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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 21.04.1999
Aktenzeichen: B 5/4 RA 90/97 R
Rechtsgebiete: SGB VI


Vorschriften:

SGB VI § 91 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 21. April 1999

in dem Rechtsstreit

Az: B 5/4 RA 90/97 R

Klägerin und Revisionsbeklagte,

Prozeßbevollmächtigter:

gegen

Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Ruhrstraße 2, 10709 Berlin,

Beklagte und Revisionsklägerin,

beigeladen:

Der 5. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. April 1999 durch den Richter Baumann als Vorsitzenden, den Richter Dr. Fichte und die Richterin Streffer sowie die ehrenamtlichen Richter Biswanger und Behrens

für Recht erkannt:

Die Sprungrevision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 16. Oktober 1997 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin die ihr aus der Versicherung ihres geschiedenen Ehemannes gewährte Hinterbliebenenrente über den 31. Juli 1995 hinaus ungeteilt zusteht.

Die 1952 geschlossene Ehe der Klägerin mit dem Versicherten Alfred P. wurde 1961 geschieden. Der Versicherte hatte der Klägerin, die keine neue Ehe einging, bis zu seinem Tod am 14. März 1975 Unterhalt zu leisten. Die Beigeladene war mit dem Versicherten von 1961 bis zu seinem Tod verheiratet. Sie heiratete 1981 Egon Sch. . Dieser verstarb am 30. Oktober 1994.

Nach dem Tod des Versicherten Alfred P. erhielten aus dessen Versicherung die Beigeladene Witwenrente und die Klägerin Rente an die frühere Ehefrau (§ 1265 RVO) anteilig nach der Dauer der jeweiligen Ehe. Nachdem die Beigeladene wieder geheiratet hatte, bezog die Klägerin ab März 1981 aufgrund des Bescheids der Beklagten vom 8. März 1982 ungeteilte Hinterbliebenenrente. Der Beigeladenen wurde nach dem Tod des Egon Sch. aus dessen Versicherung Witwenrente gewährt. Im März 1995 beantragte sie auch die Bewilligung einer wiederaufgelebten Witwenrente nach ihrem früheren Ehemann Alfred P. . Von dem Antrag gab die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 19. April 1995 Kenntnis und wies sie darauf hin: Ihre Hinterbliebenenrente müsse, wenn dieser Antrag begründet sei, wieder aufgeteilt werden. Für die Klägerin ergebe sich entsprechend der Dauer ihrer Ehe mit dem Versicherten eine Quote von 41 vH. Es sei beabsichtigt, eine Kürzung ab 1. Mai 1995 durchzuführen und die ab diesem Datum zu hoch gezahlten Rentenbeträge zurückzufordern. Hiergegen wandte die Klägerin ein, mit der anteiligen Hinterbliebenenrente werde sie unter den Sozialhilfesatz geraten; sie bitte zu prüfen, ob die Beigeladene einen Anspruch auf Rente aus der Versicherung ihres früheren Ehemannes habe, da diese nach dem Versicherten Egon Sch. Witwenrente beziehe. Mit Bescheid vom 2. Juni 1995 erkannte die Beklagte einen Anspruch der Beigeladenen auf große Witwenrente aus der Versicherung des Alfred P. an. Ein Zahlbetrag ergab sich nicht, da auf die errechnete anteilige Rente von 793,34 DM die höhere Witwenrente nach dem letzten Ehemann angerechnet wurde. Über die Rente der Klägerin erließ die Beklagte den Bescheid vom 27. Juni 1995. Darin stellte sie eine anteilige Rente von monatlich 492,01 DM mit Wirkung ab 1. November 1994 fest, zahlbar ab August 1995, und eine Überzahlung ab 1. November 1994 von 6.472,76 DM; gleichzeitig erklärte sie, der Bescheid vom 8. März 1982 werde gemäß § 48 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben. Mit ihrem gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch trug die Klägerin vor, die Beigeladene sei bereit, ihren Rentenantrag zurückzunehmen. Nach erneuter Anhörung wegen der Überzahlung hob die Beklagte mit Bescheid vom 25. Januar 1996 die Rentenbewilligung vom 8. März 1982 mit Wirkung ab 1. Mai 1995 auf und forderte die seit diesem Datum in Höhe von 2.157,92 DM zuviel erbrachten Leistungen zurück. Auch diesem Bescheid widersprach die Klägerin. Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 1996 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Im anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren, in dem die Klägerin wiederum geltend gemacht hat, die Beigeladene hätte, wenn sie bei der Rentenantragstellung auf deren Folgen für sich und die Klägerin hingewiesen worden sei, auf die Antragstellung verzichtet, haben die Klägerin und die Beklagte einen Teilvergleich des Inhalts geschlossen, daß die Beklagte die angefochtenen Bescheide insoweit aufhob, als sie über die Rentenhöhe mit Rückwirkung entschieden hatte.

Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 16. Oktober 1997 unter Aufhebung der Bescheide vom 27. Juni 1995 und 25. Januar 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 6. Mai 1996 verurteilt, der Klägerin über den 31. Juli 1995 hinaus ungekürzte Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des Alfred P. zu gewähren. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Sinn der vom Gesetz vorgeschriebenen Aufteilung der Witwenrenten auf mehrere Berechtigte sei, eine Doppelbelastung der Versichertengemeinschaft zu vermeiden, nicht dagegen, den Versicherungsträger zu entlasten. Die Aufteilung im Verhältnis zur anteiligen Ehezeit sei daher nur gerechtfertigt, sofern sie durch den Gesetzeszweck gedeckt sei, den Unterhaltsberechtigten für den durch den Tod des Versicherten fortfallenden Unterhaltsanspruch Ersatz zu leisten. Auch der Versicherte könne zu Lebzeiten nur im Rahmen seines einmalig vorhandenen Leistungsvermögens Unterhalt gewähren, ggf anteilig an alle Berechtigten. Falle ein Berechtigter wegen eigenen Einkommens weg, könne der Versicherte gegenüber dem anderen Berechtigten auch keinen hypothetisch fortgesetzten Unterhaltsanspruch des einen Berechtigten mindernd geltend machen. Vielmehr habe der andere Berechtigte dann wieder den vollen Unterhaltsanspruch. Einkommensanrechnungen fänden im übrigen nur im Verhältnis der einen Hinterbliebenen zum Versicherungsträger statt. Ruhe deren Anspruch in vollem Umfang, so falle sie als Leistungsempfängerin und damit auch für eine Aufteilung nach § 91 SGB VI ebenso weg wie beim Ende der Leistungspflicht durch den Tod einer Witwe. Der Wegfall der Aufteilung müsse hier ebenso eintreten, wie in dem vom BSG mit Urteil vom 6. Mai 1971 (SozR Nr 20 zu § 1268 RVO) entschiedenen Fall, daß der Witwenrentenanspruch der anderen Berechtigten wegen deren Auslandsaufenthalts ruhe.

Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt die Beklagte die Verletzung des § 91 SGB VI und trägt zur Begründung vor: Ein Hinterbliebener sei jedenfalls dann "berechtigt" iS von § 91 Satz 1 SGB VI, wenn sein Rentenanspruch wie der der Beigeladenen anerkannt worden sei. Die vom SG verlangte zusätzliche Voraussetzung, daß die Rente auch tatsächlich gezahlt werden müsse, finde weder im Wortlaut des § 91 SGB VI noch im Sinn und Zweck des Gesetzes eine Grundlage. "Anspruch" iS des SGB VI meine den Anspruch dem Grunde nach. Denn die Formulierung "besteht Anspruch auf" wähle der Gesetzgeber immer dann, wenn er den Anspruch als solchen behandelt wissen und nicht auf die Zahlung einer Leistung aus diesem Anspruch abstellen wolle. Die Sichtweise des SG verstoße im übrigen gegen die Vorgaben des § 98 SGB VI. Danach sei zunächst die Aufteilung gemäß § 91 SGB VI und dann erst die Anrechnung von Ansprüchen aus der letzten Ehe gemäß § 90 SGB VI vorzunehmen. Weil sich nunmehr durch § 98 SGB VI eine gegenüber dem bis 31. Dezember 1991 geltenden Recht eindeutigere Rechtslage ergebe, sei die zum früheren Recht ergangene Rechtsprechung des BSG auf Fälle der Anrechnung von Einkommen bzw Erwerbsersatzeinkommen nach den §§ 90 bzw 97 SGB VI nicht übertragbar.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des SG Dortmund vom 16. Oktober 1997 aufzuheben und die Klage abzuweisen

Die Klägerin beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus: Zu verlangen, daß die Hinterbliebenenrente tatsächlich gewährt werde, bedeute keine zusätzliche Voraussetzung gegenüber § 91 SGB VI und verstoße auch nicht gegen § 98 SGB VI. Es entspreche Sinn und Zweck des § 91 SGB VI, daß die Aufteilung der Rente nur dann stattzufinden habe, wenn mehrere hinterbliebene Ehegatten die Leistung verlangen könnten. Es könne auch nicht Absicht des Gesetzgebers gewesen sein, daß die eine Witwe darüber entscheide, ob die andere Hinterbliebene einen finanziellen Schaden habe, ohne daß ihr selbst ein Vorteil entstehe. Denn sonst könnten sehr persönliche Motive nach dem Tode des Versicherten für Einkommensverluste bei der anderen Witwe sorgen.

Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.

II

Die zulässige Sprungrevision der Beklagten ist unbegründet. Das SG hat die Bescheide der Beklagten vom 27. Juni 1995 und 25. Januar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Mai 1996 im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Die Aufhebung des Bescheids vom 8. März 1982, mit dem die Beklagte der Klägerin eine ungeteilte Rente aus der Versicherung ihres geschiedenen Ehemannes zuerkannt hat, war rechtswidrig. Der Klägerin steht diese Rente auch über den 31. Juli 1995 hinaus ungeteilt zu.

Eine Aufhebung des bindend gewordenen Bescheids vom 8. März 1982 ist nur unter den Voraussetzungen des § 48 SGB X möglich. Diese Vorschrift ist im Fall der Klägerin maßgebend, da das ab 1. Januar 1992 geltende und nach § 300 Abs 1 SGB VI für eine Rentenaufteilung nach diesem Zeitpunkt anzuwendende Rentenrecht anders als das frühere Recht (§ 1268 Abs 4 Satz 2 RVO) keine die allgemeinen Bestimmungen des SGB X über die Rücknahme von Verwaltungsakten verdrängende spezialgesetzliche Regelung mehr enthält (Hauck/Haines, SGB VI-Komm, K § 91, Stand: September 1991, RdNr 5 mwN; Jorks in GK-SGB VI § 91 RdNr 23, Stand: Juni 1996).

Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlaß des Verwaltungsakts vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine wesentliche Änderung ist nicht gegeben, weil die Zuerkennung der wiederaufgelebten Witwenrente aus der Versicherung ihres früheren Ehemannes an die Beigeladene nicht dazu führt, daß der Klägerin für den hier in Rede stehenden Zeitraum ab 1. August 1995 nur noch eine anteilige Rente aus dieser Versicherung zusteht.

Maßgeblich für die Aufteilung einer Witwenrente ist die Regelung des § 91 SGB VI, welche auch für die dem geschiedenen Ehegatten bewilligte Witwenrente (§ 243 SGB VI) gilt. Danach erhält, wenn für denselben Zeitraum aus den Rentenanwartschaften eines Versicherten "Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente für mehrere Berechtigte besteht", jeder Berechtigte den Teil der Witwenrente, der dem Verhältnis der Dauer seiner Ehe mit dem Versicherten zu der Dauer der Ehen des Versicherten mit allen Berechtigten entspricht.

Die Beigeladene ist indes keine weitere Berechtigte iS des § 91 SGB VI. Sie erfüllt zwar unstreitig die Voraussetzungen nach § 46 Abs 3 SGB VI für die Bewilligung einer (wiederaufgelebten) Witwenrente aus der Versicherung ihres früheren Ehemannes Alfred P. . Den Anspruch auf diese Rente hat sie mit ihrem Antrag auch geltend gemacht und die Beklagte hat ihn anerkannt. Der Anspruch besteht aber nur dem Grunde nach; ein Zahlungsanspruch besteht nicht. Wegen Anrechnung der Rente nach dem letzten Ehemann der Beigeladenen hat der Versicherungsträger aus den Rentenanwartschaften des Versicherten P. keine weitere Leistung zu erbringen. In einem solchen Fall besteht kein "Anspruch auf Witwenrente" iS des § 91 Satz 1 SGB VI, so daß die Rente nicht aufzuteilen ist. Das ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Aufteilungsregelung und wird entgegen der Auffassung der Beklagten durch die in § 98 SGB VI festgelegte Rangfolge, in der die einzelnen besonderen Berechnungsvorschriften anzuwenden sind, nicht widerlegt.

Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit die Aufteilung der Hinterbliebenenrente dem Gedanken des Unterhaltsersatzes folgt, wie das SG meint (zum Verhältnis von Unterhaltsanspruch und Aufteilung der Hinterbliebenrente nach der Dauer der Ehe vgl BSG Urteil vom 9. September 1986 - 5b RJ 14/86 - HV-INFO 1987, 200 mwN). Das BSG hat den Sinn und Zweck der Aufteilungsregelung nach altem Recht (§ 1268 Abs 4 RVO, § 45 Abs 4 AVG und § 69 Abs 4 RKG) darin gesehen, daß die Versichertengemeinschaft nicht mit dem Risiko belastet werden solle, welches durch mehrere Ehen eines Versicherten entstehe. Der Tod des Versicherten solle betragsmäßig nur eine Hinterbliebenenrente für die Witwe und etwaige frühere Ehefrauen auslösen (BSG Urteile vom 11. März 1969 - 4 RJ 153/68 - BSGE 29, 169, 171 = SozR Nr 14 zu § 1268 RVO, vom 26. Mai 1971 - 5 RJ 154/70 - BSGE 33, 7, 8 = SozR Nr 20 zu § 1268 RVO, vom 12. November 1980 - 1 RA 95/79 - BSGE 51, 1, 2 f = SozR 2200 § 1268 Nr 18, S 64 und vom 5. Juli 1986 - 5a RKn 8/85 - BSGE 60, 110, 113 = SozR 2200 § 1268 Nr 30, S 100). Im Hinblick auf diesen Zweck hat das BSG entschieden, daß eine Hinterbliebenenrente nicht aufzuteilen war, wenn die Rente an die andere Hinterbliebene in voller Höhe wegen ihres Aufenthalts außerhalb des Geltungsbereichs der RVO nicht zu zahlen war (Urteil vom 26. Mai 1971 - 5 RJ 154/70 - BSGE 33, 7 = SozR Nr 20 zu § 1268 RVO). In der Begründung hat es ausgeführt, das Wort "Berechtigte", auf das es bei der Auslegung der Vorschrift wesentlich ankomme, sei nicht eindeutig; es könne sowohl denjenigen bezeichnen, der von dem Versicherungsträger eine Leistung verlangen könne, als auch den Inhaber eines ruhenden Anspruchs. Der Anspruch sei für die RVO und die übrigen Sozialversicherungsgesetze kein feststehender Begriff, der nur in dem einen oder anderen Sinne verstanden werden könne. Er sei auch in § 1268 Abs 4 RVO auslegungsfähig; nur der hinter dieser Vorschrift stehende Sinn könne Aufschluß darüber geben, welche Bedeutung das Wort in dieser Vorschrift habe. Der auf den Schutz des Versicherungsträgers vor einer höheren Leistungspflicht ausgerichtete gesetzgeberische Zweck erlaube es nicht, aus § 1268 Abs 4 RVO abzuleiten, daß der Versicherungsträger unter Umständen weniger als eine volle Witwenrente zu zahlen habe. Dafür, daß die Rente, wenn der ruhende Anspruch den Versicherungsträger nicht belaste, nicht aufzuteilen sei, spreche auch Satz 2 des § 1268 Abs 4 RVO, wonach die Aufteilung nur dann stattzufinden habe, wenn ein weiterer Berechtigter zu berücksichtigen sei. Darin komme zum Ausdruck, daß der Versicherungsträger eine Neufeststellung dann vornehmen könne, wenn er an mehrere hinterbliebene Ehegatten zu zahlen habe.

Nach Auffassung des erkennenden Senats ergibt sich für die Anwendung des § 91 SGB VI im vorliegenden Fall nichts anderes (so auch Gürtner in Kasseler Komm § 91 SGB VI, Stand: August 1992, RdNr 4; Udsching in GesamtKomm-SGB VI, § 91, Stand: Februar 1993, Anm 2; Löns in Kreikebohm, SGB VI-Komm, 1997, § 91 RdNr 2). Eine allgemeine Definition des in § 91 SGB VI verwendeten Begriffs "Berechtigte" bzw "Anspruch" enthält auch das geltende Sozialrecht nicht. Der Begriff des Anspruchs und damit auch des Berechtigten als Inhaber eines Anspruchs wird vielmehr auch im SGB VI in unterschiedlicher Bedeutung verwendet; er kann sich sowohl auf den Rentenanspruch dem Grunde nach als auch auf den konkreten Zahlungsanspruch beziehen. Seine Bedeutung ist deshalb aus dem konkreten Regelungszusammenhang zu ermitteln (Senatsurteil vom 24. Februar 1999 - B 5 RJ 28/98 R - zur Veröffentlichung vorgesehen - und BSG Urteil vom 31. März 1998 - B 4 RA 114/95 - HV-INFO 1998, 2580).

Zwar ist in § 91 SGB VI nicht die Regelung des § 1268 Abs 4 Satz 2 RVO übernommen worden und damit das Wort "berücksichtigen" entfallen. Wesentliche Folge davon ist jedoch, daß der Versicherungsträger eine Kürzung der einer Berechtigten bewilligten Rente bei Hinzutreten einer weiteren Berechtigten jetzt unter den Voraussetzungen des § 48 SGB X vorzunehmen hat, was insbesondere für den Zeitpunkt der Aufhebung von Bedeutung ist (vgl § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X). Eine Änderung des mit der Aufteilung beabsichtigten Gesetzeszwecks ist hingegen nicht erkennbar; vielmehr erläutert die Gesetzesbegründung, daß die Aufteilung entsprechend dem geltenden Recht erfolgt (BT-Drucks 11/4124, S 14 zu Art 1 § 90 des Entwurfs eines Rentenreformgesetzes).

Der Gesetzeszweck ist allerdings nicht so zu verstehen, daß der Versicherungsträger in jedem Fall den gesamten Rentenbetrag zahlen müßte. Die Rente ist vielmehr für jeden Berechtigten gesondert zu berechnen, wobei sich ergeben kann, daß insgesamt weniger als eine volle Witwenrente zu zahlen ist. Dies hat das BSG in seinem Urteil vom 5. Juli 1986 (5a RKn 8/85 - BSGE 60, 100 = SozR § 1268 Nr 30) bereits klargestellt, und auch daran hat das SGB VI ersichtlich nichts geändert. Andererseits erschöpft sich der Gesetzeszweck aber darin, eine zusätzliche Belastung der Versichertengemeinschaft durch mehrere Ehen eines Versicherten zu vermeiden. Mehrere Ehen sollen ihr nicht darüber hinaus zum Vorteil gereichen, wenn - wie hier - keine weitere Belastung damit verbunden ist. Dies wird verkannt, wenn in der Literatur - teilweise unter Bezug auf § 98 SGB VI - in Fällen, in denen ein Zahlungsanspruch nicht besteht, nur diejenige Witwe nicht als Berechtigte angesehen wird, deren Rente wegen Auslandsaufenthalts oder Wohnsitzes in der DDR bis 31. Dezember 1991 nicht zu leisten war (so Eicher/Haase/Rauschenbach, Die RV der Arbeiter und Angestellten, § 91 SGB VI, Stand: November 1992, Anm 2 und Meyer/Heller in Berliner Komm, § 91 SGB VI, Stand: Juni 1992, RdNr 39).

Die Bestimmung in § 98 SGB VI, daß die Vorschriften über die Aufteilung von Witwen- oder Witwerrenten (§ 98 Satz 1 Nr 3 SGB VI) nach den Vorschriften über die Zahlung einer Rente ins Ausland (§ 98 Satz 1 Nr 2 SGB VI), aber vor den Vorschriften über Witwenrente und Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten und Ansprüche infolge Auflösung der letzten Ehe (§ 98 Satz 1 Nr 6 SGB VI) anzuwenden sind, bezieht sich auf die Berechnung "einer Rente" (§ 98 Satz 1 1. Halbsatz SGB VI). Sie legt eine Rangfolge für die Anwendung der in ihr aufgeführten Vorschriften fest, die für jede der Renten der Beteiligten zu beachten ist, enthält jedoch keine weiteren Voraussetzungen für deren Anwendung; diese richtet sich vielmehr ausschließlich nach den in ihnen festgelegten Tatbestandsmerkmalen. Deshalb gibt die Rangfolge auch nichts für die Beantwortung der Frage her, wann von einer anteiligen Rente auszugehen ist (aA Jorks in GK-SGB VI § 91, Stand: Juni 1996, RdNr 13; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der RV, § 91 SGB VI, Stand: August 1991, RdNrn 5 ff). Diese Frage wird ausschließlich durch § 91 SGB VI beantwortet. Der bindend festgestellte Zahlungsanspruch der Klägerin bewirkt zwar nach § 98 Abs 1 Nr 3 iVm § 91 SGB VI, daß für die Ermittlung des Zahlungsanspruchs der Beigeladenen zunächst deren anteilige Rente zu errechnen ist, bevor die Anrechnungsvorschrift des § 90 SGB VI anzuwenden ist. Jedoch erlangt § 98 SGB VI für die Ermittlung der der Klägerin zu zahlenden Rente erst Bedeutung, wenn feststeht, daß der Beigeladenen eine Rente zu zahlen ist und deshalb die Aufteilungsregelung des § 91 SGB VI dazu führt, daß die der Klägerin gezahlte Rente auf den der Dauer ihrer Ehe mit dem Versicherten entsprechenden Anteil zu kürzen ist. Die Frage, ob der Versicherungsträger die Witwe im Verwaltungsverfahren auf die Wirkung der Anrechnungsvorschriften und darauf hinweisen muß, daß eine Kürzung der Rente an die geschiedene Ehefrau nicht erfolgt, wenn die Witwe davon absieht, die wiederaufgelebte Witwenrente zu beantragen, stellt sich daher nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

Ende der Entscheidung

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