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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 19.07.2006
Aktenzeichen: B 6 KA 14/05 R
Rechtsgebiete: SGB V, Ärzte-ZV


Vorschriften:

SGB V § 101 Abs 1
SGB V § 116 S 2
Ärzte-ZV § 31a Abs 1 S 2

Entscheidung wurde am 27.03.2007 korrigiert: die Vorschriften und der Verfahrensgang wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
Für den bei Ermächtigungen erforderlichen Versorgungsbedarf ist grundsätzlich das Versorgungsangebot im Planungsbereich maßgebend. Nur in Ausnahmefällen können Versorgungsangebote in anderen Planungsbereichen berücksichtigt werden.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 19. Juli 2006

Az: B 6 KA 14/05 R

Der 6. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Engelmann, die Richter Dr. Clemens und Gasser sowie die ehrenamtliche Richterin Antkowiak und den ehrenamtlichen Richter Woelki

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 9. Februar 2005 werden zurückgewiesen.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 1. haben als Gesamtschuldner dem Kläger die außergerichtlichen Kosten für das Revisionsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten über den Umfang einer Ermächtigung.

Der Kläger ist Chefarzt des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Kernspintomographie und Nuklearmedizin der A.-Klinik GmbH in W. im nordwestlichen Bereich des Landkreises A. Er verfolgt seit 1999 mit wiederholten Anträgen sein Begehren nach einer Ermächtigung auch zur Durchführung von Magnetresonanztomographien (MRT-Leistungen). Im Landkreis A. war und ist eine Fachärztin für Diagnostische Radiologie - die Ehefrau des Klägers - zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Diese verfügt indessen nicht über ein MRT-Gerät. An diesen Landkreis grenzt im Osten die Stadt O. an. In dortigen Praxen und Krankenhäusern standen und stehen MRT-Geräte zur Nutzung in der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung, ebenso in den weiteren benachbarten Landkreisen Au. und L.

Der Zulassungsausschuss hatte den Kläger auf seinen Antrag hin für die Zeit bis zum 30. September 2001 zur Erbringung diagnostisch-radiologischer Leistungen ermächtigt, davon aber ua MRT-Leistungen ausgenommen (Bescheide vom 9. Dezember 1998 und - betr Verlängerung - vom 1. September 1999). Gegen die Ablehnung hinsichtlich der MRT-Leistungen erhob der Kläger Widerspruch, den der beklagte Berufungsausschuss zurückwies. In den Bescheiden des Beklagten ist ausgeführt, für eine Ermächtigung zu MRT-Leistungen bestehe kein Bedarf, weil genügend MRT-Geräte in benachbarten Planungsbereichen verfügbar seien und auch in Anspruch genommen würden (Bescheide vom 20. Oktober 1999 und vom 6. Dezember 2000).

In der Folgezeit erteilte der Zulassungsausschuss für die weiteren Zeiträume bis zum 30. September 2003 und bis zum 30. September 2005 sowie bis zum 30. September 2007 erneut Ermächtigungen, wovon wieder jeweils ua MRT-Leistungen ausgenommen waren. Auch wegen dieser Ablehnungen sind Widerspruchs- bzw Klageverfahren anhängig.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klagen, die den Zeitraum bis zum September 2001 betrafen, zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und sie, nachdem sie später auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnungen gerichtet worden waren, abgewiesen (Urteil vom 10. April 2002). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung des Klägers hin das Urteil des SG aufgehoben und festgestellt, dass der Beklagte zu Unrecht die Erweiterung der dem Kläger erteilten Ermächtigung auf MRT-Leistungen abgelehnt habe. Der Beklagte habe mit der Berücksichtigung des Versorgungsangebots benachbarter Gebiete die Grenzen seines Beurteilungsspielraums missachtet. Besondere Umstände, die es erlauben würden, bei der Frage eines qualitativ-speziellen Bedarfs einen überregionalen Bereich zu berücksichtigen, seien nicht erkennbar. MRT-Untersuchungen seien keine so speziellen Leistungen, dass sie nur von einer zahlenmäßig kleinen Minderheit der Ärzte der Arztgruppe erbracht würden und daher eine planungsbereichsübergreifende Inanspruchnahme dieser Spezialisten üblich sowie ein wohnortnahes Angebot nicht erforderlich sei.

Mit ihren Revisionen rügen der Beklagte und die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) eine Verletzung von § 116 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und des § 31a Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV). Der Beklagte macht geltend, das LSG habe die Grenzen des Rechtsbegriffs "Bedarf" zu eng gezogen und damit den Beurteilungsspielraum der Zulassungsgremien zu weit eingeschränkt. Diese dürften im Einzelfall auch die Versorgungslage in benachbarten Planungsbereichen einbeziehen, wenn sich dies auf die Versorgungssituation in dem Planungsbereich, in dem das Krankenhaus liege, auswirke. Mit der Einbeziehung angrenzender Bereiche werde auch der Berufsfreiheit der dort niedergelassenen Vertragsärzte Rechnung getragen. Auf Grund der (geringen) Größe des Planungsbereichs A. in Verbindung mit der verkehrsgünstigen und guten Erreichbarkeit der in O. vertragsärztlich tätigen Radiologen wäre eine Ermächtigung des Klägers rechtswidrig. Die Beigeladene zu 1. führt ergänzend aus, dem Gesichtspunkt wohnortnaher Versorgung der gesetzlich Versicherten komme nur minderes Gewicht zu, zumal MRT-Untersuchungen als reine Diagnoseleistungen, die nur auf Überweisung in Anspruch genommen werden könnten, planbar seien. In einem ländlichen Kreis bzw einer Kreisregion wie dem Planungsbereich A. sei eine möglichst wohnortnahe Versorgung der gesetzlich Versicherten ohnehin nicht bei dem gesamten Spektrum der ärztlichen Leistungen möglich. Zumal bei qualitativ-speziellen Ermächtigungsleistungen seien vom Versicherten größere Entfernungen zum Ort der Leistungserbringung hinzunehmen. Die von den größeren Ortschaften im Landkreis A. zur Stadt O. erforderlichen Pkw-Fahrzeiten zwischen 15 und 23 Minuten seien zumutbar. MRT-Leistungen seien auf Grund der hohen Anforderungen an die persönliche Qualifikation des Arztes und der hohen Investitionskosten für die apparative Ausstattung innerhalb des Fachgebietes Diagnostische Radiologie als Subspezialität im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) anzusehen. Vor diesem Hintergrund und auf Grund der atypischen Gestaltung des Leistungsangebotes im Planungsbereich A. dürften die Zulassungsgremien die benachbarten Planungsbereiche in die Bedarfsprüfung einbeziehen. Der Bedarf an MRT-Leistungen werde vom Kläger auch zumindest indirekt gesteuert, weil seine Ehefrau die Leistungen im Bereich der Magnetresonanztherapie nicht anbiete, obgleich diese zu den wesentlichen Leistungen des Fachgebiets der diagnostischen Radiologie gehörten.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 9. Februar 2005 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 10. April 2002 zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revisionen zurückzuweisen.

Er hält das Berufungsurteil für zutreffend.

Die zu 9. beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung stellt keinen Antrag. Sie führt ergänzend zum Vortrag der Revisionskläger aus, die ortskundigen Zulassungsgremien seien zur Gewährleistung des Vorrangs der niedergelassenen Ärzte befugt, im Rahmen der Einzelfallprüfung ua zu berücksichtigen, dass die Bedarfssituation im Landkreis A. durch die Ehefrau des Klägers gesteuert werde.

Die übrigen Beigeladenen äußern sich im Revisionsverfahren nicht.

II

Die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen zu 1. haben in der Sache keinen Erfolg.

Die Revisionen sind zulässig, auch diejenige der zu 1. beigeladenen KÄV. Ihre materielle Beschwer, wie sie für Rechtsmittel von Beigeladenen gegeben sein muss (s zB BSGE 85, 145, 146 = SozR 3-5525 § 20 Nr 1 S 2; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 6; zum maßgeblichen Zeitpunkt vgl BSG SozR 3-1500 § 54 Nr 40 S 82 f), liegt darin, dass KÄVen auf Grund ihres Sicherstellungsauftrages die Gesamtverantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung tragen (vgl zB BSGE 79, 97, 99 f = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 4; BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 1 RdNr 15). Entscheidungen in Zulassungsangelegenheiten im Bereich einer KÄV betreffen deshalb stets und unmittelbar auch ihren Verantwortungsbereich (vgl BSGE 85, 145, 146 = SozR 3-5525 § 20 Nr 1 S 2; BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 1 RdNr 15 mwN).

Das Verfahren wird zutreffend im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage geführt. Die vom Kläger im SG-Verfahren vorgenommene Umstellung der Verpflichtungs- in Fortsetzungsfeststellungsklagen ist als Antragsänderung nach § 99 Abs 3 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) grundsätzlich zulässig gewesen (BSGE 8, 178, 180 = NJW 1959, 262 f; BSG SozR 4-1300 § 32 Nr 1 RdNr 12 mwN; Rennert in Eyermann, VwGO, 12. Aufl 2006, § 91 RdNr 15, 18 mwN). Das vom Kläger zu Recht zunächst im Wege von Verpflichtungsklagen verfolgte Begehren hat sich dadurch im Sinne des § 131 Abs 1 Satz 3 SGG erledigt, dass der im angefochtenen Bescheid vom 20. Oktober 1999 bestimmte Befristungszeitraum ablief (zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 131 Abs 1 Satz 3 SGG auf Verpflichtungsklagen s zB BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 30 S 148 mwN). Das gemäß § 131 Abs 1 Satz 3 SGG neben dem Erledigungseintritt zusätzlich erforderliche Feststellungsinteresse ist unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr gegeben. Die 2001, 2003 und 2005 erteilten Ermächtigungen, in denen die Zulassungsgremien wiederum die Erweiterung auf MRT-Leistungen ablehnten, zeigen, dass die Klärung der im vorliegenden Rechtsstreit zu entscheidenden Rechtsfrage weiterhin für das Verhältnis der Beteiligten relevant ist (vgl zB BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 30 S 148; SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 110; SozR 4-1300 § 32 Nr 1 RdNr 13, jeweils mwN; s auch BVerfG <Kammer> SozR 4-1500 § 54 Nr 4 RdNr 11).

In der Sache sind die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen unbegründet. Das LSG hat zu Recht festgestellt, dass die Entscheidung des Beklagten rechtswidrig war, die vom Kläger begehrte Erweiterung der Ermächtigung auf MRT-Leistungen abzulehnen.

Nach § 116 Satz 2 SGB V (wortgleich mit § 31a Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV) ist eine Ermächtigung zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird. Diese Regelung entspricht dem Vorrang der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung durch die niedergelassenen Vertragsärzte (und - seit dem 1. Januar 2004 hinzugekommen - die Medizinischen Versorgungszentren); Ermächtigungen kommen nur dann in Betracht, wenn die ambulante Versorgung von den niedergelassenen Ärzten (und den Medizinischen Versorgungszentren) nicht gewährleistet ist (vgl zB BSGE 70, 167, 173 = SozR 3-2500 § 116 Nr 2 S 15; BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 23 S 102; SozR 3-5520 § 20 Nr 4 S 42; BVerfG <Kammer> SozR 4-1500 § 54 Nr 4 RdNr 4, jeweils mwN). Die Ermächtigung eines Krankenhausarztes gemäß § 116 SGB V und § 31a Abs 1 Ärzte-ZV erfordert nach der Rechtsprechung des BSG entweder einen quantitativ-allgemeinen oder einen qualitativ-speziellen Versorgungsbedarf (stRspr: zB BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 11 S 59; BSGE 73, 25, 29 = SozR 3-2500 § 116 Nr 4 S 29; BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 111 f). Die Erteilung oder Versagung einer Ermächtigung ist dabei nicht nur insgesamt (als Gesamtakt) überprüfbar, sondern auch hinsichtlich abgrenzbarer Teile, dh ein Streitverfahren kann auf einzelne Leistungen, auf die sich die Ermächtigung erstreckt bzw zusätzlich erstrecken soll, beschränkt sein (vgl BSGE 73, 25, 28 = SozR 3-2500 § 116 Nr 4 S 28; BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 12 S 63). Die gerichtliche Überprüfung ist allerdings insofern begrenzt, als den Zulassungsgremien bei der Prüfung und Feststellung des Versorgungsbedarfs ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zusteht (vgl zB BSGE 73, 25, 29 = SozR 3-2500 § 116 Nr 4 S 29; SozR 3-2500 § 97 Nr 2 S 6; BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 111).

Bei Anwendung dieser Maßstäbe war die Entscheidung des Beklagten rechtswidrig, wie das LSG zutreffend festgestellt hat. Der Beklagte hat bei seiner Beurteilung, eine Versorgungslücke bestehe nicht, die für die Bedarfsprüfung maßgeblichen Rechtsmaßstäbe verkannt. Von den Möglichkeiten eines quantitativ-allgemeinen oder eines qualitativ-speziellen Versorgungsbedarfs kommt im vorliegenden Fall nur Letzterer in Betracht. Eine Ermächtigung zur Erbringung von MRT-Untersuchungen kann hier nicht unter dem Gesichtspunkt eines quantitativ-allgemeinen Bedarfs erteilt werden, weil nach den Ausführungen des Berufungsurteils im Planungsbereich A. in quantitativer Hinsicht, dh nach der Zahl der zugelassenen Radiologen im Verhältnis zum rechnerischen Bedarf, im Sinne des § 101 Abs 1 Satz 2 SGB V eine Überversorgung besteht (vgl dazu BSG SozR 3-2500 § 97 Nr 2 S 6 f mwN; SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 111; zur Methodik der Berechnung des Versorgungsgrades s BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 5 ff). Indessen durfte der Beklagte - bei Zugrundelegung der für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG - einen sog qualitativ-speziellen Bedarf für eine Ermächtigung des Klägers zur Erbringung von MRT-Leistungen nicht verneinen. Denn diese werden, wie sich aus dem Urteil des LSG ergibt, für die Versicherten im Planungsbereich A. nicht in ausreichendem Umfang angeboten.

Ein qualitativ-spezieller Versorgungsbedarf besteht, wenn bestimmte, für eine ausreichende Versorgung der Versicherten benötigte Leistungen von den zugelassenen Vertragsärzten nicht vorgehalten werden (vgl zB BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 23 S 102; BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 111). Der räumliche Bereich, für den zu klären ist, ob ein die vertragsärztliche Versorgung sicherstellendes Versorgungsangebot vorliegt, ist grundsätzlich - ebenso wie beim quantitativ-allgemeinen Bedarf - der Planungsbereich, in dem der Krankenhausarzt praktiziert. Diese Anknüpfung an den Planungsbereich ergibt sich bei der Frage eines quantitativ-allgemeinen Versorgungsgrades aus den Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 2, 5 und 6 SGB V, ist aber auch bei der Ermittlung eines qualitativ-speziellen Versorgungsbedarfs maßgebend (vgl dazu BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 111 f). In dem vorliegend maßgeblichen Planungsbereich A. bieten niedergelassene Vertragsärzte nach den Feststellungen des LSG MRT-Untersuchungen nicht an.

Der Schlussfolgerung, für diese speziellen Leistungen liege ein qualitativ-spezieller Versorgungsbedarf vor, hat der Beklagte entgegengesetzt, die vorhandenen Versorgungsangebote in den benachbarten bzw angrenzenden Bereichen seien zu berücksichtigen. Damit hat er indessen die Rechtsmaßstäbe verkannt, die er als rechtliche Grenzen seines Beurteilungsspielraums zu beachten hat. Die Einbeziehung der in anderen Planungsbereichen bestehenden Versorgungsangebote oder -defizite kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. In dem Fall eines atypisch zugeschnittenen Planungsbereichs hat der Senat es abgelehnt, allein auf Grund einer rechnerisch bestehenden Unterversorgung einen quantitativ-allgemeinen Bedarf anzunehmen; eine tatsächliche Unterversorgung bestand nicht, weil die Versorgung durch die Versorgungsangebote eines inmitten gelegenen anderen Planungsbereichs gedeckt wurde und deshalb die im rechnerisch unterversorgten Planungsbereich niedergelassenen Vertragsärzte noch Behandlungskapazitäten frei hatten (BSG SozR 3-2500 § 97 Nr 2 S 7). Ein weiterer Fall der Einbeziehung angrenzender Planungsbereiche kann möglicherweise dann anzuerkennen sein, wenn der Versorgungsbedarf in einem Planungsbereich von nur geringer räumlicher Ausdehnung ersichtlich durch leicht und schnell erreichbare Versorgungsangebote der angrenzenden Bereiche gedeckt wird (zur Erwägung weiterer Ausnahmen bei besonderen regionalen Strukturen s auch BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 10 S 56). Eine solche Konstellation ist aber vorliegend nicht gegeben. Für Versicherte, die im nordwestlichen Teil des Planungsbereichs - in der Stadt W. und in deren Einzugsbereich - wohnen, ist eine Versorgung mit MRT-Leistungen, die in dieser Stadt selbst angeboten werden, eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots. Sie können nicht darauf verwiesen werden, MRT-Untersuchungen in den von den Revisionsführern angeführten benachbarten Planungsbereichen durchführen zu lassen. Das gilt namentlich für solche Versicherten, die keinen Pkw zur Verfügung haben. Bei Leistungen, die üblicherweise ortsnah erbracht werden, wie dies bei MRT-Leistungen der Fall ist, seitdem diese zum Standard radiologischer Diagnostik gehören, kann ein Bedarf für eine Ermächtigung nicht unter Hinweis auf Versorgungsangebote an deutlich - hier mehr als 25 km - entfernter gelegenen Standorten benachbarter Planungsbereiche verneint werden. Ob bzw inwieweit dies im Falle spezieller Leistungen mit geringer Nachfrage anders zu beurteilen wäre - dh ob und inwieweit dann unter erleichterten Voraussetzungen eine Verweisung auf Versorgungsangebote anderer Bereiche möglich oder gar generell geboten sein kann -, ist im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits nicht zu entscheiden (zu sog Subspezialisierungen s BSGE 86, 242, 251 und 252 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 35 und 36 und ferner BSG SozR 3-2500 § 101 Nr 1 S 6).

Einem Anspruch des Klägers, wegen dieses qualitativ-speziellen Versorgungsbedarfs zur Erbringung von MRT-Leistungen ermächtigt zu werden, kann nicht entgegengehalten werden, er "steuere" im Zusammenwirken mit seiner Ehefrau den Versorgungsbedarf, indem diese in dem Planungsbereich A. durch ihre vertragsärztliche Zulassung als Radiologin die Überversorgung und Zulassungssperre bewirke, ohne selbst MRT-Leistungen zu erbringen. Ein solcher Einwand könnte nur durchgreifen, wenn dem Kläger bzw dem Ehepaar ein Rechtsmissbrauch oÄ vorgeworfen werden könnte (zu rechtsmissbräuchlichem Zusammenwirken von Krankenhausträger und Krankenhausarzt s BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 19 S 95 f). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Niedergelassene Radiologen sind nicht verpflichtet, stets auch MRT-Leistungen anzubieten. Diese setzen zum einen eine dementsprechende spezielle Qualifikation voraus (s die gemäß § 135 Abs 2 SGB V getroffene sog Kernspintomographie-Vereinbarung sowie dazu BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 16 und BVerfG <Kammer> SozR 4-2500 § 135 Nr 2) und erfordern zum anderen beträchtliche Investitionen. Vor diesem Hintergrund kann der Verzicht der Ehefrau des Klägers auf die Erbringung von MRT-Leistungen weder ihr noch ihm als Rechtsmissbrauch angelastet werden.

Zu Recht hat das LSG die Rechtswidrigkeit nicht nur hinsichtlich der Ablehnung der Ermächtigung zu MRT-Leistungen durch den Bescheid des Beklagten vom 20. Oktober 1999, sondern auch hinsichtlich der damit im Sachzusammenhang stehenden weiteren Bescheide vom 6. Dezember 2000 und vom 26. September 2001 festgestellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und Abs 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).

Ende der Entscheidung

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