwendung und der Fondsbildung klar unterschieden zwischen den VEB und den Genossenschaften (§ 2 Abs 3, § 3 Abs 5, § 4 aaO; vgl im Übrigen Heuer, aaO, S 162). Gleiches lässt sich der vom LSG zitierten Finanzierungsrichtlinie für die Nahrungsgüterwirtschaft von 1971 entnehmen (Ziff IV Nr 2). Wenn dort (Ziff I.1.2) darauf hingewiesen wird, dass in den nachfolgenden Ziffern die Vereinigungen als VVB bezeichnet werden, so stellt sich dies - unabhängig davon, dass es sich bei der Richtlinie nicht um eine vom zuständigen Rechtsetzungsorgan in der vorgesehenen Form getroffene Regelung handelt und unabhängig von der oben aufgezeigten unterschiedlichen Behandlung im Rechnungswesen - als eine der Vereinfachung dienende Abkürzung dar und nicht als eine Gleichstellung der Vereinigung der Betriebe der Milchwirtschaft mit einer VVB.
Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass die Milchvereinigung in dem Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen war. Denn dort konnten gemäß § 1 Abs 2 Nr 4 der Verordnung über die Führung des Registers der volkseigenen Wirtschaft vom 10. April 1980 (GBl I S 115) auch wirtschaftsleitende Organe "im Bereich" der volkseigenen Wirtschaft eingetragen werden, die nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Rechnungsführung arbeiteten. Das hatte jedoch nicht zur Folge, dass durch die Eintragung eine aus VEB und Genossenschaften zusammengesetzte Vereinigung - konstitutiv - insgesamt zu einem volkseigenen Wirtschaftssubjekt wurde, wie sich insbesondere aus der og getrennten Bilanzierung, Mittelverwendung und Fondsbildung in diesen Fällen ergibt.
3. Der Kläger kann auch nicht im Wege einer erweiternden Gesetzes- bzw Rechtsanalogie auf Grund seiner beruflichen Qualifikation als Bauingenieur und auf Grund einer Beschäftigung in einem "wirtschaftsleitenden Unternehmen" den in § 1 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 2. DB zur VO-AVItech genannten Gruppen durch eine nachträgliche Korrektur gleichgestellt werden. Der Einigungsvertrag hat grundsätzlich nur die Überführung damals bestehender Versorgungsansprüche und -anwartschaften von "Einbezogenen" in das Bundesrecht versprochen und Neueinbeziehungen ausdrücklich untersagt. Das Verbot der Neueinbeziehung auf Grund der von der DDR erlassenen Versorgungsregelungen ist verfassungsgemäß. Eine Erweiterung des einbezogenen Personenkreises (Art 20 Abs 3 Grundgesetz <GG>) über die in § 1 Abs 1 AAÜG angelegte Modifikation hinaus würde das Einbeziehungsverbot unterlaufen. Der Bundesgesetzgeber durfte an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung dieser Versorgungssysteme in der DDR ohne Willkür anknüpfen (vgl hierzu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 16, Nr 8 S 79). Art 3 Abs 1 und 3 GG gebietet nicht, vorhandene Ungleichheiten rückwirkend zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen (vgl hierzu BVerfG Beschluss vom 4. August 2004 - 1 BvR 1557/01 - NVwZ 2005, 81).
4. Die Revision hat mithin Erfolg.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Ende der Entscheidung
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