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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 25.01.2001
Aktenzeichen: B 4 RA 48/99 R
Rechtsgebiete: SGB I


Vorschriften:

SGB I § 2 Abs 2
SGB I § 17 Abs 1 Nr 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 25. Januar 2001

in dem Rechtsstreit

Az: B 4 RA 48/99 R

Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Meyer, die Richter Dr. Berchtold und Husmann sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Janzen und Günther

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Juni 1999 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe:

I

Streitig ist, ob die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) die Auszahlung der von ihr der Klägerin geschuldeten laufenden Renten- und Nachzahlungsbeträge aufschiebend verweigern darf.

Die am 18. Dezember 1930 geborene Klägerin lebt seit Ende 1989 in Chile in der Gemeinde Parral auf dem Gelände der "Socieda Benefactora y Educacional Dignidad (der sogenannten Colonia Dignidad, im folgenden: CD). Sie ist deutsche Staatsbürgerin und versichertes Mitglied der BfA. Ihr steht seit Vollendung des 60. Lebensjahres ein Recht auf Altersrente gegen die BfA (anfänglicher monatlicher Wert: 928,80 DM, am 1. Juli 1997: 1.227,83 DM) zu; aus diesem hat sie gegen die BfA einen Nachzahlungsanspruch für das Jahr 1991 in Höhe von 11.407,80 DM, für die Jahre 1992 bis einschließlich 1997 von 83.999,82 DM, ferner für die Folgezeit ab 1998 einen Nachzahlungsanspruch in Höhe der Summe der seither von der BfA noch nicht erfüllten monatlichen Einzelansprüche; schließlich hat sie zukunftsgerichtet gegen die BfA die jeweils monatlich entstehenden und zu Beginn jedes Monats fällig werdenden Einzelansprüche.

Hierüber streiten die Beteiligten nicht. Die BfA hat das Recht der Klägerin auf Altersrente und die Einzel- und Nachzahlungsansprüche hieraus in Bescheiden vom 17. und 25. November 1997 festgestellt, nachdem sie früher Rente mangels Mitwirkung der Klägerin versagt und sich im daran anschließenden Vorprozeß (LSG Berlin - L 6 An 25/96; BSG - B 4 RA 19/97 R -) darauf berufen hatte, sie müsse die Zahlungen in Erfüllung der ihr gegenüber der Klägerin obliegenden Obhutspflicht solange zurückhalten, bis sichergestellt sei, daß sie ohne Einfluß der CD tatsächlich an die Klägerin fließen würden.

In den Bescheiden vom 17. und 25. November 1997 hat die BfA ferner erklärt, die Nachzahlungen würden vorläufig einbehalten und nicht ausgezahlt; eine laufende Zahlung erfolge nicht; zur Begründung hierfür verwies sie auf ihr Vorbringen im Vorprozeß zur Obhutspflicht.

Nach Beendigung des Vorprozesses im Juni 1998 - die Beteiligten hatten die Hauptsache für erledigt erklärt - hat das Sozialgericht (SG) Berlin am 28. Juni 1999 antragsgemäß geurteilt: "Die Bescheide der Beklagten vom 17. November 1997 und 25. November 1997 werden aufgehoben, soweit die Beklagte darin die vorläufige Nichtzahlung der der Klägerin seit 1. Januar 1991 zustehenden Rentenbeträge verfügt hat". Die von der BfA angeführten Vorschriften aus § 2 Abs 2 und § 17 Abs 1 Nr 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) enthielten keine Ermächtigungsgrundlage für den Eingriff in die eigentumsgeschützten Ansprüche der Klägerin.

Die BfA erhebt mit ihrer - vom SG zugelassenen - (Sprung-)Revision die Sachrüge, das SG habe § 2 Abs 2 und § 17 Abs 1 Nr 1 SGB I verletzt. Da gewichtige Gründe für die Annahme sprächen, den rentenberechtigten Bewohnern der CD werde ihre Rente unter Umständen vorenthalten, die eine freie Willensbestimmung sogar unter Lebensbedrohung ausschlössen, könne sie ihre gesetzliche Obhutspflicht nur erfüllen, wenn sie die Auszahlung solange aufschiebe, bis die Klägerin aus dem Einflußbereich der CD herausgekommen sei. Deshalb seien die Erklärungen über die vorläufige Auszahlungsverweigerung als Beifügung der aufschiebenden Bedingung iS des § 32 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu verstehen, daß die Klägerin aus dem Einflußbereich der CD herausgelange.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Juni 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie meint, das Urteil des SG sei rechtlich nicht zu beanstanden.

II

Auf die zulässige Sprungrevision der BfA war das vom SG ausgesprochene Gestaltungsurteil aufzuheben, mit dem es objektiv nicht vorhandene Verwaltungsakte "aufgehoben" hat (dazu unter 1.); die Sache war an das SG zurückzuverweisen, weil dem Bundessozialgericht (BSG) eine abschließende Entscheidung über die (vom SG nicht ausdrücklich beschiedene) Leistungsklage mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht möglich ist (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>; hierzu unter 2.).

Der Wirksamkeit der Einlegung der Revision und/oder der Begründung des Prozeßrechtsverhältnisses steht nicht entgegen, daß die Klägerin prozeßunfähig wäre. Die BfA, die diese Frage angesprochen hat, hat hierfür keine konkreten nachprüfbaren Tatsachen benannt; solche sind auch nicht ersichtlich.

1. Das Gestaltungsurteil des SG ist aufzuheben, weil das Gericht gemäß § 123 SGG nur über die von der Klägerin erhobenen Ansprüche auf Zahlung hätte entscheiden dürfen; an die Fassung der Anträge war das SG nicht gebunden. Die Klägerin hatte keine Anfechtungsklagen (iS von § 54 Abs 1 Satz 1 Regelung 1 SGG) erhoben, sondern wollte einen Zahlungstitel gegen die BfA erlangen, weil diese sich weigerte, die von ihr festgestellten Ansprüche der Klägerin zu erfüllen (§ 54 Abs 5 SGG).

Das wirkliche Begehren der Klägerin ist ua schon deswegen nicht im Sinne der Erhebung von Anfechtungsklagen gegen die Erklärungen der BfA zu verstehen (Nachzahlungen werden vorläufig einbehalten, nicht ausgezahlt und laufende Zahlungen erfolgen nicht), weil diese Ausführungen keine Verwaltungsakte verlautbart haben; eine Anfechtungsklage wäre daher unstatthaft gewesen, das vom SG unzulässig ausgesprochene Gestaltungsurteil also im übrigen ins Leere gegangen.

In den Bescheiden vom 17. und 25. November 1997 hat die BfA jeweils durch Verwaltungsakt festgestellt, daß der Klägerin das bis dahin streitig gewesene subjektive Recht auf Altersrente zusteht; sie hat dessen Beginn (und Dauer), dessen monatlichen Wert für Bezugszeiten ab Januar 1991, das Entstehen und Bestehen monatlicher Einzelansprüche hieraus und ferner zwei bezifferte Nachzahlungsansprüche festgesetzt und damit anerkannt, daß die Klägerin gegen sie das Recht hat, die Zahlung der - in der Höhe nicht streitigen - Rentenbeträge zu verlangen (§ 194 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch <BGB>). Mit den vom SG (sinngemäß) "aufgehobenen" Erklärungen hat sie aber keinen Verwaltungsakt verlautbart, sondern nur ein dilatorisches Leistungsverweigerungsrecht geltend gemacht, also ein aufschiebendes Gegenrecht, das lediglich die Durchsetzung (nicht: den Bestand oder das Entstehen) der durch die og Verwaltungsakte anerkannten Rechte und Ansprüche zeitweilig verhindert. Die Erhebung einer solchen öffentlich-rechtlichen Einrede (im materiell-rechtlichen Sinne) ist schlechthin kein Verwaltungsakt; denn sie verlautbart ua schon keine Regelung iS des § 31 SGB X. Sie hebt das materielle (gesetzlich begründete) subjektive Recht, gegen dessen Durchsetzung sie geltend gemacht wird, weder auf noch verändert sie es inhaltlich zum Nachteil des Rechtsinhabers; dessen Berechtigung bleibt vielmehr unverändert bestehen; daher wird auch der Verwaltungsakt, durch den das gesetzlich begründete Recht (hier: der Klägerin) festgestellt wurde, durch die Einrede nicht verändert; er bleibt unverändert wirksam (und bindend).

Erst recht liegt in der Erhebung einer öffentlich-rechtlichen aufschiebenden Einrede gegen einen verwaltungsrechtlichen Leistungsanspruch (der sich aus Gesetz und/oder Verwaltungsakt <oder Vertrag> ergeben kann) - entgegen der Ansicht des SG - keine "Verfügung". Unter dem Ausdruck "Verfügung" iS von § 31 SGB X ist das an ein anderes Rechtssubjekt gerichtete Gebot oder Verbot eines Verhaltens zu verstehen. Ein Verwaltungsakt, den das SG hätte aufheben können, läge daher sogar dann nicht vor, wenn es rechtlich nicht sinnlos wäre, die Erklärungen der BfA als "Gebot an sich selbst, vorläufig nicht zu zahlen" oder - logisch gleichwertig - als "Verbot an sich selbst, die Beträge zu zahlen", auszulegen.

Soweit die Revision erstmals vorträgt, die Ausführungen über die Einbehaltung bzw Nichtauszahlung von Beträgen hätten die zuerkannten Ansprüche unter die aufschiebende Bedingung stellen sollen, daß die Klägerin aus dem Einflußbereich der CD herausgelange, ist dies in den Bescheiden vom 17. und 25. November 1997 nicht erklärt worden. Es findet sich an keiner Stelle ein Text, der in den Grenzen der Regeln der Amtssprache (§ 19 Abs 1 SGB X) so verstanden werden könnte, als wolle die BfA die kraft Gesetzes entstandenen Ansprüche oder auch nur die Wirksamkeit der diese feststellenden Verwaltungsakte durch eine solche aufschiebende Bedingung einschränken. Auch der Verweis dort auf die Berufungsbegründung vom 16. Februar 1996 im Vorprozeß gibt für ein solches Verständnis schon deshalb nichts her, weil auch dort nicht von "Bedingungen" für die erst 1 1/2 Jahre später erlassenen Verwaltungsakte die Rede ist, sondern nur von der - damals allein streitbefangenen - Versagungsentscheidung (iS von § 66 Abs 1 Satz 1 Regelung 1 SGB I) und von einer Pflicht der BfA zur Leistungsverweigerung aus Gründen der Obhutspflicht. Es ist daher nicht darauf einzugehen, daß auch die offensichtliche Rechtswidrigkeit der Beifügung einer solchen Bedingung (zu den Maßstäben hierfür stellv. BSGE 67, 104 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2) es dem an Treu und Glauben orientierten objektiven Erklärungsempfänger, auf den allein abzustellen ist, verböte, die fraglichen Erklärungen der BfA in diesem Sinne zu verstehen.

Diese können und dürfen auch nicht als erneute Versagung iS von § 66 Abs 1 Satz 1 Regelung 1 SGB I oder als (Teil-)Entziehung (Regelung 2 aaO) der gerade in diesen Bescheiden anerkannten Einzelansprüche verstanden werden (zu Entscheidungen nach § 66 SGB I Urteile des Senats vom 22. Februar 1995, 4 RA 54/93 und 4 RA 44/94 = BSGE 76, 16 = SozR 3-1200 § 66 Nr 3; im wesentlichen wohl ebenso Urteil des 5. Senats des BSG vom 5. April 2000, B 5 RJ 38/99, BSGE 86, 107 zu einer Versagung). "Versagung" und "Entziehung" iS von § 66 Satz 1 SGB I sind durch (gestaltenden) Verwaltungsakt geltend zu machende rechtsvernichtende Einwendungen (im materiell-rechtlichen Sinne). Sie vernichten die aus dem kraft Gesetzes entstandenen subjektiven Recht auf Rente (sogenanntes Stammrecht) monatlich - ebenfalls kraft Gesetzes - entstandenen und fällig gewordenen Einzelansprüche für die Dauer des Bestandes des Versagungs- bzw Entziehungsakts; mit dessen Aufhebung nach Nachholung der Mitwirkung entstehen die vernichteten Einzelansprüche nicht "automatisch" neu, sondern nur, wenn und soweit der Rentenversicherungsträger dies durch eine anspruchskonstitutive Ermessensentscheidung anordnet (§ 67 SGB I). Die BfA hat gegenüber der Klägerin gerade keine auf Anspruchsvernichtung gerichtete Entscheidung verlautbart; sie erkennt vielmehr das Recht der Klägerin und ihre bislang entstandenen und noch entstehenden Einzelansprüche an. Sie will erklärtermaßen nur die Durchsetzung dieser Zahlungsansprüche und dies nur solange verhindern, bis die Klägerin aus dem Einflußbereich der CD herausgelangt, weil sie sonst (durch Zahlung) eine ihr gegenüber der Klägerin obliegende Amtspflicht verletzen würde, diese vor dem endgültigen Verlust der Rentenbeträge infolge deren zwangsweiser Vorenthaltung durch die Leitung der CD zu bewahren. Die BfA hat also - anders als in den bislang vom BSG entschiedenen Fällen - nicht in die rentenversicherungsrechtlichen Rechte und Ansprüche der Klägerin eingegriffen, sondern nur der Durchsetzung dieser Ansprüche eine aufschiebende Einrede entgegengesetzt.

Das Gestaltungsurteil des SG kann auch nicht mit der Erwägung als bundesrechtskonform ausgewiesen werden, die BfA habe die Erhebung dieser Einrede in eine äußere Form gekleidet, welche für den "objektiven Adressaten" den Anschein erwecke, es habe die Einrede "als Verwaltungsakt" iS des § 31 SGB X ergehen sollen (sogenannter bloß formeller Verwaltungsakt). Grundvoraussetzung für die Auslegung eines behördlichen Verhaltens als Verlautbarung eines "bloß formellen Verwaltungsaktes" ist nämlich, daß überhaupt der Eindruck vermittelt wird, die Äußerung des Verwaltungsträgers könne auf die Regelung (dh, auf die Begründung, Aufhebung, inhaltliche Änderung oder Feststellung <§ 31 SGB I, § 53 Abs 1 Satz 1 SGB X> eines Rechts) gerichtet sein. Die Mitteilungen der BfA über Einbehaltung und Nichtzahlung der anerkanntermaßen geschuldeten Beträge enthalten - wie ausgeführt - nicht einmal den Anschein einer solchen Regelung; sie betreffen nicht Inhalt und Bestand der Ansprüche, sondern nur deren Durchsetzung.

Vor diesem Hintergrund ist das SG, das in seiner mündlichen Verhandlung am 28. Juni 1999 zwar den Aufhebungsantrag zu Protokoll genommen hat, aber gemäß § 123 Halbsatz 2 SGG an die Fassung der Anträge nicht gebunden ist (s auch § 106 Abs 1 Regelung 3 SGG), mit seinem Aufhebungsurteil über die von der Klägerin erhobenen (Zahlungs-)Ansprüche hinausgegangen. Deshalb war dieses Urteil aufzuheben.

2. Die Klägerin hat jedoch vom SG begehrt, die Beklagte zu verurteilen, die ausstehenden Rentenbeträge und laufende Rente zu zahlen. Hierüber hat das SG keinen ausdrücklichen Urteilsausspruch getroffen. Der Begründung des Gestaltungsurteils und dem Gesamtzusammenhang nach kann auf der Grundlage der Rechtsauffassung des SG aber noch entnommen werden, daß es die Beklagte zur "Gewährung von Rentenleistungen" (Seite 10 des SG-Urteils) auf der "Grundlage des ungeschmälerten Rentenzahlungsanspruchs ab 1. Januar 1991 "(Seite 11 des SG-Urteils) verurteilt hat. Daher liegt auch insoweit eine Revisionsbeschwer der Beklagten vor. Aber auch dieses Leistungsurteil ist aufzuheben, weil noch Tatsachen festgestellt werden müssen, die für den Bestand des von der BfA geltend gemachten Leistungsverweigerungsrechts erheblich sind.

Diese Zahlungsklage ist auf die Verurteilung der BfA zur Nachzahlung von 95.407,62 DM für Bezugszeiten bis Ende 1997, zur Nachzahlung der noch nicht erfüllten Einzelansprüche ab 1. Januar 1998 und zur künftigen Zahlung auf die erst nach Erlaß des Urteils fällig werdenden Einzelansprüche (vgl § 258 ZPO) gerichtet. Sie ist gemäß § 54 Abs 5 SGG statthaft, weil der geltend gemachte Anspruch auf die Zahlungen (der Art nach) ein Rechtsanspruch ist und ein Verwaltungsakt nicht (mehr) zu ergehen hat. Denn die BfA hat die gemäß § 117 SGB VI stets für Ansprüche auf Rentenzahlungen notwendigen (schriftlichen) Verwaltungsakte, durch welche die kraft Gesetzes entstandenen Rechte und Ansprüche im Einzelfall konkretisierend festgestellt werden, bereits am 17. und 25. November 1997 erlassen.

Aufgrund dieser Verwaltungsakte, die das Recht der Klägerin auf Altersrente und die (Einzel- sowie Nachzahlungs-)Ansprüche hieraus bindend (§ 77 SGG) festgestellt haben, ist diese zulässige (echte) Leistungsklage begründet, soweit der Beklagten die erhobene aufschiebende Einrede nicht zusteht; wenn und soweit dies aber der Fall ist, muß die Klage als zur Zeit unbegründet abgewiesen werden.

Nach dem bisherigen Stand des Verfahrens greift die von der Beklagten erhobene aufschiebende Einrede durch, weil sie sich in einer die Leistungsverweigerung (=Erfüllungsverweigerung, nicht: Sozialleistungsverweigerung als Versagung oder Ablehnung eines Rechts auf diese Sozialleistungen) rechtfertigenden Pflichtenkollision befindet (dazu unter 3.). Der Senat ist jedoch an einer den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung gehindert, weil bezüglich des Tatbestandes der Pflichtenkollision noch einzelfallbezogene Tatsachen aufzuklären sind; dies ist dem Tatsachengericht vorbehalten (dazu unter 4.).

3. Nach dem derzeitigen Verfahrensstand befindet die BfA sich in einer Pflichtenkollision, welche die erklärte zeitweilige Auszahlungsverweigerung rechtfertigt:

a) Zwar gibt es kein nach Tatbestand und Rechtsfolge spezialgesetzlich ausgestaltetes Leistungsverweigerungsrecht, auf das die BfA sich in Fällen der vorliegenden Art berufen könnte. Die zeitweilige Erfüllungsverweigerung kann aber wegen einer Pflichtenkollision erlaubt sein.

Eine Pflichtenkollision liegt für den Rentenversicherungsträger (jedenfalls) vor, wenn er Adressat von mindestens zwei rechtlichen Verhaltenspflichten ist, die nebeneinander gelten, soweit er die eine Pflicht nur auf Kosten der anderen erfüllen kann. Kennzeichnend ist, daß er notwendig eine Pflicht (zumindest teilweise) verletzen muß, wie auch immer er sich verhalten mag. Keine Pflichtenkollision liegt vor, soweit eine Pflicht schon nach Normenkonkurrenzregeln hinter die andere zurücktritt.

Die (teilweise) Nichterfüllung der einen Pflicht ist (stets) erlaubt, soweit das Rechtsgut, das diese Pflicht schützen soll, durch die Rechtsordnung schon abstrakt-generell als im Vergleich mit dem Schutzgut der anderen Pflicht von geringerem Wert ausgewiesen ist, soweit also die Erfüllung der anderen Pflicht ein höherwertiges Rechtsgut schützt. Die Erlaubnis, die (objektiv) geringerwertige Rechtspflicht (ausnahmsweise) nicht zu befolgen, folgt hier daraus, daß das Gesetz dem Schutzgut der anderen Pflicht den höheren Wert zugemessen und dadurch angeordnet hat, insoweit der Erfüllung der höher zu bewertenden Pflicht auch im Einzelfall den Vorzug zu geben.

Eine solche Fallgestaltung liegt hier aber nicht vor. Die Pflichtenkollision kann für die BfA nur dadurch eintreten, daß sie zum einen die Zahlungsansprüche der Klägerin erfüllen muß, zum anderen aber daneben auch verpflichtet ist, sicherzustellen, daß dieses soziale Eigentumsrecht der Klägerin möglichst weitgehend "verwirklicht" wird (§ 2 Abs 2 SGB I), und daß sie insbesondere verpflichtet ist, darauf hinzuwirken, daß die Klägerin die ihr zustehende Rente erhält (§ 17 Abs 1 Nr 1 SGB I). Das Gesetz legt der BfA neben der Zahlungspflicht auch die Obhutspflicht (als Nebenpflicht) auf, ua dafür zu sorgen, daß jeder Berechtigte die Rente (dh die wiederkehrende Geldzahlung), auf die er Anspruch hat, wirklich erhält (BSGE 76, 16, 22).

Für den Bereich der subjektiven Rechte auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die als Eigentum der Berechtigten Grundrechtsschutz nach Art 14 GG haben, enthalten die § 2 Abs 2, § 17 Abs 1 Nr 1 SGB I die grundrechtskonforme Konkretisierung der verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG. Denn das auch die BfA bindende Eigentumsgrundrecht der Klägerin schützt abstrakt-generell ua, daß der Eigentümer sein Eigentumsrecht im Verwaltungsverfahren (und im gerichtlichen Verfahren) gegenüber dem Verwaltungsträger und gegenüber Dritten, dh vor allem gegen andere Privatrechtssubjekte, verfolgen und auch verwirklichen kann (sog Verfahrensgarantie des Art 14 Abs 1 GG). Als grundrechtliches Eigentum geschützt ist also (neben dem Anwartschaftsrecht und dem Vollrecht auf Rente) nicht nur jeder monatliche (Einzel-)Zahlungsanspruch, sondern auch dessen Verwirklichung in einem fairen Verfahren. Die gesetzliche Obhutspflicht für den Rentenversicherungsträger konkretisiert damit gerade im Grundrechtsbereich das Recht des Renteneigentümers, seine ihm rechtlich zustehende Rente auch wirklich zu erhalten; dies bedeutet für ihn grundrechtlich das Recht, die freie tatsächliche Verfügungsmacht über die Rentenbeträge zu erlangen, und für die BfA die Pflicht, Rente nicht zu zahlen, soweit feststeht, daß das Geld nicht in die freie Verfügungsmacht des Rechtsinhabers (oder nicht aufgrund dessen fortbestehender freier Verfügung an Dritte) gelangt.

Zahlungspflicht und Obhutspflicht der BfA schützen demnach dasselbe Rechtsgut, das Renteneigentum, wenn auch in unterschiedlicher Hinsicht (rechtliche Gewährleistung und tatsächliche Verwirklichung). Es ist daher nicht abstrakt-generell kraft Gesetzes gerechtfertigt, der Erfüllung einer der beiden Pflichten schlechthin, dh unter allen Umständen den Vorzug einzuräumen, wenn sie - rechtlich betrachtet ausnahmsweise - einmal miteinander kollidieren.

Dienen - wie hier - zwei nebeneinander bestehende rentenversicherungsrechtliche Pflichten, von denen die eine (Obhutspflicht) die andere (Zahlungspflicht) funktional ergänzt, demselben Rechtsgut und kollidieren sie, muß der Verwaltungsträger sich (soweit die Kollision reicht) zur (teilweisen) Erfüllung einer von ihnen und zur Verletzung der anderen nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden. Da es sich um die Fallgruppe einer Pflichtenkollision im Grundrechtsbereich handelt, ist es grundsätzlich dem zuständigen Organ der gesetzgebenden Gewalt (hier: dem Deutschen Bundestag) vorbehalten, dem Verwaltungsträger die rechtlichen Maßstäbe für die unvermeidbaren Vorzugsentscheidungen vorzugeben. Es ist ferner primär Aufgabe der gesetzgebenden Gewalt, die Schutzpflicht des Staates auszugestalten, wie öffentlich-rechtliches Renteneigentum von der vollziehenden Gewalt (hier BfA) im Verwaltungsvollzug vor widerrechtlichen Zugriffen Dritter zugunsten des Grundrechtsinhabers (hier: der Klägerin) zu schützen ist. Eine spezielle gesetzliche Regelung besteht jedoch nicht.

b) Gleichwohl darf das BSG, das selbst an die Verfahrensgarantie des Art 14 Abs 1 GG als unmittelbar geltendes Recht gebunden (Art 1 Abs 3 GG) und zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes verpflichtet ist (Art 19 Abs 4 Satz 1 GG), der Klägerin die rechtliche Überprüfung der von der BfA getroffenen Entscheidung, die Obhutspflicht (zu Lasten der Zahlungspflicht) zu erfüllen, nicht versagen. Die Prüfung erstreckt sich darauf, unter welchen Voraussetzungen (und in welchem Umfang) - nur in Fällen der vorliegenden Art (Kollision einer rentenversicherungsrechtlichen Zahlungspflicht mit einer diese funktional ergänzenden Obhutspflicht wegen eines Zugriffs Dritter auf die Rente) - der Rentenversicherungsträger nach Bundesrecht befugt ist, die Zahlung zeitweise zu verweigern. Zu beurteilen ist, ob eine solche Pflichtenkollision im Einzelfall vorliegt und ob der Rentenversicherungsträger bei seiner Entscheidung die Grenzen der Pflichtenkollision beachtet und die Nachteile verhältnismäßig abgewogen hat, die dem Renteneigentümer durch die Verletzung oder Erfüllung jeweils der einen oder anderen Pflicht (wahrscheinlich) drohen.

aa) Eine die Pflichtenkollision auslösende Obhutspflicht des Rentenversicherungsträgers besteht, sobald er amtlich von Tatsachen erfährt, die zumindest den dringenden Verdacht, also die nach allgemeiner Lebenserfahrung große Wahrscheinlichkeit, begründen, daß das Geld weder dem Rechtsinhaber zu seiner freien Verfügung noch gemäß seinem freien Willen einem von ihm benannten Dritten zufließt, weil auf ihn durch Zwang, widerrechtliche Drohung oder durch arglistige Täuschung eingewirkt wird; sie besteht solange, bis geklärt ist, ob dieser Verdacht objektiv unbegründet oder bis die widerrechtliche Fremdbeeinflussung beendet ist.

Im zivilen rechtsgeschäftlichen Verkehr schützt das Bundesrecht denjenigen, der durch eine derartige widerrechtliche Fremdbeeinflussung zur Abgabe einer Willenserklärung bestimmt worden ist, durch Gewährung eines besonders ausgestalteten Anfechtungsrechts (§§ 123, 124 BGB). Hieran kann der verfassungs- und sozialverwaltungsrechtliche Schutz, den der Rentenversicherungsträger dem Renteneigentümer vor Zugriffen Dritter auf die Rente gewähren muß, grundsätzlich anknüpfen. Weiß der Rentenversicherungsträger, daß der Berechtigte die geschuldeten Rentenbeträge wegen einer solchen widerrechtlichen Dritteinwirkung bei Auszahlung nicht erhalten wird, muß er darauf hinwirken, daß er sie wirklich erhält (§ 17 Abs 1 Nr 1 SGB I), daß ihr Vermögenswert ihm zugute kommt (zum Zugriff eines fremden Staates auf die Rente des dort lebenden Versicherten vgl BSGE 34, 38, 39 = SozR Nr 5 zu § 1231 RVO; BSGE 79, 113, 124 = SozR 3-50570 § 18 Nr 2). Dasselbe gilt, wenn der Träger aufgrund bestimmter Tatsachen den dringenden Verdacht hat, daß ein solcher Fremdzugriff vorliegt. Dann muß er unverzüglich aufklären, ob der Verdacht unbegründet oder die widerrechtliche Fremdbeeinflussung gegeben ist. An dieser Aufklärung bei Fremdeingriffsverdacht hat der Berechtigte - soweit überhaupt möglich - gemäß §§ 60 bis 65a SGB I ebenso mitzuwirken wie an dem Bemühen des Rentenversicherungsträgers, den Fremdeingriff zu beenden. Allerdings darf und muß der Träger im Normalfall (gemäß § 47 SGB I) davon ausgehen, daß er die Auszahlung der geschuldeten Renten durch Überweisung auf ein Konto des Berechtigten mit anspruchserfüllender Wirkung vornehmen kann, wenn der Berechtigte zumindest Mitinhaber dieses Kontos ist und die überwiesenen Beträge ihm wirtschaftlich zufließen (BSG SozR 1200 § 47 Nr 1); dasselbe gilt grundsätzlich, wenn das Geld dem Berechtigten selbst an seinen Wohnsitz übermittelt wird. Insbesondere darf der Träger nicht "ins Blaue hinein" Ermittlungen darüber aufnehmen, ob ein widerrechtlicher Fremdeingriff vorliegt. Eine solche Vorermittlungspflicht setzt frühestens ein, wenn ihm mit Bezug auf bestimmte Berechtigte Tatsachenbehauptungen vorgetragen oder amtlich bekannt werden, welche, falls sie zutreffen sollten, wenigstens einen dringenden Fremdeingriffsverdacht begründen; die Obhutspflicht entsteht, sobald aufgrund des Ergebnisses der Vorermittlungen für den Träger der dringende Verdacht oder die Gewißheit eines solchen Fremdeingriffs feststeht. Die Pflichtenkollision liegt vor, solange die Zahlungspflicht und die Obhutspflicht nebeneinander bestehen.

bb) Nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des SG, an die der Senat gebunden ist (§ 161 Abs 4, § 162 SGG), und nach den allgemeinkundigen, ua vom Senat in seinem Urteil vom 22. Februar 1995 (BSGE 76, 16) festgestellten Tatsachen über die Lebensverhältnisse in der CD ist die Pflichtenkollision spätestens mit der Bekanntgabe der begünstigenden Verwaltungsakte vom 17. und 25. November 1997 entstanden. Denn die zuvor streitig gewesene Zahlungspflicht war seither für Klägerin und Beklagte bindend festgestellt. Zugleich war die Obhutspflicht entstanden. Nach den bislang bekannten Tatsachen unterlag die Klägerin - wie auch die anderen Einwohner der CD - einer auf physischer und psychischer Zwangseinwirkung beruhenden Fremdbeherrschung derart, daß nicht sichergestellt war und ist, daß ihr die Rente wirklich zufließt.

Auf dieser Grundlage ist die von der BfA getroffene Entscheidung rechtlich nicht zu beanstanden, die Obhutspflicht zu erfüllen und demgemäß die Erfüllung der Zahlungspflicht zeitweilig bis zur Beendigung des Fremdzugriffs zu verweigern, nämlich bis zu einem Zeitpunkt, in dem die Klägerin aus dem Einflußbereich der CD herausgelangt.

Die Erhebung dieser aufschiebenden Einrede war und ist nach dem Verfahrensstand nicht ermessensfehlerhaft (iS von § 54 Abs 2 Satz 2 SGG). Die BfA hat am 17./25. November 1997 eine Mittelwahl getroffen und damit ihr Ermessen betätigt, als sie das bis dahin eingesetzte Mittel des Rechtseingriffs der anspruchsvernichtenden Versagung (iS von § 66 Abs 1 Satz 1 Regelung 1 SGB I), das im Vorprozeß umstritten war, fallenließ und statt dessen das die Zahlungsansprüche der Klägerin nicht antastende Mittel der dilatorischen Leistungsverweigerung wählte. Damit hat sie die Grenzen ihres Ermessens, die sich aus den Zwängen der Pflichtenkollision ergeben, nicht überschritten und insbesondere keine Rechtsfolge gesetzt, die in keinem sachlichen Zusammenhang mit der Kollision stand. Sie hat ferner eine dem Übermaßverbot genügende Abwägung zwischen den Vor- und Nachteilen vorgenommen, die für das Renteneigentum der Klägerin angesichts der gegebenen Fremdbeherrschung entstehen, wenn die eine oder die andere Pflicht erfüllt bzw nicht erfüllt wird. Zahlt die BfA - wie gewünscht - aus und greift die CD zu, hat die Klägerin ihr Eigentum insoweit faktisch verloren; zahlt sie aber bis zum Ende der Fremdbeherrschung nicht aus, bleiben alle Zahlungsansprüche - einschließlich der monatlich laufend entstehenden - fällig und unverjährt in voller Höhe erhalten; mit der Feststellung des Endes der Fremdbeherrschung muß die BfA die gesamte aufgelaufene Summe unverzüglich auskehren. Die BfA hat auch erwogen, daß vor dem Ende des Fremdzugriffs nicht verläßlich ausgemacht werden kann, ob im Einzelfall durch die Zahlung die Erfüllungswirkung wirklich eintritt oder die Versichertengemeinschaft zur (nochmaligen) Zahlung verpflichtet bleibt, oder ob der Berechtigte nach der Befreiung aus der Fremdbeherrschung durch die CD beanspruchen kann, so gestellt zu werden, als sei die Zahlung nicht erfolgt. Die Erhebung der Einrede ist somit ein zur Auflösung der Pflichtenkollision geeignetes und die Klägerin und die Versichertengemeinschaft möglichst gering belastendes Mittel. Es wirkt insbesondere deutlich weniger schwer als der in § 66 SGB I geregelte Rechtseingriff.

Die BfA hat - nach bisherigem Verfahrensstand - auch die sich aus der grundrechtlichen Verfahrensgarantie als objektive Bedingungen der Rechtmäßigkeit der zeitweiligen Leistungsverweigerung ergebenden verfahrensrechtlichen Voraussetzungen beachtet. Der Rentenversicherungsträger muß sich nämlich nach Feststellung des Bestehens einer die Pflichtenkollision auslösenden Obhutspflicht unverzüglich darum bemühen, den dringenden Verdacht des Fremdzugriffs auszuräumen oder einen Zustand herbeizuführen, in dem der Berechtigte aus dem Einflußbereich des Dritten herausgelangt und eine freie Entscheidung über die Zahlung treffen kann. Er muß sich bemühen, den Berechtigten über die Konfliktsituation, über die beabsichtigte zeitweilige Leistungsverweigerung und über das Mittel zu informieren, mit dem dieser den Verdacht beseitigen oder aus dem Bereich der Fremdbeeinflussung entweichen kann (vgl § 66 Abs 3 SGB I zu der Hinweispflicht vor dem Rechtseingriff). Der Berechtigte ist zur Mitwirkung hieran verpflichtet (§§ 60 ff SGB I); sofern er keiner Fremdeinwirkung unterliegt, ist ihm dies auch ohne weiteres möglich (und zumutbar). Die BfA hat bereits im Zusammenhang mit der im Vorprozeß angefochtenen Versagung (Rechtseingriff) auf die Konfliktlage hingewiesen und mehrfach versucht, in Chile mit der Klägerin ein von der CD nicht beeinflußtes Gespräch zu führen; ein solches erfolgte auch nicht am 19. Oktober 1994, auf welches das SG hingewiesen hat; denn damals waren ständig auch Vertreter der CD zugegen.

4. Gleichwohl kann der Senat noch nicht abschließend über die Leistungsklage der Klägerin entscheiden, weil das SG - von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend - noch keine Feststellungen zum Vorliegen oder Nichtvorliegen von Einzelfalltatsachen getroffen hat, von denen es abhängen kann, ob die Obhutspflicht der BfA gegenüber der Klägerin - und damit die Pflichtenkollision - wirklich entstanden ist und noch besteht. Diese muß aber im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über die Zahlungsklage gegeben sein; anderenfalls ist der Rentenversicherungsträger uneingeschränkt zur Zahlung aller angefallenen Beträge zu verurteilen. Die BfA hat die Einrede am 17./25. November 1997 erhoben. Die Klägerin trägt (auch) im vorliegenden Rechtsstreit vor, sie lebe frei, freiwillig und unbeeinflußt von der Leitung der CD, ihren Vertretern, Repräsentanten oder Bevollmächtigten auf dem Gelände der CD und könne über die Rentenbeträge, wenn sie ihr nur ausgezahlt würden (möglichst per Scheck), beliebig und ungehindert verfügen. Feststellungen des SG liegen hierzu nicht vor, sind aber entscheidungsnotwendig.

Diese Tatsachenbehauptungen der Klägerin sind zwar mit den allgemeinkundigen, ihrer Natur nach aber nur generellen Tatsachen nicht vereinbar, welche die Rechtsansicht der Beklagten stützen, ihr stehe durchgängig ein aufschiebendes Leistungsverweigerungsrecht zu. Wäre aber im Fall der Klägerin mit dem Beweisgrad des sogenannten Vollbeweises feststellbar, daß sie anders als die normalen Bewohner der CD ausnahmsweise keiner Fremdbeherrschung durch die CD und nicht deren Zugriff auf ihr auszuzahlende Rentenbeträge unterworfen ist, sondern faktisch frei und auch gegen die Interessen der CD verfügen könnte, wäre die im Normalfall der rentenberechtigten CD-Bewohner aufgrund der allgemeinkundigen Tatsachen gegebene Obhutspflicht der BfA ausnahmsweise nicht entstanden (oder später untergegangen).

Das SG wird daher zu klären haben, ob die von der Klägerin behauptete Ausnahmesituation bei ihr wirklich vorliegt. Dabei wird das SG bei seiner Entscheidung als rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts (§ 170 Abs 5 SGG) auch zugrunde zu legen haben, daß die Klägerin die Feststellbarkeits- und die materielle Beweislast für die von ihr behauptete Ausnahmesituation zu tragen hat, daß auch insoweit die Anforderungen des sogenannten Vollbeweises erfüllt sein müssen und daß jedenfalls hinsichtlich der Feststellung einer freien Bestimmung der Klägerin über die Auszahlung der ihr zustehenden Rentenbeträge (im Rahmen des § 47 SGB I und der §§ 118, 119, 120 SGB VI) zumindest eine Erklärung notwendig ist, welche die Klägerin persönlich gegenüber dem SG, einem Amtswalter einer vom SG beauftragen amtlichen Stelle oder gegenüber der BfA (oder einer von dieser beauftragten Stelle) abgibt, ohne daß hierbei eine Möglichkeit der Kontrolle oder Einflußnahme für die Leitung der CD, ihre Organe, Mitarbeiter, Repräsentanten oder Bevollmächtigten (vgl § 356 StGB) besteht.

Das SG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Ende der Entscheidung

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