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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 29.08.2007
Aktenzeichen: B 6 KA 35/06 R
Rechtsgebiete: GG, SGB V, EBM-Ä


Vorschriften:

GG Art 3 Abs 1
SGB V § 85 Abs 4 S 2
SGB V F: 22.12.1999 § 85 Abs 4 S 4
SGB V F: 22.12.1999 § 85 Abs 4a S 1
SGB V § 87 Abs 1 S 1
EBM-Ä Nr 860
EBM-Ä Nr 870
EBM-Ä Kap G Abschn IV

Entscheidung wurde am 23.10.2008 korrigiert: die Rechtsgebiete und die Vorschriften wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
Probatorische Leistungen von Psychotherapeuten müssen nicht in die Punktwertstützung einbezogen werden, die für die zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä aF gewährt wird.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 29. August 2007

Az: B 6 KA 35/06 R

Der 6. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. August 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Engelmann, die Richter Dr. Wenner und Dr. Clemens sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Oelze und Dr. Huemer

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. Mai 2006 geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens und die Hälfte der Kosten des sozialgerichtlichen Verfahrens.

Gründe:

I

Der Rechtsstreit betrifft die Honorierung psychotherapeutischer Leistungen in den Jahren 2000 und 2001.

Der Kläger, Diplom-Psychologe, ist zur vertragsärztlichen bzw -psychotherapeutischen Versorgung zugelassen. Die damalige Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) S., deren Rechtsnachfolgerin - nach Vereinigung der vier KÄVen Baden-Württembergs - die beklagte KÄV ist, hatte die vom Kläger in den Quartalen I/2000 bis IV/2001 erbrachten psychotherapeutischen Leistungen nach dem Abschnitt G IV des damaligen Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä aF), soweit sie zeitgebunden und genehmigungsbedürftig waren, mit einem gestützten Punktwert vergütet. Diesen hatte sie anschließend noch mehrfach - jeweils infolge neuer Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) - erhöht, zuletzt im Verlaufe des damals bereits in der Vorinstanz anhängigen - zeitweise ruhenden - Klageverfahrens auf schließlich 4,4898 Cent für die im Jahr 2000 und 4,6126 Cent für die im Jahr 2001 erbrachten Leistungen. Sie hatte insoweit ein (Teil-)Anerkenntnis abgegeben, und der Kläger hatte dieses angenommen.

Die Beklagte hatte es aber abgelehnt, den gestützten Punktwert auch für diejenigen Leistungen nach dem Abschnitt G IV EBM-Ä aF zu gewähren, die zwar zeitgebunden, aber nicht genehmigungsbedürftig waren. Insoweit hat der Kläger seine Klage auf höheres Honorar weitergeführt. Das Sozialgericht (SG) hat diese hinsichtlich der Leistungen nach Nr 860 EBM-Ä aF (Erhebung des psychodynamischen Status mittels biografischer Anamnese) abgewiesen. Hinsichtlich der Leistungen nach Nr 870 EBM-Ä aF (probatorische Sitzung) hat das SG dagegen die Beklagte unter Änderung ihrer Honorarbescheide für die Quartale I/2000 bis IV/2001 - in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.1.2003 - verurteilt, dem Kläger einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen (Urteil vom 10.5.2006). In dem Urteil ist ausgeführt, auch die probatorischen Sitzungen nach Nr 870 EBM-Ä aF seien mit dem gestützten Punktwert zu honorieren. Für die KÄVen, die in ihren Honorarverteilungsregelungen für die psychotherapeutischen Leistungen "eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten" müssten (§ 85 Abs 4 Satz 4 SGB V), habe der Bewertungsausschuss Vorgaben zu normieren (§ 85 Abs 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V). Diese habe er in seinem Beschluss vom 16.2.2000 lediglich für die zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen Leistungen des Abschnitts G IV EBM-Ä aF getroffen. Er hätte die zeitgebundenen, aber nicht genehmigungsbedürftigen Leistungen einbeziehen dürfen; hinsichtlich der probatorischen Sitzungen hätte er dies wegen des Gleichbehandlungsgebots tun müssen. Diese seien in § 28 Abs 3 Satz 2, § 92 Abs 6a Satz 1 SGB V ausdrücklich hervorgehoben und stünden in untrennbarem Zusammenhang mit den Leistungen nach Nr 871 ff EBM-Ä aF. Sie seien die notwendige Voraussetzung bzw Vorstufe - nämlich Grundlage für die Diagnose und für die weitere Behandlungsplanung - vor der eigentlichen (genehmigungsbedürftigen) Psychotherapie. Der Zusammenhang sei enger als zB bei der Leistung nach Nr 860 EBM-Ä. Eine Mengenausweitung sei bei den probatorischen Sitzungen ähnlich wie bei den Leistungen nach Nr 871 ff EBM-Ä aF beschränkt, weil ihre Zahl vor der ersten Antragstellung auf höchstens fünf, bei der analytischen Psychotherapie auf höchstens acht begrenzt sei. Für die Frage einer Stützung sei das Erfordernis einer Genehmigung ohne Belang; es diene nur der Feststellung der Leistungspflicht der Krankenkasse (KK). Die probatorischen Sitzungen erforderten auch zumindest den gleichen Aufwand - zB in Bezug auf Konzentration - wie die weiteren psychotherapeutischen Sitzungen. Sie seien für die Auslastung des Psychotherapeuten ebenfalls relevant; ihre durchschnittliche Zahl liege zB im Falle des Klägers mit ca 70 je Quartal bei einem Viertel der Gesamtauslastung.

Mit der vom SG zugelassenen (Sprung-)Revision macht die Beklagte geltend, das SG hätte die Klage auf höhere Vergütung auch hinsichtlich der Leistungen nach Nr 870 EBM-Ä aF abweisen müssen. Das SG weiche von Urteilen des BSG ab, in denen dieses die Kombination der Zeitgebundenheit mit der Genehmigungsbedürftigkeit als entscheidend bezeichnet und eine Stützungspflicht für die probatorischen Leistungen abgelehnt habe. Das SG habe den Sinngehalt des Zusammenhangs zwischen Zeitgebundenheit und Genehmigungsbedürftigkeit verkannt. Die Genehmigungspflicht habe nicht etwa nur formale Bedeutung, bewirke vielmehr, dass der Patient diese Leistungen nicht einfach von sich aus nachfragen und der Therapeut sie nicht daraufhin - ohne Genehmigung der KK - erbringen könne. Die "Nähe" zu den zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Behandlungen sei bei den probatorischen Sitzungen nicht so eng, dass der Bewertungsausschuss sie auf Grund des Gebots der Gleichbehandlung in die Vorgabe der Punktwertstützung einbeziehen müsste. Irrelevant sei auch, wie hoch der Anteil probatorischer Sitzungen an der Gesamtzahl der Leistungen sei und ob sie für den Therapeuten ebenso aufwendig seien wie die eigentliche Psychotherapie.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10.5.2006 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält die Revision bereits für unzulässig. Die Beklagte habe nicht deutlich gemacht, welche konkrete revisible Rechtsvorschrift das SG nicht oder nicht richtig angewendet habe. Die Revision sei zudem nicht begründet. Das SG habe die Beklagte zu Recht verurteilt, ihm - dem Kläger - hinsichtlich der Vergütung der probatorischen Sitzungen der Nr 870 EBM-Ä aF einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen. Der Bewertungsausschuss habe einen Spielraum, auch für Leistungen, die zeitgebunden, aber nicht genehmigungsbedürftig seien, Regelungen zu treffen. Dieser Spielraum sei hinsichtlich der probatorischen Sitzungen auf Null reduziert, in dem Sinne, dass der Ausschuss für sie eine Stützung ebenso wie bei den Leistungen nach Nr 871 ff EBM-Ä aF vorgeben müsse. Dies folge aus deren Ähnlichkeit und Zusammenhang mit diesen. Sie seien ebenfalls zeitabhängig. Sie seien auch kaum einer Mengenausweitung zugänglich, wie das SG zutreffend ausgeführt habe, und nur deswegen auch nicht genehmigungsbedürftig. Sie stünden den zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen Leistungen nahe, sie seien diesen vorgeschaltet. Die Erkenntnisse aus den probatorischen Sitzungen bildeten die Grundlage für die Entscheidung, ob und welche Psychotherapie zu beantragen sei. Sie seien mindestens ebenso aufwendig wie die eigentlichen Therapiestunden. Sie nähmen auch einen erheblichen Anteil an den Gesamtleistungen eines Psychotherapeuten ein, nämlich durchschnittlich 15 bis 20 %; die vom BSG vorgenommenen Auslastungsberechnungen seien unzureichend. Gleich hohe Vergütungen für probatorische Sitzungen seien im Übrigen auch angezeigt, um zusätzliche Anreize für kürzere Behandlungen mit höchstens fünf bis acht Sitzungen zu geben, wodurch der Bedarf nach längeren genehmigungsbedürftigen Behandlungen reduziert und insgesamt Einsparungen erzielt würden. Der Bewertungsausschuss müsse den Punktwert der probatorischen Leistungen zumindest auf andere Art gegen ein starkes Absinken absichern, damit sie nicht - wie in einigen KÄV-Bezirken - wegen zu geringer Vergütung kaum noch erbracht würden. Der Bewertungsausschuss müsse jedenfalls im Rahmen der ihm aufzugebenden Neufassung des Beschlusses vom 16.2.2000 eine Neuregelung treffen.

II

Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet. Gegenstand der Revision ist das Urteil des SG nur noch insoweit, als der Klage auf höhere Vergütung der probatorischen Sitzungen nach Nr 870 EBM-Ä aF stattgegeben worden ist. Insoweit ist das Urteil des SG zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Revision ist zulässig. Nach § 164 Abs 2 Satz 3 SGG muss die Revisionsbegründung einen bestimmten Antrag enthalten und erkennen lassen, welche Bundesrechtsnorm der Revisionsführer als verletzt ansieht, wobei diese nicht ausdrücklich genannt werden muss (s BSG, Urteil vom 27.6.2007 - B 6 KA 44/06 R -, RdNr 10 mwN, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 106 vorgesehen). Diese Ansicht muss zudem in der Revisionsbegründungsschrift näher erläutert werden (BSG aaO RdNr 10 mwN). Diesen Anforderungen trägt die Revisionsbegründung ausreichend Rechnung. Sie enthält einen bestimmten Antrag und lässt die als verletzt gerügte Rechtsnorm erkennen, indem ausgeführt wird, die vom SG angenommene Pflicht der Beklagten zur Stützung des Punktwerts auch der probatorischen Sitzungen sei nicht aus § 85 Abs 4 Satz 4 iVm Abs 4a Satz 1 SGB V ableitbar, wie in der Revisionsbegründung näher erläutert wird.

Die Revision ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des SG hat der Kläger keinen Anspruch auf höheres Honorar für die von ihm in den Jahren 2000 und 2001 durchgeführten probatorischen Sitzungen nach Nr 870 EBM-Ä aF. Der Bewertungsausschuss war nicht verpflichtet, in der ihm obliegenden Normierung von Vorgaben für eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit eine Punktwertstützung auch für die probatorischen Sitzungen nach Nr 870 EBM-Ä aF vorzusehen.

Ausgangspunkt sind die Vorschriften des § 85 Abs 4 Satz 4 und Abs 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V (hier zugrunde zu legen in der zum 1.1.2000 in Kraft getretenen Fassung des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626). Danach hat der Bewertungsausschuss für die KÄVen, die in ihren Verteilungsmaßstäben eine angemessene Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen je Zeiteinheit gewährleisten müssen (§ 85 Abs 4 Satz 4 SGB V), den Inhalt der von ihnen zu treffenden Regelungen zu normieren (§ 85 Abs 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V).

Der Bewertungsausschuss hat bei dieser Normsetzung - wie jeder Normgeber - Gestaltungsfreiheit. So wie dies für die ihm gemäß § 87 Abs 1 Satz 1 SGB V aufgetragene Ausformung des EBM-Ä anerkannt ist (stRspr des BSG, s die Nachweise in BSG, Urteil vom 28.1.2004, BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 19), gilt das auch für die ihm gemäß § 85 Abs 4 Satz 4 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V obliegende Bestimmung von Vorgaben für die Gewährleistung einer angemessenen Vergütung für psychotherapeutische Leistungen (BSG aaO RdNr 19). Die Gestaltungsfreiheit des Bewertungsausschusses erstreckt sich dabei auch auf die Entscheidung, für welche zeitgebundenen Leistungen er eine bestimmte Höhe der Vergütung vorschreibt und für welche nicht.

Ein Anhaltspunkt, die Gestaltungsfreiheit des Bewertungsausschusses sei dahingehend eingeschränkt, dass er Vorgaben überhaupt nur für diejenigen Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä aF treffen könne, die sowohl zeitgebunden als auch genehmigungsbedürftig sind, ist weder der Wortfassung des § 85 Abs 4 Satz 4 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V noch den ihr zu Grunde liegenden Materialien aus dem Gesetzgebungsverfahren zu entnehmen. Zwar hat das BSG in seinem Urteil vom 25.8.1999, auf das der Gesetzgeber mit dieser Bestimmung reagiert hat, die Punktwertstützung nur für diejenigen zeitgebundenen Leistungen gefordert, die auch genehmigungsbedürftig sind (BSGE 84, 235, 244 = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 260; ebenso Urteil vom 12.9.2001, BSGE 89, 1, 10 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 41 S 337 ff, und Urteil vom 28.1.2004, BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 8 ff, 38). Eine Begrenzung der Normsetzungsaufgabe des Bewertungsausschusses auf nur diese Leistungen hat aber in der Gesetz gewordenen Fassung keinen Ausdruck gefunden. Diese stellt vielmehr nur auf die Zeitgebundenheit der psychotherapeutischen Leistungen ab, ohne das weitere vom BSG genannte Merkmal "Genehmigungsbedürftigkeit" in Bezug zu nehmen (§ 85 Abs 4 Satz 4 SGB V: "... Regelungen ..., die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten." - Abs 4a Satz 1 letzter Halbsatz: "Der Bewertungsausschuss ... bestimmt ... den Inhalt der nach Absatz 4 Satz 4 zu treffenden Regelungen"). Daher ist der Bewertungsausschuss grundsätzlich befugt, inhaltliche Vorgaben für die angemessene Honorierung psychotherapeutischer Leistungen auch für diejenigen Leistungen festzulegen, die nur zeitgebunden und nicht genehmigungsbedürftig sind.

Andererseits ist es dem Bewertungsausschuss aber nicht verwehrt, sich darauf zu beschränken, eine Punktwertstützung nur für diejenigen Leistungen vorzugeben, die sowohl zeitgebunden als auch genehmigungsbedürftig sind. Eine solche Eingrenzung hält sich im Rahmen der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit. Dies ergibt sich vor allem daraus, dass die Gesetzesvorschriften eine Umsetzung der Rechtsprechung des BSG darstellen, die eine Punktwertstützung nur für die zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen gefordert hat (zur Anknüpfung des Gesetzgebers an die Urteile des BSG vom 20.1.1999 und vom 25.8.1999 siehe die Darstellung im Senatsurteil vom 28.1.2004, BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 8; zum Abstellen auf die Kombination von Zeitgebundenheit und Genehmigungsbedürftigkeit s insbes BSG, Urteil vom 25.8.1999, BSGE 84, 235, 244 = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 260). Die Auslegung der gesetzlichen Vorschriften dahin, dass diese es dem Bewertungsausschuss gestatten, sich auf Vorgaben für die sowohl zeitgebundenen als auch genehmigungsbedürftigen Leistungen zu beschränken, hat ihre Bestätigung durch die Gesetzesnovelle des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) vom 14.11.2003 erfahren. Der Gesetzgeber hat mit dieser Gesetzesänderung den vom BSG vorgegebenen Zuschnitt der Arztgruppe, die von der Punktwertstützung profitieren soll, erweitert, im Übrigen aber die Gesetzesvorschrift unverändert gelassen, also die vom Bewertungsausschuss vorgenommene Beschränkung auf Vorgaben für die sowohl zeitgebundenen als auch genehmigungsbedürftigen Leistungen nicht korrigieren wollen (s § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V idF des GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190).

Die Begrenzung der Punktwertstützung auf die sowohl zeitgebundenen als auch genehmigungsbedürftigen Leistungen und die Ausgrenzung derjenigen, die wie die probatorischen Sitzungen nur zeitgebunden, nicht aber genehmigungsbedürftig sind, verstößt auch nicht - entgegen der Ansicht der Vorinstanz und des Klägers - gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG. Dieses gebietet nach ständiger Rechtsprechung dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, belässt dem Normgeber aber Gestaltungsfreiheit. Dieser darf auswählen und gewichten, nach welchen Kriterien er Sachverhalte als im Wesentlichen gleich oder ungleich ansieht; er darf auch pauschalieren, typisieren, generalisieren und schematisieren. Nur wenn für die gleiche oder ungleiche Behandlung ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt, ist Art 3 Abs 1 GG verletzt (stRspr, vgl zB BVerfGE 115, 381, 389; 116, 164, 180, 182 f; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 27 RdNr 16, 20; BSG, Urteil vom 23.5.2007 - B 6 KA 2/06 R, RdNr 21, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, jeweils mwN).

Nach diesen Maßstäben des Art 3 Abs 1 GG ist es nicht zu beanstanden, dass der Bewertungsausschuss sich darauf beschränkt hat, eine Punktwertstützung nur für diejenigen zeitgebundenen Leistungen vorzugeben, die auch genehmigungsbedürftig sind. Der Bewertungsausschuss durfte und darf nach dem Merkmal "Genehmigungsbedürftigkeit" differenzieren. Die in der Psychotherapie-Vereinbarung (hier zugrunde zu legen idF vom 7.12.1998, DÄ 1998, A-3315 - §§ 2 ff) vorgeschriebene Genehmigung der KKn hat - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht nur formale Bedeutung. Sie verhindert, dass der Patient diese Leistungen einfach von sich aus nachfragen und der Therapeut sie daraufhin ohne Genehmigung der KK erbringen kann. Deswegen kann dieser solche Leistungen nur in enger begrenztem Maße vermehren; er kann weder seinen Leistungsumfang noch die abrechenbare Punktemenge allein nach eigener Entscheidung nachhaltig beeinflussen (BSG, Urteil vom 25.8.1999, BSGE 84, 235, 244 = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 260; Urteil vom 12.9.2001, BSGE 89, 1, 11 = SozR aaO Nr 41 S 338). Probatorische Sitzungen kann er demgegenüber rein tatsächlich - wenn auch jeweils nur bis zu fünf bzw acht Sitzungen (Abschnitt E 1.1.1. der Psychotherapie-Richtlinien, hier zugrunde zu legen idF vom 11.12.1998, BAnz 1999, 249) - bei so vielen Patienten nach eigener Indikationsstellung durchführen und abrechnen, wie sie seine Praxis aufsuchen (BSGE 89, 1, 12 = SozR aaO Nr 41 S 339). Dieser Unterschied ist vom BSG bereits wiederholt herausgestellt worden (s vorgenannte BSG-Angaben und Urteil vom 28.1.2004, BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 38). Er ist eine ausreichende Rechtfertigung dafür, dass der Bewertungsausschuss Punktwertstützungen nur für solche Leistungen vorgeben muss, die sowohl zeitgebunden als auch genehmigungsbedürftig sind. Dieser ist nicht gehalten, die Vorgaben für Stützungen auch auf solche Leistungen zu erstrecken, die zeitgebunden, aber nicht genehmigungsbedürftig sind (so schon BSGE 84, 235, 244 = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 260 und BSGE 89, 1, 11 = SozR aaO Nr 41 S 338); dies gilt auch für die Leistungen nach Nr 870 EBM-Ä aF.

Ungeachtet dieser Unterschiede, die den Bewertungsausschuss berechtigen, sich bei seinen Vorgaben gemäß § 85 Abs 4 Satz 4 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V auf Punktwertstützungen für die zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen Leistungen zu beschränken, ist aber zu beachten, dass die probatorischen Sitzungen zum Kern des Leistungsspektrums der Psychotherapeuten gehören und bei ihnen deshalb ein beliebiger Punktwertabfall auf Dauer nicht hingenommen werden darf. Diese Leistungen werden im Gesetz ausdrücklich hervorgehoben (s § 28 Abs 3 Satz 2, § 92 Abs 6a Satz 1 SGB V), und zwischen ihnen und den zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen Leistungen der Nr 871 ff EBM-Ä aF besteht ein enger Zusammenhang. Auf der Grundlage der probatorischen Sitzungen wird die Diagnose gestellt und die Entscheidung getroffen, ob eine Behandlung im Sinne der Nr 871 ff EBM-Ä aF veranlasst und welche der verschiedenen Behandlungsmethoden (Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie oder analytische Psychotherapie) die sachgemäße ist, sowie, ob zwischen dem Therapeuten und dem Versicherten eine ausreichende Beziehungsbasis für eine erfolgreiche Behandlung besteht. Aus dieser zentralen Funktion probatorischer Sitzungen folgt, dass die KÄVen - im Rahmen der ihr gemäß § 85 Abs 4 Satz 2 SGB V obliegenden Ausgestaltung ihrer Honorarverteilungsregelungen - für sie eine substanzielle Honorierung gewährleisten müssen. Näherer Erörterung, welchen Punktwert dies erfordert, bedarf es im Rahmen des vorliegend zu entscheidenden Falles allerdings nicht. Denn für die vom Kläger in den Jahren 2000 und 2001 durchgeführten probatorischen Sitzungen wurden Punktwerte von deutlich mehr als 6 Pf (= ca 3 Cent) gewährt; dies jedenfalls reicht aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach sind die Kosten des Revisionsverfahrens vom Kläger als dem Unterliegenden zu tragen (§ 154 Abs 1 VwGO), während die Kosten des Verfahrens vor dem SG wegen seines teilweisen Obsiegens (einerseits Teilanerkenntnis der Beklagten, andererseits Unterliegen hinsichtlich der Höhervergütung für Nr 860 und 870 EBM-Ä aF) von den Beteiligten je hälftig zu tragen sind (§ 155 Abs 1 Satz 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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