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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 29.01.2008
Aktenzeichen: B 7/7a AL 68/06 R
Rechtsgebiete: SGB III, SGB I, BBiG, GG


Vorschriften:

SGB III § 59
SGB III F: 24.03.1997 § 60 Abs 1
SGB III F: 24.03.1997 § 60 Abs 2 S 1
SGB III § 77
SGB I § 14
BBiG
GG Art 3 Abs 1
GG Art 20 Abs

Entscheidung wurde am 23.10.2008 korrigiert: die Rechtsgebiete, die Vorschriften und der Verfahrensgang wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
Ein Anspruch auf eine Berufsausbildungsbeihilfe bei betrieblicher Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf besteht dann nicht, wenn der Auszubildende zuvor eine schulische Ausbildung absolviert hat, die in Ausbildungszeit und Ausbildungsabschluss einer betrieblichen Ausbildung gleichwertig ist.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 29. Januar 2008

Az: B 7/7a AL 68/06 R

Der 7. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Eicher, den Richter Dr. Koloczek und die Richterin Behrend sowie den ehrenamtlichen Richter Kovar und die ehrenamtliche Richterin Geppert für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. September 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Im Streit ist die Zahlung von Berufsausbildungsbeihilfen (BAB) für die Zeit vom 1. September 2003 bis 31. August 2004.

Die 1984 geborene Klägerin besuchte nach Erlangung der mittleren Reife (im Jahre 2000) erfolgreich das dreijährige Berufskolleg für Formgebung (Design) - Schmuck und Gerät - mit dem Berufsabschluss als "Staatlich geprüfte Designerin für Schmuck und Gerät". Vom 1. September 2003 bis 31. August 2004 absolvierte sie eine wegen des vorausgegangenen Besuchs des Berufskollegs verkürzte betriebliche Ausbildung zur Goldschmiedin im Rahmen eines Berufsausbildungsverhältnisses. Die Beklagte lehnte die von der Klägerin beantragte Förderung der Lehre ab, weil die Klägerin bereits eine Ausbildung abgeschlossen habe und eine zweite Ausbildung nicht gefördert werden könne (Bescheid vom 26. August 2003; Widerspruchsbescheid vom 24. September 2003).

Die Klage blieb erst- und zweitinstanzlich ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts <SG> Ulm vom 26. Oktober 2005; Urteil des Landessozialgerichts <LSG> Baden-Württemberg vom 15. September 2006). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Ausbildung zur Goldschmiedin sei nicht förderungsfähig, weil es sich nicht um eine erstmalige Ausbildung gehandelt habe (§ 60 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung <SGB III>). Denn durch die vorausgegangene dreijährige schulische Ausbildung am Berufskolleg habe die Klägerin bereits einen formalen Abschluss als Designerin für Schmuck und Gerät erlangt. Obwohl die betriebliche Ausbildung zur Goldschmiedin wegen des Besuchs des Berufskollegs verkürzt worden sei, liege keine einheitliche, damit förderbare, Ausbildung zur Goldschmiedin, bestehend aus einem theoretischen Teil am Berufskolleg und der praktischen Ausbildung bei einem Goldschmied, vor. Deshalb könne die Ausbildung zur Goldschmiedin auch nicht als förderfähiger Teil einer Stufenausbildung angesehen werden. Dass die Klägerin letztlich als Berufsziel den Abschluss als Goldschmiedin angestrebt habe, sei nicht maßgeblich. Eine Förderung könne auch nicht mit dem Herstellungsanspruch wegen fehlerhafter Beratung begründet werden. Die Beklagte habe sowohl über den von der Klägerin gewählten Ausbildungsweg als auch über den normalen betrieblichen Ausbildungsweg zum Beruf der Goldschmiedin informiert. Ein Beratungsfehler liege selbst dann nicht vor, wenn man die Beklagte darüber hinaus für verpflichtet halte, die Klägerin (auch) über die unterschiedliche Förderung der beiden Ausbildungswege (keine Förderung nach dem SGB III bei der von der Klägerin gewählten Variante; mögliche Förderung bei der insgesamt betrieblichen Ausbildung) in Kenntnis zu setzen. Denn die - uU von vielen Faktoren abhängige - Wahl des Ausbildungsweges werde vom Auszubildenden frei getroffen.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 60 Abs 2 Satz 1 SGB III. Sie ist der Ansicht, eine einheitliche Ausbildung absolviert zu haben, die aus einem theoretischen Teil (dreijährige Ausbildung am Berufskolleg) und einem praktischen Ausbildungsabschnitt (ein Jahr betriebliche Ausbildung) bestanden habe. Sie habe von Anfang an Goldschmiedin werden wollen. Es sei widersprüchlich, die Förderbarkeit einer schulischen Maßnahme iS des § 60 Abs 1 SGB III abzulehnen, gleichwohl aber einen Förderungsausschluss für die betriebliche Ausbildung anzunehmen, weil es sich nicht um eine erstmalige Ausbildung iS des § 60 Abs 2 Satz 1 SGB III handele; der Begriff der Ausbildung werde auf diese Weise zu Unrecht in den Abs 1 und 2 des § 60 SGB III unterschiedlich ausgelegt. Auch nach Sinn und Zweck des § 60 SGB III sei nur eine förderungsfähige Ausbildung iS des Abs 1 eine erstmalige Ausbildung iS des Abs 2. Schließlich verstoße es gegen das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 Grundgesetz <GG>) und gegen den Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG), wenn die dreieinhalbjährige betriebliche Ausbildung zur Goldschmiedin nach dem SGB III voll gefördert werde, hingegen die für die Beklagte kostengünstigere Variante dieser Ausbildung (drei Jahre Berufskolleg, nur ein Jahr betriebliche Ausbildung) überhaupt keine Förderung genieße.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. September 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, BAB für die Zeit vom 1. September 2003 bis 31. August 2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

II

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Das LSG hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf BAB für die Zeit vom 1. September 2003 bis 31. August 2004 besitzt; Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung kommen andererseits nicht in Betracht.

Nach § 59 SGB III (idF, die die Norm durch das Arbeitsförderungs-Reformgesetz <AFRG> vom 24. März 1997 - BGBl I 594 - erhalten hat) haben Auszubildende unter weiteren Voraussetzungen Anspruch auf BAB während einer beruflichen Ausbildung, wenn sie förderungsfähig ist. Dies ist nach § 60 Abs 1 SGB III (ebenfalls idF, die die Norm durch das AFRG erhalten hat) der Fall, wenn die Ausbildung in einem nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG), der Handwerksordnung (HwO) oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen ist. Förderungsfähig ist jedoch nur die erstmalige Ausbildung (§ 60 Abs 2 Satz 1 SGB III).

Hieran scheitert das Begehren der Klägerin, obwohl es sich bei der Goldschmiedinlehre um eine Ausbildung iS des § 60 Abs 1 SGB III handelt. Wie das Bundessozialgericht (BSG) zum SGB III in Abgrenzung zur Rechtsprechung unter Geltung des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) mit dessen vom SGB III abweichenden Regelungen klargestellt hat, ist die Abgrenzung zwischen Aus- und Weiterbildung ausschließlich unter Berücksichtigung des Charakters der Maßnahme nach objektiven Kriterien vorzunehmen (BSG SozR 4-4300 § 77 Nr 2 RdNr 9; BSG, Urteil vom 17. November 2005 - B 11a AL 23/05 R - RdNr 17; vgl auch: Eicher in Jahrbuch des Sozialrechts Bd 27, S 371, B. Schmidt in Eicher/Schlegel, SGB III, Vor §§ 77 bis 96 Rz 2a ff, Stand Juni 2007; Luik in juris Praxis-Report Sozialrecht 11/2007 Anm 3; LSG Baden-Württemberg, Entscheidungen vom 4. April 2007 - L 7 AL 755/07 ER-B und L 7 AL 755/07; Hessisches LSG, Beschluss vom 22. März 2007 - L 9 AS 99/07 ER); maßgebend ist dabei die konkrete Ausgestaltung der Maßnahme, nicht die Perspektive des Teilnehmers. Vorliegend hat die Klägerin mit ihrem Ausbilder einen Vertrag zur betrieblichen Ausbildung in einem anerkannten handwerklichen Beruf (§ 25 HwO iVm der Verordnung zur Berufsausbildung als Goldschmied vom 2. April 1992 - BGBl I 756) abgeschlossen; institutionell handelt es sich damit nicht um eine Weiterbildung iS der §§ 77 ff SGB III, die von der Teilnahme an einer Maßnahme ausgehen, bei der sowohl der Träger der Maßnahme als auch die Maßnahme selbst - verbunden mit einer entsprechenden Qualitätskontrolle der Maßnahme und des Trägers - förmlich anerkannt sein müssen (vgl dazu Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, Vor §§ 84 bis 87 Rz 7 ff, Stand Oktober 2006). Die Maßnahmen unterscheiden sich damit grundlegend voneinander. Das betriebliche Ausbildungsverhältnis (die Lehre) der Klägerin, die auf Grund der HwO wegen des vorausgegangenen Besuchs des Kollegs verkürzt wurde, ändert nichts am Charakter der Maßnahme als Ausbildung.

Förderungsfähig ist nach § 60 Abs 2 Satz 1 SGB III aber nur die erstmalige Ausbildung. Diese Voraussetzung erfüllt die Ausbildung der Klägerin zur Goldschmiedin nicht, weil die Klägerin bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung als Designerin für Schmuck und Gerät besaß. Zwar handelte es sich bei dieser Ausbildung nicht um eine Ausbildung iS des § 60 Abs 1 SGB III, weil sie zum einen in schulischer Form erfolgt ist und zum anderen der Beruf der Designerin für Schmuck und Gerät kein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf iS des BBiG, der HwO oder des Seemannsgesetzes ist; für die Anwendung des § 60 Abs 2 Satz 1 SGB III genügt es allerdings, dass die Klägerin einen auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Abschluss erworben hat, der einer Ausbildung nach § 60 Abs 1 SGB III nach Ausbildungsdauer und Status gleichwertig ist. Die Erstausbildung muss also nicht in einem anerkannten Ausbildungsberuf iS des § 60 Abs 1 SGB III erfolgt sein (Urmersbach in Eicher/Schlegel, SGB III, § 60 Rz 52, Stand Mai 2007; Niewald in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 3 RdNr 29 ff; Fuchsloch in Gagel, SGB III mit SGB II, § 60 SGB III RdNr 47, Stand Juli 1999; Wagner in Praxiskommentar SGB III <PK-SGB III>, § 60 RdNr 36 ff; Stratmann in Niesel, SGB III, 4. Aufl, § 60 RdNr 12; aA ohne nähere Begründung Petzold in Hauck/Noftz, SGB III, K § 60 RdNr 12, Stand April 2001).

Ob insoweit an der Rechtsprechung des BSG zur Ausbildungsförderung nach dem AFG festzuhalten ist, dass jede erste auf dem Arbeitsmarkt verwertbare Ausbildung ausreicht, wobei sogar allein eine entsprechende Berufserfahrung genügen konnte (BSGE 41, 224, 225 f = SozR 4100 § 44 Nr 8 S 22; BSGE 40, 234, 236 = SozR 4100 § 47 Nr 14 S 34), kann offen bleiben (dagegen: Niewald, aaO, § 3 RdNr 30; Fuchsloch, aaO, § 60 RdNr 46, Stand Juli 1999). Jedenfalls erfüllt - wie vorliegend - eine auf landesrechtlichen Vorschriften beruhende und landesrechtlich anerkannte Ausbildung diese Voraussetzung (so auch: Niewald, aaO; Ulmersbach, aaO, § 60 Rz 42, Stand Mai 2007).

Entgegen der Ansicht der Klägerin verlangt § 60 Abs 2 Satz 1 SGB III mithin keine mit § 60 Abs 1 SGB III identische Auslegung. Mit anderen Worten: Der Förderungsausschluss für eine Zweitausbildung setzt nicht voraus, dass die Erstausbildung dem Grunde nach förderungsfähig iS des § 60 Abs 1 SGB III war; vielmehr sind Abs 1 und Abs 2 funktionsdifferent auszulegen (vgl so schon zu den Regelungen des AFG: BSGE 37, 163, 166 f = SozR 4100 § 41 Nr 1 S 53). Dies entspricht der Zielsetzung der Berufsausbildungsförderung, eine Ausbildung nur dann zu ermöglichen, wenn der Auszubildende noch keine geeignete zum Abschluss führende berufliche Ausbildung erlangt hat. Nur wenn dies der Fall ist, sollen beitragsfinanziert betriebliche/überbetriebliche Ausbildungen durch das SGB III gefördert werden, wenn sie in einen nach dem BBiG, der HwO oder dem Seemannsgesetz anerkannten Berufsabschluss münden.

Nach den bindenden Feststellungen des LSG zum Landesrecht (§ 202 SGG iVm § 560 Zivilprozessordnung) beruht die Ausbildung der Klägerin zur Designerin auf der in Baden-Württemberg geltenden Verordnung des Kultusministeriums über die Ausbildung und Prüfung am Berufskolleg für Formgebung - Schmuck und Gerät - (VO) vom 27. Juni 1995 - Gesetzblatt <GBl> 539), die auf Grund einer Ermächtigung im Baden-Württembergischen Schulgesetz erlassen worden ist; sie dauerte drei Jahre und endete mit einer Abschlussprüfung, durch deren Bestehen die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung "Staatlich geprüfte Designerin für Schmuck und Gerät" erworben wurde. Ob bzw welche Mindestausbildungszeit für die Bejahung der Gleichwertigkeit einer nicht unter § 60 Abs 1 SGB III fallenden Ausbildung für einen Förderungsausschluss nach § 60 Abs 2 SGB III generell erforderlich ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden; jedenfalls genügt eine solche von drei Jahren - wie bei der Klägerin. Aus dem vom Bundesinstitut für Berufsausbildung geführten und jährlich veröffentlichten (vgl § 90 Abs 3 Nr 3 BBiG) Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe ergibt sich nämlich - einzelne Stufen einer Stufenausbildung ausgenommen - bis auf wenige Ausnahmen eine Ausbildungszeit von zwei bis dreieinhalb Jahren. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass § 77 Abs 2 SGB III für die Förderung der beruflichen Weiterbildung wegen eines fehlenden Berufsabschlusses eine nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften festgelegte Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren verlangt, liegt es allerdings nahe, diesen Grenzwert auch für § 60 Abs 2 Satz 1 SGB III heranzuziehen. Der Beruf der Designerin für Schmuck und Gerät ist darüber hinaus in einer der Anerkennung nach dem BBiG, der HwO oder dem Seemannsgesetz vergleichbaren Weise landesrechtlich anerkannt (§ 2 Abs 1 der VO), wie sich aus dem der Klägerin überreichten Zeugnis ergibt, und ermöglicht typisierend einen Zugang zum Arbeitsmarkt. Auf die konkreten Chancen zur Aufnahme einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit kommt es nicht an; entscheidend ist lediglich der Status, den die Klägerin erworben hat (vgl: BSGE 44, 173, 178 = SozR 4100 § 44 Nr 14 S 40; BSG SozR 4100 § 40 Nr 12 S 15).

Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich bei der Ausbildung zur Goldschmiedin auf dem Weg über die Ausbildung zur Designerin nicht um eine einheitliche Ausbildung. Dass die Klägerin von vornherein den Beruf einer Goldschmiedin erlernen wollte, ist hierfür ohne Bedeutung. Die Einheitlichkeit der Ausbildung bestimmt sich - wie die Beurteilung, ob eine Ausbildung überhaupt vorliegt (s dazu oben) - nach objektiven Kriterien, nicht nach subjektiven Maßstäben; insbesondere hat die Klägerin keine Stufenausbildung durchlaufen. Diese liegt institutionell schon deshalb nicht vor, weil die Ausbildungen zur Designerin und zur Goldschmiedin nicht in einer einheitlichen Ausbildungsordnung geregelt, sondern unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen unterworfen sind (Landesrecht, VO vom 27. Juni 1995; HwO, VO über die Berufsausbildung zum Goldschmied/zur Goldschmiedin vom 2. April 1992). Der Umstand, dass die betriebliche Ausbildung der Klägerin wegen der bereits absolvierten schulischen Ausbildung verkürzt wurde (vgl: § 27a HwO; § 7 BBiG nF), ändert nichts daran, dass es sich rechtlich um zwei getrennte Ausbildungen, nicht aber um eine aufeinander aufbauende Ausbildung nach der HwO iVm dem BBiG (vgl: § 5 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BBiG nF; § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 1 HwO) gehandelt hat. Ohnedies kommt eine Förderung einer weiteren Stufe nach §§ 59 ff SGB III im Rahmen einer Stufenausbildung nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG nur in Betracht, wenn die einzelnen Abschnitte (Stufen) noch nicht jeweils für sich zu einem selbständigen Abschluss einer Berufsausbildung führen (BSGE 37, 163 ff = SozR 4100 § 41 Nr 1), sondern unselbständige Teile einer erst mit ihrer vollständigen Beendigung vollendeten Gesamtausbildung sind (BSG SozR 4100 § 40 Nr 12 S 15 f mwN; vgl auch Urmersbach, aaO, § 60 Rz 56 f, Stand Mai 2007). Ob dieser Rechtsprechung unter Geltung des SGB III zu folgen ist, bedarf keiner Entscheidung Soweit sich die Klägerin auf eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung zur Zurückstellung vom Wehrdienst aus Härtefallgründen beruft, sind die Argumente auf § 60 Abs 2 Satz 1 SGB III nicht übertragbar.

§ 60 Abs 2 Satz 1 SGB III verletzt auch nicht das Sozialstaatsgebot (Art 20 Abs 1 GG). Das Sozialstaatsprinzip begründet zwar für den Gesetzgeber einen Gestaltungsauftrag; dem Gesetzgeber wird jedoch im Rahmen der Entscheidung, in welchem Umfang soziale Hilfen unter Berücksichtigung vorhandener Mittel und anderer gleichwertiger Staatsaufgaben gewährt werden können, ein weiter Gestaltungsfreiraum eingeräumt (BVerfGE 82, 60, 80; 97, 169, 185; 98, 169, 204). Insbesondere ist die Grundentscheidung des Gesetzgebers nicht zu beanstanden, nur die betriebliche/überbetriebliche Ausbildung nach §§ 59 ff SGB III zu fördern, während die Förderung schulischer Ausbildungen anderen Regelungen (zB Bundesausbildungsförderungsgesetz) unterliegt (vgl zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit unter dem Gesichtspunkt des Art 12 GG: BSG, Urteil vom 18. Oktober 1991 - 9b RAr 15/90 -, juris RdNr 18 mwN). Hat sich der Gesetzgeber für eine zwischen schulischer und betrieblicher/überbetrieblicher Ausbildung differenzierende Förderung entschieden, ist unter diesem Gesichtspunkt auch nicht zu beanstanden, dass eine betriebliche/überbetriebliche Zweitausbildung unabhängig davon nicht nach dem SGB III gefördert werden soll, nach welchen Vorschriften die Erstausbildung förderbar gewesen wäre bzw war. Denn dem Arbeitnehmer soll im Falle der Bedürftigkeit generell nur eine Erstausbildung - gleichgültig in welcher Förderungsvariante - auf Kosten der Solidargemeinschaft finanziert werden.

Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist ebenfalls zu verneinen. Es ist bereits fraglich, ob die Klägerin eine rechtswidrige Ungleichbehandlung oder eine rechtswidrige Gleichbehandlung rügt. Sie sieht einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG darin, dass nicht einmal der "betriebliche Teil" der Ausbildung zur Goldschmiedin im Anschluss an den "schulischen Teil" der Ausbildung zur Designerin gefördert wird, während die gesamte betriebliche Ausbildung zur Goldschmiedin gefördert worden wäre, wenn sie diese "Ausbildungsvariante" durchlaufen hätte. Damit fordert sie aber in Wahrheit keine Gleichbehandlung mit den Personen, die statt einer schulischen eine betriebliche Erstausbildung absolviert haben, sondern eine andere Behandlung als diese, nämlich eine Förderung nach den §§ 59 ff SGB III auch für eine Zweitausbildung, nicht aber die Förderung auch der schulischen Erstausbildung. Selbst wenn man ihr Begehren, sie müsse zumindest für den betrieblichen Teil ihrer "Gesamtausbildung" mit den Personen gleichgestellt werden, die insgesamt eine längere betriebliche Ausbildung zurücklegen, als Begehren nach Gleichbehandlung werten wollte, würde dies nichts ändern. Art 3 Abs 1 GG verlangt immer einen Vergleich von Lebenssachverhalten, die sich einander nie in allen, sondern nur in einzelnen Merkmalen gleichen. Deshalb ist es Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche von diesen Merkmalen er als maßgebend für Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht (BVerfGE 83, 395, 401). Art 3 Abs 1 GG verbietet nur, Art und Gewicht der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen; innerhalb dieser Grenze ist der Gesetzgeber frei (BSG, Urteil vom 28. November 2007 - B 11a AL 39/06 R). Dabei ist die Eigenart des zu regelnden Sachverhalts ausschlaggebend dafür, was sachlich vertretbar oder sachfremd ist (BVerfGE 75, 108, 157; 90, 226, 239; 99, 165, 178). Unter diesem Aspekt ist die Regelung des § 60 SGB III und die Entscheidung des Gesetzgebers zur Förderung nur von Erstausbildungen, diese wiederum beschränkt auf betriebliche/überbetriebliche Ausbildungen nach dem BBiG der HwO oder dem Seemannsgesetz in anerkannten Ausbildungsberufen, nicht zu beanstanden.

Soweit die Klägerin vorbringt, sie sei von der Beklagten bei einer entsprechenden Beratung nicht auf die unterschiedlichen förderungsrechtlichen Folgen der beiden Ausbildungswege zum Beruf der Goldschmiedin hingewiesen worden, und damit einen Beratungsfehler der Beklagten geltend macht, sind die für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch erforderlichen Prämissen nicht erfüllt. Ein solcher Anspruch hat zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, verletzt hat und zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Allerdings muss der eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können; die Korrektur darf nicht dem jeweiligen Gesetzeszweck widersprechen (BSGE 92, 267 = SozR 4-4300 § 137 Nr 1, jeweils RdNr 31 und 42; vgl auch Wallerath, DÖV 1994, 757, 762, und Schmitz, ZFSH/SGB 2006, 393, 397 f; dies verkennen Krause/Sattler in Jahrbuch des Sozialrechts Bd 27, S 139, 142 ff).

Nach den Feststellungen des LSG hat die Beklagte die Klägerin vor Beginn der Ausbildung zur Designerin jedenfalls über die beiden bestehenden Ausbildungswege zum von ihr letztlich angestrebten Beruf der Goldschmiedin aufgeklärt. Dass eine Aufklärung auch über die unterschiedlichen Förderungsmöglichkeiten der Ausbildungswege erfolgt ist, ist nicht festgestellt. Zwar dürfte eine derartige Verpflichtung im Regelfall anzunehmen sein; gleichwohl wäre dann zu prüfen, ob die Klägerin bei entsprechender Information diesen Ausbildungsweg gewählt hätte. Immerhin ergibt sich aus der Akte, dass sie zunächst die Ausbildung zur Designerin gewählt hat, um nicht den Wohnort wechseln zu müssen. Zudem würde die von der Klägerin begehrte Korrektur eines fehlerhaften Verwaltungshandelns (Gewährung von BAB trotz nicht förderbarer Zweitausbildung) dem Gesetzeszweck zuwiderlaufen. Das Gesetz verbietet nämlich grundsätzlich eine Zweitausbildung, ohne hiervon Ausnahmen zuzulassen. Es eröffnet lediglich die Möglichkeit (§ 60 Abs 2 Satz 2 SGB III) zur erneuten Förderung nach der vorzeitigen Lösung eines Ausbildungsverhältnisses, wenn für die Lösung ein berechtigter Grund bestand (vgl dazu BSG SozR 4100 § 40 Nr 26). Für eine weitere Öffnung besteht kein gesetzlicher Spielraum. Über einen Amtshaftungsanspruch (§ 839 Bürgerliches Gesetzbuch iVm Art 34 GG), der als Schadensersatzanspruch ein Verschulden eines Bediensteten der Beklagten voraussetzt, hat der Senat nicht zu befinden.

Wie bereits oben ausgeführt, handelt es sich bei der Maßnahme, deren Förderung die Klägerin begehrt, um eine betriebliche Ausbildung iS des § 60 Abs 1 SGB III. Eine Förderung der Maßnahme im Wege der Förderung der beruflichen Weiterbildung (§§ 77 ff, 153 ff aF SGB III) scheidet schon deshalb aus. Abgesehen davon würde die Klägerin für die Gewährung von Unterhaltsgeld jedenfalls die Voraussetzung der Vorbeschäftigungszeit nicht erfüllen; selbst die Übernahme von Weiterbildungskosten dürfte ausscheiden, weil auch dafür die Voraussetzungen nicht vorliegen würden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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