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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 21.03.2006
Aktenzeichen: B 5 RJ 9/04 R
Rechtsgebiete: KfzHV, SGB VI, RehaAnglG, OrthV


Vorschriften:

KfzHV § 3 Abs 1
KfzHV § 4 Abs 2
KfzHV § 7 S 1
SGB VI F: 18.12.1989 § 9 Abs 1 S 1
SGB VI F: 18.12.1989 § 9 Abs 2
SGB VI F: 18.12.1989 § 13 Abs 1
SGB VI F: 16.12.1997 § 16 Abs 1 Nr 1
RehaAnglG § 9 Abs 2
OrthV F: 04.10.1989 § 27 Abs 3
1. Im Rahmen der Kraftfahrzeughilfe sind Ausstattungen dann behinderungsbedingt erforderlich, wenn sie für den Behinderten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen objektiv unverzichtbar sind, um das Kfz führen zu können.

2. Kraftfahrzeughilfe für Zusatzausstattungen ist für solche Aussattungselemente zu gewähren, die nicht als Teil der Serienausstattung im Grundpreis des Fahrzeugmodells enthalten sind und daher mit zusätzlichem Aufwand angeschafft werden müssen.

3. Zur Ermessensausübung des Versicherungsträgers bei der Entscheidung über den Erstattungsbetrag für Zusatzausstattungen.


BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 21. März 2006

Az: B 5 RJ 9/04 R

Der 5. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dreher, den Richter Dr. Neuhaus und die Richterin Dr. Günniker sowie den ehrenamtlichen Richter Dr. Roth und die ehrenamtliche Richterin Govorusic

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 12. November 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I

Streitig ist die Kostenübernahme für die behinderungsbedingte Zusatzausstattung eines Kraftfahrzeugs (Kfz).

Der 1972 geborene Kläger ist seit einem Unfall im Dezember 1990 in Höhe Th 11/12 querschnittsgelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen. Er ist als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 100 und den Merkzeichen "G", "aG", "H" und "RF" anerkannt. Der Kläger ist auf das Kfz angewiesen, um von seinem Wohnort in B. seine Arbeitsstelle in D. zu erreichen.

Nach einem Unfall mit seinem ersten, ebenfalls von der Beklagten geförderten PKW beantragte er im Januar 1999 Kfz-Hilfe zur Anschaffung eines weiteren Gebrauchtwagens einschließlich der im Revisionsverfahren noch streitigen Kostenübernahme für eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung in Form elektrischer Fensterheber, einer Scheinwerferreinigungsanlage und Heckscheibenwaschanlage, einer Dachreling, einer Klimaanlage, einer Servolenkung, elektrisch verstellbarer Außenspiegel, einer Zentralverriegelung und eines Automatikgetriebes. Hierzu legte er einen Arbeitsvertrag mit einer Beschreibung seiner Tätigkeit, eine fachärztliche Bescheinigung der Klinik Bavaria in Kreischa vom 24. Februar 2000 und ein DEKRA-Eignungsgutachten vom 28. Februar 2000 über die gesundheitsbedingt notwendigen Beschränkungen und Auflagen bei der Benutzung von Kraftfahrzeugen sowie einen Kostenvoranschlag für die Anschaffung eines gebrauchten V. vom 11. Mai 2000 vor. Darin waren die genannten und weitere Zusatzausstattungen mit 28.950 DM bei einem Kaufpreis von insgesamt 39.950 DM bewertet worden.

Mit Bescheid vom 6. März 2001 in Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 8. Juni 2001 gewährte die Beklagte dem Kläger einen Zuschuss zur Beschaffung des Kfz nach § 6 Abs 1 Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV) in Höhe von 8.580 DM, anteilige Kosten für das Automatikgetriebe in Höhe von 1.800,00 DM (lt Schwacke-Liste vom Antragsmonat 01/99), volle Kosten für Standheizung, Gas- und Bremshandbetätigung sowie Fahrersitz als behinderungsbedingte Zusatzausstattungen iS des § 7 KfzHV und die Kosten für das erstellte DEKRA-Gutachten, sodass von den Anschaffungskosten insgesamt knapp 25.000 DM übernommen wurden. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 14. November 2001 als unbegründet zurück.

Das Sozialgericht Dresden hat die Klage mit Urteil vom 30. September 2002 abgewiesen und das Sächsische Landessozialgericht (LSG) die hiergegen gerichtete Berufung mit Urteil vom 12. November 2003 zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt: Der Kläger habe weder einen Anspruch auf volle Übernahme der aus dem Gesamtkaufpreis herauszurechnenden Kalkulationsanteile für die streitigen Ausstattungen, noch stehe es im Ermessen der Beklagten, dem Kläger diese Kostenanteile zu erstatten. Bei den begehrten Ausstattungselementen handele es sich nicht um behinderungsbedingt erforderliche Zusatzausstattungen iS des § 7 KfzHV. Behinderungsbedingt erforderlich seien Einrichtungen, ohne die das Fahrzeug gar nicht genutzt werden könne, die sich durch ebenso geeignete, aber wirtschaftlichere Einrichtungen nicht ersetzen ließen und die nach allgemeiner Auffassung für einen Nichtbehinderten nicht mit einem Gebrauchsvorteil verbunden seien. Ausstattungen, die für den Behinderten zwingende Voraussetzung seien, um ein Fahrzeug zu führen, und die gleichzeitig nach allgemeiner Anschauung auch für einen Nichtbehinderten mit einem Gebrauchsvorteil verbunden seien, seien ebenfalls behinderungsbedingt erforderlich. Danach seien unter Berücksichtigung der fachärztlichen Bescheinigung der Bavaria Klinik und des Eignungsgutachtens der DEKRA die Ausstattungselemente elektrischer Fensterheber vorne rechts, Heckscheibenwaschanlage, Servolenkung, elektrisch verstellbarer Außenspiegel rechts und Automatikgetriebe behinderungsbedingt erforderlich, wohingegen dies auf die übrigen begehrten Ausstattungen elektrische Fensterheber vorne links und hinten, Scheinwerferreinigungsanlage, Dachreling, Klimaanlage, elektrischer Außenspiegel links und Zentralverriegelung nicht zutreffe. Die behinderungsbedingt erforderlichen Ausstattungen könne der Kläger jedoch ebenfalls nicht beanspruchen. Insoweit fehle es an dem Merkmal der behinderungsbedingten "Zusatz"ausstattung iS des § 7 KfzHV. Eine Ausstattung sei nur dann wegen der Behinderung zusätzlich, wenn sie einen spezifischen Bezug zur Behinderung aufweise und deshalb von Nichtbehinderten üblicherweise gar nicht in Anspruch genommen werde. Entscheidend sei also allein, ob es sich um eine spezielle Behindertenausstattung handele. Dagegen sei die Unterscheidung nach Serien- bzw Grund- und Zusatzausstattungen entsprechend dem Sprachgebrauch im Autohandel unbeachtlich. Die Einrichtungen elektrischer Fensterheber rechts, Heckscheibenwaschanlage, Servolenkung, elektrisch verstellbarer Außenspiegel rechts und Automatikgetriebe erfüllten diese Voraussetzung nicht. Sie seien ebenso wie die übrigen streitigen Ausstattungselemente auch für Nichtbehinderte objektiv von Vorteil. Dass die Beklagte bereits einen Zuschuss in Höhe des Schwacke-Listenpreises zu dem Automatikgetriebe gezahlt habe, sei unerheblich. Das Gericht sei an die Auffassung der Beklagten nicht gebunden.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 7 KfzHV. Er trägt unter teilweisem Verweis auf das DEKRA-Gutachten und die Vorgaben der Zulassungsstelle vor, dass auch die elektrischen Fensterheber vorne links und hinten, die Scheinwerferreinigungsanlage, die Dachreling, die Klimaanlage und die Zentralverriegelung behinderungsbedingt im Sinne der Norm erforderlich seien. Alle begehrten Ausstattungselemente seien zudem Zusatzausstattungen iS des § 7 KfzHV. Es handele sich bei ihnen um spezielle Behindertenausstattungen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 12. November 2003 und das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 30. September 2002 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. März 2001 in Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 8. Juni 2001 und des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2001 insoweit aufzuheben, als die Übernahme von Kosten für elektrische Fensterheber, Scheinwerferreinigungsanlage, Heckscheibenwaschanlage, Dachreling, Klimaanlage, Servolenkung, elektrisch verstellbare Außenspiegel, Zentralverriegelung und Automatikgetriebe abgelehnt worden ist, sowie die Beklagte zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

II

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um zu entscheiden, ob dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf einen weiteren Zuschuss in Höhe von ca 10.500 DM (knapp 5.400 €) zusteht.

1. Nach § 301 Abs 1 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ist das zum Zeitpunkt der Antragstellung im Januar 1999 geltende Recht maßgeblich; infolgedessen sind die zum 1. Juli 2001 mit dem In-Kraft-Treten des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) eingeführten Änderungen nicht zu berücksichtigen. Voraussetzungen und Umfang der Leistung sind daher den Vorschriften des SGB VI und des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) in der jeweils im Januar 1999 geltenden Fassung (aF) sowie der auf Grund von § 9 Abs 2 RehaAnglG erlassenen KfzHV in der Fassung vom 28. September 1987 (BGBl I, 2251) zu entnehmen. Dabei unterliegt die Entscheidung insbesondere über die Leistungsvoraussetzungen der vollen gerichtlichen Kontrolle. Dem steht nicht entgegen, dass gemäß § 9 Abs 2 iVm Abs 1 SGB VI aF berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation erbracht werden "können". Nach gesetzessystematischer Auslegung steht nur die in einem zweiten Schritt zu treffende Entscheidung, "wie" eine Rehabilitation durchzuführen ist, im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten (stRspr vgl ua BSGE 85, 298, 300 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2 mwN). In Ausübung pflichtgemäßen Ermessens bestimmt der Träger der Rentenversicherung gemäß § 13 Abs 1 SGB VI aF insoweit im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit insbesondere Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen. Geht es - wie im vorliegenden Fall - um die Gewährung einer Rehabilitationsleistung in Form der Kfz-Hilfe, ist das Ermessen der Beklagten allerdings hinsichtlich Art und Umfang der Leistung durch § 9 Abs 2 RehaAnglG iVm den Vorschriften der KfzHV eingeschränkt, soweit diese entsprechende Regelungen enthalten (vgl auch BSG SozR 3-1200 § 39 Nr 1, SozR 3-5765 § 10 Nr 3 und SozR 4-5765 § 5 Nr 1 RdNr 16); insofern hält der Senat die allgemeine Aussage im Urteil vom 21. März 2001 (B 5 RJ 8/00 R - JURIS RdNr 12) nicht aufrecht. § 9 Abs 2 RehaAnglG ermächtigt die Bundesregierung, zur Angleichung der medizinischen, berufsfördernden und ergänzenden Rehabilitationsleistungen durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen ua über Art und Umfang der Leistungen zu treffen. Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber durch Erlass der KfzHV Gebrauch gemacht. Art und Umfang der hier streitigen Leistungen sind überwiegend durch § 7 Satz 1 KfzHV geregelt.

2. Ein Anspruch des Klägers auf berufsfördernde Rehabilitationsleistungen ist dem Grunde nach gegeben. Das LSG hat aus den getroffenen tatsächlichen Feststellungen, an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), den zutreffenden rechtlichen Schluss gezogen, dass die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gemäß § 9 Abs 2 Satz 1, § 10 Nr 1, Nr 2 Buchst b und § 11 Abs 1 Nr 2, Abs 2a Nr 1 SGB VI aF erfüllt sind, ein Ausschlusstatbestand iS des § 12 SGB VI aF nicht verwirklicht ist und zudem die zusätzlichen Leistungsvoraussetzungen der KfzHV gemäß deren § 3 Abs 1 Nr 1 und Nr 2, § 4 Abs 2 und Abs 3 sowie § 10 vorliegen. Auf die Einzelheiten braucht der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nicht näher einzugehen, zumal auch die Beteiligten die Rechtsauffassung des LSG nicht in Zweifel gezogen haben.

Ob und in welchem Umfang der Kläger die begehrten Leistungen der Kfz-Hilfe beanspruchen kann, lässt sich hingegen nach den bisherigen Feststellungen des LSG nicht beantworten.

Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit einer Ausstattung nach § 7 Satz 1 KfzHV ist zum einen, dass diese behinderungsbedingt erforderlich ist. Die Formulierung des 4. Senats des BSG, wonach die Zusatzausstattung "objektiv im wesentlichen behinderungsbedingt ... erforderlich" sein müsse (Urteil vom 16. November 1993 - 4 RA 22/93 - SozR 3-5765 § 10 Nr 1 S 4), mit der das LSG unter Hinweis auf die Rechtsprechung des 9. Senats argumentiert (vgl BSGE 73, 142, 143 f = SozR 3-3100 § 11 Nr 1 S 3 zur Verordnung über die Versorgung mit Hilfsmitteln und über Ersatzleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz - Orthopädie-Verordnung <OrthV>), findet im Text der KfzHV keine Stütze. Inwiefern diese Formulierung zu einer anderen Entscheidung führen würde, kann der erkennende Senat offen lassen, weil die fragliche Wendung für die Entscheidung des 4. Senats nicht tragend gewesen ist. Was behinderungsbedingt erforderlich ist, ist unter Berücksichtigung des mit der KfzHV verfolgten Rehabilitationszwecks zu ermitteln. Dieser geht ausweislich § 3 Abs 1 KfzHV iVm § 9 Abs 1 Satz 1 SGB VI aF dahin, dem behinderten Versicherten die Erreichung seines Arbeits- oder Ausbildungsortes oder des Ortes einer sonstigen Maßnahme der beruflichen Bildung zu ermöglichen, um solchermaßen seine Erwerbsfähigkeit zu erhalten bzw wiederherzustellen. Unter Zugrundelegung dieses Zwecks und insbesondere in Anbetracht der Bedeutung des Begriffs "erforderlich" können solche Ausstattungen nicht als behinderungsbedingt erforderlich anerkannt werden, die lediglich für den Behinderten empfehlenswert sind, weil sie ihm zB die Benutzung eines Kfz erleichtern, auf die er aber für die Benutzung nicht zwingend angewiesen ist. Behinderungsbedingt erforderlich sind vielmehr nur solche Ausstattungen, die für den Behinderten objektiv unverzichtbar sind, um trotz der Behinderung das Kfz führen und damit seinen Arbeitsplatz erreichen zu können.

Das vom LSG darüber hinaus herangezogene Merkmal des Vorhanden- bzw Nichtvorhandenseins von Gebrauchsvorteilen für einen Nichtbehinderten ist den Normen hingegen nicht zu entnehmen. Im Übrigen hat dieses Kriterium nach der eigenen Auffassung des LSG keine Bedeutung. Unabhängig von dem Vorliegen derartiger Gebrauchsvorteile ist eine Ausstattung auch nach seiner Ansicht stets behinderungsbedingt erforderlich, wenn sie zwingende Voraussetzung für den Behinderten ist, um das Kfz führen zu können. Soweit das LSG des Weiteren eine Ausstattung nur dann als behinderungsbedingt erforderlich anerkennen will, wenn sich diese nicht durch eine ebenso geeignete, aber wirtschaftlichere Einrichtung ersetzen lässt, vermag der Senat ihm ebenfalls nicht zu folgen. Ob eine Ausstattung wirtschaftlich ist, ist losgelöst von der Frage ihrer behinderungsbedingten Erforderlichkeit zu entscheiden. Denn die Wirtschaftlichkeit einer Leistung ist ein eigenständiges Kriterium, das der Träger der Rentenversicherung gemäß § 13 Abs 1 SGB VI aF im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung zu beachten hat, die nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Die behinderungsbedingte Erforderlichkeit einer Leistung ist demgegenüber vollständig gerichtlich überprüfbar, da insoweit die Art einer Leistung iS des § 13 Abs 1 SGB VI aF betroffen und das Ermessen des Trägers der Rentenversicherung diesbezüglich durch die KfzHV eingeschränkt ist.

Unverzichtbar ist für den Behinderten eine Ausstattung dann, wenn er ohne diese aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht im Stande ist, das Kfz zu führen. Aus rechtlichen Gründen unverzichtbar sind jedenfalls solche Ausstattungen, die Gegenstand einer Beschränkung der Fahrerlaubnis sind (§ 2 Abs 4 Satz 2 Straßenverkehrsgesetz - StVG, § 23 Abs 2 Fahrerlaubnis-Verordnung). Ist eine Fahrerlaubnis unter derartigen Beschränkungen erteilt, besteht sie nur für Fahrzeuge, die dementsprechend ausgerüstet sind. Führt der Behinderte ein Kfz, das die vorgeschriebenen technischen Einrichtungen nicht hat, fährt er ohne dazu erforderliche Fahrerlaubnis und macht sich gemäß § 21 Abs 1 Nr 1 StVG strafbar (vgl Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl 2003, § 21 StVG RdNr 4). Aus tatsächlichen Gründen unverzichtbar sind solche Ausstattungen, die der behinderte Versicherte auf Grund seiner körperlichen oder geistigen Einschränkungen benötigt, um das Kfz führen zu können. Hierzu gehören auch Ausstattungen, ohne die der Behinderte das Ein- und Aussteigen nicht bewältigen kann. Rechtliche und tatsächliche Gründe im dargelegten Sinn mögen zwar in der Regel zu denselben Ausstattungsmerkmalen führen, da der Beschränkung der Fahrerlaubnis wegen körperlicher oder geistiger Mängel ärztliche oder sonstige sachverständige Feststellungen zu Grunde liegen (vgl § 2 Abs 8 StVG). Zwingend ist dies jedoch nicht. Denn die Entscheidung über die Beschränkung einer Fahrerlaubnis trifft letztlich die Fahrerlaubnisbehörde, die sich hierbei daran zu orientieren hat, ob die Beschränkung erforderlich ist, um das sichere Führen eines Kfz zu gewährleisten (§ 2 Abs 4 Satz 2 StVG). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Fahrerlaubnisbehörde eine technische Einrichtung in Abweichung von der Einschätzung eines Sachverständigen aus Gründen der Verkehrssicherheit als erforderlich bewertet und auf Grund dessen eine Beschränkung der Fahrerlaubnis verfügt.

Unter welchen Beschränkungen dem Kläger eine Fahrerlaubnis erteilt worden ist, hat das LSG nicht festgestellt. Das Berufungsgericht wird daher nunmehr den Führerschein des Klägers beizuziehen und entsprechende Feststellungen zu treffen haben. Die dem Senat zugänglichen Akten erwecken den Eindruck, dass der Kläger Kraftfahrzeuge ohne elektrische Fensterheber vorne - und damit auch auf der linken Seite - nicht führen darf. Sollte dies zutreffen, käme es auf die tatsächlichen Gründe, die für oder gegen dieses Ausstattungsmerkmal sprechen, nicht an.

Soweit das LSG aus tatsächlichen Gründen die behinderungsbedingte Erforderlichkeit der streitigen Ausstattungselemente elektrische Fensterheber vorne links und hinten, Scheinwerferreinigungsanlage, Dachreling, Klimaanlage, elektrischer Außenspiegel links und Zentralverriegelung verneint hat, hält seine Entscheidung der revisionsgerichtlichen Prüfung stand.

Das LSG hat die Ausstattungselemente Klimaanlage, Zentralverriegelung und Dachreling insbesondere deswegen nicht als behinderungsbedingt erforderlich anerkannt, weil sie laut DEKRA-Eignungsgutachten vom 28. Februar 2000 lediglich als weitere Einrichtungen empfohlen worden sind. Das LSG hat insoweit den Begriff der Erforderlichkeit im gleichen Sinne ausgelegt wie der Senat; in Bezug auf seine tatsächlichen Feststellungen ist seine Würdigung von der Revision nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden. Das Tatsachengericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Das schließt ein, dass auch seine Beweiswürdigung frei ist. Dabei ist es lediglich an die Regeln der Logik und der Erfahrung gebunden. Ein Verstoß gegen § 128 Abs 1 Satz 1 SGG liegt daher nur vor, wenn das Gericht gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstößt und sein Urteil auf diesem Mangel beruhen kann (zu allem BSG SozR 1500 § 164 Nr 31 mwN). Tatsachen, die einen solchen Verstoß ergeben, hat der Kläger nicht vorgetragen. Sie sind auch nicht ansonsten für den Senat ersichtlich.

Das DEKRA-Eignungsgutachten unterscheidet zwischen Beschränkungen und Auflagen, die entsprechend der Behinderung erforderlich sind, und Empfehlungen, die dem technischen Stand entsprechen und die Fahrsicherheit erhöhen. Angesichts dieser Differenzierung lässt die Schlussfolgerung des LSG auf die fehlende behinderungsbedingte Erforderlichkeit der vorgenannten, lediglich empfohlenen Ausstattungselemente keine revisionsrechtlich relevanten Fehler erkennen. Soweit das LSG die behinderungsbedingte Erforderlichkeit eines elektrisch verstellbaren Außenspiegels links und mittelbar auch die von elektrischen Fensterhebern vorne links und hinten mit der Begründung verneint hat, dass nach dem DEKRA-Eignungsgutachten nur ein elektrisch verstellbarer Außenspiegel rechts bzw ein elektrischer Fensterheber rechts Voraussetzung für das Führen eines Kfz sei, ist seine Entscheidung aus den oben genannten Gründen ebenfalls nicht zu beanstanden. Insbesondere ist das Berufungsgericht nicht von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Entgegen dem Vorbringen des Klägers führt das DEKRA-Eignungsgutachten nicht aus, dass ein Betätigen der Fensterheber ohne Loslassen des Lenkrades möglich sein müsse. Da die vorstehenden Erwägungen des LSG die Entscheidung tragen, kann dahinstehen, ob seine weiteren Ausführungen zur fehlenden behinderungsbedingten Erforderlichkeit der elektrischen Fensterheber vorne links und hinten, die der Kläger ebenfalls mit der Revisionsbegründung angegriffen hat, rechtsfehlerhaft iS des § 162 SGG sind. Des Weiteren hat das LSG die behinderungsbedingte Erforderlichkeit einer Scheinwerferreinigungsanlage verneint, weil insoweit ein konkreter Bezug zur Behinderung des Klägers nicht erkennbar sei und er ein Kfz ohne diese Ausstattung ebenso gut wie ein Nichtbehinderter führen könne. Diese vom Kläger nicht angegriffenen Feststellungen sind für den Senat bindend (§ 163 SGG).

Soweit das LSG die Ausrüstung mit elektrischem Fensterheber vorne rechts, Heckscheibenwaschanlage, Servolenkung, elektrisch verstellbarem Außenspiegel rechts und Automatikgetriebe als behinderungsbedingt erforderlich bewertet hat, bestehen revisionsrechtlich keine Bedenken. Da die Beklagte hiergegen keine Einwände erhoben hat, erübrigen sich weitere Ausführungen. In Bezug auf die genannten Vorrichtungen und falls das LSG nach Zurückverweisung weitere Ausstattungen aus rechtlichen Gründen als behinderungsbedingt erforderlich einstuft, hängt der Anspruch auf Erstattung der dadurch verursachten Kosten davon ab, ob sie Zusatzausstattungen iS des § 7 Satz 1 KfzHV sind.

Zusatzausstattungen sind solche Ausstattungselemente, die nicht im Grundpreis des Fahrzeugmodells enthalten sind und daher mit zusätzlichem Aufwand angeschafft werden müssen. Dies ergibt sich sowohl aus dem Begriff "Zusatz"-Ausstattung als auch unter Berücksichtigung von § 4 Abs 2 KfzHV. Dieser bestimmt, dass das Kfz nach Größe und Ausstattung den Anforderungen entsprechen muss, die sich im Einzelfall aus der Behinderung ergeben und soweit erforderlich, eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung ohne unverhältnismäßigen Mehraufwand ermöglichen. Ob eine Zusatzausstattung vorliegt, entscheidet sich mithin danach, ob das anzuschaffende Kfz die begehrte Ausstattung serienmäßig hat oder diese nur über einen Aufpreis zum Grundpreis erhältlich ist. Dies gilt bei der Anschaffung eines Neuwagens ebenso wie beim Kauf eines Gebrauchtwagens. Insoweit ist zu prüfen, ob das entsprechende Kfz im Fall seines Erwerbs als Neuwagen die fragliche Ausstattung serienmäßig gehabt hätte. Würden nur beim Kauf eines Neuwagens sämtliche Zusatzausstattungen gemäß § 7 Satz 1 KfzHV erstattet, beim Gebrauchtwagenkauf hingegen bereits eingebaute zusätzliche Ausstattungen lediglich über den Kaufpreis für die Beschaffung des Kfz nach § 5 Abs 1 KfzHV gefördert, würde die Gruppe der Behinderten, die einen Gebrauchtwagen kauft, gegenüber der Gruppe von Behinderten, die einen Neuwagen erwirbt, ohne sachlichen Grund benachteiligt. Während nämlich Zusatzausstattungen gemäß § 7 Satz 1 KfzHV in vollem Umfang unabhängig vom Einkommen erstattet werden, wird der Zuschuss nach § 5 Abs 1 KfzHV einkommensabhängig nur bis zu einem bestimmten Höchstwert gewährt. Die Bedeutung dieses Unterschieds wird gerade im Fall des Klägers deutlich. Wäre der Begriff Zusatzausstattung bei Gebrauchtwagen auf zusätzliche Einbauten beschränkt, hätte der Kläger beim Gesamtpreis von knapp 40.000 DM und einem Zuschuss nach § 5 Abs 1 KfzHV von 8.580 DM günstigstenfalls knapp 14.200 DM für Zusatzausstattungen zu erwarten gehabt, während bei einem Neuwagen zum selben Gesamtpreis nahezu das Doppelte möglich gewesen wäre, wenn alle vom Kläger geltend gemachten Einrichtungsmerkmale zwar nicht zur serienmäßigen, aber zur behinderungsbedingt erforderlichen Ausstattung gehörten und hierfür die Preise im Kostenvoranschlag maßgeblich wären.

Der Rechtsauffassung des LSG, das unter Zusatzausstattung eine spezielle Behindertenausstattung ohne Unterscheidung nach Serien- bzw Grund- und Zusatzausstattungen versteht, vermochte sich der Senat hingegen nicht anzuschließen. Zum einen werden bei einem solchen Verständnis die Begriffe "behinderungsbedingt erforderlich" und "Zusatzausstattung" miteinander vermengt. Zum anderen ist dieses Verständnis nicht mit dem Umstand vereinbar, dass die KfzHV selbst den Begriff der Zusatzausstattung mit einem finanziellen Anschaffungsmehraufwand verbindet. Darüber würde es den berechtigten Interessen des Versicherten widersprechen, dem Begriff Zusatzausstattung eine Bedeutung beizulegen, welche die realen Marktbedingungen, denen sich der Versicherte gegenüber sieht, bewusst außer Acht lässt. Die KfzHV dient dem Zweck, dem Versicherten die Anschaffung eines Kfz zu erleichtern, das er trotz seiner behinderungsbedingten Einschränkungen zu führen im Stande ist, um zu seinem Arbeitsplatz zu gelangen. Reicht die im Kfz vorhandene Ausstattung hierfür nicht aus, soll der behinderte Versicherte zusätzlich erforderliche Ausrüstungen gemäß § 7 KfzHV erhalten. Welche Ausstattung ein Kfz ohnehin hat und welche Einrichtungen zusätzlich möglich sind, wird durch die Produktpalette der Fahrzeughersteller vorgegeben. Auf diesem Markt muss sich der Versicherte bedienen; demzufolge sind die gesetzlichen Vorschriften, die ihm eine entsprechende Beschaffung ermöglichen, unter Berücksichtigung ihres Sinns und Zwecks so auszulegen, dass sie den realen Gegebenheiten Rechnung tragen.

In diesen Erwägungen sieht sich der Senat durch den der Vorschrift des § 27 Abs 3 OrthV in der Fassung vom 4. Oktober 1989 (BGBl I 1834) zu Grunde liegenden Rechtsgedanken bestätigt. Danach sind die Kosten für in einem Gebrauchtwagen bereits eingebaute Sonderausstattungen als Teilbetrag des Kaufpreises für das ganze Fahrzeug nach dem Verhältnis zu berechnen, das bei dem Neukauf dieses Fahrzeugs zwischen dem Mehrpreis für die Sonderausstattung und dem Gesamtpreis für das Fahrzeug bestanden hat. In dieser Regelung kommt zum Ausdruck, dass der Käufer eines Gebrauchtwagens von der zusätzlichen Kostenerstattung für spezielle Bedienungselemente nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil diese bereits eingebaut und infolgedessen als im Grundpreis enthalten anzusehen sind. Der Senat verkennt nicht, dass die OrthV als Bestandteil des Versorgungsrechts wegen des dadurch notwendigen Bezugs zu einer Schädigungsfolge zumindest im Ansatz eine andere Funktion hat als die KfzHV, deren Leistungen sich ausschließlich an der Eingliederung in das Arbeitsleben zu orientieren haben. Dieser Unterschied spielt jedoch beim Gebot, zwischen Gebraucht- und Neuwagenkauf und dem dabei jeweils zu berücksichtigenden ausstattungsbedingten Mehraufwand nicht sachwidrig zu differenzieren, keine entscheidende Rolle.

Soweit das LSG im weiteren Verfahren die behinderungsbedingte Erforderlichkeit der streitigen Bedienungselemente bejaht, wird es zu prüfen haben, ob diese zur Grund- bzw Serienausstattung des vom Kläger angeschafften Kfz im Falle seines Erwerbs als Neuwagen gehört hätten oder nur gegen einen Aufpreis zum Grundpreis erhältlich gewesen wären. Nur im zweiten Fall würde es sich um Zusatzausstattungen iS des § 7 Satz 1 KfzHV handeln. Diesbezüglich wird die Beklagte zu verpflichten sein, im Rahmen sachgerechter Ermessensausübung die Höhe des jeweiligen Erstattungsbetrags zu bestimmen. Zwar werden gemäß § 7 Satz 1 KfzHV Kosten für eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung in vollem Umfang übernommen. Dieser Normbefehl greift aber erst, wenn die Kosten feststehen, was bei Ausstattungen, die bereits in einem Gebrauchtwagen eingebaut sind, nicht der Fall ist. Diese sind ebenso wie das Kfz selbst auf Grund des Gebrauchs nicht mehr neuwertig, sodass der Neupreis der Zusatzausstattung als nach § 7 Satz 1 KfzHV zu erstattender Kostenbetrag nicht in Betracht kommt. Enthält die KfzHV hinsichtlich des Umfangs der Kfz-Hilfe - wie hier - keine normativen Vorgaben, ist das der Beklagten in § 13 Abs 1 SGB VI aF eingeräumte Ermessen nicht eingeschränkt. Dementsprechend hat sie zu entscheiden, nach welchen Kriterien der Zeitwert einer in einem Gebrauchtwagen bereits eingebauten Zusatzausstattung festgesetzt wird. Die Heranziehung der Schwacke-Liste - wie es die Beklagte im Hinblick auf das Automatikgetriebe getan hat - erweist sich dabei als eine Möglichkeit der sachgerechten Wertfestsetzung. Eine andere Möglichkeit wäre die Berechnung des Zeitwerts nach dem Muster des schon erwähnten § 27 Abs 3 OrthV. Soweit eine behinderungsbedingt erforderliche Zusatzausstattung nur in einem Paket zusammen mit nicht behinderungsbedingt erforderlichen Ausstattungen erhältlich ist, darf die Beklagte den Anteil schätzen, der auf jene entfällt; unter besonderen Umständen kommt die vollständige Übernahme oder die völlige Ablehnung der Paketkosten in Betracht. Zur Klarstellung betont der Senat jedoch, dass sich mangels entsprechender Vorgaben der KfzHV insoweit am Charakter als Ermessensentscheidung nichts ändert, während die Rechtsprechung bei der vergleichbaren Prüfung nach der OrthV von einer gebundenen Entscheidung auszugehen scheint (BSG vom 14. Februar 2001 - B 9 V 3/00 R - HVBG-INFO 2001, 1732).

Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung durch das LSG vorbehalten.

Ende der Entscheidung

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