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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 23.02.2005
Aktenzeichen: B 6 KA 79/03 R
Rechtsgebiete: EBM-Ä, SGB V


Vorschriften:

EBM-Ä Nr 10
SGB V § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Az: B 6 KA 79/03 R

Der 6. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 23. Februar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Engelmann, die Richter Dr. Wenner und Gasser sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Gerdelmann und Dr. Walmuth

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 4. September 2003 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Umstritten sind Honorarkürzungen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung.

Die Klägerin nahm in den streitbefangenen Quartalen III/1997 bis I/1998 als Allgemeinärztin im Bezirk der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) an der vertragsärztlichen Versorgung teil. In diesen Quartalen unterschritt die Zahl ihrer Behandlungsfälle den Durchschnitt der aus ca 600 Allgemeinärzten bestehenden Arztgruppe um Werte zwischen 10 und 20 Prozent; auch der Gesamtfallwert der Klägerin war unterdurchschnittlich. Da ihre Honoraranforderungen in den streitbefangenen Quartalen das ihr zustehende Praxisbudget überstiegen, wurden sie entsprechend gekürzt.

Die Klägerin überschritt mit ihrer im Revisionsverfahren allein noch umstrittenen Abrechnung der Leistungen nach Nr 10 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen <EBM-Ä> (Therapeutisches hausärztliches Gespräch ua zu komplexen erkrankungsbedingten Patientenproblemen) den Durchschnitt der Vergleichsgruppe - nach Berücksichtigung der Kürzungsmaßnahmen infolge der Vorschriften über das Praxisbudget - um 153,09 % (Quartal III/1997), 147,12 % (Quartal IV/1997) und 120,61 % (Quartal I/1998). Der von den Beigeladenen angerufene Prüfungsausschuss fand nach Durchsicht der Praxisunterlagen keine nachvollziehbaren Gründe für diese Überschreitungen und führte die Honorarforderungen in allen drei Quartalen auf eine Überschreitung des Vergleichsgruppendurchschnitts - nach Berücksichtigung von Budgetierungsmaßnahmen - um 40 Prozent zurück. Daraus ergab sich insgesamt eine Kürzung von ca 30.000 DM.

Der beklagte Beschwerdeausschuss wies die Widersprüche der Klägerin zurück. Die von ihr geltend gemachte besondere ganzheitlich-anthroposophische Praxisausrichtung rechtfertige die hohen Überschreitungen bei der Gesprächsleistung nach Nr 10 EBM-Ä nicht. Gegen die geltend gemachten kompensierenden Einsparungen wegen leicht unterdurchschnittlicher Arzneikosten sprächen die in Relation zur Vergleichsgruppe überdurchschnittlich hohen Aufwendungen für Leistungen der physikalischen Therapie.

Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Vorliegen von Praxisbesonderheiten und von kompensierenden Einsparungen in anderen Leistungsbereichen verneint. Zutreffend habe der Beklagte die Wirtschaftlichkeitsprüfung erst nach erfolgter Budgetierung durchgeführt und damit berücksichtigt, dass die von der Kürzung betroffenen Leistungen nach Nr 10 EBM-Ä bereits Gegenstand von Honorarbegrenzungsmaßnahmen auf Grund des Praxisbudgets gewesen seien. Die Honorarkürzungen seien nur mit dem Wert wirksam geworden, den sie unter Budgetbedingungen bei der Klägerin tatsächlich gehabt hätten. Das entspreche den gesetzlichen Vorgaben (Urteil vom 4. September 2003).

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, angesichts der Inhomogenität der betroffenen Arztgruppe der Allgemeinmediziner sei die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis mit dem von den Prüfgremien zugestandenen Überschreitungswert von 40 Prozent zu niedrig angesetzt worden. Die ganzheitlich-anthroposophische und umweltmedizinische Ausrichtung ihrer Behandlungsweise sei zu Unrecht nicht als Praxisbesonderheit gewertet worden. Im Übrigen sei es unsystematisch, bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung die Budgetkürzung anteilsmäßig mit einzubeziehen. Gegenstand von Wirtschaftlichkeitsprüfungsmaßnahmen könne nur das vom Arzt abgerechnete Honorar, also das Honorar vor Budgetierung, sein. Wenn sich Unwirtschaftlichkeiten ergäben, sei die Honorarforderung generell, für einzelne Leistungssparten oder für einzelne Leistungspositionen entsprechend zu kürzen. Auf die so als wirtschaftlich anerkannte Honorarforderung seien dann die Budgetierungsbestimmungen anzuwenden. Selbst wenn indessen der von dem Beklagten gewählte Ansatz, für die Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung an das dem Arzt nach Anwendung der Budgetierungsregelungen zustehende Honorar anzuknüpfen, richtig sein sollte, müsse daraus die Konsequenz gezogen werden, besonders sorgfältig eine intellektuelle Prüfung durchzuführen, ob tatsächlich Unwirtschaftlichkeit gegeben sei. Der Beklagte habe eine derartige Prüfung unterlassen.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 4. September 2003 und des Sozialgerichts Mainz vom 10. Juli 2002 zu ändern und die Bescheide des Beklagten vom 29. Februar 2000 insgesamt aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Er hält das Berufungsurteil im Hinblick auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen unter Berücksichtigung der Regelungen über das Praxisbudget für zutreffend.

Die zu 1. beigeladene KÄV beantragt ebenfalls,

die Revision zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, dass das BSG inzwischen mehrfach bestätigt habe, dass Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht leer laufen dürften. Dieses Ergebnis würde aber eintreten, wenn der von der Klägerin für richtig gehaltenen Prüfungsreihenfolge gefolgt werde. Die unwirtschaftliche Mehrforderung im Bereich der Leistungen nach Nr 10 EBM-Ä würde dann durch die Kürzungen des Praxisbudgets insgesamt vollständig kompensiert. Das sei nicht Sinn der Bestimmungen über die vertragsärztliche Wirtschaftlichkeitsprüfung.

Die übrigen Beigeladenen äußern sich im Revisionsverfahren nicht.

Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG> ) einverstanden erklärt.

II

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die vom Beklagten festgesetzten Honorarkürzungen sind, wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat, nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage für Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise ist § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) in der hier noch maßgeblichen Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten beurteilt. Nach den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist die statistische Vergleichsprüfung die Regelprüfmethode (stRspr, s zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 4 RdNr 5, mwN). Die Abrechnungswerte des Arztes werden mit denjenigen der Fachgruppe oder mit denen einer nach verfeinerten Kriterien gebildeten engeren Vergleichsgruppe im selben Quartal verglichen. Ergänzt durch die sog intellektuelle Betrachtung, bei der medizinisch-ärztliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, ist dies die Methode, die typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse bringt. Ergibt die Prüfung, dass der Behandlungsaufwand des Arztes je Fall bei dem Gesamtfallwert, bei Sparten- oder Einzelleistungswerten in offensichtlichem Missverhältnis zu dem durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, ihn nämlich in einem Ausmaß überschreitet, das sich im Regelfall nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur oder in den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lässt, hat das die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit (stRspr, zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 4 RdNr 5).

Die arztgruppenbezogene Prüfung nach Durchschnittswerten ist unter der Voraussetzung ausreichender Vergleichbarkeit nach wie vor auch zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit des Ansatzes einzelner Leistungspositionen des EBM-Ä heranzuziehen (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 4 RdNr 6). Die Abrechnung einzelner Leistungspositionen kann Gegenstand der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten sein, soweit es sich um Leistungen handelt, die für die betreffende Arztgruppe typisch sind, also von einem größeren Teil der Fachgruppenmitglieder regelmäßig in nennenswerter Zahl erbracht werden und damit eine ausreichende Vergleichsgrundlage abgeben. Es steht danach mit Bundesrecht in Einklang, dass der Beklagte die Honorarforderung der Klägerin für die Leistungen nach Nr 10 EBM-Ä statistisch überprüft hat. Bei der Leistung nach Nr 10 EBM-Ä (Therapeutisches hausärztliches Gespräch ua zu komplexen erkrankungsbedingten Patientenproblemen, Dauer mindestens 10 Minuten, bewertet mit 300 Punkten) handelt es sich um eine für die Fachgruppe typische Leistung, die von allen Hausärzten erbracht werden kann und die tatsächlich auch von nahezu allen Ärzten der vom Beklagten zutreffend gebildeten Vergleichsgruppe abgerechnet worden ist. Die Beratungsleistung nach Nr 10 EBM-Ä ist von der speziellen Ausrichtung der einzelnen Arztpraxis weitgehend unabhängig, weil in einer hausärztlichen Praxis zahlreiche Patienten zu komplexen erkrankungsbedingten Problemen beraten werden müssen. Der Umfang der Beratungen wird allenfalls geringfügig davon beeinflusst, welches spezielle therapeutische Konzept der einzelne Arzt verfolgt. Insoweit wird schon im Ansatz mit der von der Klägerin für ihre Praxis geltend gemachten anthroposophischen bzw ganzheitlichen und umweltmedizinischen Ausrichtung ein signifikanter Mehrbedarf für Beratungsleistungen nach Nr 10 EBM-Ä nicht dargelegt.

Ähnlich wie die Leistung nach Nr 18 EBM-Ä, die Gegenstand des Senatsurteils vom 16. Juli 2003 (SozR 4-2500 § 106 Nr 3) gewesen ist, zeichnet sich auch die Leistung nach Nr 10 EBM-Ä nicht durch eine spezielle, in bestimmter Weise fachlich qualifizierten Ärzten vorbehaltene Leistungslegende aus. Sie knüpft vielmehr an die allgemeine Aufgabe eines jeden Arztes an, das Krankheitsgeschehen und seine Auswirkungen gerade bei einer Mehrzahl von Erkrankungen mit dem Patienten zu erörtern und anschließend beratend therapeutische Hinweise oder Begleitinformation zu geben. Es handelt sich dabei um eine Leistung, die nicht durch Behandlungen anderer Art - etwa im Rahmen einer besonderen Therapierichtung (vgl § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V) - zu ersetzen ist.

Zu Recht hat es der Beklagte abgelehnt, die von der Klägerin als "anthroposophisch/ganzeitlich/umweltmedizinisch" gekennzeichnete Ausrichtung ihrer Behandlungsweise als Praxisbesonderheit zu würdigen. Praxisbesonderheiten sind aus der Zusammensetzung der Patienten herrührende Umstände, die sich auf das Behandlungsverhalten des Arztes auswirken und in den Praxen der Vergleichsgruppe nicht in entsprechender Weise anzutreffen sind (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 27 S 153). Die betroffene Praxis muss sich nach der Zusammensetzung der Patienten und hinsichtlich der schwerpunktmäßig zu behandelnden Gesundheitsstörungen vom typischen Zuschnitt einer Praxis der Vergleichsgruppe unterscheiden (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 50 S 265), und diese Abweichung muss sich gerade auf die überdurchschnittlich häufig erbrachten Leistungen auswirken. Das ist bei allgemeinen Gesprächs- und Beratungsleistungen in einer hausärztlichen Praxis nicht naheliegend. Die Klägerin hat dies stets auch nur pauschal behauptet und gegenüber den Prüfgremien nicht patientenbezogen substantiiert.

Die Klägerin hat hinsichtlich des Ansatzes der Nr 10 EBM-Ä den Durchschnitt der Vergleichsgruppe - bereinigt um die Auswirkungen der Regelungen über das Praxis-Budget - um 153 %, 147 % und 120 % überschritten. Dass insoweit der Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses deutlich erreicht ist, haben die Prüfgremien zutreffend festgestellt. Die Klägerin wendet sich dagegen im Revisionsverfahren nicht mehr.

Rechtsfehler sind auch nicht erkennbar, soweit der Beklagte angenommen hat, die Schwelle zur offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit könne im Falle der Klägerin und der geprüften Leistung nach Nr 10 EBM-Ä bei einer Überschreitung der entsprechenden Durchschnittswerte der Vergleichsgruppe um 40 % angesetzt werden. Einem Grenzwert zur Festlegung des offensichtlichen Missverhältnisses kommt allgemein die Funktion zu, dass bei seinem Überschreiten der Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit erbracht ist und nunmehr der betroffene Arzt darzulegen hat und die Beweislast dafür trägt, dass gleichwohl von wirtschaftlicher Behandlungsweise auszugehen ist. Von welchem Grenzwert an dies anzunehmen ist, entzieht sich einer allgemeinverbindlichen Festlegung (stRspr, zB BSGE 76, 53, 55 = SozR 3-2500 § 106 Nr 26 S 146). Bei Einzelleistungsprüfungen hat es die Rspr des Senats insoweit als unbedenklich angesehen, die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis typisierend jeweils beim Doppelten des Fachgruppendurchschnitts anzusetzen (BSGE 50, 84, 86 = SozR 2200 § 368e Nr 4 S 8 mwN; BSGE 71, 194, 198 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 15 S 90). Allerdings darf bei Arztgruppen mit engem Leistungsspektrum die Grenzziehung schon bei einem Überschreiten der Durchschnittswerte der Vergleichsgruppe um 40 % oder weniger vorgenommen werden (vgl BSGE 62, 24, 30 = SozR 2200 § 368n Nr 48 S 162 <zahnärztliches Honorar>; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 41 S 225 <Arzneikostenregress>; Engelhard: in Hauck/Noftz, SGB V, K § 106 RdNr 167 ff, mwN). Möglich sind niedrigere Grenzwerte ferner, wenn es um genau umrissene, nicht anders ersetzbare Einzelleistungen innerhalb einer hinreichend homogenen Vergleichsgruppe geht (vgl BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 11 S 58; BSG, Urteil vom 10. Mai 1995 - 6 RKa 2/94 - USK 9581 S 451 f - zum zahnärztlichen Bereich).

Gegen die vom Beklagten hier zu Grunde gelegte 40-Prozent-Grenze bestehen bei Anwendung der aufgezeigten Grundsätze keine Bedenken. Soweit es der Senat als zulässig erachtet hat, bei Einzelleistungsprüfungen die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis typisierend beim Doppelten des Fachgruppendurchschnitts zu ziehen, liegt darin keine absolute Untergrenze. Vielmehr bestehen selbst gegen Grenzwerte von unter 40 % keine Bedenken, wenn die Prüfgremien Besonderheiten der Praxis von vornherein mitberücksichtigt haben, es also um eine Grenzwertfestsetzung geht, die erfolgt, nachdem die statistische Vergleichsprüfung der Wirtschaftlichkeit bereits um anzuerkennende individuelle Umstände des Arztes "bereinigt" worden ist (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 41 S 225 ff und SozR aaO Nr 43 S 239). Da hier bei der Klägerin Praxisbesonderheiten und/oder kompensierende Einsparungen nicht anzuerkennen sind und keine Gesichtspunkte gegen die Aussagekraft eines statistischen Einzelleistungsvergleichs bei Leistungen nach Nr 10 EBM-Ä sprechen, ist der vom Beklagten zur Erfassung individueller Behandlungseigenheiten und sonstiger Unwägbarkeiten angenommene Grenzwert von plus 40 % nicht zu beanstanden.

Soweit die Klägerin geltend macht, die vom Beklagten festgesetzte Kürzung habe sich in ihrem Fall nicht honorarmindernd auswirken dürfen, trifft das nicht zu. Sie stützt sich insoweit darauf, dass sie in den streitbefangenen Quartalen in dem Leistungsbereich, der vom Praxisbudget (Allgemeine Bestimmungen, A I, Teil B EBM-Ä in der ab 1. Juli 1997 geltenden Fassung, aufgehoben mit Wirkung vom 1. Juli 2003) erfasst wird, eine Budgetkürzung von knapp 21 % (Quartal III/1997) habe hinnehmen müssen. Das habe der Beklagte nicht beachtet. Dieser Einwand ist schon in tatsächlicher Hinsicht nicht berechtigt. Im Übrigen steht die Auffassung der Revision, die Honorarkürzung habe an das von dem betroffenen Arzt abgerechnete und nicht an das ihm nach Anwendung der Vorschriften über die Praxisbudgets zustehende Honorarvolumen anzuknüpfen, mit den geltenden Bestimmungen nicht in Einklang.

Der Beklagte hat bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise der Klägerin in den streitbefangenen Quartalen berücksichtigt, dass deren Honorarforderung für die Leistungen, die Bestandteil des Praxisbudgets gewesen sind, bereits vermindert worden ist. Der Kürzungsprozentsatz betrug zB im Quartal III/1997 20,865 %. Um diesen Wert hat der Beklagte die Ansatzhäufigkeit der im Praxisbudget enthaltenen Leistungen nach Nr 10 EBM-Ä vermindert und seiner Entscheidung entsprechend - fiktiv - zu Grunde gelegt, die Klägerin habe diese Leistung nicht - wie tatsächlich geschehen - 1.112 mal, sondern lediglich 880 mal im Quartal berechnet. Diese Berechnung hat zur Folge, dass die Überschreitung der Klägerin nicht 173 %, sondern nur 153,09 % in Relation zum Fachgruppendurchschnitt beträgt. Damit hat der Beklagte der Forderung der Klägerin nach Berücksichtigung der Auswirkungen der Bestimmungen über das Praxisbudget im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung Rechnung getragen. Die Berechnungsweise des Beklagten entspricht im Grundsatz derjenigen, die der Senat bereits in seinen Urteilen vom 15. Mai 2002 (SozR 3-2500 § 87 Nr 32) und vom 5. November 2003 (SozR 4-2500 § 106 Nr 4) gebilligt hat. Angesichts der hohen Überschreitungswerte der Klägerin und der belassenen Restüberschreitung von 40 % gegenüber dem Fachgruppendurchschnitt fällt nicht entscheidend ins Gewicht, dass der Beklagte nicht in einem zusätzlichen Schritt ermittelt hat, wie sich die Abrechnungswerte der Klägerin bei der Nr 10 EBM-Ä auf die Überschreitung des Praxisbudgets im Einzelnen ausgewirkt haben. Bei typisierender Betrachtungsweise ist es jedenfalls nicht zu beanstanden, dass der Beklagte rechnerisch die Abrechnungsfrequenz bei der Nr 10 EBM-Ä im gleichen Umfang gekürzt hat, wie die Gesamthonorarforderung der Klägerin für Leistungen aus dem Praxisbudget nach Anwendung der einschlägigen Bestimmungen vermindert worden ist.

Der Senat hat sich mit dem auch von der Klägerin vorgebrachten Einwand, die Wirtschaftlichkeitsprüfung müsse an die vom Arzt abgerechneten Punkte anknüpfen, und Honorarkürzungen dürften lediglich an das vom Arzt angeforderte und nicht an das dem betroffenen Arzt nach Anwendung der Vorschriften über die Praxisbudgets tatsächlich zu vergütenden Honorar ansetzen, bereits in seinen Urteilen vom 15. Mai 2002 und 5. November 2003 (aaO) auseinander gesetzt. Er hat dort im Einzelnen ausgeführt, dass auch nach der Einführung von Praxis- und Zusatzbudgets durch den EBM-Ä zum 1. Juli 1997 die von den Budgets erfassten Leistungen der Wirtschaftlichkeitsprüfung unterliegen. An dem in den erwähnten Urteilen näher entwickelten Grundsatz, dass Kürzungsbeträge als Folge von Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung von dem Honorarvolumen abzuziehen sind, das dem Arzt nach Anwendung der Vorschriften über das Praxisbudget zusteht, ändert sich auch dann nichts, wenn die Honorarkürzung in Punkten niedriger ist als die Budgetüberschreitung. Andernfalls könnte die mit der Einführung der Praxisbudgets intendierte Steuerung des ärztlichen Verhaltens nicht greifen. Es würden vielmehr Anreize gesetzt, die in das Praxisbudget fallenden Leistungen insgesamt möglichst umfangreich abzurechnen, um auf diese Weise sicherzugehen, trotz eventueller Kürzungsmaßnahmen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung das Praxisbudget ungeschmälert zu erhalten. Dann würde gerade eintreten, was der Senat im Zusammenhang mit der Verrechnung von Leistungen aus Zusatzbudgets auf das infolge von Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht ausgeschöpfte Praxisbudget explizit ausgeschlossen hat, dass nämlich Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise das an den Vertragsarzt auszuzahlende Honorar tatsächlich nicht mindern. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung ginge dann entgegen der Zielsetzung des Gesetzes ins Leere (s bereits BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 4 RdNr 9). Die Revision zeigt keine Gesichtspunkte auf, die zu einer anderen Beurteilung Anlass geben könnten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).

Ende der Entscheidung

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