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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 06.11.2002
Aktenzeichen: B 6 KA 21/02 R
Rechtsgebiete: EinfG-PsychThG


Vorschriften:

EinfG-PsychThG Art. 11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 6. November 2002

Az: B 6 KA 21/02 R

Der 6. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Engelmann, die Richter Dr. Wenner und Dr. Clemens sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Oelze und Dr. Merz

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 21. November 2001 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat der Beklagten ihre außergerichtlichen Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Gründe:

I

Der Rechtsstreit betrifft die Honorierung psychotherapeutischer Leistungen im Jahr 1999.

Die Klägerin ist Diplom-Psychologin und seit 1988 im Delegationsverfahren in der psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen tätig gewesen. Mit Wirkung zum 1. Januar 1999 wurde sie als Psychologische Psychotherapeutin approbiert und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) vergütete ihr für die Leistungen des Quartals I/1999 (38 Behandlungsfälle mit einem durchschnittlichen Fallwert von 729,72 DM) 355.384,5 Punkte mit einem Punktwert von 7,8 Pf, für das Quartal II/1999 429.642,5 Punkte mit einem Punktwert von 7,71 Pf, für das Quartal III/1999 321.587,5 Punkte unter Zugrundelegung eines Punktwerts von 7,77 Pf sowie für das Quartal IV/1999 402.955,5 Punkte mit einem Punktwert von 7,8 Pf. Die Widersprüche der Klägerin, mit denen sie höhere Vergütungen begehrte, hatten keinen Erfolg.

Das von ihr angerufene Sozialgericht (SG) hat ihre Klagen abgewiesen (Urteil vom 21. November 2001). In dem Urteil ist ausgeführt, die Festsetzung der Honorare für die Quartale I bis IV/1999 sei rechtmäßig. Dies ergebe sich aus Art 11 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 16. Juni 1998 (EinfG-PsychThG, idF des Art 9 des GKV-Solidaritätsstärkungsgesetzes vom 19. Dezember 1998). Die Beklagte habe Art 11 EinfG-PsychThG zutreffend umgesetzt. Das Ausgabenvolumen habe - nach Betragsaufstockungen auf Grund gesamtvertraglicher Vereinbarungen gemäß § 82 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) - den Anforderungen des Art 11 Abs 1 Satz 2 Nr 2 Halbsatz 1 und Satz 3 EinfG-PsychThG und der Punktwert dem Erfordernis des Art 11 Abs 2 EinfG-PsychThG entsprochen. Dieser habe den durchschnittlichen rechnerischen Punktwert der beteiligten Krankenkassen (KKn) für die hausärztlichen Beratungs- und Betreuungsgrundleistungen (Abschnitt B II des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen <EBM-Ä>) nicht um mehr als 10 % unterschritten. Ein Anspruch auf eine höhere Honorierung bestehe nicht. Das Bundessozialgericht (BSG) habe einen Punktwert von 10 Pf nur insoweit gefordert, als das Ausgabenvolumen nicht unmittelbar durch das Gesetz selbst festgelegt sei, was aber hier durch Art 11 EinfG-PsychThG der Fall sei. Die Begrenzung durch diese Regelung sei mit Art 12 Abs 1 und Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) sowie mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Der Gesetzgeber habe im Zusammenhang mit der Schaffung des neuen Heilberufs des Psychologischen Psychotherapeuten und dessen Einbeziehung in die vertragsärztliche Versorgung zum 1. Januar 1999 Übergangs- und Sonderregelungen normieren und dabei den Aufwand für psychotherapeutische Leistungen im Jahr 1999 durch eine befristete Regelung begrenzen dürfen. Er habe nicht nur eine Ausgabenobergrenze festgelegt, sondern auch einem übermäßigen Absinken des Vergütungsniveaus vorgebeugt, indem er eine Mindestvergütung in Höhe von 90 % des durchschnittlichen rechnerischen Punktwertes für die hausärztlichen Beratungs- und Betreuungsgrundleistungen vorgegeben habe. Diese Sonderbehandlung der Psychotherapeuten sei gerechtfertigt. Die finanziellen Auswirkungen ihrer Einbeziehung in die vertragsärztliche Versorgung hätten wegen der Unsicherheiten sowohl über die Zahl der Zulassungen als auch über die Leistungsmenge nicht abgeschätzt werden können. Die Orientierung der Stützungspflicht an dem Punktwert für die hausärztlichen Beratungs- und Betreuungsgrundleistungen sei wegen der gewissen Ähnlichkeit der psychotherapeutischen Leistungen nicht zu beanstanden. Eine Unzumutbarkeit ergebe sich nicht aus etwaigen Auswirkungen auf die Honorarvolumina der Folgejahre nach 1999.

Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision macht die Klägerin geltend, das angefochtene Urteil sei mit Verfassungsrecht nicht vereinbar. Sie habe Anspruch auf höhere Vergütungen für die von ihr im Jahr 1999 erbrachten psychotherapeutischen Leistungen. Die zu Grunde gelegten Punktwerte erreichten nicht einmal annäherungsweise 10 Pf, sodass ihre Praxisumsätze - sie sei in Vollzeit tätig - weit unter denen hausärztlicher Praxen gelegen hätten. Der Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, an dem das BSG Honorarverteilungsregelungen messe, sei auch für eine gesetzliche Regelung wie Art 11 EinfG-PsychThG maßgeblich, weshalb der vom BSG geforderte Punktwert von 10 Pf auch bei gesetzlich geregeltem Ausgabenvolumen erreicht werden müsse. Die Argumentation, infolge der Bestimmung des Art 11 EinfG-PsychThG gebe es keine Honorarverteilung im Verhältnis von Vertragsärzten und Psychotherapeuten, enthalte einen Fehlschluss. Diese Vorschrift regele nicht isoliert nur das Vergütungsvolumen für Psychotherapeuten, sondern enthalte zugleich einen die Honorarverteilung insgesamt beeinflussenden Mechanismus, der ebenso wie eine Regelung im Honorarverteilungsmaßstab (HVM) den vom BSG herausgestellten verfassungsrechtlichen Maßstäben genügen müsse.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 21. November 2001 und die Honorarbescheide für die Quartale I bis IV/1999 - in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17. November 1999, 5. April 2000, 31. Mai 2000 und 20. September 2000 - aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, über ihre Honoraransprüche für die Quartale I bis IV/1999 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. In inhaltlicher Hinsicht hält sie die Honorarbescheide für rechtmäßig. Die Klägerin habe im Übrigen keine Vollzeittätigkeit ausgeübt, vielmehr in den Quartalen I bis IV/1999 im Primär- und Ersatzkassen-Bereich insgesamt lediglich 758 zeitgebundene Leistungen von je 50 Minuten, also in 43 Wochen durchschnittlich nur 17,6 Stunden je Woche erbracht.

II

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass die von der Beklagten vorgenommenen Honorarfestsetzungen für die Quartale I bis IV/1999 nicht zu beanstanden sind. Dem Begehren der Klägerin nach höherer Vergütung steht die Regelung des Art 11 EinfG-PsychThG entgegen, die sich als rechtmäßig erweist.

Die Vorschrift ist Teil des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 16. Juni 1998 (BGBl I 1311). Mit dessen Art 1, dem Psychotherapeutengesetz (PsychThG), hat der Gesetzgeber erstmals berufsrechtliche Voraussetzungen für die Ausübung der heilkundlichen Psychotherapie durch Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten normiert und als Voraussetzung der Berufsausübung die Approbation eingeführt (§ 1, § 2 und § 12 des PsychThG). Vor allem ist diesen Berufsgruppen durch das Gesetz die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung (Art 2 Nr 11 Buchst c EinfG-PsychThG mit Anfügung der Abs 10 ff in § 95 SGB V) und damit die Berechtigung zur unmittelbaren Behandlung - dh ohne Zwischenschaltung eines Vertragsarztes - von Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen eröffnet worden (vgl insgesamt Urteil des Senats vom 8. November 2000 - BSGE 87, 158, 159 f = SozR 3-2500 § 95 Nr 25 S 106).

Ergänzend zu diesen Neuregelungen legte das Gesetz in Art 11 für das Jahr 1999 ein Honorarvolumen für psychotherapeutische Leistungen fest. Bestrebungen zur Begrenzung der Auswirkungen, die sich aus dem unmittelbaren Zugangsrecht einer neuen Gruppe von Heilberufen zur vertragsärztlichen Versorgung für die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung ergeben konnten, waren nicht neu. Bereits der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 13. Oktober 1993 (BT-Drucks 12/5890, S 9 und S 20 f) sah eine Obergrenze des Ausgabenvolumens für psychotherapeutische Leistungen vor (für 1996 höchstens 1,25 % der Vergütungen, die für die vertragsärztlichen Leistungen gezahlt wurden, verbunden mit einer Budgetierung des Vergütungsanstiegs in den Folgejahren <§ 85a Abs 2 bis 4 SGB V idF des Entwurfs>). Auch die Gesetzesinitiativen, die in der 13. Wahlperiode des Deutschen Bundestages dem eigentlichen Gesetzgebungsverfahren für das Psychotherapeutengesetz vorausgingen, enthielten Regelungsvorschläge für eine Begrenzung der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen (Gesetzesantrag der Länder Hessen und Nordrhein-Westfalen, BR-Drucks 62/95 vom 2. Februar 1995, S 17, 49; Gesetzentwurf des Bundesrates, BR-Drucks 62/95 (Beschluss) vom 10. März 1995, S 17; Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, BT-Drucks 13/733 vom 8. März 1995, S 8 und 18 f, und Gesetzentwurf des Bundesrates, BT-Drucks 13/1206 vom 26. April 1995, S 9 und 19 f - jeweils Vorschlag eines § 85a Abs 3 SGB V mit einer Begrenzung des Vergütungsvolumens für psychotherapeutische Leistungen im Jahr 1996 auf höchstens 2 % der Gesamtvergütungen für vertragsärztliche Leistungen und Budgetierung des Anstiegs der Vergütung für die Folgejahre; Stellungnahme der Bundesregierung, BT-Drucks 13/1206, S 24 - mit Befürwortung von höchstens 1,25 %).

In dem Verfahren, das zum Erlass des Gesetzes vom 16. Juni 1998 führte, schlug der BT-Ausschuss für Gesundheit mit Art 9b des Gesetzentwurfs (BT-Drucks 13/9212 vom 25. November 1997, S 4, S 26 f) ebenfalls eine Regelung vor, durch die das Vergütungsvolumen für die psychotherapeutischen Leistungen begrenzt werden sollte. Die Einführung einer Ausgabenobergrenze betraf nur das Jahr 1999 und damit das erste Jahr ab der Integration der Psychologischen Psychotherapeuten in das System der vertragsärztlichen Versorgung. Die so zunächst durch den Deutschen Bundestag beschlossene Regelung (mit Bezeichnung des Art 9b nunmehr als Art 11, BR-Drucks 927/97 vom 28. November 1997) wurde im weiteren Gesetzgebungsverfahren geändert. Auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses wurde das für die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen vorgesehene Honorarvolumen angehoben (BT-Drucks 13/9770 vom 4. Februar 1998, S 3 zu Art 11 Abs 1 Satz 2 Nr 2). In dieser Fassung ist Art 11 des EinfG-PsychThG in Kraft getreten. Weitere Anhebungen des für psychotherapeutische Leistungen zur Verfügung stehenden Ausgabenvolumens erfolgten durch das Gesetz zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung (vom 19. Dezember 1998, BGBl I S 3853 <GKV-SolG>) durch Änderung des Art 11 EinfG-PsychThG (Art 9 Nr 1 Buchst a aa und Art 14 Abs 2 GKV-SolG).

Art 11 EinfG-PsychThG enthielt zunächst eine Ausgabenobergrenze. Gemäß Abs 1 Satz 1 aaO hatten die Vertragsparteien des Gesamtvertrages nach § 82 Abs 2 SGB V für das Jahr 1999 das Ausgabenvolumen zu vereinbaren, das für die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen höchstens zur Verfügung stehen sollte. Dieses sollte zum einen aus dem Vergütungsvolumen des Jahres 1996 für psychotherapeutische Leistungen bestehen, das um die nach § 85 Abs 3 SGB V für 1997 und 1998 vereinbarten sowie in Art 18 GKV-SolG für 1999 bestimmten Veränderungen zu erhöhen war (Satz 2 Nr 1 aaO). Hinzu kam zum anderen ein Ausgabenvolumen entsprechend den Vergütungen, die die KKn im Jahr 1997 für psychotherapeutische Leistungen außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung entrichtet hatten, höchstens jedoch 1 % der nach § 85 Abs 1 SGB V im Jahr 1997 entrichteten Gesamtvergütungen (Satz 2 Nr 2 aaO). Falls die im Jahr 1997 von den KKn außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung entrichteten Vergütungen den vorgenannten Wert übersteigen würden, war ein entsprechend erhöhtes Volumen zu vereinbaren (Absatz 1 Satz 3 aaO).

Die Regelung des Art 11 EinfG-PsychThG erschöpfte sich allerdings nicht in der Normierung einer Ausgabenobergrenze. Sie traf zugleich eine Absicherung für ein bestimmtes Mindesthonorarniveau, indem sie für die psychotherapeutischen Leistungen eine Vergütungsuntergrenze festlegte. Für den Fall, dass der zu Grunde gelegte Punktwert denjenigen, der sich durchschnittlich für die Vergütung der Leistungen nach Abschnitt B II EBM-Ä ergab, um mehr als 10 % unterschritt, hatten die Gesamtvertragsparteien gemäß Abs 2 aaO geeignete Maßnahmen zur Begrenzung der Punktwertdifferenz zu treffen. Ferner war geregelt, dass sich das Ausgabenvolumen nach Absatz 1 um die Beträge verringerte, die von der KK nach § 13 Abs 3 SGB V als Erstattungen für psychotherapeutische Leistungen aufgewendet worden waren (Abs 3 aaO). Dieses so errechnete Honorarvolumen musste vollständig - dh ohne Abzweigung von Anteilen für die Vergütung anderer Leistungen - zur Honorierung psychotherapeutischer Leistungen verwendet werden (Art 14 Abs 3 Satz 1 GKV-SolG: "... nur zur Vergütung dieser Leistungen zu verwenden", - vgl dazu BT-Drucks 14/24 S 25 und BT-Drucks 14/157, S 37 - jeweils zu Art 14 Abs 3 Satz 1). Nach Art 15 EinfG-PsychThG trat Art 11 des Gesetzes am 31. Dezember 1999 außer Kraft.

Für die Folgezeit ab dem Jahr 2000 hat der Gesetzgeber die Regelungskompetenz den KÄVen übertragen; diese haben seitdem im HVM Bestimmungen über die Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten (§ 85 Abs 4 Satz 4 SGB V idF des Art 1 Nr 36 Buchst d des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 <GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000> vom 22. Dezember 1999, BGBl I S 2626). Dabei bestimmt der Bewertungsausschuss (§ 87 Abs 1 Satz 1 SGB V) den Inhalt der nach § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V zu treffenden Regelung (§ 85 Abs 4a Satz 1 SGB V).

Bei der dargestellten Vorschrift des Art 11 EinfG-PsychThG handelt es sich mithin um eine Übergangsregelung, deren Geltungsdauer von vornherein auf das Jahr 1999 beschränkt war. Sie legte in ihrem Abs 1 eine Ausgabenobergrenze für psychotherapeutische Leistungen des Jahres 1999 fest, die aber unter gewissen Voraussetzungen durch Vereinbarung der Gesamtvertragsparteien erhöht werden konnte. Das verdeutlicht der Wortlaut der Vorschrift, nach dem die Vertragsparteien für das Jahr 1999 das "höchstens zur Verfügung stehende Ausgabenvolumen" (Abs 1 Satz 1 aaO) vereinbaren, dessen Umfang durch die weiteren Einzelregelungen in Abs 1 Satz 2 Nr 1 und 2 sowie Abs 1 Satz 3 aaO genau bestimmt wird. Art 11 Abs 2 des Gesetzes verpflichtete außerdem die Gesamtvertragsparteien zu Maßnahmen, sofern der Punktwert für psychotherapeutische Leistungen einen Vergleichspunktwert in einem bestimmten Rahmen unterschritt. Diese Ausgestaltung des Art 11 EinfG-PsychThG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Prüfungsmaßstab sind Art 12 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG, wobei insbesondere das Vorliegen einer Übergangsregelung zu beachten ist.

Vergütungsregelungen stellen Berufsausübungsregelungen dar, die gemäß Art 12 Abs 1 Satz 2 GG durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes möglich und nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des BSG rechtmäßig sind, wenn ihnen vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls zu Grunde liegen und sie auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen. Soweit Regelungen die finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten bzw verbessern sollen, dienen sie einem Gemeinwohlbelang von erheblicher Bedeutung (stRspr des BVerfG und BSG, vgl zB BVerfGE 103, 172, 184 f mwN = SozR 3-5520 § 25 Nr 4 S 27; BSGE 82, 41, 45 = SozR 3-2500 § 103 Nr 2 S 15). Dem dient auch die Festlegung einer Ausgabenobergrenze in Art 11 EinfG-PsychThG. Diese Regelung ist auch nicht unverhältnismäßig. Sie begrenzt nicht etwa in einseitiger Weise die Vergütungen für psychotherapeutische Leistungen. Insoweit ist vor allem ihr Zusammenhang mit der Integration des Berufsstandes der Psychologischen Psychotherapeuten in das System der vertragsärztlichen Versorgung zu beachten. Sie ist Bestandteil der Neuordnung, weil sie durch die Schaffung des neuen Heilberufs des Psychologischen Psychotherapeuten und dessen Einbeziehung in das System der vertragsärztlichen Versorgung veranlasst war. Bei der Neuordnung von Berufsfeldern und Festlegung von Berufsbildern hat der Gesetzgeber eine besonders weite Gestaltungsfreiheit (BVerfG, stRspr, vgl zB BVerfGE 78, 179, 193). Im Zusammenhang mit der Neuordnung war weder abschätzbar, wie viele Psychotherapeuten die ihnen nun ermöglichte Zulassung zur vertragsärztlichen bzw vertragspsychotherapeutischen Versorgung beantragen und auch erreichen würden - zumal die Auslegung der Kriterien des § 95 Abs 10 Nr 3 SGB V damals noch nicht höchstrichterlich geklärt war (s dazu die späteren Urteile vom 8. November 2000, zB BSGE 87, 158 = SozR 3-2500 § 95 Nr 25) -, noch war vorauszusehen, in welcher Menge psychotherapeutische Leistungen erbracht und dafür Honorar angefordert werden würden. Einer übermäßigen finanziellen Belastung des Gesundheitssystems sollte aber im Interesse des wichtigen Gemeinwohlbelanges der finanziellen Stabilität und Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung vorgebeugt werden. Dem Vorwurf der Unverhältnismäßigkeit steht zudem entgegen, dass der Gesetzgeber in besonderem Maße um Ausgewogenheit bestrebt war, indem er zum einen die Ausgabenobergrenze laufend nachbesserte - dh anhob - und zum anderen eine Vergütungsuntergrenze zur Absicherung eines Mindesthonorars festgelegt hatte.

So erhöhte der Gesetzgeber auf Vorschlag des vom Bundesrat angerufenen Vermittlungsausschusses den in Art 11 Abs 1 Satz 2 Nr 2 letzter Halbsatz EinfG-PsychThG ausgewiesenen Steigerungsbetrag von 0,7 % der für das Jahr 1996 entrichteten Gesamtvergütungen auf 1 % (BT-Drucks 13/9770 vom 4. Februar 1998, S 3 zu Art 11 Abs 1 Satz 2 Nr 2). Zudem bestimmte er im GKV-SolG, dass das Vergütungsvolumen des Jahres 1996 nicht nur um die nach § 85 Abs 3 SGB V für 1997 und 1998 vereinbarten, sondern auch um die in Art 18 GKV-SolG für 1999 bestimmten Veränderungen zu erhöhen war (Art 9 Nr 1 Buchst a aa GKV-SolG). Ferner änderte er die Regelung, die bereits von 0,7 % auf 1 % der 1996 entrichteten Gesamtvergütungen aufgestockt worden war (s obigen Hinweis auf BT-Drucks 13/9770), dahingehend, dass sie auf die Gesamtvergütungen für das Jahr 1997 - statt bisher 1996 - bezogen wurde (s Gesetzentwurf der SPD und Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drucks 14/157 vom 8. Dezember 1998, S 20 und 37 mit Hinweis auf die Möglichkeit, für 1997 exakter die Ausgaben zu ermitteln). Schließlich hat er das gemäß Art 11 Abs 1 Satz 2 Nr 2 EinfG-PsychThG hinzuzurechnende Ausgabenvolumen für die außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung erbrachten psychotherapeutischen Leistungen noch um 40 % erhöht (Art 14 Abs 2 GKV-SolG, - s dazu BT-Drucks 14/24 S 25 und 14/157 S 37).

Darüber hinaus enthielt die gesetzliche Regelung in Art 11 Abs 2 EinfG-PsychThG eine Vergütungsuntergrenze. Diese sollte verhindern, dass sich - im Falle eines hohen Abrechnungsvolumens bei den psychotherapeutischen Leistungen - ein unangemessen geringes Honorar für die einzelnen psychotherapeutischen Leistungen ergeben könnte. Danach waren die Parteien des Gesamtvertrages nach § 82 Abs 2 SGB V verpflichtet, in dem Fall, dass der für die Vergütung geltende Punktwert um mehr als 10 % unter denjenigen sinke, der sich durchschnittlich für die Vergütung der hausärztlichen Beratungs- und Betreuungsgrundleistungen ergab, geeignete Maßnahmen zur Begrenzung der Punktwertdifferenz zu treffen. Für den Fall der Nichteinigung stand bzw steht ein Schiedsamtsverfahren gemäß § 89 SGB V zur Verfügung.

Die Anknüpfung des Interventionspunktwertes an die Honorierung der hausärztlichen Beratungs- und Betreuungsgrundleistungen ist nicht sachwidrig. Zwar trifft es zu, dass aus dem Punktwert für bestimmte Leistungen keine Rückschlüsse auf das Vergütungsniveau verschiedener Arztgruppen gezogen werden können. Darauf ist die Regelung des Art 11 EinfG-PsychThG aber auch nicht angelegt. Der Gesetzgeber hat den Psychotherapeuten im Rahmen der Übergangsregelung nicht garantieren können und wollen, dass ihr Einkommen aus vertragspsychotherapeutischer Tätigkeit demjenigen der anderen Arztgruppen entspricht. Die durchschnittliche Vergütung der hausärztlichen Leistungen ist lediglich als Indikator für eine schlechthin unzureichende Punktwerthöhe für die psychotherapeutischen Leistungen herangezogen worden. Dass sie diese Funktion nicht erfüllen konnte, ist nicht ersichtlich. Eine Sachwidrigkeit der Orientierung an den Punktwerten für die hausärztlichen Beratungs- und Betreuungsgrundleistungen folgt schließlich auch nicht aus den Unterschieden, wie zB der Zeitgebundenheit der psychotherapeutischen Leistungen. Denn andererseits bestehen auch Ähnlichkeiten zwischen diesen und den hausärztlichen Beratungs- und Betreuungsgrundleistungen.

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass die differenzierte Regelung des Art 11 EinfGPsychThG auf vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls beruht sowie mit der Ausgabenobergrenze und einer Vergütungsuntergrenze abgewogen ist und daher mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang steht. Darüber hinaus handelte es sich um eine Übergangsregelung lediglich für ein Jahr, die der Vorbeugung gegen eine Kostenexplosion im Gesundheitswesen im Zusammenhang mit der Neuordnung eines Berufsfeldes diente. In solchen Fällen wird dem Gesetzgeber vom BVerfG eine weite Gestaltungsfreiheit zugebilligt (vgl - zu Übergangsregelungen und Neuordnung eines Rechtsgebiets - BVerfGE 44, 1, 20 f; stRspr).

Gegenüber der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des Art 11 EinfG-PsychThG kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, das BSG habe einen Punktwert von 10 Pf für psychotherapeutische Leistungen gefordert (s insbesondere BSGE 83, 205, 212 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 219 ff; BSGE 84, 235, 238 ff = SozR aaO Nr 33 S 253 ff; BSG SozR aaO Nr 35 S 276 ff; BSGE 89, 1, 2 = SozR aaO Nr 41 S 328). Der Senat hat in jenen Urteilen für Fälle aus der Zeit bis 1998 ausgeführt, dass die ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte und die im Delegationsverfahren tätigen Psychotherapeuten im Rahmen der Honorarverteilung gemäß § 85 Abs 4 SGB V im Hinblick auf den von der KÄV zu beachtenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit Anspruch auf Honorierung der zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen nach Abschnitt G IV des EBM-Ä mit einem Punktwert von grundsätzlich 10 Pf haben (s zusammen-fassend BSGE 89, 1, 2 = SozR aaO Nr 41 S 328); ihnen musste aus Gründen der Chancengleichheit (Art 3 Abs 1 GG) die Möglichkeit gegeben werden, mit einer Vollzeittätigkeit ein Einkommen zu erzielen, das jedenfalls ungefähr an dasjenige der Arztgruppe mit dem niedrigsten durchschnittlichen Einkommen in dem KÄV-Bereich heranreichte (vgl BSGE 84, 235, 242 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 258). Diese Rechtsprechung betraf indessen Bereiche mit einem gemeinschaftlichen Honorarvolumen für die Vergütungen psychotherapeutischer und anderer Leistungen, für dessen Verteilung die KÄV als Satzungsgeber des HVM umfassend die Regelungshoheit hatte. Wird indessen durch eine gesetzliche Vorschrift für einen Teilbereich ein gesondertes Ausgabenvolumen bestimmt, so wird sozusagen ein gesetzlicher Honorartopf geschaffen, wie es im Jahr 1999 durch Art 11 Abs 2 EinfG-PsychThG für die psychotherapeutischen Leistungen der Fall gewesen ist. Dann kommt das Prinzip, dass im Falle verschiedener Rechtskreise unterschiedlicher Normgeber eine Gleichbehandlung nur jeweils innerhalb eines einzelnen Rechtskreises eingefordert werden kann, zum Zuge (vgl dazu zB BVerfGE 93, 319, 351 mwN; stRspr). Deshalb kann die Forderung nach einem grundsätzlichen Punktwert von 10 Pf nur insoweit gelten, als der Gesamtvergütungsanteil für die psychotherapeutischen Leistungen allein durch den HVM bestimmt wird und nicht unmittelbar durch Gesetz festgelegt ist (s hierzu BSGE 83, 205, 214 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 220 f; BSGE 84, 235, 239 = SozR aaO Nr 33 S 254; BSG SozR aaO Nr 35 S 276 ff; BSGE 89, 1, 5 = SozR aaO Nr 41 S 331 f). Auch bloße gesetzliche Rahmenbestimmungen (vgl für den Zeitraum ab 2000 § 85 Abs 4 Satz 4 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V) und ebenso untergesetzliche Vorschriften, die Vorgaben für die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen enthalten und dem HVM vorgehen, mithin die KÄV als Satzungsgeber binden, können zur Folge haben, dass sich ein niedrigerer Punktwert als 10 Pf für die psychotherapeutischen Leistungen ergibt, ohne dass damit Rechte der Psychotherapeuten verletzt werden.

Hiergegen greift nicht der Einwand durch, der Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit sei aus dem Verfassungsrecht, insbesondere aus Art 3 Abs 1 GG, abzuleiten, binde mithin auch den Gesetzgeber und müsse deshalb einheitlich für die gesamte Honorarverteilung unter Einbeziehung auch des gesetzlich abgegrenzten Honorarteils gelten. Art 3 Abs 1 GG fordert indessen nur, dass Gleiches entsprechend seiner Eigenart gleich behandelt werden muss (stRspr, vgl zB BVerfGE 103, 242, 258 = SozR 3-3300 § 54 Nr 2 S 12). Hat der Gesetzgeber aus sachlich gerechtfertigtem Grund für einen bestimmten Bereich übergangsweise eine Sonderregelung geschaffen - wie dies gemäß obigen Ausführungen bei Art 11 EinfG-PsychThG der Fall war -, so ist insoweit kein gleicher und gleichzubehandelnder Sachverhalt gegeben.

Auch hinsichtlich der übrigen Einzelregelungen des Art 11 EinfG-PsychThG ergeben sich keine durchgreifenden Bedenken. So ist es nicht rechtswidrig, dass Art 11 Abs 1 Satz 2 Nr 1 EinfG-PsychThG für das Ausgabenvolumen an frühere Jahre - 1996 mit Erhöhung nach Maßgabe der Steigerungen für 1997 bis 1999 gemäß § 85 Abs 3 SGB V bzw Art 18 GKV-SolG - anknüpft. Das hat seinen sachlich legitimierenden Grund darin, dass dies die letzten Jahre vor dem Inkrafttreten des PsychThG waren. Ein solches Vorgehen ist nicht zu beanstanden. Demgemäß hat es der Senat bereits wiederholt gebilligt, dass in einem HVM Honorartöpfe für einzelne Arztgruppen und/oder Leistungsbereiche in Anknüpfung an die in einem früheren Jahr gegebenen Abrechnungsvolumina gebildet worden waren (stRspr, vgl zusammenfassend BSG, Urteil vom 11. September 2002 - B 6 KA 30/01 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der ferner vorgebrachte Einwand, Art 11 EinfG-PsychThG sei deshalb rechtswidrig, weil das von ihm vorgegebene Ausgabenvolumen auch Grundlage der Volumina in diesem Bereich für die Folgejahre sei (s § 85 Abs 3 SGB V), bedarf aus Anlass des vorliegenden Verfahrens keiner Erörterung. Denn dieses betrifft die Vergütung nur für die Leistungen des Jahres 1999 und nicht die der Folgejahre.

Schließlich lassen weder die Regelungen, mit denen die Vorgaben des Art 11 EinfG-PsychThG untergesetzlich umgesetzt wurden, noch die auf der Grundlage des Art 11 aaO iVm den untergesetzlichen Bestimmungen ergangenen Honorarbescheide Fehler erkennen. Insoweit haben die Beteiligten keine Einwände erhoben und sind Bedenken nicht ersichtlich. Der Inhalt der untergesetzlichen Regelungen, die die Gesamtvertragspartner vereinbart haben, ist nach Maßgabe der Feststellungen der Vorinstanz im Revisionsverfahren zu Grunde zu legen, weil insoweit Landesrecht vorliegt, das gemäß § 162 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) der revisionsrechtlichen Überprüfung grundsätzlich nicht zugänglich ist. Wie im vorinstanzlichen Urteil ausgeführt ist, entsprachen das Ausgabenvolumen und die Vergütungspunktwerte den Anforderungen des Art 11 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und 2 sowie Abs 2 EinfG-PsychThG. Zwar war zunächst der Maßstab des Art 11 Abs 2 EinfG-PsychThG nicht erreicht. Dem halfen die Gesamtvertragspartner aber durch entsprechende Vereinbarungen gemäß Art 11 Abs 2 EinfG-PsychThG ab - im Falle einer KK kraft eines Schiedsamtsspruchs -, sodass der Punktwert für die hausärztlichen Beratungs- und Betreuungsgrundleistungen nicht um mehr als 10 % unterschritten wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).

Ende der Entscheidung

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