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Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 23.06.1999
Aktenzeichen: B 5 RJ 4/98 R
Rechtsgebiete: SGB VI
Vorschriften:
SGB VI § 266 | |
SGB VI § 311 |
BUNDESSOZIALGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 23. Juni 1999
in dem Rechtsstreit
Az: B 5 RJ 4/98 R
Kläger und Revisionskläger,
Prozeßbevollmächtigte:
gegen
Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz, Am Alten Viehmarkt 2, 84028 Landshut,
Beklagte und Revisionsbeklagte.
Der 5. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juni 1999 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Wetzel-Steinwedel, den Richter Baumann und die Richterin Streffer sowie die ehrenamtlichen Richter Gerner und Dr. Wirsam
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25. November 1997 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob auf die dem Kläger ab 1. Oktober 1993 (erneut) bewilligte Vollwaisenrente seine entsprechende Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung unter Berücksichtigung von § 311 Abs 2 Nr 1 Buchst c SGB VI anzurechnen ist.
Der Vater des Klägers ist 1971 infolge eines Arbeitsunfalls verstorben. Seine Mutter verstarb 1983; sie war nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen und hatte sechs Kinder erzogen. Die Beklagte gewährte dem am 29. Juli 1971 geborenen Kläger nach dem Tod seiner Mutter Vollwaisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung seines Vaters. Gleichzeitig erhielt der Kläger Vollwaisenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Wegen des Zusammentreffens der beiden Renten wurde unter Berücksichtigung von § 1279 Abs 4 RVO nur der dem Erhöhungsbetrag nach § 1269 Abs 1 Satz 3 RVO entsprechende Teil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausbezahlt. Der Kläger besuchte bis Juni 1990 die Fachoberschule L. und durchlief vom 1. November 1990 bis 31. Januar 1993 eine Ausbildung zum Bürokaufmann. Anschließend blieb er im Ausbildungsbetrieb als Angestellter beschäftigt. Am 1. Oktober 1993 nahm er ein Fachhochschulstudium auf. Für die Dauer der Ausbildung waren beide Waisenrenten zunächst über den Monat der Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus bis 31. Januar 1993 weitergewährt worden. Dabei hatte die Beklagte zuletzt mit Bescheid vom 30. November 1992 die Rente im Anschluß an die zuvor bis 31. Juli 1992 gezahlte Rente für die Zeit vom 1. August 1992 bis 31. Januar 1993 - abzüglich des Beitragsanteils zur gesetzlichen Krankenversicherung - mit einem monatlichen Zahlbetrag von 266,44 DM (Erhöhungsbetrag) bewilligt.
Ab Aufnahme des Fachhochschulstudiums zahlte der gesetzliche Unfallversicherungsträger wiederum Vollwaisenrente in Höhe von monatlich 1.190,10 DM. Im September 1993 beantragte der Kläger bei der Beklagten ebenfalls, die Vollwaisenrente wieder zu zahlen. Zusätzlich bat er, zu überprüfen, inwieweit sich die Kindererziehungszeiten seiner Mutter rentenerhöhend auswirkten. Daraufhin nahm die Beklagte eine Neufeststellung der Vollwaisenrente des Klägers vor, wobei sie die um den Zuschlag nach § 78 Abs 1 und 3 SGB VI erhöhte Summe der Entgeltpunkte aus den erstmals für beide Elternteile ermittelten Entgeltpunkten zugrunde legte. Mit Bescheid vom 21. Februar 1994 erkannte sie den so errechneten Rentenanspruch ab 1. Oktober 1993 an, lehnte aber die Zahlung der Rente wegen des Zusammentreffens mit der Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab, weil die Berechnung nach § 93 SGB VI ergebe, daß die Summe der beiden Rentenbeträge - 1.743,57 DM - den Grenzbetrag von 555,36 DM überschreite. Den Widerspruch des Klägers, mit dem er geltend machte, der Rentenanteil nach § 1269 Abs 1 Satz 3 RVO müsse ihm in Anwendung des § 311 Abs 2 Nr 1 Buchst c SGB VI auch bei der erneut bewilligten Rente verbleiben, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 1994 zurück.
Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid des SG vom 20. März 1997; Urteil des LSG vom 25. November 1997). Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Für die Zeit vom 1. Februar bis 30. September 1993 habe der Kläger kein Recht auf Vollwaisenrente gehabt, da die Unterbrechung seiner Ausbildung länger als vier Monate gedauert und außerdem keine unvermeidbare Zwangspause vorgelegen habe. Die Beklagte sei daher für die ab 1. Oktober 1993 erneut bewilligte Vollwaisenrente zutreffend davon ausgegangen, daß § 93 SGB VI und nicht § 311 SGB VI anzuwenden sei. Die Besitzschutzvorschrift des § 311 SGB VI finde nur Anwendung auf eine Rente, auf die bereits im Dezember 1991 Anspruch bestanden habe und die über den 31. Dezember 1991 hinaus nahtlos weitergewährt worden sei. Daß es sich bei der ab 1. Oktober 1993 neu zu zahlenden Rente nicht mehr um dieselbe Rente handele, die bis 31. Januar 1993 geleistet worden sei, ergebe sich aus dem das SGB VI beherrschenden Leistungsbeginnprinzip, das das Versicherungsfallprinzip des bis 31. Dezember 1991 geltenden Rechts abgelöst habe. Das SGB VI unterscheide insbesondere nicht mehr zwischen Gewährung und Wiedergewährung einer Rente, sondern kenne nur noch den einheitlichen Begriff der Leistung einer Rente ab einem bestimmten Zeitpunkt. Dies werde für den Fall der Hinterbliebenenrenten durch § 88 Abs 2 Satz 2 SGB VI klargestellt. Auch § 266 SGB VI helfe nicht weiter, weil es sich weder um den Fall einer Neufeststellung noch um den einer unmittelbar anschließenden Folgerente handele. Schließlich setze auch § 306 Abs 2 SGB VI voraus, daß es sich um dieselbe Rente handele.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 266, 311 SGB VI. Diesen Vorschriften sei entgegen der Auffassung des LSG nicht zu entnehmen, daß die Rentenleistung durchgehend erfolgen müsse. Es handele sich vielmehr bei der ab 1. Oktober 1993 bewilligten Rentenzahlung um eben jene Rente, auf die auch im Dezember 1991 ein Anspruch bestanden habe. Für diese Auffassung spreche auch, daß nach den ua von der BfA herausgegebenen Erläuterungen 1/1997 SGB VI die §§ 266, 311 SGB VI auch anzuwenden seien, wenn eine Waisenrente, die nach dem 31. Dezember 1991 infolge Wehr- oder Zivildienst weggefallen sei, wiedergewährt werde. Einen ununterbrochenen Bezug könne man weder nach dem Gesetzestext noch im Wege einer Gesetzesauslegung verlangen. Darüber hinaus müßten §§ 266, 311 SGB VI bereits dann Anwendung finden, wenn das sog Stammrecht auf eine Leistung zum 31. Dezember 1991 bestanden habe. Es gehe bei den genannten Vorschriften um einen Besitzschutz für Leistungsfälle vor dem 1. Januar 1992. Er, der Kläger, der nach dem Recht vor dem SGB VI Leistungen bezogen habe, habe sich darauf verlassen dürfen, daß er nach einer Unterbrechung von nur 9 Monaten wieder einen Rentenbetrag entsprechend der vorherigen Zahlung erhalten werde.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 20. März 1997 und das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25. November 1997 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 21. Februar 1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 1994 zu verurteilen, die Vollwaisenrente des Klägers unter Berücksichtigung von § 311 Abs 2 Nr 1 Buchst c, Abs 6 SGB VI ab 1. Oktober 1993 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet.
Im Revisionsverfahren ist nur noch streitig, ob die Beklagte die Zahlung der dem Kläger ab 1. Oktober 1993 zuerkannten Vollwaisenrente zu Recht auch in Höhe des in § 311 Abs 2 Nr 1 Buchst c SGB VI genannten Betrags abgelehnt hat. Im übrigen ist der Bescheid vom 21. Februar 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juni 1994 bindend geworden. Der Kläger hat aber keinen Anspruch, daß ihm die mit diesem Bescheid zuerkannte Rente unter Anrechnung seiner Vollwaisenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach Maßgabe des § 311 SGB VI ausbezahlt wird. Dies haben die Vorinstanzen im Ergebnis zutreffend entschieden.
Maßgebend für den Rentenanspruch des Klägers sind die Vorschriften des SGB VI (§ 300 Abs 1 SGB VI). Es enthält hinsichtlich des Zusammentreffens einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Rente) mit einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung (UV-Rente) Regelungen in §§ 93 und 311 sowie in § 266 SGB VI.
§§ 93 und 311 SGB VI enthalten jeweils eigene Regelungen hinsichtlich der Leistungsminderung, der Ermittlung der Summe aus den beiden Renten und des Grenzbetrags. § 266 SGB VI ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Er regelt lediglich die Berücksichtigung hier nicht interessierender, in § 93 Abs 2 Nr 1 Buchst b und Nr 2 Buchst a SGB VI genannter Beträge der Verletztenrente (vgl im übrigen BSG Urteil vom 31. März 1998 - B 4 RA 118/95 R - SozR 3-2600 § 311 Nr 2).
Nach der Grundvorschrift des § 93 SGB VI wird, wenn für denselben Zeitraum Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente und eine entsprechende Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung besteht, die RV-Rente insoweit nicht geleistet, als die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge vor Einkommensanrechnung den jeweiligen Grenzbetrag übersteigt (§ 93 Abs 1 SGB VI). Hiernach kann es - wie im Falle des Klägers - dazu kommen, daß von der Rente aus der Rentenversicherung nichts mehr zu leisten ist.
Nach der Übergangsregelung des § 311 Abs 1 SGB VI ist demgegenüber - dem durch das SGB VI abgelösten Recht der RVO entsprechend - bei Anrechnung der Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf eine Waisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zumindest der auf den Erhöhungsbetrag in Waisenrenten entfallende Anteil zu zahlen. Ihre Anwendung setzt voraus, daß der maßgebende Rentenanspruch am 31. Dezember 1991 bestand. Der Kläger hat zwar aufgrund der früheren Bewilligungsbescheide (zuletzt des Bescheids vom 30. November 1992) am 31. Dezember 1991 einen Anspruch iS des § 311 Abs 1 SGB VI gehabt (zum Begriff des Anspruchs - vgl BSG Urteil vom 13. Januar 1999 - B 13 RJ 1/98 R - NZS 1999, 459 - zur Veröffentlichung in SozR 3 vorgesehen). Dieser Anspruch liegt jedoch der ihm ab 1. Oktober 1993 (dem Grunde nach) zustehenden Rente nicht mehr zugrunde. Die Anrechnungsregelung des § 311 SGB VI kam dem Kläger vielmehr nur für die Dauer der gemäß § 102 Abs 4 SGB VI iVm § 48 Abs 4 Nr 2 Buchst a SGB VI befristet bis 31. Januar 1993 bewilligten Rentenzahlung zugute. Auf die mit Bescheid vom 21. Februar 1994 zuerkannte Rente findet diese Vorschrift keine Anwendung; es handelt sich hierbei nicht um die Rente, auf die "am 31. Dezember 1991 Anspruch" bestand, sondern um eine hiervon unabhängige, wieder (neu) bewilligte Rente. Dies folgt bereits daraus, daß jene neue Rente nach den Vorschriften des SGB VI vollständig neu zu berechnen war und den in § 311 SGB VI angesprochenen Erhöhungsbetrag nicht (mehr) enthielt.
Der Senat läßt dahinstehen, ob dem SGB VI ein "Leistungsbeginnprinzip" - wie das LSG meint - zu entnehmen ist (kritisch zur rechtlichen Verankerung eines solchen - dort als "Leistungsfallprinzip" - bezeichneten Prinzips - BSG Urteil vom 23. Juni 1994 - 4 RA 70/93 - SozR 3-2600 § 300 Nr 3). § 311 SGB VI enthält nach seinem Wortlaut keine Einschränkung im Hinblick auf den Leistungszeitraum oder die Leistungsdauer der Rente, auf die am 31. Dezember 1991 ein Anspruch bestand. Die Vorschrift sagt auch nichts darüber aus, ob sie ausschließlich für die Dauer einer ununterbrochenen Rentenzahlung ab diesem Zeitpunkt anzuwenden ist und deshalb bei einem erneuten Leistungsbeginn für eine Waisenrente auch § 311 Abs 2 Nr 1 Buchst c SGB VI keine Anwendung mehr findet. Wortlaut, Sinn und Zweck wie auch die systematische Stellung der Vorschrift innerhalb des SGB VI lassen jedoch mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, daß sie nur solange anzuwenden ist, als die geleistete Rente derjenigen entspricht, die am 31. Dezember 1991 nach dem bis dahin geltenden Recht zu leisten war.
§ 311 Abs 1 SGB VI spricht von einem am 31. Dezember 1991 bestehenden Anspruch auf eine Rente "nach den Vorschriften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet" und meint damit ganz offensichtlich eine Rente, auf die die bis dahin in dem genannten Gebiet geltenden Vorschriften anzuwenden waren. Die Vorschrift ist ferner Teil der Sonderregelungen des Zweiten Abschnitts des Fünften Kapitels des SGB VI. Diese Sonderregelungen legen fest, in welchem Umfang und in welcher Weise für die weitere Leistung einer nach altem Recht bewilligten Rente nach dem Zeitpunkt der Rechtsänderung der Rechtszustand des früheren Rechts, abweichend von § 300 Abs 1 SGB VI, erhalten bleibt (§ 300 Abs 5 SGB VI). Das neue Recht kann sich, soweit diese Regelungen greifen, nicht zu Gunsten oder Ungunsten des Rentners auswirken. § 306 SGB VI bestimmt für die Rentenhöhe, daß die zugrunde gelegten persönlichen Entgeltpunkte aus Anlaß der Rechtsänderung nicht neu bestimmt werden, soweit in den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes bestimmt ist. Nach Maßgabe des § 307 SGB VI erfolgte für ab 1. Januar 1992 zustehende Renten lediglich eine Umwertung der Werteinheiten der RVO in Entgeltpunkte iS des SGB VI. Der in der Waisenrente enthaltene Erhöhungsbetrag bleibt dabei erhalten. Auch § 311 SGB VI enthält eine Ausnahme von der Anwendung des neuen Rechts. Das alte Recht soll nach dieser Vorschrift auch für die Ermittlung des Rentenzahlbetrags im Hinblick auf das (weitere) Zusammentreffen mit einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung für Rentenzahlungen ab 1. Januar 1992 im Ergebnis aufrechterhalten werden (BSG Urteil vom 31. März 1998 - B 4 RA 114/95 R - SozR 3-2600 § 311 Nr 1 S 7). Dieser Zusammenhang legt es nahe, die Regelung des § 311 SGB VI als Ergänzung der §§ 306, 307 SGB VI dahin zu verstehen, daß die UV-Rente jedenfalls so lange nach § 311 SGB VI anzurechnen ist, als die Berechnung der Rente weiterhin dem bis 31. Dezember 1992 geltenden Recht entspricht. Denn in diesen Fällen stellt die Vorschrift sicher, daß sich der Zahlbetrag der Rente auch bei Anrechnung der UV-Rente nicht ändert.
Für diese Auslegung spricht auch, daß in § 311 SGB VI mit dem (danach unberücksichtigt bleibenden) Erhöhungsbetrag ein Rentenbestandteil genannt wird, den das neue Recht nicht kennt. Der Erhöhungsbetrag stammt aus § 1269 Abs 1 RVO. Nach § 1269 Abs 1 Satz 1 RVO betrug die nach § 1267 Abs 1 RVO zustehende Rente für eine Vollwaise ein Fünftel der nach § 1253 Abs 2 RVO berechneten Versichertenrente und erhöhte sich nach § 1269 Abs 1 Satz 3 RVO um ein Zehntel der für die Berechnung der Versichertenrente maßgebenden allgemeinen Bemessungsgrundlage. Das SGB VI hat diesen Erhöhungsbetrag nicht übernommen, sondern in § 78 SGB VI den Zuschlag eingeführt. Die Berechnung des Zuschlags berücksichtigt, daß einer Vollwaise mit Anspruch auf Rente nach mehreren Versicherten abweichend von § 1280 Abs 2 RVO nicht mehr nur die höchste Rente gewährt wird, sondern daß Grundlage für die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte der Vollwaisenrente nach § 66 Abs 2 Nr 3 SGB VI die Entgeltpunkte der zwei verstorbenen Versicherten mit den höchsten Renten sind. Der Ermittlung des Zuschlags sind nach § 78 Abs 3 Satz 1 SGB VI für jeden Kalendermonat des verstorbenen Versicherten mit der höchsten Rente 0,075 Entgeltpunkte zugrunde zu legen, und es werden nach § 78 Abs 3 Satz 2 SGB VI auf den Zuschlag die persönlichen Entgeltpunkte des verstorbenen Versicherten mit der zweithöchsten Rente angerechnet. Mithin ist der Zuschlag anders als der Erhöhungsbetrag an der Beitragsleistung des verstorbenen Versicherten orientiert und kommt voll nur zum Tragen, wenn keine zweithöchste Rente vorhanden ist (vgl Hauck/Haines/Stahl, SGB VI-Komm, K § 78, Stand: März 1994, RdNrn 19 ff). Diese unterschiedliche Berechnungsweise verbietet es, den Erhöhungsbetrag in § 311 Abs 2 Nr 1 Buchst c SGB VI mit dem Zuschlag nach § 78 SGB VI gleichzusetzen. Die Berücksichtigung eines Erhöhungsbetrags ist infolgedessen nur, aber auch immer dann möglich, wenn die zu leistende Waisenrente entsprechend den Vorgaben der RVO berechnet ist (so wohl auch Brähler in Gemeinschaftskomm-SGB VI, § 311, Stand: November 1998, RdNr 17; Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, § 311 SGB VI, Stand: April 1998, Anm 1 und 2; Verbandskomm, § 311 SGB VI, Stand: 1. Januar 1998, Anm 4).
Die dem Kläger im Anschluß an die Ausbildungsunterbrechung ab 1. Oktober 1993 gewährte Vollwaisenrente entspricht indes nicht mehr den Bestimmungen der RVO. Die Beklagte hat sie zu Recht unter Berücksichtigung der Entgeltpunkte aus den Rentenanwartschaften beider Elternteile nach den Berechnungsvorschriften des SGB VI neu (und mit einem höheren Wert) festgestellt; sie enthält demzufolge auch keinen Erhöhungsbetrag mehr. Für die Auszahlung dieser nach neuem Recht berechneten Rente ist daher Anrechnungsvorschrift nicht mehr § 311, sondern § 93 SGB VI. Für die Aufrechterhaltung des Anspruchs aus der Übergangsvorschrift des § 311 SGB VI genügt also nicht eine Art "Stammrecht" oder ein Anspruch dem Grunde nach, wie der Kläger meint.
Der erkennende Senat sieht keinen Widerspruch seiner Entscheidung zu den Urteilen des 4. Senats des BSG vom 31. März 1998 (B 4 RA 114/95 R - SozR 3-2600 § 311 Nr 1 und B 4 RA 118/95 R - SozR 3-2600 § 311 Nr 2). In den diesen Urteilen zugrundeliegenden Fällen ging es jeweils um nach dem AVG berechnete Renten, die mit dem dem AVG entsprechenden Wert bindend festgestellt und nach Inkrafttreten des SGB VI lediglich umgewertet worden waren (aaO, § 311 Nr 1 S 6 und aaO, § 311 Nr 2 S 13). Zudem handelte es sich auch sonst um andere Fallgestaltungen.
In dem der Rechtssache B 4 RA 114/95 (SozR 3-2600 § 311 Nr 1) zugrundeliegenden Fall hatte der Kläger wegen einer Ausbildungsunterbrechung durch den gesetzlichen Zivildienst am 31. Dezember 1991 keine Halbwaisenrente bezogen. In diesem Zusammenhang hat der 4. Senat darauf abgestellt, daß die Unterbrechung für die Ermittlung des Zahlbetrags der später wiedergewährten lediglich umgewerteten Rente nach § 311 SGB VI ausnahmsweise unbeachtlich, weil durch eine Dienstverpflichtung bedingt war. Es handelte sich also um eine unvermeidbare Zwangspause und nicht, wie bei dem Kläger, um eine durch individuelle Umstände bedingte Unterbrechung, die - worauf das LSG bereits zutreffend hingewiesen hat - einer Zwangspause nicht gleichgestellt werden kann (vgl BSG Urteile vom 16. Juni 1982 - 11 RA 44/81 - SozR 2200 § 1262 Nr 22, vom 11. Februar 1993 - 5 RJ 32/92 - SozR 3-2200 § 1262 Nr 2 und vom 27. Februar 1997 - 4 RA 51/96 - mwN - nicht veröffentlicht). Soweit der 4. Senat die Anwendung des § 311 SGB VI in diesem Fall auch damit begründet hat, daß am 31. Dezember 1991 wenn auch kein Zahlungsanspruch, so doch ein subjektives Recht auf Rente bestanden habe, weil der Anspruch auf eine Waisenrente bis zur maßgeblichen Altersgrenze nach § 48 Abs 5 SGB VI dem Grunde nach fortdauere und für die Dauer einer Ausbildungsunterbrechung nach Vollendung des 18. Lebensjahres lediglich monatliche Zahlungsansprüche nicht entstünden (Urteil vom 31. März 1998 - B 4 RA 114/95 R - SozR 3-2600 § 311 Nr 1 S 4 f), folgt aus dieser Erwägung im vorliegenden noch keine Entscheidung im Sinne des Klägers. Abgesehen davon, daß dieser - im Unterschied zu der Fallgestaltung, die der Entscheidung des 4. Senats zugrunde lag - am 31. Dezember 1991 einen Zahlungsanspruch hatte, ist durch die Ausführungen des 4. Senats noch nicht abschließend geklärt, in welcher Weise § 311 SGB VI eine Kontinuität in der Berechnung der Rente voraussetzt.
Das Urteil in der Rechtssache B 4 RA 118/97 R (SozR 3-2600 § 311 Nr 2) betrifft die Berücksichtigung des in § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI aufgeführten Freibetrags bei Anrechnung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf eine über den 31. Dezember 1991 hinaus kontinuierlich weitergewährte, nach den Vorgaben des früheren Rechts berechnete Altersrente und die Frage, ob und in welcher Weise die Regelung des § 266 SGB VI dabei als Ergänzung von § 93 oder § 311 SGB VI heranzuziehen ist. In diesem Zusammenhang hat der 4. Senat ausgeführt, § 311 SGB VI sei die für die Anrechnung der UV-Rente maßgebliche Vorschrift, wenn am 31. Dezember 1991 Anspruch auf eine Rente bestanden habe und diese Rente für Zeiträume ab 1. Februar 1992 nach § 300 Abs 1 und 3 SGB VI iVm § 48 SGB X festgestellt werde (Urteil vom 31. März 1998 - B 4 RA 118/97 R - SozR 3-2600 § 311 Nr 2 S 14 f). Im vorliegenden Fall spielen diese Erwägungen keine Rolle. Der genannte Freibetrag hat für die Waisenrente keine Bedeutung. Eines Bescheides nach § 48 SGB X bedurfte es nicht. Die Beklagte hat auch keinen Bescheid nach § 48 SGB X erlassen. Die dem Kläger am 31. Dezember 1991 geleistete Waisenrente war bis zum 31. Januar 1993 befristet und wurde ab 1. Oktober 1993 auf seinen Antrag hin neu bewilligt.
Gegen die Ermittlung des Rentenzahlbetrags für die ab 1. Oktober 1993 erneut bewilligte und neu berechnete Vollwaisenrente des Klägers nach § 93 SGB VI mit der Folge, daß die Anrechnung der UV-Rente einer Zahlung seiner RV-Rente zur Gänze entgegensteht, bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Anrechnung der Vollwaisenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Vollwaisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt zur Vermeidung einer sozialpolitisch unerwünschten Doppelversorgung durch kongruente Leistungen verschiedener Versicherungsträger. Dies ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig (vgl BVerfG Kammerbeschluß vom 19. Juli 1984 - 1 BvR 1614/83 - SozR 2200 § 1278 Nr 11) und unter den Beteiligten auch nicht streitig. Dabei stellt die Grenzbetragsregelung in § 93 Abs 3 SGB VI sicher, daß im Ergebnis mindestens derjenige Betrag verbleibt, der der höheren Rente entspricht. Dies ist auch beim Kläger der Fall.
Durch den gegenüber der früheren Rentenleistung geringeren Zahlbetrag ist die Eigentumsgarantie nach Art 14 Abs 1 GG nicht verletzt. Ansprüche auf Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gehören nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht zu den von Art 14 Abs 1 GG geschützten Rechtspositionen. Es handelt sich um im System der gesetzlichen Rentenversicherung vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistungen, die ohne erhöhte Beitragsleistung des Versicherten und ohne eigene Beitragsleistung des Rentenempfängers im Wege des sozialen Ausgleichs aus den Beiträgen aller Versicherten gewährt werden; ein hinreichender personaler Bezug zwischen der Beitragsleistung des Versicherten und der später an seine Hinterbliebenen geleisteten Rente fehlt (BVerfG Beschluß vom 18. Februar 1998 - 1 BvR 1318/86, 1484/86 - BVerfGE 97, 271 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1).
Auch Art 3 Abs 1 GG ist nicht verletzt. Der darin enthaltene allgemeine Gleichheitssatz verbietet es, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obgleich zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG Beschluß vom 19. Februar 1991 - 1 BvR 1231/85 - BVerfGE 83, 395, 401). Daß dem Kläger ein dem Erhöhungsbetrag iS des Rechts der RVO entsprechender Teil seiner Waisenrente ab 1. Oktober 1993 nicht mehr gezahlt wird, ist sachlich durch die andere Berechnung der Rente entsprechend dem neuen Recht gerechtfertigt. Es führt dazu, daß zwar bei seiner Rente gegenüber der Waisenrente alten Rechts zusätzliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind, gleichzeitig aber auch andere Vorschriften über die Ermittlung der Summe seiner beiden Renten für die Anrechnung der UV-Rente zum Tragen kommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Ende der Entscheidung
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