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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 11.12.2002
Aktenzeichen: B 6 KA 1/02 R
Rechtsgebiete: SGG


Vorschriften:

SGG § 60 Abs 2
SGG § 17 Abs 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 11. Dezember 2002

Az: B 6 KA 1/02 R

in dem Rechtsstreit

Der 6. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Engelmann, die Richter Dr. Wenner und Dr. Kretschmer sowie die ehrenamtliche Richterin Dr. Deppisch-Roth und den ehrenamtlichen Richter Dr. Ahrens

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Mai 2001 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Umstritten ist die Rechtmäßigkeit von Honorarkürzungen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung in den Quartalen I und II/1995.

Der als Orthopäde in W. zugelassene Kläger führt seit Januar 1992 die Zusatzbezeichnung "Psychotherapie". In den streitbefangenen Quartalen behandelte er 740 bzw 780 Versicherte; der Fachgruppendurchschnitt lag bei 1482 bzw 1424. Sein Gesamtfallwert überschritt den Durchschnitt der Fachgruppe um 75 % bzw 66 %. Seine Honoraranforderungen bei den Sonderleistungen lagen um 117 % bzw 105 % höher als die der Fachgruppe, wobei die Anforderungen des Klägers für die psychotherapeutischen Leistungen nach Nr 860 und Nr 865 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (<EBM-Ä> in der 1995 geltenden Fassung) unberücksichtigt geblieben sind. Im Quartal I/1995 überschritten die Honoraranforderungen des Klägers weiterhin den Fachgruppendurchschnitt bei den physikalisch-medizinischen Leistungen um 167 %.

Der Prüfungsausschuss kürzte - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - in den Quartalen I und II/1995 die Honoraranforderung für die Sonderleistungen um 17 % bzw 12,5 % und im Quartal I/1995 die für die physikalisch-medizinischen Leistungen um 30 %. Der beklagte Beschwerdeausschuss reduzierte die Kürzung bei den physikalisch-medizinischen Leistungen auf 16 % und wies im Übrigen die Widersprüche zurück.

Im sozialgerichtlichen Verfahren hat der Kläger unter dem 9. August 1999 zur ergänzenden Klagebegründung einen Aktenordner mit 229 Seiten vorgelegt, der kurz nach der mündlichen Verhandlung an ihn zurückgereicht worden ist. Zugleich hat er um Prüfung und Mitteilung gebeten, ob die zur Entscheidung in seinem Fall berufenen ehrenamtlichen Richter "in Interessenkollision geraten" könnten. Das Sozialgericht (SG) hat, ohne diese Anfrage zu beantworten, die Klage abgewiesen und gemäß § 136 Abs 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen, weil es der Begründung des Beklagten im angefochtenen Bescheid gefolgt ist (Urteil vom 26. August 1999).

Im Berufungsverfahren hat der Kläger ua Fehler des sozialgerichtlichen Verfahrens gerügt und insbesondere geltend gemacht, der Kammervorsitzende habe seinen umfassenden Klagevortrag nicht zur Kenntnis genommen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat offen gelassen, ob dem SG insoweit ein Verfahrensfehler unterlaufen ist, als es die Anfrage des Klägers hinsichtlich der Funktion des am sozialgerichtlichen Urteil mitwirkenden ehrenamtlichen Richters L. nicht vor der mündlichen Verhandlung beantwortet hat. Selbst wenn dadurch dem Kläger die Möglichkeit genommen worden sein sollte, eine Überprüfung vorzunehmen, ob dieser Richter gemäß § 60 Abs 2 SGG wegen einer Mitwirkung an einem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen gewesen sei, liege kein wesentlicher Verfahrensmangel vor. Tatsächlich sei dieser ehrenamtliche Richter als "Leitender Beschäftigter" einer Krankenkasse iS des § 17 Abs 4 SGG von der Mitwirkung als ehrenamtlicher Richter nicht ausgeschlossen gewesen und habe auch im Verwaltungsverfahren nicht mitgewirkt. Im Übrigen habe sich der Kläger im Berufungsrechtszug zu allen von ihm für wesentlich gehaltenen Punkten äußern können.

In der Sache sei der Bescheid des Beklagten nicht zu beanstanden. Dieser habe sich gründlich mit dem Vorbringen des Klägers auseinander gesetzt, jedes von ihm vorgetragene Sachargument berücksichtigt und sich auch mit den im Widerspruchsverfahren gestellten 22 Anträgen angemessen befasst. Die psychosomatische Ausrichtung der Praxis des Klägers könne nicht als echte Praxisbesonderheit angesehen werden. Zudem habe der Beklagte die psychotherapeutischen Leistungen nach Nr 860 und Nr 865 EBM-Ä von der Vergleichsprüfung ausgenommen. Damit sei faktisch derjenige Leistungsbereich als Praxisbesonderheit anerkannt, in dem der Kläger wegen seiner Zusatzbezeichnung abweichend von der Fachgruppe tätig werden könne. Sein Begehren, nicht mehr mit der Arztgruppe der Orthopäden verglichen zu werden, weil die Mehrzahl der Ärzte dieser Arztgruppe keine psychosomatischen Leistungen erbringe, sei nicht gerechtfertigt (Urteil vom 16. Mai 2001).

Mit seiner Revision rügt der Kläger zunächst, das Berufungsgericht sei zahlreichen Beweisanträgen ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt. Insbesondere habe es zu den kompensatorischen Einsparungen im Bereich der Arbeitsunfähigkeit sowie bei den Arzneimitteln das jeweils ausdrücklich beantragte Sachverständigengutachten nicht eingeholt. Im Übrigen habe es gegen die Amtsermittlungspflicht verstoßen, weil es den Besonderheiten der psychotherapeutischen und psychosomatischen Therapie nicht nachgegangen sei, obwohl er - der Kläger - gegenüber dem Beklagten wie auch im ersten und zweiten Rechtszug mehrfach auf die fehlende fachliche Kompetenz und Voreingenommenheit des vom Beklagten gehörten Fachreferenten hingewiesen habe. Das LSG hätte zudem den Rechtsstreit auf der Grundlage des § 159 Abs 1 Nr 2 SGG an das SG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen müssen. Nach Aktenlage habe der Kammervorsitzende des SG die 229-seitige Klagebegründung, die in einem separaten Ordner überreicht worden sei, nicht zur Kenntnis genommen. Die fehlende Berücksichtigung der Klagebegründung stelle eine schwer wiegende Verletzung seines Grundrechts auf rechtliches Gehör dar, auf Grund derer das Verfahren vor dem SG an einem wesentlichen Mangel leide.

Materiell-rechtlich verstoße das Berufungsurteil gegen § 106 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Das LSG habe den vom Beklagten vorgenommenen Vergleich seiner - des Klägers - Behandlungsweise mit derjenigen aller Orthopäden zu Unrecht als zulässig angesehen. Es hätte vielmehr eine verfeinerte Vergleichsgruppe ausschließlich aus Orthopäden mit der Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" gebildet werden müssen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits entschieden, dass besondere Behandlungs- bzw Untersuchungsmethoden eine entsprechende Auswahl der Vergleichsgruppen erforderlich machten, und zwar insbesondere dann, wenn die Methode nach ärztlichem Berufsrecht zum Führen einer Zusatzbezeichnung berechtige. Da er als einziger Orthopäde im Bezirk der zu 8. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) berechtigt sei, die Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" zu führen, hätten die Prüfgremien ihn nicht mit der aus allen Ärzten für Orthopädie bestehenden Gruppe vergleichen dürfen. Sein Patientengut unterscheide sich wegen seiner psychotherapeutischen und psychosomatischen Praxisausrichtung ganz wesentlich von dem typischen Patientenklientel einer orthopädischen Praxis. Fehlerhaft sei das Urteil des LSG weiterhin, weil der Beklagte nicht die gesamte ärztliche Tätigkeit bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung berücksichtigt habe. Er habe lediglich die Arbeitsunfähigkeitsfälle, die Arbeitsunfähigkeitstage je Arbeitsunfähigkeitsfall und die Krankenhauseinweisungen anhand der Ursachen- und Kostenstatistik der Primärkassen zu Grunde gelegt. Nicht berücksichtigt sei die Häufigkeit von Überweisungen zu anderen Ärzten sowie der Umfang sonstiger veranlasster Leistungen, wie etwa von Heil- und Hilfsmitteln sowie von Arznei- und Verbandmitteln, die verordnete häusliche Krankenpflege, die verordneten Haushaltshilfen und die verordneten medizinischen ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation, zur Belastungserprobung und zur Arbeitstherapie. Zudem sei die Praxisbesonderheit der psychosomatischen Medizin unzureichend gewürdigt worden. Aus der überdurchschnittlich häufigen Abrechnung der Leistungen nach den Nrn 850 und 851 EBM-Ä hätte nicht auf eine unwirtschaftliche Behandlung, sondern auf eine echte Praxisbesonderheit geschlossen werden müssen. Dem untypisch zusammengesetzten Klientel seiner Praxis werde die isolierte Herausrechnung einzelner psychosomatischer und psychotherapeutischer Leistungen nicht gerecht. Die psychosomatische Praxisausrichtung wirke sich vielmehr auf die gesamte ärztliche Tätigkeit aus. Schließlich seien die kompensierenden Einsparungen im Bereich der stationären Behandlung und der Arzneimittel unzureichend gewürdigt worden.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Mai 2001 sowie des Urteils des Sozialgerichts Dortmund vom 26. August 1999 den Beklagten unter Aufhebung des Beschlusses vom 29. Januar 1997 zu verurteilen, über den Widerspruch des Klägers gegen den Beschluss des Prüfungsausschusses vom 28. Juni 1995 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden,

hilfsweise, den Rechtsstreit an das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Aus der vom Kläger angeführten Rechtsprechung des BSG könne nicht die Verpflichtung der Prüfgremien abgeleitet werden, eine engere Vergleichsgruppe zu bilden, die nur aus Ärzten bestehe, die über die Berechtigung zur Führung einer bestimmten Zusatzbezeichnung verfüge. Gerade in seiner neueren Rechtsprechung habe das BSG betont, nicht jede abweichende Behandlungsausrichtung oder sonstige individuelle Besonderheit einer Praxis nötige stets zur Bildung einer engeren Vergleichsgruppe. Einer solchen Bildung habe es auch deshalb nicht bedurft, weil beim Kläger nur ca 8 % der Sonderleistungen auf Leistungen nach Nr 850/851 EBM-Ä entfallen seien. Die Psychosomatik habe das Leistungsverhalten des Klägers in dieser Sparte nicht geprägt. Selbst wenn man die bei der statistischen Prüfung zu Gunsten des Klägers außer Betracht gelassenen psychotherapeutischen Leistungen nach den Nrn 860/865 EBM-Ä hinzurechne, erhöhe sich der Anteil der im weitesten Sinne psychotherapeutischen Leistungen an den Sonderleistungen nur auf 12 %. Bezogen auf das Gesamthonorar betrage dieser Anteil ca 6 %. Das belege eindeutig, dass die typisch orthopädische und nicht die abweichend von der Arztgruppe ausgeübte psychotherapeutisch/psychosomatische Tätigkeit des Klägers für die hohen Überschreitungen bei den Sonderleistungen und beim Gesamtfallwert ursächlich sei.

Die Beigeladenen zu 1., 2., 3. und 8. beantragen ebenfalls,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beigeladenen zu 6. und 7. schließen sich den Ausführungen des Beklagten an.

II

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

Die von ihm gerügten Fehler des berufungsgerichtlichen Verfahrens liegen nicht vor. Nach § 159 Abs 1 Nr 2 SGG steht die Entscheidung, ob die Sache bei wesentlichen Mängeln des sozialgerichtlichen Verfahrens an das SG zurückverwiesen wird, im Ermessen des LSG. Die Entscheidung kann im Revisionsverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob ein Ermessensfehlgebrauch des LSG gegeben ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das berufungsgerichtliche Ermessen auch bei Verfahrensfehlern des SG von erheblichem Gewicht nicht eingeschränkt ist, wie der Senat in anderem Zusammenhang bereits entschieden hat (BSG SozR 3-1300 § 16 Nr 1 S 2 ff). Bei der Ausübung des Ermessens kommt prozessökonomischen Gesichtspunkten eine erhebliche Bedeutung zu. Im Zweifel ist die Entscheidung des Berufungsgerichts, den Rechtsstreit selbst zu entscheiden, im Interesse einer zügigen Erledigung des Verfahrens vorzugswürdig. Bei Anlegung dieses Maßstabes ist es nicht zu beanstanden, dass das LSG die vom Kläger behaupteten Mängel des sozialgerichtlichen Verfahrens, die in der unterbliebenen Mitteilung über die Funktion eines an der Entscheidung mitwirkenden ehrenamtlichen Richters als leitender Beschäftigter einer Krankenkasse sowie in dem Umgang mit einer ergänzenden Klagebegründung zu sehen sein sollen, nicht zum Anlass einer Zurückverweisung genommen hat. Da das Berufungsverfahren in vollem Umfang als zweite Tatsacheninstanz ausgestaltet ist und Präklusionsvorschriften nicht eingreifen, kann es allenfalls in Ausnahmefällen sachgerecht sein, den Rechtsstreit wegen einer - hier geltend gemachten - Verletzung des rechtlichen Gehörs im ersten Rechtszug an das SG zurückzuverweisen.

Das LSG hat seine Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (§ 103 SGG), ebenfalls nicht verletzt. Ein Verstoß gegen § 103 SGG setzt voraus, dass sich das Gericht von seiner Rechtsauffassung aus hätte gedrängt sehen müssen, weitere Ermittlungen zu erheben (BSG SozR 1500 § 160 Nr 5 S 6). Das ist hier zu verneinen. Denn die Fragen, deren Klärung der Kläger durch Sachverständigenbeweis erstrebt, sind einer Beweiserhebung nicht zugänglich, da es sich bei ihnen insoweit um Rechtsfragen handelt. Das betrifft zunächst die Beurteilung, ob die Praxis des Klägers bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung im Hinblick auf ihre psychotherapeutische bzw psychosomatische Ausrichtung mit der Fachgruppe der Orthopäden hinreichend vergleichbar ist. Sie erfordert auf der Grundlage tatsächlicher Feststellungen eine rechtliche Bewertung, ob insoweit im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung zu beachtende Unterschiede vorliegen. Auch für die weitere Frage, ob die Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts bei den Sonderleistungen durch kompensierende Einsparungen bei den Arzneimitteln bzw durch die geringere Häufigkeit und die kürzere Dauer von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgeglichen werden kann, setzt - wiederum auf der Grundlage tatsächlicher Feststellungen - die Bewertung voraus, inwieweit im Sinne der Rechtsprechung des BSG kompensierende Einsparungen vorliegen. Danach kann ein Mehraufwand in einem Bereich der ärztlichen Behandlung nur dann durch anderweitige Einsparungen als kompensiert angesehen werden, wenn - neben anderem - belegt bzw nachgewiesen wird, dass die Einsparungen gerade durch den Mehraufwand erzielt werden (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 42 S 232; SozR aaO Nr 43 S 239). Diese Fragestellung kann nicht im Wege einer Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten geklärt werden.

Auch die materiell-rechtlichen Einwände des Klägers gegen das Berufungsurteil greifen nicht durch. Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist nicht zu beanstanden, wie die vorinstanzlichen Gerichte zutreffend erkannt haben.

Rechtsgrundlage für Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungs- oder Verordnungsweise ist die Regelung des § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V in der hier anzuwendenden Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch arztbezogene Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten beurteilt. Nach den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist die statistische Vergleichsprüfung die Regelprüfmethode (stRspr vgl zB BSGE 84, 85, 86 = SozR 3-2500 § 106 Nr 47 S 250; zuletzt BSG SozR aaO Nr 55 S 306). Die Abrechnungswerte des Arztes werden mit denjenigen der Fachgruppe oder einer nach verfeinerten Kriterien gebildeten engeren Vergleichsgruppe im selben Quartal verglichen. Ergänzt durch die so genannte intellektuelle Betrachtung, bei der medizinisch-ärztliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, ist dies die Methode, die typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse bringt. Ergibt die Prüfung, dass der Behandlungsaufwand des Arztes je Fall bei dem Gesamtfallwert, bei Sparten- oder Einzelleistungswerten in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, ihn nämlich in einem Ausmaß überschreitet, das sich im Regelfall nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur oder in den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lässt, hat das die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit (stRspr, vgl zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 50 S 263 ff; SozR aaO Nr 51 S 272; SozR aaO Nr 55 S 306).

Der Beklagte hat hier das Behandlungs- und Abrechnungsverhalten des Klägers nach der Methode des statistischen Vergleichs geprüft und die Orthopäden im Bezirk der zu 8. beigeladenen KÄV als Vergleichsgruppe herangezogen. Auf dieser Grundlage hat er ermittelt, dass die Honoraranforderung des Klägers in den Quartalen I und II/1995 den Durchschnitt der Vergleichsgruppe bei den Sonderleistungen um 117 % und 115 % und im Quartal I/1995 bei den physikalisch-medizinischen Leistungen um 167 % überschreitet. Im Rahmen des ihm zukommenden Beurteilungsspielraums hat der Beklagte im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats derartige Überschreitungen dem Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses zugeordnet. Das stellt die Revision nicht in Frage. Sie wendet sich lediglich dagegen, dass der Kläger trotz seiner speziellen Praxisausrichtung mit der Gruppe der Orthopäden verglichen worden ist, und beanstandet, dass kompensierende Einsparungen in anderen ausgabenrelevanten Bereichen nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Mit beiden Einwendungen dringt die Revision jedoch nicht durch.

Der Beklagte war nicht gehalten, die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Klägers bei den physikalisch-medizinischen Leistungen nur mit solchen Ärzten für Orthopädie zu vergleichen, die - wie der Kläger - die Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" führen; denn ein Zusammenhang zwischen einer psychotherapeutischen Praxisausrichtung und einem vermehrten Ansatz physikalisch-medizinischer Leistungen ist weder ersichtlich noch vom Kläger geltend gemacht worden. Auch mit Blick auf die Sonderleistungen war die Bildung einer engeren Vergleichsgruppe nicht geboten. Zutreffend ist allerdings, dass der Zuordnung eines zu prüfenden Arztes zu einer Vergleichsgruppe bei der Prüfmethode des statistischen Vergleichs eine besondere Bedeutung zukommt. Dies ist auch in der Rechtsprechung des Senats immer wieder betont worden. Bereits in seinem Urteil vom 29. Mai 1962, in dem grundlegend die Berechtigung der Prüfgremien zur Anwendung der Methode des statistischen Vergleichs gebilligt worden ist, hat der Senat ausgeführt, eine auf vergleichender Betrachtung beruhende Prüfung müsse individuell in dem Sinne sein, dass durch eine zweckentsprechende Auswahl der Vergleichstatbestände den Besonderheiten der Praxis des zu überprüfenden Arztes Rechnung getragen werde (BSGE 17, 79, 85 = SozR Nr 5 zu § 368n Reichsversicherungsordnung <RVO> Bl Aa 6). Er hat es im konkreten Fall für sachgerecht gehalten, dass die Fallwerte des geprüften Arztes nicht nur mit den Durchschnittswerten der Fachgruppe, also aller praktischen Ärzte des Abrechnungsgebietes, verglichen worden sind, sondern mit der "engeren Gruppe" der homöopathisch tätigen Ärzte, weil dies durchaus dem Ziel einer möglichst verfeinerten Vergleichsbewertung entspreche.

Seitdem steht nicht mehr in Frage, dass die Prüfgremien ggf berechtigt sind, die Abrechnungswerte des betroffenen Arztes mit einer engeren Arzt-Gruppe zu vergleichen, insbesondere dann, wenn es um spezialisierte, nur von einzelnen Ärzten einer größeren Arztgruppe abgerechneten Leistungen geht (vgl Urteil vom 27. April 1982 - 6 RKa 7/79 - = USK 82196). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Prüfgremien immer dann, wenn Praxisausrichtung oder Behandlungsschwerpunkte des betroffenen Arztes in bestimmten Bereichen von der Typik der Arztgruppe abweichen, gehalten wären, die Vergleichsprüfung nur auf eine engere Gruppe von Ärzten zu erstrecken. Dementsprechend hat der Senat in seinem Urteil vom 15. April 1980 (BSGE 50, 84, 87 = SozR 2200 § 368e Nr 4 S 9) ausgeführt, nicht jede Behandlungsrichtung erfordere die Bildung einer engeren Vergleichsgruppe; eine solche könne allerdings zweckmäßig sein, wenn sie eine hinreichend große Anzahl von Ärzten umfasse, die sich durch eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode in erheblicher Weise von Ärzten mit anderen Behandlungsarten unterscheiden. Diese Voraussetzung könne als erfüllt angesehen werden, wenn die besondere Behandlungsmethode nach ärztlichem Berufsrecht zum Führen einer Zusatzbezeichnung berechtige, die aufgrund einer speziellen Qualifikation verliehen werde. An den in diesem Urteil genannten Voraussetzungen für die Bildung einer engeren Vergleichsgruppe, nämlich dem Vorhandensein einerseits einer hinreichend großen Zahl von Ärzten, die eine bestimmte spezialisierte Behandlungsausrichtung aufweisen, und andererseits einer wissenschaftlich anerkannten Behandlungsmethode, die sich von anderen Behandlungsarten unterscheidet, hält der Senat fest. Soweit jedoch im Leitsatz des Urteils vom 15. April 1980 und insbesondere im Urteil vom 22. April 1983 darüber hinausgehend formuliert worden ist, es sei vom Senat entschieden worden, eine besondere Untersuchungs- und Behandlungsmethode mache eine entsprechende Auswahl der Vergleichsgruppen erforderlich, wenn die Methode nach ärztlichem Berufsrecht zum Führen einer Zusatzbezeichnung berechtige (BSGE 55, 95, 96 = SozR 2200 § 368e Nr 8 unter Hinweis auf "BSGE 50, 84"; vgl auch BSGE 62, 24, 27 = SozR 2200 § 368n Nr 48 S 159 sowie Spellbrink, Wirtschaftlichkeitsprüfung im Kassenarztrecht, 1994, RdNr 486 ff), ist dies durch die spätere Rechtsprechung bereits überholt und wird vom Senat nunmehr ausdrücklich aufgegeben.

Eine Verpflichtung der Prüfgremien, eine engere Vergleichsgruppe immer schon dann zu bilden, wenn der betroffene Arzt berechtigt ist, eine Zusatzbezeichnung zu führen, besteht nicht. Das hat der Senat für Ärzte für Allgemeinmedizin bereits mit Urteil vom 15. November 1995 (6 RKa 58/94, USK 95137 S 736 f - insoweit in SozR 3-1300 § 16 Nr 1 nicht abgedruckt) im Hinblick auf die Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" entschieden und daran im Urteil vom 28. Juni 2000 - B 6 KA 36/98 R - bei einem praktischen Arzt mit der Zusatzbezeichnung "Homöopathie" festgehalten. Für die fach- oder gebietsärztliche Tätigkeit gilt nichts anderes (vgl Urteil vom 27. Juni 2001, SozR 3-2500 § 106 Nr 54 S 259 zum Gebiet der Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie). Denn aus der Berechtigung zum Führen einer Zusatzbezeichnung kann nicht geschlossen werden, dass die betreffenden Ärzte ihre Tätigkeit auf den Bereich konzentrieren, der durch die Zusatzbezeichnung erfasst wird.

Im Rahmen der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung ist die Bildung engerer Vergleichsgruppen dann erforderlich, wenn sich die Behandlungsausrichtung und Behandlungsmethoden einer bestimmten Gruppe von Ärzten so nachhaltig von derjenigen anderer Ärzte unterscheiden, dass die Vergleichbarkeit der ersten Gruppe mit den Praxen der anderen Gruppe sowohl hinsichtlich der überwiegend behandelten Gesundheitsstörungen als auch hinsichtlich der Zusammensetzung der Patientenklientel nur noch sehr eingeschränkt gegeben ist. Davon ist hinsichtlich der nach dem ärztlichen Weiterbildungsrecht vorgesehenen Fachgebiete (vgl die Muster-Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer nach den Beschlüssen des 95. Deutschen Ärztetages 1992 <M-WBO>) einschließlich der Weiterbildung in Schwerpunkten auszugehen. Nach § 22 Satz 1 M-WBO darf der Arzt, der eine Facharztbezeichnung führt, grundsätzlich nur in diesem Gebiet tätig werden. Ärzte, die eine Schwerpunktbezeichnung führen (zB Gastroenterologie oder Kardiologie im Bereich der inneren Medizin oder Rheumatologie im Bereich der Orthopädie), müssen auch im Schwerpunkt tätig sein (§ 22 Satz 2 M-WBO). Eine vergleichbare Unterscheidungskraft kommt den "Zusatzbezeichnungen" iS des § 2 Abs 2 der M-WBO nicht zu. In 22 Bereichen kann sich danach der Arzt zur Erlangung des Rechts zum Führen einer Zusatzbezeichnung weiterbilden, und er ist berechtigt, auf diese Qualifikation auch auf dem Praxisschild hinzuweisen. Ein Rückschluss von dieser zusätzlichen Qualifikation eines Arztes auf die tatsächliche Ausrichtung seiner Behandlungsweise ist jedoch nur eingeschränkt möglich und vor allem angesichts des Fehlens einer Verpflichtung wie in § 22 Satz 1 und 2 M-WBO nicht zwingend. Diese Rechtslage bestand auch bereits 1980 und 1983, als der Senat in seinen Urteilen vom 15. April 1980 und 22. April 1983 für die Bildung einer engeren Vergleichsgruppe maßgeblich auf das Führen einer "Zusatzbezeichnung" abgestellt hat (BSGE 50, 84 = SozR 2200 § 368e Nr 4; BSGE 55, 95 = SozR 2200 § 368e Nr 8). Damals galt die Weiterbildungsordnung nach den Beschlüssen des 79. Deutschen Ärztetages (DÄBl 1976 S 1562). Die Berufsausübungsregelung des § 17 M-WBO aF sah vor, dass der Arzt, der eine Teilgebietsbezeichnung führt, im Wesentlichen nur in diesem Teilgebiet tätig werden dürfe (vgl näher Spellbrink, aaO, RdNr 486). Berufsbeschränkende Regelungen für Ärzte, die eine Zusatzbezeichnung führen, enthielt das Weiterbildungsrecht auch zu diesem Zeitpunkt nicht.

Die gegenteilige Auffassung der Revision, die die Bildung einer eigenen Vergleichsgruppe für solche Ärzte fordert, die über eine Zusatzbezeichnung verfügen, führt im Übrigen zu kaum überwindbaren praktischen Schwierigkeiten. Angesichts der Vielzahl der Arztgruppen einerseits und der Zusatzbezeichnungen andererseits sowie der kaum zu überblickenden Möglichkeit der Kombination beider Elemente würden die Vergleichsgruppen gerade bei Fachärzten regelmäßig so klein, dass eine sinnvolle statistische Prüfung nicht mehr möglich wäre (vgl zur Mindestgröße der Vergleichsgruppe BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 36 S 204). Der Fall des Klägers, der als einziger Orthopäde im Bezirk der zu 8. beigeladenen KÄV die Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" führt, kennzeichnet schlaglichtartig die Problematik. Der vom Kläger gewiesene Ausweg, Daten aus anderen KÄV-Bezirken zu berücksichtigen, stößt auf praktische Schwierigkeiten hinsichtlich der Verfügbarkeit von Daten und möglicherweise abweichender Ausgestaltung der Leistungssparten und führt darüber hinaus vielfach praktisch nicht weiter.

Allerdings kann das Führen einer Zusatzbezeichnung für die Prüfgremien Anlass sein, näher zu untersuchen, ob die Voraussetzungen für eine besondere, vom üblichen Zuschnitt der Vergleichsgruppe abweichende Praxisausrichtung gegeben sind. Das kann insbesondere der Fall sein, wenn mit der Zusatzbezeichnung die berufsrechtliche und auch vertragsarztrechtliche Berechtigung verbunden ist, Leistungen zu erbringen und abzurechnen, die die Mehrzahl der Ärzte der Arztgruppe nicht abrechnen darf. Dies trifft nach den Angaben des Klägers, von denen für das Revisionsverfahren auszugehen ist, für die Leistungen der sog Großen Psychotherapie zu, die der Kläger als einziger Orthopäde im Bereich der zu 8. beigeladenen KÄV abrechnet. Dem hat der Beklagte dadurch Rechnung getragen, dass er die Honoraranforderung für Leistungen nach Nrn 860 und 865 EBM-Ä bei der Vergleichsprüfung von vornherein ausgeklammert hat. Darüber hinaus hat der Beklagte festgestellt, dass sich die mit der Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" im Zusammenhang stehende spezielle Praxisausrichtung in einem vermehrten Ansatz der psychosomatischen Leistungen nach Nrn 850/851 EBM-Ä seitens des Klägers niederschlägt, und hat errechnet, welcher Anteil der Honoraranforderung für die Sonderleistungen auf die psychosomatischen Gesprächs- und Beratungsleistungen entfällt. Er hat diese Quote mit ca 8 % ermittelt. Wenn er daraus den Schluss gezogen hat, dass zumindest die psychosomatischen Leistungen nach Nrn 850/851 EBM-Ä die Praxis des Klägers nicht prägen, hat er sich im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums gehalten.

Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang zunächst dargestellt, dass die psychosomatischen Leistungen nach Nr 850 EBM-Ä in den streitbefangenen Quartalen von 27 % bzw 29 % und diejenigen nach Nr 851 EBM-Ä von 25 % aller Orthopäden erbracht wurden. Soweit er daraus abgeleitet hat, dass diese Leistungen für die Fachgruppe zwar nicht prägend, aber auch nicht (mehr) völlig untypisch sind, ist das nicht zu beanstanden. Deutlich abweichend ist allerdings die Ansatzfrequenz der Leistungen nach Nr 850 bzw Nr 851 EBM-Ä im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Vergleichsgruppe. Der Kläger rechnet in den streitbefangenen Quartalen diese Leistungspositionen in 17 % bzw 28 % der Behandlungsfälle ab, während die Ansatzhäufigkeit bei den Ärzten seiner Vergleichsgruppe durchschnittlich bei 1 % liegt, woraus sich Überschreitungen zwischen 1.500 % und 2.700 % ergeben. Derartige Abrechnungswerte bei einzelnen Leistungsziffern sind in ihrem Stellenwert für die vertragsärztliche Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht eindeutig. Sie können sowohl auf eine untypische Praxisausrichtung im Rahmen der therapeutischen Freiheit eines Arztes hindeuten wie auch Beleg für eine besonders unwirtschaftliche Behandlungsweise sein. Dem im Einzelfall näher nachzugehen, ist gerade Sinn der vom Senat seit Jahren ergänzend zur statistischen Vergleichsprüfung geforderten intellektuellen Prüfung, bei der medizinisch-fachliche Gesichtspunkte in die Beurteilung einbezogen werden (grundlegend BSGE 74, 70 = SozR 3-2500 § 106 Nr 23; jüngst BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 54 S 300 f).

Dem ist der Beklagte in seiner angefochtenen Entscheidung nachgekommen, wobei unschädlich ist, dass er die in diesem Zusammenhang angestellten Überlegungen nicht ausdrücklich unter die Überschrift "Intellektuelle Prüfung" gestellt hat. Der Beklagte hat zunächst die quantitative Dimension der Abrechnungsabweichung gewürdigt. Dabei hat er festgestellt, dass selbst bei vollständiger Herausnahme der Leistungen nach Nrn 850/851 EBM-Ä ohne Fallzahlbereinigung beim Kläger und auch ohne die an sich grundsätzlich systematisch gebotene Korrektur der Abrechnungswerte der Vergleichsgruppe, die die fraglichen Leistungen mitumfassen, die Überschreitung bei den Sonderleistungen im Quartal I/1995 von 117 % auf 90 % und im Quartal II/1995 von 105 % auf 88 % zurückgehen würde. Auch diese Werte bewegen sich noch weit im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses, wobei sie - wie dargestellt - zu Gunsten des Klägers "verfälscht" wären. Daraus hat der Beklagte gefolgert, dass die psychosomatischen Behandlungen jedenfalls nicht allein und vor allem nicht entscheidend für die Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts bei den Sonderleistungen ursächlich seien. Diese beruht vielmehr nach den Feststellungen des Beklagten vor allem darauf, dass der Kläger neuraltherapeutische Leistungen nach Nr 266, 267, 410, 415, 420 und 460 EBM-Ä (Injektionen, Infusionen, Anästhesien zur Schmerztherapie) überdurchschnittlich häufig ansetzt. Diese fachgruppentypischen neuraltherapeutischen Leistungen erfassen 45 % des Honoraranteils am gesamten Honoraraufkommen für die Sonderleistungen.

Schließlich hat der Beklagte festgestellt, dass die Honoraranforderung des Klägers in den streitbefangenen Quartalen auch beim Gesamtfallwert den Durchschnitt der Vergleichsgruppe überschreitet, und zwar um 75 % im Quartal I/1995 und um 66 % im Quartal II/1995. Dieser Aspekt ist im Rahmen der so genannten intellektuellen Prüfung deshalb von Bedeutung, weil er relativ zuverlässige Hinweise darauf gibt, ob Abrechnungsauffälligkeiten lediglich Ausdruck einer bestimmten therapeutischen Konzeption des Arztes sind oder - zumindest auch - einen unwirtschaftlichen Aufwand belegen (vgl BSGE 69, 138, 143 = SozR 3-2500 § 106 Nr 6 S 26 für den zahnärztlichen Bereich sowie BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 15 S 91). Soweit lediglich eine untypische Behandlungsausrichtung vorliegt, müssten deutlichen Überschreitungen bei bestimmten Leistungen Minderaufwendungen bei anderen Leistungen, die für die Arztgruppe prägend sind, gegenüberstehen. Das könnte belegen, dass der betroffene Arzt mit einem vergleichbaren Aufwand wie die Ärzte seiner Fachgruppe nur unter Bevorzugung bestimmter, nicht allgemein üblicher Behandlungsweisen vorgeht. Deutliche, im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses liegende Überschreitungen beim Gesamtfallwert weisen jedoch eher darauf hin, dass der betroffene Arzt die für sein Fachgebiet typischen Gesundheitsstörungen zwar möglicherweise mit etwas anderer Schwerpunktsetzung als der Durchschnitt der Vergleichsgruppe, vor allem jedoch sehr viel kostenaufwändiger behandelt. Soweit der Beklagte aus alldem geschlossen hat, der in Relation zum Fachgruppendurchschnitt deutlich erhöhte Ansatz von psychosomatischen Gesprächsleistungen sei Ausdruck einer unwirtschaftlichen Behandlungsweise des Klägers, hat er auch damit die Grenzen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums nicht überschritten.

Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist schließlich die Wertung des Beklagten, wonach beim Kläger keine kompensierenden Minderaufwendungen in anderen Leistungsbereichen vorliegen, die im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung ggf gegen die Überschreitungen bei den Sonderleistungen "gegengerechnet" werden könnten. In der Rechtsprechung des Senats ist in diesem Zusammenhang geklärt, dass kompensierende Einsparungen in anderen Leistungsbereichen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nur insoweit zu berücksichtigen sind, als sie ursächlich auf die Mehraufwendungen in den von der Wirtschaftlichkeitsprüfung betroffenen Leistungsbereichen zurückzuführen sind (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 42 S 231 f; SozR aaO Nr 43 S 239). Soweit sich ein Arzt unter diesem Gesichtspunkt auf kompensierende Einsparungen beruft, muss er gegenüber den Prüfgremien darlegen, inwieweit dieser ursächliche Zusammenhang besteht, und er trägt die Folgen, wenn sich ein solcher Zusammenhang nicht bestätigen lässt. Den damit verbundenen verfahrensmäßigen Anforderungen ist der Beklagte gerecht geworden. Er hat auf den entsprechenden Vortrag des Klägers hin zunächst ermittelt, in welchen Leistungsbereichen überhaupt Einsparungen zu verzeichnen sind, und hat festgestellt, dass der Kläger jedenfalls im Quartal I/1995 den Fachgruppendurchschnitt bei den Kosten für die veranlassten physikalisch-medizinischen Leistungen geringfügig (um 6 %) überschreitet. Damit ist schon rein tatsächlich für die Berücksichtigung kompensierender Einsparungen bei den selbst erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen gegenüber den Überschreitungen keine Basis gegeben.

Unterschreitungen im Umfang von 18 % ergeben sich im Quartal I/1995 bei den Arzneikosten. Da diese jedoch in der Arztgruppe der Orthopäden bezogen auf den einzelnen Fall wirtschaftlich nicht stärker ins Gewicht fallen (Kosten pro Fall bei der Arztgruppe 13,18 DM und beim Kläger 10,84 DM), ergibt rechnerisch die gewichtete Gesamtabweichung für das Quartal I/1995 lediglich Minderaufwendungen in Höhe von 1.824,20 DM. Hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeitsfälle überschreitet der Kläger den Durchschnitt der Gebietsgruppe um 26 %, während sich bei den Arbeitsunfähigkeitstagen pro Arbeitsunfähigkeitsfall Unterschreitungen von 56 % bezogen auf das gesamte Jahr 1995 ergeben. Ein kausaler Zusammenhang zwischen Mehraufwendungen im Bereich der Sonderleistungen und Einsparungen bei den Kosten der Arbeitsunfähigkeit könnte allenfalls belegt werden, wenn der Kläger dargestellt hätte, weshalb sich die von ihm vermehrt abgerechneten Sonderleistungen einerseits nicht auf die Häufigkeit der Arbeitsunfähigkeit seiner Patienten, andererseits wohl aber auf die Dauer der Arbeitsunfähigkeit je Arbeitsunfähigkeitsfall ausgewirkt haben können. Die pauschale Behauptung, seine intensive Behandlung bewirke Einsparungen bei der Feststellung von Arbeitsunfähigkeit, reicht in diesem Zusammenhang nicht aus.

Auffällig in der Statistik ist lediglich eine alle Versichertengruppen (Mitglieder, Familienangehörige, Rentner) erfassende Unterschreitung des Vergleichsgruppendurchschnitts bei den Krankenhauseinweisungen (-58 %, -41 % und -30 %). Der Beklagte hat jedoch nicht feststellen können, dass insoweit ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Mehrforderungen bei den Sonderleistungen und den vergleichsweise geringeren Einweisungen zur stationären Behandlung besteht (vgl zu den Anforderungen an die Kausalität bei der Berufung auf ersparte stationäre Behandlungen allgemein Senatsurteil vom 15. November 1995 - 6 RKa 58/94 - USK 95137 S 739; insoweit in SozR 3-1300 § 16 Nr 1 nicht abgedruckt). Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang zutreffend ausgeführt, der Kläger habe weder dargestellt noch nachgewiesen, in welchen konkreten Fällen er durch den vermehrten Ansatz von Sonderleistungen bzw physikalisch-medizinischen Leistungen stationäre Einweisungen vermieden habe. Zu Recht verlangt der Beklagte zumindest eine substantiierte Darstellung, bei welchen Diagnosen nach Ansicht des Klägers die Ärzte der Vergleichsgruppe den Patienten zur stationären Behandlung eingewiesen hätten, während er darauf infolge bestimmter, den Sonderleistungen oder den physikalisch-medizinischen Leistungen zuzurechnender Behandlungsmaßnahmen habe verzichten können. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang mehrfach auf seine umfangreiche Besuchstätigkeit hingewiesen hat, ist das unerheblich, denn die Honoraranforderungen für Besuche und die Kosten für Wegegebühren sind nicht Bestandteil der Leistungssparte der Sonderleistungen, die - neben den physikalischen-medizinischen Leistungen - allein Gegenstand der Honorarkürzungen sind. Gerade im Bereich orthopädischer Erkrankungen bedürfte die Annahme, durch ambulante, insbesondere psychotherapeutische bzw psychosomatische Behandlungen könne eine ansonsten erforderliche stationäre Behandlung vermieden werden, näherer Darlegung, weil ein entsprechender Zusammenhang nicht auf der Hand liegt. Im Ergebnis nichts anderes gilt für die vom Kläger behaupteten Einsparungen bei verordneten Hilfsmitteln, Haushaltshilfeleistungen sowie Leistungen zur Belastungserprobung und zur Arbeitstherapie. Ob insoweit aussagekräftige Statistiken vorliegen und welche Konsequenzen deren Fehlen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung hätte, ist unerheblich, solange nicht dargetan ist, mit welchen konkreten Behandlungsmaßnahmen bei welchen Diagnosen der Kläger hier Einsparungen gegenüber der Vergleichsgruppe erreicht haben will. Daran fehlt es.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Absätze 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendender Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).

Ende der Entscheidung

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