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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 06.09.2000
Aktenzeichen: B 6 KA 46/99 R
Rechtsgebiete: SGG


Vorschriften:

SGG § 162
SGG § 161 Abs 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 6. September 2000

in dem Rechtsstreit

Az: B 6 KA 46/99 R

1. AOK - Die Gesundheitskasse in Rheinland-Pfalz, Virchowstraße 30, 67304 Eisenberg,

2. BKK-Landesverband Rheinland-Pfalz und Saarland, Essenheimer Straße 126, 55128 Mainz,

3. Landwirtschaftliche Krankenkasse Rheinland-Pfalz, Theodor-Heuss-Straße 1, 67346 Speyer,

4. Innungskrankenkasse Rheinland-Pfalz, Saarstraße 1, 55122 Mainz,

Kläger und Revisionsbeklagte,

gegen

Beschwerdeausschuß bei der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinhessen, Isaac-Fulda-Allee 14, 55124 Mainz,

Beklagter und Revisionskläger,

Prozeßbevollmächtigte:

beigeladen:

1.

2.

3. Kassenärztliche Vereinigung Rheinhessen, Isaac-Fulda-Allee 14, 55124 Mainz.

Der 6. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Engelmann, die Richter Dr. Wenner und Dr. Kretschmer sowie die ehrenamtliche Richterin Dr. Deppisch-Roth und den ehrenamtlichen Richter Schmeinck

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 26. Mai 1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß er unter Aufhebung seines Bescheides vom 13. Mai 1998 verpflichtet wird, über den Widerspruch der Kläger zu 1. bis 4. gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 26. September 1997 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Der Beklagte hat den Klägern zu 1., 2. und 4. ihre außergerichtlichen Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung eines Arzneimittelregresses.

Die zu 1. bis 4. klagenden Krankenkassen sowie der Verband der Angestellten-Krankenkassen eV (VdAK) beantragten im Mai 1997 durch ihre Gemeinsame Beratungs- und Prüfstelle bei dem Prüfungsausschuß, die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise von Arzneimitteln bei den zu 1. und 2. beigeladenen Vertragsärztinnen für das Quartal II/1996 zu überprüfen. Die Beigeladenen, die in Gemeinschaftspraxis als praktische Ärztin bzw als Ärztin für Allgemeinmedizin niedergelassen waren, hätten in diesem Quartal Arzneiverordnungskosten in Höhe von 142.519,83 DM verursacht (= 152,43 DM je Fall; Fachgruppe: 97,18 DM). In der Gruppe der Familienversicherten hätten sie den Durchschnitt ihrer Fachgruppe um 136,3% überschritten (Beigeladene: 105,59 DM je Fall; Fachgruppe: 44,69 DM) und dort unter Berücksichtigung des Apothekenrabatts und des Rezeptkostenanteils bei 72 Familienversicherten Gesamtverordnungskosten von 8.510,48 DM verursacht.

Der Prüfungsausschuß lehnte mit Bescheid vom 26. September 1997 die Festsetzung eines Arzneimittelregresses ab, da keine unwirtschaftliche Verordnungsweise der Beigeladenen zu 1. und 2. feststellbar sei. Bei ihnen sei ein besonders schwerer Fall zu berücksichtigen, in dem allein eine Ulkus-Therapie Kosten von 3.000,-- DM verursacht habe; bringe man diesen Fall bei den Familienversicherten in Abzug, verbleibe dort lediglich eine Überschreitung von 78,7%. Im übrigen hätten lediglich 601 Behandlungsfälle der Primärkassen (= 64,28%) vorgelegen und seien "109" Behandlungsfälle der Familienversicherten überprüft worden, da der VdAK Verordnungsbelege und Behandlungsausweise nicht vorgelegt habe.

Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch wiesen die Kläger darauf hin, selbst eine Überschreitung der Verordnungskosten von 78,7% sei als unwirtschaftlich zu beanstanden. Einer vollständigen Vorlage von Behandlungsunterlagen habe es nicht bedurft. Der Widerspruch hatte keinen Erfolg. Der Beklagte führte aus, der Prüfungsausschuß sei bereits wegen der fehlenden Unterlagen des VdAK an einer Überprüfung der Wirtschaftlichkeit gehindert gewesen. Die einschlägige Prüfvereinbarung sehe nämlich nur eine gemeinsame Prüfung und die Erstellung einer gemeinsamen Statistik vor. Verordnungsbelege und Behandlungsausweise seien innerhalb von zwei Monaten nach Antragstellung vorzulegen, woran es fehle. Könnten sich - wie hier - die Krankenkassen nicht über eine gemeinsame Antragstellung einigen, könne nach der Prüfvereinbarung jede einzelne Kasse innerhalb eines Monats nach einem Auswahlgespräch die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise beantragen; auch diese Frist sei hier verstrichen, so daß sich der ursprünglich gemeinsam gestellte Antrag nicht mehr auf lediglich eine Kassenart beziehen lasse. Darüber hinaus habe nur die Gesamtwirtschaftlichkeit der Beigeladenen zu 1. und 2. überprüft werden dürfen, nicht nur isoliert die Wirtschaftlichkeit in der Statusgruppe der Angehörigen. Die Überschreitung bei der Gesamtwirtschaftlichkeit betrage gewichtet nur 33,3%, während nach der Rechtsprechung ein offensichtliches Mißverhältnis erst bei ca 50% anzunehmen sei. Der Gesetzgeber habe den Krankenkassen 1993 aufgegeben, den Kassenärztlichen Vereinigungen (KÄVen) gemeinsame Statistiken vorzulegen. Er sei davon ausgegangen, daß gemeinsame Prüfungen zu erfolgen hätten. Die Klientel von Primär- und Ersatzkassen sei sehr unterschiedlich. Die Prüfung einer einzelnen Statusgruppe sei nach der Prüfvereinbarung unzulässig; es fehle dafür zudem an einer entsprechenden Statistik. Die im Gegensatz dazu stehende Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), das 1984 Wirtschaftlichkeitsprüfungen zugelassen habe, wenn 20% der Gesamtfälle der Fachgruppe vorlägen, sei durch die seit 1993 geltende Gesetzeslage überholt. Selbst nach dieser Rechtsprechung sei eine beschränkte Prüfung aber nur ausnahmsweise bei Vorliegen eines sachlichen Grundes zulässig. Die Nichtvorlage von Unterlagen durch die Ersatzkassen stelle keinen solchen Grund dar (Bescheid vom 13. Mai 1998).

Das SG hat der dagegen von den Primärkassen erhobenen Klage mit Urteil vom 26. Mai 1999 stattgegeben und den Bescheid des Beklagten aufgehoben. Er habe es ermessensfehlerhaft abgelehnt, die Verordnungsweise der Beigeladenen zu 1. und 2. zu prüfen. Seine Auffassung, daß eine Wirtschaftlichkeitsprüfung bei einzelnen Statusgruppen nicht zulässig sei, stehe im Gegensatz zur Rechtsprechung des BSG (BSGE 61, 143 = SozR 2200 § 368n Nr 45). Zwar komme es auch auf die Gesamtwirtschaftlichkeit an; jedoch müsse ein Vertragsarzt auf jedem Gebiet seiner fachärztlichen Tätigkeit wirtschaftlich behandeln und verordnen. Daher könne die Überprüfung der Verordnungsweise nicht schon deshalb abgelehnt werden, weil die Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts bei der Gesamtverordnungsweise lediglich 33,3% betragen habe. Unabhängig von seiner Auffassung zur Vorlage von Kassenunterlagen sei der Beklagte aufgrund der vorhandenen Unterlagen zur Prüfung verpflichtet gewesen. Er habe die dabei anzuwendende Methode selbst bestimmen können. Sein Argument zur unterschiedlichen Klientel der Kassenarten treffe wegen der 1993 eingetretenen Rechtsänderungen nicht zu. Das BSG habe stets die Verpflichtung der Kassen und KÄVen zur Überwachung der Wirtschaftlichkeit hervorgehoben und auch die Beschränkung der Wirtschaftlichkeitsprüfung auf Behandlungsfälle einer Kasse bzw auf die Vergleichsgruppe der Rentner für zulässig erachtet. Ebenso sei danach ein Vertikalvergleich statthaft, wenn andere Methoden im Einzelfall nicht angewandt werden könnten; strikt nach den Regeln der statistischen Wissenschaft müsse nicht verfahren werden. Verfahrensrechtlich sei die Wirtschaftlichkeitsprüfung so zu gestalten, daß Prüfverfahren ohne Differenzierung zwischen einzelnen Arztgruppen und einzelnen Quartalen durchgeführt werden könnten. Daß im Einzelfall gar keine Prüfung stattfinde, sei ausgeschlossen. Im zu entscheidenden Fall hätten immerhin Unterlagen der Primärkassen für 601 Fälle (= 64,28% der Gesamtfälle der Beigeladenen zu 1. und 2.) und 72 Fälle der Statusgruppe Familienangehörige (= 66% der Gesamtfälle) vorgelegen. Aus der Rechtsprechung des BSG von 1995 (MedR 1996, 134 = USK 95117) ergäben sich Hinweise auf die Aussagekraft statistischer Kostenvergleiche, indem für eine Prüfung mindestens 20% der Durchschnittsfallzahl der Fachgruppe gefordert würden. Dieser Grenzwert sei hier deutlich überschritten (601 statt der Mindestzahl von 167 Fällen), so daß der Beklagte in der Lage gewesen sei, zumindest eine intellektuelle Prüfung der Verordnungsweise vorzunehmen. Das gänzliche Unterbleiben einer Prüfung sei ermessensfehlerhaft. § 10 Abs 6 der Prüfvereinbarung rechtfertige ebenfalls keine Passivität des Beklagten, weil dort nur geregelt sei, wann eine Kassenart trotz Nichtvorlage von Unterlagen am Regreß teilnehme.

Mit seiner vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 106 Abs 2 und 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Das Gebot, die Verfahren zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit "gemeinsam und einheitlich" gesamtvertraglich zu regeln, bedinge, daß nach neuem Recht nur eine für alle am Verfahren beteiligten Kassenarten einheitliche Entscheidung ergehen könne. Die Auffassung des SG, daß auch bei gemeinsamer Antragstellung unter Einbeziehung der Ersatzkassen eine Entscheidung nur zugunsten der Pflichtkassen möglich sein solle, lasse außer Acht, daß die Ersatzkassen keine prüffähigen Unterlagen vorgelegt hätten und so eine einheitliche Entscheidung nicht möglich gewesen sei. Das SG würdige ferner § 10 Abs 6 der Prüfvereinbarung fehlerhaft, da § 106 Abs 2 iVm Abs 3 SGB V ausdrücklich die Möglichkeit zu Vereinbarungen über die Prüfmethode, die Prüfungsvoraussetzungen und das Prüfverfahren eröffne; Abs 3 Satz 2 gestatte die Beschränkung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen durch Vereinbarung der Vertragspartner. In der Prüfvereinbarung komme eindeutig zum Ausdruck, daß die Verordnungsbelege und Behandlungsausweise aller Vertragskassen vorzulegen seien. Das SG habe sich zudem über § 10 Abs 4 der Prüfvereinbarung hinweg gesetzt. Danach könne eine einzelne Kassenart allein einen (fristgebundenen) Antrag nur stellen, wenn die Kassen sich im Rahmen eines gemeinsamen Auswahlgespräches nicht über eine gemeinsame Antragstellung einigen könnten; ein solcher Fall liege hier nicht vor, da ein gemeinsamer Antrag gestellt worden sei. - Vorsorglich sei darauf hinzuweisen, daß auch das BSG eine auf 20% der Behandlungsfälle beschränkte Prüfung nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes für zulässig erachtet habe. Könnte sich ein anderer Beteiligter darauf berufen, daß zumindest 20% der Fälle vorlägen, wenn eine weitere Krankenkasse oder Kassenart bewußt keine Dokumente zur Überprüfung vorlege, bestünde eine Manipulationsgefahr. - Die in § 106 Abs 3 SGB V angelegte Befugnis zur Festlegung von Einzelheiten der Wirtschaftlichkeitsprüfung durch die Vertragspartner sei in der Prüfvereinbarung in zulässiger Weise dadurch umgesetzt worden, daß bei einer Prüfung 80% der Behandlungsfälle vorliegen müßten, eine Voraussetzung, an der es hier fehle. - Schließlich sei auch die Begrenzung der Wirtschaftlichkeitsprüfung auf Familienangehörige unzulässig, da es sich bei diesen um keine hinsichtlich ihrer Morbidität abgrenzbare, sondern eine völlig inhomogene und den Rentnern nicht vergleichbare Versichertengruppe handele. Zwar solle nach § 10 Abs 2 der Prüfvereinbarung eine Unterteilung der Versicherten in Mitglieder, Familienangehörige, Rentner und "gesamt" erfolgen. Aus § 21 Abs 2 der Prüfvereinbarung ergebe sich aber eindeutig, daß die Prüfung nicht gesondert auf die Versichertengruppe der Familienangehörigen gestützt werden dürfe. Die auf den Risikostrukturausgleich zurückgehende Unterteilung sei nicht auf Wirtschaftlichkeitsprüfungen übertragbar.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 3. beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 26. Mai 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise, das Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückzuverweisen.

Die Kläger zu 1., 2. und 4. beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Die Kläger zu 1. und 2. vertreten die Ansicht, der Gesetzgeber habe mit den zum 1. Januar 1993 eingetretenen Rechtsänderungen in § 106 SGB V lediglich erreichen wollen, daß ein Vertragsarzt wegen des gleichen Sachverhalts nicht mehreren Prüfverfahren bei verschiedenen Prüfgremien ausgesetzt sei. Aus den Gesetzesmaterialien folge aber nicht, daß eine Prüfung ausgeschlossen sei, wenn Unterlagen nur einer Kassenart vorlägen. Es gebe keine Anhaltspunkte für eine derartige Begrenzung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen, zumal Ziel der Neuregelungen gerade eine wirksame Ausgabenbegrenzung im Arzneimittelbereich gewesen sei. Wie schon vom BSG 1995 zugrunde gelegt und in späterer Rechtsprechung fortgeführt, bräuchten weiterhin nicht Unterlagen sämtlicher Kassen vorgelegt zu werden, solange nur eine repräsentative Anzahl von Fällen - mindestens 20% der Durchschnittsfallzahl - vorliege. - Entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen zu 3. sei § 10 Abs 6 der Prüfvereinbarung nicht zu entnehmen, daß für eine Wirtschaftlichkeitsprüfung stets mindestens 80% der Behandlungsfälle vorhanden sein müßten; das SG habe die Bestimmung zutreffend dahin ausgelegt, daß danach eine Prüfung bei weniger als 80% vorhandener Unterlagen nur auf die vorgelegten und geprüften Fälle beschränkt sei. - Auch sei eine auf die Versichertengruppe der Familienangehörigen beschränkte Wirtschaftlichkeitsprüfung zulässig. Was für Rentner anerkannt worden sei, müsse ebenfalls für die Familienversicherten gelten, ohne daß dem die Prüfvereinbarung entgegenstehe. Die arztbezogene Statistik werde getrennt nach den einzelnen Versichertengruppen erstellt. Soweit in § 21 Abs 2 der Prüfvereinbarung Mitglieder und Familienangehörige unter dem Begriff "Allgemeinversicherte" zusammengefaßt würden, schließe dies eine isolierte Prüfung ebenfalls nicht aus. Wie das BSG entschieden habe (SozR 3-2500 § 106 Nr 42), gelte das Wirtschaftlichkeitsgebot für einen Vertragsarzt grundsätzlich auch in jedem Teilbereich, dh bei jeder Einzelleistung wie auch bei Arzneimittelverordnungen, Überweisungen, Krankenhauseinweisungen und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen.

Die zu 3. beigeladene KÄV meint ergänzend zum Vortrag des Beklagten, das SG-Urteil weiche in mehrfacher Hinsicht von der Rechtsprechung des BSG ab, die eine Differenzierung der statistischen Unterlagen nur bei Verbesserung der Gleichartigkeit der verglichenen Leistungsbedingungen zugelassen habe. Zwischen Mitgliedern und Familienangehörigen gebe es aber keine signifikanten Unterschiede der Leistungsbedingungen. Eine statistisch unauffällige Gesamtheit dürfe nicht nur unterteilt werden, um auf diese Weise statistisch auffällige Werte zu erzeugen. - Das SG-Urteil stehe zudem im Gegensatz zur Rechtsprechung des BSG, daß eine Beschränkung der Prüfung nur aus sachlichem Grund zulässig sei. Da hier die für die Prüfung erforderlichen Unterlagen gefehlt hätten, habe der Beklagte seiner Amtsermittlungspflicht nicht gerecht werden können und eine Wirtschaftlichkeitsprüfung zu Recht abgelehnt. Unabhängig von dem fehlenden offensichtlichen Mißverhältnis beim Gesamtfallwert scheitere die Prüfung daran, daß sich einer der mitwirkenden Kostenträger geweigert habe, die zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlichen Unterlagen vorzulegen. - Die Aussagen des SG zu den Auswirkungen der Nichtvorlage der Ersatzkassen-Unterlagen seien widersprüchlich. Die von ihm betonte intellektuelle Wirtschaftlichkeitsprüfung des Beklagten erfordere gerade eine repräsentative Durchsicht der Unterlagen beider Kassenarten; das Bestreben des Beklagten, diesen Anforderungen gerecht zu werden, sei keineswegs ermessensfehlerhaft.

II

Die Sprungrevision des beklagten Beschwerdeausschusses ist unbegründet. Sie war - klarstellend - mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß der Beklagte unter Aufhebung seines Bescheides verpflichtet wird, über den Widerspruch der Kläger zu 1. bis 4. gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 26. September 1997 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

Das SG hat im Ergebnis zutreffend den angefochtenen Bescheid des Beklagten aufgehoben und darauf abgestellt, daß sich dieser zu Unrecht geweigert hat, aus den von ihm angegebenen Gründen in eine inhaltliche Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise der Beigeladenen zu 1. und 2. einzutreten. Der Umstand, daß die Ersatzkassen für das streitige Quartal II/1996 keine prüffähigen Unterlagen vorgelegt haben, steht dem grundsätzlichen Anspruch der Kläger zu 1. bis 4. als Primärkassen auf Durchführung eines Verfahrens zur Prüfung eines Arzneimittelregresses nicht entgegen. Eine solche Prüfung könnte auch nicht wirksam durch die Prüfvereinbarung ausgeschlossen werden. Ebenso hindert die Beschränkung des Prüfantrages auf die Gruppe der Familienversicherten nicht die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise.

Gemäß § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V (in der hier maßgeblichen Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes <GSG> vom 21. Dezember 1992 <BGBl I 2266>) wird die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung ua durch arztbezogene Prüfung der ärztlich verordneten Leistungen nach Durchschnittswerten geprüft. Nach den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen stellt die statistische Prüfung in Gestalt eines Vergleichs der Abrechnungswerte des betroffenen Arztes mit denjenigen seiner Fachgruppe im selben Quartal die Regelprüfmethode dar (dazu zuletzt BSGE 84, 85, 86 = SozR 3-2500 § 106 Nr 47 S 250; BSG Urteil vom 28. Juni 2000 - B 6 KA 36/98 R). Ergibt diese Prüfung, daß die Verordnungskosten des Arztes je Fall die durchschnittlichen entsprechenden Kosten seiner Fachkollegen in einem Ausmaß überschreiten, bei dem sich der Mehraufwand nicht durch Unterschiede in Praxisstruktur und Behandlungsnotwendigkeiten erklären läßt, so hat das die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit und kann zu Ersatzforderungen gegen den Vertragsarzt führen (std Rspr, vgl zB BSG SozR 2500 § 106 Nr 27 S 152 f, 154).

Gemäß § 106 Abs 3 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 3 SGB V vereinbaren die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen mit den KÄVen Verfahren zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Abs 2 "gemeinsam und einheitlich". Die genannten Vertragspartner haben nach Abs 3 Satz 2 aaO mit der Entscheidung über die Einzelheiten der Prüfungen Art und Umfang der Leistungen, die in die Prüfungen einbezogen werden, zu beschränken, wenn das Ziel der Prüfung auch auf diese Weise erreicht werden kann. Diese Vertragspartner bilden ferner nach Abs 4 Satz 1 bei den KÄVen gemeinsame Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse. Diese gesetzlichen Vorgaben haben die Beigeladene zu 3. einerseits und die Primär- und Ersatzkassen andererseits im hier betroffenen KÄV-Bezirk Rheinhessen mit ihrer am 1. Januar 1993 in Kraft getretenen "Prüfvereinbarung zum Zwecke der Überwachung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung" umgesetzt.

Entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen zu 3. schließen es die Regelungen des § 106 Abs 2, 3 und 4 SGB V idF des GSG sowie die Prüfvereinbarung nicht aus, die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise der zu 1. und 2. beigeladenen Vertragsärztinnen nur bezogen auf Versicherte der Kläger zu 1. bis 4. (dh unter Ausschluß der von ihnen behandelten Versicherten der Ersatzkassen) zu überprüfen. Dies ergibt die historische Auslegung des § 106 SGB V. Durch das GSG ist zwar die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung im Zuge der nahezu vollständigen Beseitigung der Unterschiede zwischen den verschiedenen Kassenarten umgestaltet worden. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, die allein auf eine Kassenart bezogene Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise sei nun ausgeschlossen.

Bis zum 31. Dezember 1988 war die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen im Bereich der RVO-Kassen (heute: Primärkassen) in § 368n Abs 5 Reichsversicherungsordnung (RVO) geregelt, während es für den Ersatzkassenbereich gesonderte Regelungen im Arzt-/Ersatzkassen-Vertrag gab, die den unterschiedlichen Kassenstrukturen Rechnung trugen und gesonderte und personell abweichend zusammengesetzte Prüfgremien (Prüfungs- bzw Beschwerdekommissionen) vorsahen. Hierdurch entstand die Situation, daß ein Kassen-/Vertragsarzt wegen einer bestimmten unwirtschaftlichen Behandlungsweise in einem Quartal einem Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung im RVO-Kassenbereich und einem weiteren, unabhängig davon durchgeführten Verfahren im Ersatzkassenbereich ausgesetzt sein konnte. Obwohl oftmals inhaltlich die gleiche ärztliche Behandlungsweise im Streit war, konnten sich daran im Konfliktfall wiederum zwei getrennt behandelte, formell voneinander unabhängige Widerspruchsverfahren und sozialgerichtliche Rechtsstreite anschließen.

Das gesetzliche bzw gesamtvertragliche Regelungskonzept unterschiedlicher und gesonderter Prüfverfahren im Primärkassen- und Ersatzkassenbereich blieb beim Übergang von der RVO zum SGB V zum 1. Januar 1989 zunächst grundsätzlich beibehalten. Denn § 106 Abs 7 SGB V idF des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) erklärte für die Überwachung der Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Versorgung im Ersatzkassenbereich die nur für den Primärkassenbereich geltenden Absätze 1 bis 6 dieser Vorschrift für entsprechend anwendbar. § 106 Abs 7 SGB V ist jedoch zum 1. Januar 1993 durch das GSG gestrichen und durch die eingangs dargestellten Regelungen ersetzt worden. Seither haben nach dessen Abs 3 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 3 die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den KÄVen die Verfahren zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit zu vereinbaren, gemeinsame Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse zu bilden und daher grundsätzlich kassenartenübergreifende Wirtschaftlichkeitsprüfungen durchzuführen.

Aus den in Art 26 und 27 GSG enthaltenen Übergangsregelungen zu § 106 Abs 3 SGB V nF hat der Senat abgeleitet, daß die bei Inkrafttreten des GSG bestehenden Prüfvereinbarungen mit ihren unterschiedlichen Prüfgremien grundsätzlich noch längstens bis zum 31. Dezember 1994 weitergalten, so daß trotz Neuregelung noch weiterhin parallele Prüfverfahren nach altem Recht stattfinden konnten (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 40 S 218 ff). Schon dabei ist der Senat der Annahme, vom 1. Januar 1993 bis zum Inkrafttreten neuer gemeinsamer kassenartenübergreifender Prüfvereinbarungen sei vorübergehend überhaupt keine Wirtschaftlichkeitsprüfung möglich gewesen, wegen der großen Bedeutung der Wirtschaftlichkeitsprüfungen für Funktionsfähigkeit und Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung entgegengetreten. Er hat betont, daß aus § 106 Abs 1 SGB V die Verpflichtung der Träger der gemeinsamen Selbstverwaltung zur Überwachung der Wirtschaftlichkeit der kassen-/vertragsärztlichen Versorgung folgt (so BSG aaO, unter Hinweis auf BSGE 75, 220, 222 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 24 S 134). Denn schon das GRG hat die Notwendigkeit wirtschaftlicher Leistungserbringung hervorgehoben und eine strikte Verpflichtung der Überwachung der Wirtschaftlichkeit der Behandlung durch die ärztlichen Leistungserbringer normiert (BSG aaO). Es ist danach ausgeschlossen, daß einzelne Ärzte oder Gruppen von ärztlichen Leistungserbringern gar keiner Wirtschaftlichkeitsprüfung unterliegen. Daher kommt etwa auch ein sog Vertikalvergleich - bei dem einzelne Quartale desselben Arztes im Zeitablauf miteinander verglichen werden - in Betracht, sofern im Einzelfall andere Prüfmethoden nicht angewandt werden können (BSGE 75, 220, 224 = SozR aaO S 135); eine strikte Anwendung der Regeln der statistischen Wissenschaft ist insoweit nicht geboten (BSGE 76, 53, 54 = SozR 3-2500 § 106 Nr 26 S 145). Der Senat hat auch unterstrichen, daß Prüfverfahren stets der gesetzlichen Intention entsprechend sachgerecht durchgeführt werden müssen und daß dabei ohne sachlichen Grund weder zwischen einzelnen Arztgruppen noch zwischen einzelnen Quartalen differenziert werden darf (BSGE 76, 285, 292 = SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 173). Das Ziel des Gesetzgebers des GSG bestand nämlich darin, für die Zukunft eine Kumulation von Wirtschaftlichkeitsprüfungen, dh mehrfache - möglicherweise für beide Versichertenbereiche im Ergebnis sogar unterschiedlich verlaufende - Prüfungen eines Arztes wegen gleicher Sachverhalte von Krankenkassen verschiedener Kassenarten auszuschließen (vgl Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU/ CSU, SPD und F.D.P. zur Neufassung des § 106 SGB V, BT-Drucks 12/3608 S 100 sowie bereits BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 40 S 221).

Aus der Konstellation, daß die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Verordnungsweise generell bis Ende 1992 und noch übergangsweise bis Ende 1994 getrennt für den Primär- und den Ersatzkassenbereich geprüft werden durfte, läßt sich nicht im Umkehrschluß ableiten, daß Krankenkassen und Prüfgremien mit den Neuregelungen des GSG in ihren Befugnissen, welche sie nach der alten Rechtslage besaßen, beschnitten werden sollten. Denn eines der - wie beschrieben - schon vom GRG verfolgten Hauptanliegen bestand gerade darin, die Notwendigkeit wirtschaftlicher Leistungserbringung rechtlich dadurch abzusichern, daß die im gesundheitlichen Versorgungssystem eine "Schlüsselstellung" einnehmenden ärztlichen Leistungserbringer strikt in der Wirtschaftlichkeit ihrer Behandlungsweise überwacht wurden (dazu bereits ausführlich BSGE 75, 220, 222 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 24 S 134 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung zum GRG, Allgemeiner Teil sowie auf verschiedene Einzelregelungen; ferner BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 40 S 220). In den Gesetzesmaterialien finden sich keinerlei Hinweise dafür, daß das GSG mit seinen Neuregelungen von diesem Ziel wieder abrücken oder es auch nur relativieren wollte. Ganz im Gegenteil wird dort etwa von dem Befund ausgegangen, die Konkurrenzsituation unter den niedergelassenen Ärzten habe zu einem großzügigeren und damit unwirtschaftlichen Verordnungsverhalten geführt und die Steuerungsinstrumente des GRG, zB Wirtschaftlichkeitsprüfungen, seien noch nicht oder nur unzureichend umgesetzt worden (Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU/CSU, SPD und F.D.P. zum GSG, Allgemeiner Teil, BT-Drucks 12/3608 S 66 sowie S 67 f unter b). Ua hieraus wurde ein dringender Handlungsbedarf abgeleitet, der zB "weitreichende Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit im ambulanten Bereich" einschloß. Schließlich wurde durch das GSG in § 106 Abs 5a nF sogar die Möglichkeit von Wirtschaftlichkeitsprüfungen unter Anknüpfung an Richtgrößen eingeführt.

Die vorstehenden Ausführungen belegen, daß auch nach Inkrafttreten des GSG mit den neu geschaffenen einheitlichen Prüfgremien und dem Auslaufen der Übergangsfristen aus Art 26, 27 GSG zum 31. Dezember 1994 nicht nur umfassende Wirtschaftlichkeitsprüfungen statthaft sind, die sämtliche Kassenarten gemeinsam und/oder die Gesamtheit der von dem Vertragsarzt erbrachten Leistungen umfassen müßten. Soweit die Rechtsprechung des Senats zum alten Recht die Zulässigkeit von bereichsbezogenen Wirtschaftlichkeitsprüfungen anerkannt hat, gelten die dazu entwickelten Grundsätze unter der Geltung des GSG fort. Es besteht lediglich der Unterschied, daß statt der bislang getrennt handelnden und unterschiedlich zusammengesetzten Prüfgremien allein der (gemeinsame) Prüfungs- bzw Beschwerdeausschuß zuständig ist und daß als Ausfluß der Krankenkassen-Organisationsreform aus Gründen der Bündelung von Kapazitäten und zur Steigerung der Effizienz gleiche bzw parallele kassenartenübergreifende Sachverhalte nunmehr nur in einem einheitlichen Verfahren geprüft werden. Es ist aber weiterhin nicht generell ausgeschlossen, eine Wirtschaftlichkeitsprüfung etwa nur bezogen auf einen Krankenkassentypus durchzuführen (so zum Recht der RVO BSG USK 82221; BSGE 11, 102, 114; 46, 136, 137 = SozR 2200 § 368n Nr 14 sowie - auch zum Recht des GRG - BSG SozR 3-2500 § 368n Nr 6 S 14 ff, 15; BSG USK 95117 = MedR 1996, 134, 135 und BSG - Urteil vom 28. Juni 2000 - B 6 KA 36/98 R - betr eine einzelne Primärkassenart) oder die Prüfung auf eine bestimmte signifikante Versichertengruppe (BSG SozR 2200 § 368n Nr 45 S 154 <Rentner>) bzw Leistungssparten oder Einzelleistungen wie Arzneimittelverordnungen, Überweisungen, Krankenhauseinweisungen oder Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (SozR 3-2500 § 106 Nr 42 S 232 mwN) zu beschränken.

Daß bei derartigen beschränkt vorgenommenen Vergleichsprüfungen ggf besondere verfahrensmäßige Anforderungen im Prüfungsablauf einzuhalten sind oder daß dabei atypische Erschwernisse auftreten können (zB Ermittlung und Beachtung von Mindestfallzahlen, Mitberücksichtigung der Gesamtwirtschaftlichkeit der jeweiligen vertragsärztlichen Tätigkeit), berechtigt mit Blick auf den bereits beschriebenen besonderen Auftrag der Gesamtvertragspartner zur Überwachung der Wirtschaftlichkeit nicht dazu, von vornherein vollständig von einem Einstieg in eine inhaltliche Überprüfung Abstand zu nehmen. Die Prüfgremien sind nämlich in der Auswahl ihrer Prüfmethode weitgehend frei, dh, sie können diese grundsätzlich entsprechend den sachlichen Erfordernissen im Einzelfall festlegen (vgl BSG SozR 2200 § 368n Nr 31 S 105 sowie BSGE 75, 220, 222 = SozR 3-2500 § 106 Nr 24 S 133 f). Daher käme bei einem Scheitern der Regelprüfmethode, zB dann, wenn für einen statistischen Vergleich ausreichende aussagekräftige Unterlagen fehlen, im Rahmen des Zumutbaren und verwaltungsmäßig Handhabbaren eine Einzelprüfung der Abrechnungsbelege und Behandlungsunterlagen in Betracht (vgl dazu BSGE 71, 90, 91 = SozR 3-2500 § 106 Nr 13 S 73 mwN; Clemens in Schulin <Hrsg>, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd I, Krankenversicherungsrecht, 1994, § 35 RdNr 3, 4 mwN; Engelhard in Hauck, SGB V K § 106 RdNr 85, 86 mit umfangreichen Nachweisen). Erweist sich eine solche Einzelfallprüfung dagegen als nicht durchführbar, wäre - neben einer eingeschränkten Einzelfallprüfung mit Hochrechnung - jedenfalls ein Vergleich des zur Überprüfung gestellten Quartals mit dem eigenen Verordnungsverhalten des Vertragsarztes in anderen Quartalen in Erwägung zu ziehen (vgl BSGE 75, 220, 224 = SozR aaO S 135).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich, daß im vorliegenden Fall die Möglichkeiten für eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise der Beigeladenen zu 1. und 2. entgegen der Auffassung des Beklagten nicht deshalb erschöpft waren, weil eine ordnungsgemäße statistische Vergleichsprüfung nicht durchzuführen war. Die Zahl von 72 Scheinen aus der Gruppe der Familienversicherten, auf die die Kläger zu 1. bis 4. ihren Prüfantrag gestützt hatten, erlaubte mit Rücksicht auf die Gesamt-Durchschnittsfallzahl der Fachgruppe von 918 keine Prüfung nach Durchschnittswerten; denn um bei dieser Prüfungsart zu statistisch zuverlässigen Aussagen gelangen zu können, wäre es nach der jüngeren Rechtsprechung des Senats bereits erforderlich gewesen, daß die bei dem geprüften Arzt zugrunde gelegte Fallzahl mindestens 20% der durchschnittlichen Fallzahl seiner Fachkollegen - hier mithin 184 - betrug (so BSG USK 95117 S 622 f = MedR 1996, 134, 135 f; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 45 S 244 f mwN für die Beschränkung der Prüfung auf die Versicherten einer Krankenkasse). Angesichts der überschaubaren Zahl von 72 Scheinen aus der Gruppe der Familienversicherten (so die für den Senat bindenden Feststellungen des SG) bot es sich aber an, in eine Einzelfallprüfung der verfügbaren dazu gehörigen Verordnungsunterlagen einzutreten, mit denen der Antrag der Kläger zu 1. bis 4. auf Festsetzung eines Arzneimittelregresses begründet worden war. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß es den sachkundig besetzten Prüfgremien, insbesondere dem Beklagten, hier nicht zuzumuten gewesen sein sollte, bei einer solchen beschränkten Fallzahl die Belege einzeln durchzusehen. Es war dem Beklagten aber auch unbenommen, statt dessen oder ergänzend einen Vergleich der Beigeladenen zu 1. und 2. mit den entsprechenden Abrechnungswerten in anderen Quartalen vorzunehmen.

Neben den vorstehenden Ausführungen schließen es im übrigen zugleich die Besonderheiten der Arzneimittelversorgung und ihrer technischen Abwicklung aus, daß durch die Weigerung oder Unfähigkeit einer Kassenart zur Vorlage prüffähiger ärztlicher Verordnungsblätter die Rechte einer anderen Kassenart auf Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen in diesem in den Gesetzesmaterialien zum GSG gerade hervorgehobenen Bereich beschnitten werden. Die Prüfgremien sind aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes gemäß § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären und alle für den Einzelfall bedeutsamen Umstände zu berücksichtigen (vgl BSG SozR 2200 § 368n Nr 21 S 100 f; BSGE 70, 246, 251 = SozR 3-2500 § 106 Nr 10 S 49). Dazu gehört in starkem Maße die Würdigung von Praxisbesonderheiten, welche zB aus den bei der Abrechnungsstelle der jeweiligen KÄV verfügbaren Unterlagen erschlossen werden können (vgl BSGE 74, 70, 73 = SozR 3-2500 § 106 Nr 23 S 126; Engelhard in Hauck, SGB V, K § 106 RdNr 287). Bei der Arzneimittelversorgung ist gleiches demgegenüber nicht gewährleistet. Hier laufen die maßgeblichen Unterlagen nicht zentral bei der KÄV zusammen, weil diese die zur Abrechnung gebrachten Leistungen nicht zu vergüten hat. Bei dem Arzneimittelregreß handelt es sich vielmehr um eine Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Leistungen, die von Vertragsärzten veranlaßt worden sind, ohne von diesen selbst erbracht zu werden. Der Abrechnungsverkehr findet bei diesen Leistungen unter Berücksichtigung der §§ 129 bis 131, 300 SGB V in der Weise statt, daß die ärztlichen Verordnungsblätter nach Abgabe der Arznei zusammen mit den erforderlichen Abrechnungsdaten an die jeweiligen Krankenkassen weitergeleitet werden. Bei letzteren werden die Unterlagen zur Überprüfung der Anspruchsberechtigung der Versicherten, zur Vergütung an die Apotheken-Rechenzentren entsprechend den bestehenden Abrechnungsvereinbarungen und zur (stichprobeweisen) Überprüfung dezentral gesammelt und ausgewertet (vgl Henninger in Schulin, aaO, § 44 RdNrn 36-45; Eul in ebenda, § 48 RdNrn 151-153). Gelangen die für eine Wirtschaftlichkeitsprüfung maßgeblichen Unterlagen mithin planmäßig in den Wirkungsbereich der jeweiligen Krankenkassen als Kostenträger und verbleiben sie dort unzugänglich für die Prüfgremien, gilt es, die gesetzlichen Befugnisse der einzelnen Kassen im Rahmen des Prüfungsgeschehens zu wahren und nicht durch überspannte verfahrensrechtliche Anforderungen zu entwerten. Wie bereits ausgeführt, müssen Prüfverfahren stets der gesetzlichen Intention entsprechend verfahrensrechtlich sachgerecht ausgestaltet werden (BSGE 76, 285, 292 = SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 173). Diesem Erfordernis wäre nicht genügt, hinge es allein von einer zur Herausgabe von Unterlagen nicht fähigen oder bereiten Kasse oder Kassenart ab, ob eine andere Kassenart anhand ihrer eigenen vorliegenden Unterlagen die Überprüfung der Verordnungsweise eines Vertragsarztes beanspruchen könnte. Bei übermäßiger Betonung eines kassenartenübergreifenden Verfahrens, wie es der Beklagte und die Beigeladene zu 3. in Auslegung der im KÄV-Bezirk Rheinhessen geltenden Prüfvereinbarung befürworten, bestünde die Gefahr finanzieller Einbußen und Schäden bei den prüfwilligen Krankenkassen.

Bei dieser bundesgesetzlichen Rechtslage kann dahinstehen, wie die im Bezirk der Beigeladenen zu 3. geltende regionale Prüfvereinbarung im einzelnen auszulegen ist, da dieser Vereinbarung keine entscheidungserhebliche Bedeutung zukommt. Denn die Pflicht zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise bei Vertragsärzten wie den Beigeladenen zu 1. und 2. konnte mit Rücksicht auf den oben dargestellten, in Gesetz und Rechtsprechung verankerten überragenden Stellenwert von Wirtschaftlichkeitsprüfungen jedenfalls nicht wirksam in dem Sinne ausgeschlossen werden, daß bei Scheitern der statistischen Prüfmethode andere Prüfmethoden ausscheiden sollten. Abgesehen davon, daß schon zweifelhaft ist, ob der Prüfvereinbarung ein solcher Inhalt überhaupt entnommen werden könnte, bietet § 106 Abs 3 SGB V für eine solche Auslegung keine Handhabe. Darüber hinaus ist für den Senat nicht feststellbar, daß die Prüfvereinbarung andere verfahrensmäßige Hindernisse für eine solche Prüfung enthält. Der Senat kann eine Auslegung der vom SG herangezogenen Bestimmungen der Prüfvereinbarung nicht selbst vornehmen - wie sich aus § 162 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ergibt -, sondern hat sie gemäß § 562 Zivilprozeßordnung iVm § 202 SGG grundsätzlich mit dem vom Instanzgericht festgestellten Inhalt seiner Revisionsentscheidung zugrunde zu legen. Denn die Bestimmungen der Prüfvereinbarung sind nicht revisibles Recht, weil sich der Geltungsbereich der gesamtvertraglichen Regelung nicht über den Bezirk des Landessozialgerichts (LSG) Rheinland-Pfalz hinaus erstreckt. Dafür, daß für die Bezirke anderer LSGe inhaltlich übereinstimmende Vorschriften geschaffen worden sind und dies bewußt und gewollt um der Rechtseinheit willen geschehen wäre, gibt es keine Anhaltspunkte. Insoweit fehlen in der Revisionsbegründung Ausführungen, die den sich aus § 164 Abs 2 Satz 3 SGG ergebenden Anforderungen entsprechen (vgl dazu BSGE 56, 45, 51 = SozR 2100 § 70 Nr 1 S 7; BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 7 S 30 f mwN; vgl auch SozR 3-2500 § 95 Nr 9 S 36).

Soweit der Beklagte darüber hinaus die Nichtbeachtung von § 10 Abs 4 und § 21 Abs 2 der Prüfvereinbarung durch das SG rügt, ist zwar festzustellen, daß das SG auf diese Vorschriften nicht explizit eingegangen ist. Allerdings kann die Verletzung solchen nicht revisiblen Rechts nicht mit der (Sprung-) Revision gerügt werden (§ 162 SGG). Auch wenn das Revisionsgericht derartige übergangene Vorschriften ausnahmsweise selbst anwenden und auslegen kann, wenn sie das Vordergericht völlig unberücksichtigt gelassen hat (std Rspr, zB BSGE 77, 53, 59 = SozR 3-2500 § 106 Nr 33 S 190), kann die Revision unter diesem Blickwinkel ebenfalls keinen Erfolg haben. Eine vom Beklagten aus § 10 Abs 4 der Prüfvereinbarung hergeleitete Fristversäumung der Kläger kann der Senat schon deshalb nicht erkennen, weil die Vorschrift in Satz 2 und Abs 6 zuvor ein gemeinsames Auswahlgespräch zwischen KÄV und den Krankenkassen und eine gemeinsame Antragstellung erfordert, an das der Fristenlauf anknüpft. Das SG hat aber über ein solches gemeinsames Auswahlgespräch keine Feststellungen getroffen; unabhängig hiervon könnten mit der Sprungrevision Mängel des gerichtlichen Verfahrens nicht gerügt werden (§ 161 Abs 4 SGG). Der Senat teilt im übrigen nicht die Auslegung des § 21 Abs 2 der Prüfvereinbarung durch den Beklagten. Soweit dieser aus der Formulierung "bei der Verordnungsweise bildet der Verordnungsfallwert - unterteilt nach Allgemein- und Rentnerversicherten - die Grundlage für die Vergleichsprüfung" herleitet, daß eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht gesondert auf die Versichertengruppe der Familienversicherten gestützt werden könne, ist schon zweifelhaft, ob eine Prüfvereinbarung dies zulässigerweise mit genereller Wirkung ausschließen könnte. Jedenfalls betrifft die Regelung, wie sich aus § 21 Abs 1 ergibt, nur die Methode der statistischen Vergleichsprüfung. Sie wäre nicht geeignet, andere Prüfmethoden - insbesondere die hier in Betracht kommende Einzelfallprüfung oder einen Vertikalvergleich - auszuschließen (vgl bereits BSGE 75, 220, 222 = SozR 3-2500 § 106 Nr 24 S 133 f). Darüber hinaus steht die Bestimmung im Gegensatz zu § 10 Abs 2 Nr 1 der Prüfvereinbarung, wonach die Krankenkassen "für die Prüfung der Verordnungsweise nach Durchschnittswerten" auch Statistiken über die Anzahl der Arzneiverordnungen je Behandlungsfall nach den "Statusgruppen M, F, R, G" zu erstellen haben, was im Gegensatz zu § 21 Abs 2 für die Zulässigkeit auch einer auf Familienversicherte (= Statusgruppe F) bezogenen Prüfung spricht.

Der Beklagte hat nach alledem zu Unrecht die inhaltliche Befassung mit einer Wirtschaftlichkeitsprüfung bei den Beigeladenen zu 1. und 2. abgelehnt, weil ihm trotz der Nichtanwendbarkeit statistischer Verfahren noch andere nicht ausgeschlossene Prüfungsmethoden zur Verfügung standen. Damit war seine allein den Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens bildende Entscheidung (std Rspr, zB BSGE 78, 278, 279 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 35 S 194 f; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 39 S 216) aufzuheben. Der Beklagte hat mithin den Widerspruch der Kläger gegen die Entscheidung des Prüfungsausschusses erneut zu bescheiden (§ 106 Abs 5 Satz 6 und 7 SGB V iVm § 85 SGG) und war entsprechend unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu verurteilen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.

Ende der Entscheidung

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