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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 09.09.1998
Aktenzeichen: B 6 KA 55/97 R
Rechtsgebiete: SGB V, GG


Vorschriften:

SGB V § 85 Abs 4
GG Art 3 Abs 1
GG Art 12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 9. September 1998

in dem Rechtsstreit

Az: B 6 KA 55/97 R

Kläger und Revisionskläger,

Prozeßbevollmächtigte zu 1. und 2.:

gegen

Kassenärztliche Vereinigung Hessen, Georg-Voigt-Straße 15, 60325 Frankfurt,

Beklagte und Revisionsbeklagte.

Der 6. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. September 1998 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Engelmann, die Richter Dr. Wenner und Dr. Clemens sowie die ehrenamtliche Richterin Dr. Dawid und den ehrenamtlichen Richter Dr. Humbach

für Recht erkannt:

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. Mai 1997 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Kläger, die als Radiologen in einer Gemeinschaftspraxis tätig und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind, wenden sich gegen den Honorarbescheid der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) für das Quartal IV/1993 im Primärkassenbereich. Sie begehren eine höhere Vergütung für ihre computer- und kernspintomographischen Leistungen (CT- und MRT-Leistungen). Sie halten den Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten - idF vom 20. März 1993 - insoweit für rechtswidrig, als darin gesonderte Honorartöpfe für Präventionsleistungen, ambulantes Operieren, CT- und MRT-, Linksherzkatheter-, Labor-Leistungen und für die übrigen Leistungen sowie für Wegepauschalen und Kosten geschaffen worden sind. Der gesonderte Honorartopf für CT-/MRT-Leistungen habe nicht gebildet werden dürfen. Aufgrund der Topfbildung treffe der Punktwertabfall infolge der Mengenausweitung in diesem Bereich (Punktwert von 7,68 Pf im Vergleich zu 9 Pf für die übrigen Leistungen) allein die Radiologen. Für die Mengenausweitung seien sie aber, auch wegen ihrer Beschränkung auf Überweisungsaufträge, nicht verantwortlich. Den Widerspruch der Kläger wies die Beklagte zurück. Sie wies auf den Charakter als Anfangsregelung, auf die ab Quartal III/1994 erfolgten Stützungsmaßnahmen sowie auf die Auflösung des CT-/MRT-Honorartopfes ab dem Quartal I/1995 hin (Widerspruchsbescheid vom 30. Dezember 1994).

Ihre daraufhin erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) abgewiesen (Urteil vom 20. September 1995); ihre Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen. In dem Urteil vom 28. Mai 1997 ist ausgeführt, daß die Honorierung für das Quartal IV/1993 im Primärkassenbereich rechtmäßig sei. Die Bildung von Teilbudgets in Form von Honorartöpfen mit der Folge unterschiedlicher Punktwerte und die Aufteilung in Grund-, Labor- und Sonderleistungen seien zulässig. Schon im Quartal IV/1992 habe es eine Sonderbehandlung der CT-/MRT-Leistungen gegeben, als diese einerseits im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä) abgewertet, andererseits im HVM für sie ein fester Punktwert bestimmt worden sei. Dies zeige das Bestreben der Beklagten, einer Senkung des Honorars entgegenzuwirken. Die Erbringer von CT-/MRT-Leistungen seien dadurch - verglichen mit dem allgemeinen Punktwert - begünstigt worden. Angesichts dieser Vorgeschichte und der Budgetierung der Gesamtvergütungen durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) sei es folgerichtig gewesen, 1993 an der Bildung eines eigenen Honorartopfes für Großgeräteleistungen festzuhalten. Für diesen habe der Anteil an der Gesamtvergütung nach dem Quartal IV/1992 bemessen werden können. Die Topfbildung und diese Bemessung seien jedenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung rechtmäßig. Korrekturen seien in angemessener Zeit erfolgt. Schon ab dem Quartal III/1994 sei ein Punktwert um höchstens 15 % unter demjenigen für die übrigen Leistungen garantiert worden, und ab 1995 sei der Sondertopf durch Zuordnung zu den übrigen Leistungen aufgelöst worden. Ohne Erfolg sei der Einwand, es habe andere wirksamere Mittel zur Leistungsmengenregulierung wie zB Wirtschaftlichkeitsprüfungen gegeben. Im übrigen sei nicht der gesamte radiologische Leistungsumfang betroffen gewesen.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision machen die Kläger weiterhin geltend, die Bildung eines gesonderten Honorartopfes für CT-/MRT-Leistungen verstoße gegen materielles Recht. Sie habe offensichtlich nicht die Arztgruppe der Radiologen insgesamt schützen sollen, wie sich daran zeige, daß sie nicht die gesamte Arztgruppe und alle ihre Leistungen, sondern nur einen Teilbereich umfaßt habe. Insbesondere seien die - nicht auftragsgebundenen - Linksherzkatheterleistungen nicht einbezogen, sondern in einem gesonderten Honorartopf belassen worden. Honorartöpfe dürften überhaupt nur mit besonderer Begründung und in Orientierung an Art und Umfang der Leistungen sowie für Arztgruppen und/oder Versorgungsgebiete geschaffen werden. Ihre Bildung könne zwar grundsätzlich erfolgen, um das Risiko der Leistungsmengenausweitung bei den Ärzten der jeweiligen Fachgruppe zu belassen und so dem sog Hamsterradeffekt entgegenzuwirken sowie eine Honorarminderung durch Mengenausweitung nicht der Gesamtheit der Ärzte aufzubürden. Aber in jedem Fall sei bei einer Leistungsvermehrung zu prüfen, ob andere Umstände als von den Leistungserbringern selbst gesetzte Ursachen für sie relevant seien wie zB der medizinische Fortschritt, das Morbiditätsrisiko, geänderte ärztliche Auffassungen, steigender medizinischer Bedarf und/oder Bedürfnisse der Patienten. Dem Absinken des Punktwertes bei den CT- und MRT-Leistungen liege keine Mengenausweitung durch die Radiologen selbst zugrunde, da diese von Überweisungen der anderen Ärzte abhängig seien. Deren Auftragsverhalten und der steigende medizinische Bedarf seien die Ursachen. Dem hätte die Beklagte Rechnung tragen und entweder von vornherein auf die Bildung des Topfes verzichten oder diesen bei Absinken des Punktwertes wieder auflösen oder bei Belassung einen ausreichenden unteren Interventionspunktwert einführen müssen. Sie dürfe aber nicht, wie hier geschehen, die Honorarverteilung als Mittel der Honorar- und Mengenbegrenzung sowie der Einkommensteuerung einsetzen. Einzelne Arztgruppen und/oder Leistungsbereiche könne sie nur fördern, wenn sie sich dabei an den im EBM-Ä und in den Gesamtverträgen angelegten Strukturen orientiere. Dabei dürften Ärzte nicht durch Bildung eines Honorartopfes vor den Folgen einer von ihnen selbst verursachten Leistungsdynamik geschützt werden. Überdies habe die Beklagte den Anteil an der Gesamtvergütung für den gesonderten Honorartopf nicht nach dem Bezugsquartal IV/1992 bemessen dürfen. Weder die Bildung des Topfes noch die Bemessung seines Honorarvolumens könnten - wegen des strukturellen Fehlgriffs - als sog Anfangs- oder Erprobungsregelung gerechtfertigt werden. Eine Normsetzung durch die KÄV bzw deren Vertreterversammlung kollidiere auch damit, daß die Kompetenz, für Großgeräteleistungen Honorarabstaffelungen einzuführen, gemäß § 87 Abs 2b Sätze 3 ff des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch <SGB V> (idF des GSG) bei dem Bewertungsausschuß liege.

Die Kläger beantragen,

die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. Mai 1997 und des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. September 1995 sowie den Honorarbescheid vom 27. Mai 1994 (Primärkassen) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Dezember 1994 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Widerspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats neu zu bescheiden,

hilfsweise,

die Sache unter Aufhebung des Urteils des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. Mai 1997 an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Bildung eines gesonderten Honorartopfes für Leistungen mit medizinisch-technischen Großgeräten, wie CT- und MRT-Geräten, sei zulässig gewesen. Das sachgerechte Differenzierungskriterium ergebe sich aus dem GSG mit seinen Sonderbestimmungen für den EBM-Ä hinsichtlich der Leistungen der Prävention, des ambulanten Operierens, des Labors sowie der Großgeräte. Die Regelung sei als Anfangs- und Erprobungsregelung konzipiert, wie die baldigen Korrekturen - ab Quartal III/1994 Stützungsmaßnahmen und ab Quartal I/1995 Zuordnung zum Honorartopf der übrigen Leistungen - zeigten. Schnellere Korrekturen seien ihr, der Beklagten, nicht möglich gewesen, weil sie die Abrechnungsdaten erst längere Zeit nach Quartalsschluß erhalte. Der Topfbildung habe nicht entgegengestanden, daß die Großgeräte-Leistungen nur auf Überweisung erbracht würden, so daß die Leistungserbringer selbst eine Mengenausweitung nicht bewirken könnten. Ob bzw inwieweit die einzelnen Arztgruppen einer Belastung entgegensteuern könnten, sei seit 1993, als das "gedeckelte Gesamtbudget" eingeführt worden sei, nicht mehr entscheidend gewesen. Hier sei es nur noch auf die gleichmäßige Verteilung der Belastungen auf alle Arztgruppen angekommen, was die Zuweisung des bisherigen Anteils an der Gesamtvergütung auch bei den Großgeräte-Leistungen gerechtfertigt habe. Etwas anderes lasse sich auch nicht aus ihren hohen Fixkosten herleiten. Diese seien im EBM-Ä durch hohe Punktzahlen berücksichtigt worden. Nicht zu beanstanden sei auch die Bemessung des Volumens des Honorartopfes nach dem Quartal IV/1992. Dieses sei das zeitnächste gewesen. Im übrigen hätten sich hieraus auch Vorteile für die Großgeräte-Betreiber im Vergleich etwa mit einer Anknüpfung an Werte von 1991 ergeben, weil ihre Leistungen 1992 zu einem deutlich höheren - festen - Punktwert vergütet worden seien.

Die Beklagte hat ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. H. vom 14. März 1993 vorgelegt. Dieser hat den aus dem GSG einschließlich dessen Art 26 resultierenden Eingriff als verfassungsgemäß und eine Topfbildung für CT- und MRT-Leistungen als rechtlich zulässig angesehen. Für diesen Fall hat er allerdings ein Sinken des Punktwertes als wahrscheinlich vorausgesagt, dies aber während einer Erprobungsphase für hinnehmbar gehalten.

II

Die Revision der Kläger ist unbegründet. Das LSG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß die Primärkassen-Abrechnung für das Quartal IV/1993 rechtmäßig ist. In diesem Quartal war die von den Klägern beanstandete HVM-Regelung der Bildung eines gesonderten Honorartopfes für CT- und MRT-Leistungen noch rechtmäßig.

Honorarverteilungsregelungen einer KÄV sind an den gesetzlichen Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V iVm dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, der sich aus Art 12 iVm Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) ergibt, zu messen (stRspr, zB BSGE 73, 131, 135 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 4 S 23 f; BSGE 81, 213, 217 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 23 S 152 f). Zentrale Bedeutung kommt dabei der Bestimmung des § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V zu, nach der bei der Verteilung der Gesamtvergütung Art und Umfang der Leistungen des Vertragsarztes zugrunde zu legen sind. Dieser Vorschrift kann jedoch, wie der Senat wiederholt entschieden hat, nicht die Forderung entnommen werden, die Leistungen müßten nach ihrer Art und ihrem Umfang stets gleichmäßig, dh mit einem für alle Leistungen einheitlichen Punktwert, honoriert werden. Das Gesetz schließt nicht grundsätzlich aus, durch Regelungen im HVM die Gesamtvergütung in Teilbudgets aufzuteilen, auch wenn sich als deren Folge ergibt, daß vertragsärztliche Leistungen nicht mehr entsprechend der im EBM-Ä festgelegten Punktzahl-Bewertung, sondern - aufgrund unterschiedlicher Punktwerte, die auf unterschiedlichen Mengenentwicklungen in den verschiedenen Leistungsbereichen beruhen - unterschiedlich hoch vergütet werden. Im Hinblick auf die berufsregelnde Tendenz von Honorarverteilungsvorschriften steht die Bildung von Teilbudgets allerdings nicht im freien Ermessen der KÄV. Vielmehr bedarf es für solche Topfbildungen, wegen der möglichen unterschiedlichen Punktwerte, einer sachlichen Rechtfertigung (grundlegend BSGE 73, 131, 135 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 4 S 23 f; zuletzt BSGE 81, 213, 217 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 23 S 152 f und BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 24 S 163).

Das Gesetz räumt ausdrücklich die Möglichkeit ein, eine nach Arztgruppen oder Versorgungsgebieten unterschiedliche Verteilung der Vergütung vorzusehen (§ 85 Abs 4 Satz 5 SGB V idF des GSG vom 21. Dezember 1992, BGBl I 2266). Dementsprechend ist es grundsätzlich zulässig, im HVM gesonderte Honorartöpfe für die verschiedenen Fachgruppen zu bilden, um Vorsorge dagegen zu treffen, daß durch eine unterschiedliche Mengendynamik in den verschiedenen Fachgruppen das Honorargefüge ungerechtfertigt zugunsten einzelner und zum Nachteil anderer Arztgruppen verändert wird (zuletzt BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 24 S 164).

Außer gesonderten Honorartöpfen nach Arztgruppen oder Versorgungsgebieten kann deren Bildung auch nach Leistungsbereichen, wie sie im HVM der Beklagten in Frage steht, zulässig sein. Aus der oben angesprochenen Vorschrift des § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V, wonach bei der Verteilung der Gesamtvergütung Art und Umfang der Leistungen zugrunde zu legen sind, ist gleichfalls abzuleiten, daß eine unterschiedliche Honorierung - bei Vorliegen von Sachgründen - nach der Art der Leistungen zulässig sein kann. Demgemäß können Honorartöpfe nach Leistungsbereichen gebildet werden, wenn damit Steuerungszwecke verbunden sind, die ihrerseits im Gesetz bzw im vertragsärztlichen Vergütungssystem selbst angelegt sind oder die zu verfolgen zu den legitimen Aufgaben der KÄV im Rahmen ihres Sicherstellungsauftrags gehört (zuletzt BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 16 S 105). Der Senat hat es deshalb im Grundsatz akzeptiert, daß zur Absicherung eines durch die Reform des EBM-Ä von 1987 geschaffenen neuen Vergütungsgefüges Honorartöpfe für Laborleistungen gebildet (vgl BSGE 73, 131, 137 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 4 S 25 ff), und weiter, daß in Anknüpfung an die Neuregelungen des § 85 Abs 3a Satz 6 und Abs 4a Satz 3 (seit 1. Juli 1997: Satz 2) SGB V solche für die Leistungen des ambulanten Operierens eingeführt wurden (BSGE 77, 279, 284 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 10 S 58 ff; ebenso BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 12 S 77 ff). Mischsysteme mit Honorartöpfen sowohl für bestimmte Leistungsbereiche als auch nach Arztgruppen sind gleichfalls zulässig. Demgemäß hat die Rechtsprechung einen HVM mit Honorartöpfen für Leistungen des ambulanten Operierens und der Prävention sowie einer Zuteilung des Resthonorars nach Arztgruppen gebilligt (BSGE 77, 288, 292 = SozR aaO Nr 11 S 67 f; BSG, Urteil vom 7. Februar 1996 - 6 RKa 83/95 - USK 96 85 S 492 ff).

Zu den legitimen Aufgaben der KÄV im Rahmen ihres Sicherstellungsauftrags, die sie zu sachbezogenen Honorarverteilungsregelungen mit der Bildung von Teilbudgets berechtigt, gehörte auch die Umsetzung der durch das GSG (vom 21. Dezember 1992, BGBl I 2266) in § 85 Abs 3a bis 3c SGB V eingeführten Obergrenze für Erhöhungen der Gesamtvergütungen (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 24 S 163 f und zum folgenden zB auch BSGE 77, 288, 292 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 11 S 68 und BSGE 81, 213, 218 = SozR 3-2500 § 85 Nr 23 S 153). Die Regelungen banden das Wachstum der Gesamtvergütungen - in Anknüpfung an das Vergütungsvolumen des Jahres 1991 - an die Entwicklung der Grundlohnsumme, dh der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder aller Krankenkassen. Aufgrund dieser Budgetierungen mußte bei nur geringfügig steigenden Gesamtvergütungen und stärkerer Zunahme der abgerechneten Leistungen, zB auch durch Zulassung weiterer Leistungserbringer, die Vergütung für die einzelne Leistung sinken. Dies wiederum konnte dazu führen, daß Ärzte versuchten, durch Leistungsausweitungen und die damit verbundene Erhöhung ihrer Punktzahlanforderungen die mit dem Absinken des Punktwertes einhergehenden Honorarminderungen aufzufangen. Die Auswirkungen dieses Vorgehens würden auch solche Ärzte und Arztgruppen treffen, die nicht zu Leistungsmengenausweitungen beigetragen hatten. Zur Verhinderung dieser Folgen lag es nahe, entsprechend den Regelungen auf gesetzlicher Ebene die Honorarvolumina in den einzelnen Leistungsbereichen auf dem bisherigen Stand festzuschreiben. Eine solche Festschreibung von Honorarkontingenten durch Bildung von Töpfen für die einzelnen Arztgruppen und/oder Leistungsbereiche in Anknüpfung an die vor dem 1. Januar 1993 bestehenden Honorarvolumina war somit die konsequente Folgerung aus den Neuregelungen des GSG und damit grundsätzlich rechtlich zulässig (BSGE 77, 288, 293 = SozR 3-2500 § 85 Nr 11 S 68 f; vgl auch BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 24 S 164).

Die Festlegung eines bestimmten Honorarkontingents für CT- und MRT-Leistungen war danach im Grundsatz nicht zu beanstanden. Dem steht nicht entgegen, daß es sich bei ihnen um überweisungsgebundene Leistungen handelt, zumindest soweit sie von Ärzten für Radiologie ausgeführt werden (§ 12 Abs 4 BMV-Ä in der 1993 geltenden Fassung; heute § 13 Abs 4 BMV-Ä in der seit dem 1. Januar 1995 geltenden Fassung). Die Bildung von festen Honorarkontingenten kann neben der Begrenzung der Auswirkungen des Mengenzuwachses auf die dafür verantwortliche Arztgruppe oder den betroffenen Leistungsbereich auch dem Ziel dienen, die kontingentierten Leistungen vor einem Punktwertabfall zu schützen, der sich durch Mengenausweitungen in anderen Bereichen ergibt. Dieser Gesichtspunkt trifft für überweisungsgebundene Leistungen in gleicher Weise wie für andere ärztliche Leistungen zu. Der Senat hat zudem bereits entschieden, daß eine Topfbildung unter dem Gesichtspunkt der Mengenbegrenzung auch für überweisungsgebundene Leistungen zulässig ist, wenn bei ihnen trotz der Überweisungsgebundenheit die Möglichkeit der Mengenausweitung durch die die Leistung erbringenden Ärzte besteht (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 24 S 164 bis 166 für Laborleistungen nach Abschnitt O III des EBM-Ä). Zur Umsetzung der Neuregelung des vertragsärztlichen Vergütungssystems durch das GSG waren die KÄVen darüber hinaus berechtigt, auch solche überweisungsgebundenen Leistungen zunächst in die Kontingentierung einzubeziehen, bei denen der Überweisungsempfänger regelmäßig keine nennenswerten Möglichkeiten zur Erweiterung des ihm erteilten Auftrags hat. Die KÄVen durften sich von der Erwägung leiten lassen, Verschiebungen zwischen den Vergütungsanteilen der einzelnen Leistungsbereiche gegenüber dem Stand von 1991 bzw 1992 für einen gewissen Zeitraum generell auszuschließen, um so die mit der strikten Begrenzung des Anstiegs der Gesamtvergütungen verbundenen Konsequenzen für die vertragsärztliche Leistungserbringung bewerten sowie die Mengenentwicklung nach Arztgruppen und Leistungsbereichen genau analysieren und darauf gezielt reagieren zu können.

Die Entscheidung der Beklagten, bei der Bemessung des dem Topf zuzuweisenden Anteils an der Gesamtvergütung an das Quartal IV/1992 anzuknüpfen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Dieses war das zeitnächste vergangene Quartal, dem zugleich der ab Oktober 1992 geänderte EBM-Ä zugrunde lag.

Die Kläger können demgegenüber mit ihrer Forderung, das Finanzvolumen hätte sofort größer gewählt werden müssen, weil ab 1993 in erheblichem Maße weitere Großgeräte-Zulassungen bzw -Standortgenehmigungen - auch solche nach § 85 Abs 2a Sätze 2 und 3 SGB V - zu erwarten gewesen seien, nicht durchdringen. Denn aufgrund der Regelungen des GSG waren auch in den meisten anderen Bereichen für 1993 Zulassungen weiterer Vertragsärzte zu erwarten, so daß sich die Situation bei den Betreibern von Großgeräten hiervon nicht unterschied. Überdies waren vielfach die Genehmigungen zum Betreiben von Großgeräten aufgrund der Bestimmung in § 85 Abs 2a Satz 3 SGB V erst im Jahr 1994 zu erteilen. Ferner führen weitere Zulassungen nicht zwingend zu medizinisch gerechtfertigten Mengenausweitungen (BSGE 77, 288, 295 = SozR 3-2500 § 85 Nr 11 S 71), zumal nicht bei Leistungen, für die Überweisungen anderer Ärzte nötig sind.

Die Bildung von Teilbudgets löst allerdings eine Beobachtungs- und Reaktionspflicht der KÄV dahin aus, daß sie Verteilungsregelungen, mit denen sie in Verfolgung bestimmter Ziele vom Grundsatz der gleichmäßigen Honorarverteilung abweicht, regelmäßig zu überprüfen hat. Sie hat sie zu ändern bzw weiterzuentwickeln, wenn sich herausstellt, daß der Zweck der Regelung ganz oder teilweise nicht erreicht oder gar verfehlt wird (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 12 S 80 f), oder wenn die vorgenommene Einteilung in Teilbudgets dazu führt, daß der Punktwert in einzelnen Bereichen deutlich stärker abfällt als bei dem größten Teil der sonstigen Leistungen und als Grund dafür keine von den jeweiligen Leistungserbringern selbst verursachten Mengenausweitungen erkennbar sind (vgl BSGE 77, 288, 293 = SozR 3-2500 § 85 Nr 11 S 69 und BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 24 S 168). Eine Korrekturverpflichtung setzt weiter voraus, daß es sich um eine dauerhafte, also nicht nur um eine vorübergehende Entwicklung handelt. Außerdem muß ein vom Umsatz her wesentlicher Leistungsbereich einer Arztgruppe betroffen sein. Der Punktwertabfall muß erheblich sein; nicht jede Punktwertdifferenz zwischen verschiedenen Honorartöpfen gibt Anlaß zur Korrektur der Honorarverteilung. Die KÄV kann zudem berücksichtigen, daß auch bei von den Leistungserbringern nicht mitzuverantwortenden Mengenausweitungen typischerweise Rationalisierungseffekte entstehen, die einen gewissen Ausgleich für den Punktwertabfall darstellen können. Werden Honorartöpfe für Leistungen gebildet, die Ärzte nur auf Überweisung hin erbringen können und bei denen ihnen eine Mitverantwortung für eine Mengenausweitung und damit ein Punktwertabfall nicht zugerechnet werden kann, sieht der Senat im Regelfall Anlaß zur Korrektur der Honorarverteilung, wenn der Punktwert der aus dem Honorartopf vergüteten Leistungen um 15 % oder mehr niedriger ist als der Punktwert für den größten Teil der sonstigen Leistungen.

Im vorliegenden Verfahren hatte der Punktwert nach den vom LSG in Bezug genommenen Feststellungen des SG in allen Quartalen des Jahres 1992 (Primärkassenbereich) für alle Leistungen noch 10 Pf betragen - die CT- und MRT-Leistungen zählten zu den allgemeinen Leistungen - und belief sich in den Quartalen I/1993 bis IV/1993 für die sog übrigen Leistungen noch auf 9,0 Pf. Demgegenüber fiel er im Bereich der CT- und MRT-Leistungen im Quartal I/1993 auf 8,7 Pf, im Quartal II/1993 auf 8,0 Pf sowie im Quartal III/1993 auf 7,65 ab. Dieser Trend zum Punktwertverfall, der sich ab dem Quartal II/1993 erkennbar abzeichnete und im Quartal III/1993 eine Differenz von 15 % zu den 9,0 Pf für die sog übrigen Leistungen erreichte, hätte für die Beklagte Anlaß sein müssen, jedenfalls für die Zeit ab dem Quartal I/1994 Vorsorge dafür zu treffen, daß ein weiteres Zurückbleiben des Punktwertes für CT-/MRT-Leistungen im Vergleich zum allgemeinen Punktwert zumindest teilweise aufgefangen wird.

Gegen die Annahme einer Nachbesserungspflicht kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, daß ebenso wie im Laborbereich (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 24 S 164 bis 166) auch im CT-/MRT-Bereich die Leistungserbringer selbst als verantwortlich bzw mitverantwortlich für die Leistungsausweitung und den Punktwertabfall anzusehen seien. Dafür bestehen, anders als im Laborbereich, keine greifbaren Anhaltspunkte. Weder ist im Berufungsurteil hierzu etwas festgestellt noch von der Beklagten geltend gemacht worden, daß Radiologen den Umfang der von ihnen erbrachten Leistungen bestimmen. Es spricht vielmehr einiges dafür, daß die Ausweitung der CT- und MRT-Leistungen auf dem medizinisch-technischen Fortschritt beruht, weil solche Untersuchungen zunehmend als aussagekräftigere und - etwa im Vergleich zum herkömmlichen Röntgen - auch als schonendere Methode angesehen werden und daher die übrigen Ärzte von sich aus vermehrt CT- und MRT-Untersuchungen in Auftrag geben. Hiervon ausgehend besteht kein Anlaß, die anderen Ärzte von den Auswirkungen der Leistungsvermehrung zu verschonen und nur den Radiologen den Punktwertabfall aufzubürden.

Der KÄV kann hier auch nicht etwa eine so lange Handlungsfrist eingeräumt werden, wie der Senat sie für die Bildung von Honorartöpfen für ambulantes Operieren zugestanden hatte. In diesem Fall ist das Zuwarten jedenfalls für die Zeit bis Ende 1994 akzeptiert worden (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 12 S 80 ff; insoweit weitergehend als BSGE 77, 279, 287 = SozR 3-2500 § 85 Nr 10 S 62, worin nur über das Quartal I/1993 zu entscheiden war). Dem lag die Besonderheit zugrunde, daß die gesetzlichen Regelungen für den Bereich des ambulanten Operierens auf zunehmende Steigerung des Vergütungsvolumens für diese Leistungen angelegt und die Auswirkungen der angestrebten Verlagerung ambulanter Operationen vom stationären in den ambulanten Bereich nicht abschätzbar waren (BSG aaO Nr 12 S 81). Genauere Daten über das Leistungsgeschehen und seine Zusammenhänge lagen erst 1995/96 vor (aaO S 81 f). Derartige Besonderheiten sind im hier vorliegenden Fall des Honorartopfes für CT- und MRT-Leistungen nicht gegeben.

In welcher Art und Weise sowie in welchem Ausmaß die KÄV Anpassungen vornehmen muß, läßt sich nicht allgemein angeben. Es gibt keinen Rechtssatz, der einen Anspruch des Arztes auf Vergütung seiner Leistungen mit einem bestimmten Punktwert begründet, weder darauf, daß sie mit dem gleichen Punktwert wie Grundleistungen oder ebenso wie die Leistungen anderer Ärzte vergütet werden (vgl BSGE 73, 131, 141 = SozR 3-2500 § 85 Nr 4 S 29; BSGE 77, 288, 295 = SozR 3-2500 § 85 Nr 11 S 70), noch darauf, daß alle auf Überweisung erbrachten mit einem festen Punktwert vergütet werden müßten (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 24 S 165). Auch aus § 72 Abs 2 SGB V, wonach ärztliche Leistungen angemessen zu vergüten sind, läßt sich grundsätzlich kein Anspruch auf einen höheren als den im HVM vorgesehenen Punktwert herleiten (vgl BSGE 77, 279, 287 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 10 S 62; SozR 3-2500 § 85 Nr 12 S 82). Andererseits darf eine notwendige Anpassung nur insoweit noch Punktwertbenachteiligungen bestehen lassen, als dafür eine sachliche Rechtfertigung besteht.

Aus der Handlungspflicht der Beklagten und ihrer Vertreterversammlung, derentwegen ab Beginn des Jahres 1994 die Berechtigung eines gesonderten Honorartopfes für CT-/MRT-Leistungen ohne punktwertstützende Maßnahmen o.ä. entfiel und die Regelung daher nichtig war (zur Nichtigkeitsfolge vgl Beschluß des Senats vom 18. März 1998 - B 6 KA 31/97 B - ), können die Kläger allerdings für ihr mit der Revision weiterverfolgtes Klagebegehren nichts herleiten. Denn dieses betrifft nur die Honorarabrechnung für das Quartal IV/1993, für das die Beklagte noch nicht zu einem Tätigwerden verpflichtet war, sondern es noch bei der am 20. März 1993 geschaffenen Regelung belassen konnte. Die von ihnen erhobene Klage haben das SG und das LSG deshalb zu Recht als unbegründet angesehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG. Bei seiner Entscheidung, die Kläger nicht gemäß § 193 Abs 4 SGG zur Erstattung der Kosten der Beklagten zu verpflichten, hat der Senat berücksichtigt, daß die Kläger mit ihrem Grundanliegen Erfolg gehabt haben.

Ende der Entscheidung

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