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Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 17.10.2002
Aktenzeichen: B 7 AL 134/01 R
Rechtsgebiete: SGB III
Vorschriften:
SGB III § 144 Abs 1 |
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil
in dem Rechtsstreit
Az: B 7 AL 134/01 R
Der 7. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 17. Oktober 2002 durch die Vizepräsidentin Dr. Wolff, die Richter Eicher und Dr. Spellbrink sowie den ehrenamtlichen Richter Hohenstein und die ehrenamtliche Richterin Geppert
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 30. August 2001 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe:
I
Der Rechtsstreit betrifft den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) vom 1. Oktober 1998 bis 12. Februar 1999. Die Beklagte hat für den Zeitraum vom 1. Oktober 1998 bis 23. Dezember 1998 den Eintritt einer Sperrzeit und für den Zeitraum vom 24. Dezember 1998 bis 12. Februar 1999 das Ruhen des Anspruchs wegen des Erhalts einer Abfindung nach dem Ende der Sperrzeit angenommen.
Der im Jahre 1942 geborene Kläger war von 1964 bis zum 30. September 1998 bei der T. AG ( ) bzw deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Zuletzt arbeitete er als Sachbearbeiter "Verwaltung/Fahrwesen" der Gebietsdirektion Ost. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Manteltarifvertrag Energie vom 28. März 1995 Anwendung. Dieser sah bei einer Beschäftigungszeit von mindestens zwölf Jahren eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende vor.
Am 10. März 1998 schloss der Kläger mit der T.AG einen "Aufhebungsvertrag". Dieser sah die Beendigung des seit 1964 bestehenden Arbeitsverhältnisses "unter Beachtung der tarifvertraglichen Kündigungsfrist zum 30. September 1998 im gegenseitigen Einvernehmen aus zwingenden betriebsbedingten Gründen" vor. In dem Vertrag war weiterhin vereinbart, dass der Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes "Anspruch auf Leistungen aus der betrieblichen Regelung vom 8. Februar 1994" haben sollte. Diese Regelung zum betrieblichen Altersübergang war zwischen der Energieversorgung AG und dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossen worden und sah unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen an ausscheidende Mitarbeiter vor, ua Aufstockungsbeträge in Höhe des Differenzbetrags zwischen Alg bzw Arbeitslosenhilfe und 95 % der durchschnittlichen Nettovergütung der letzten sechs Beschäftigungsmonate.
Der Kläger meldete sich am 25. August 1998 arbeitslos und beantragte Alg. Seinem Antrag fügte er ein auf den 31. März 1998 datiertes Schreiben der T.AG bei, in dem es heißt, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei aus dringenden betriebsbedingten Gründen vereinbart worden. Wäre dieser Aufhebungsvertrag nicht zu Stande gekommen, wäre dem Kläger zum gleichen Termin eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen ausgesprochen worden. Der Betriebsrat sei form- und fristgerecht angehört worden und habe der Kündigung nicht widersprochen. Der Kläger erhalte eine Abfindung, die "ratierlich" gezahlt werde.
Die Beklagte lehnte den Anspruch auf Alg vom 1. Oktober 1998 bis zum 12. Februar 1999 ab. Mit Bescheid vom 1. Januar 1999 stellte sie den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. Oktober 1998 bis 23. Dezember 1998 (zwölf Wochen) fest. Zugleich verfügte sie eine Minderung des Alg-Anspruchs des Klägers um ein Viertel der Anspruchsdauer (243 Tage). Der Kläger habe seine Beschäftigung selbst aufgegeben, denn er habe sein Arbeitsverhältnis bei der T.AG durch Aufhebungsvertrag gelöst. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 1999). Mit weiterem Bescheid vom 1. Juni 1999 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Leistungsanspruch vom 24. Dezember 1998 bis zum 12. Februar 1999 ruhe, weil eine Sperrzeit eingetreten sei und der Kläger wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhalten bzw zu beanspruchen habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 1999 wies die Beklagte den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers zurück.
Das Sozialgericht Altenburg hat durch Urteil vom 14. Juni 2000 die vorgenannten Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Alg für die Zeit vom 1. Oktober 1998 bis 12. Februar 1999 zu zahlen. Das Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 30. August 2001 nach Anhörung des Klägers und Vernehmung von zwei Zeuginnen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger ab 1. Oktober 1998 keinen Anspruch auf Alg habe, seien nicht ersichtlich. Eine Sperrzeit sei nicht eingetreten. Durch den Aufhebungsvertrag habe der Kläger zwar seine Arbeitslosigkeit zum 1. Oktober 1998 grob fahrlässig herbeigeführt. Doch ruhe der Anspruch auf Alg nicht, weil der Kläger für die Lösung des Arbeitsverhältnisses einen wichtigen Grund gehabt habe. Dem Kläger habe eine rechtmäßige Kündigung aus einem von seinem Verhalten unabhängigen Grund gedroht. Der Aufhebungsvertrag sei ausdrücklich statt einer Kündigung geschlossen worden. Einer Feststellung, dass die Kündigung auch tatsächlich ausgesprochen worden wäre, bedürfe es angesichts des spekulativen Charakters einer solchen Feststellung nicht. Die Kündigung müsse nur (ernsthaft) drohen. Auch sei nicht zu prüfen, ob die in Aussicht gestellte Kündigung am Maßstab des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) zulässigerweise hätte ausgesprochen werden dürfen. Die Abschätzung eines derartigen Risikos sei Arbeitnehmern regelmäßig nicht zuzumuten. Selbst Rechtsrat befähige Arbeitnehmer nicht, die arbeitsrechtliche Rechtmäßigkeit betriebsbedingter Kündigungen sowie die damit verbundenen Prozessrisiken hinreichend abzuschätzen. Weder den Sozialgerichten noch der Beklagten komme die Aufgabe zu, eine arbeitsrechtliche Rechtmäßigkeitsprüfung vorzunehmen. Das Merkmal der rechtmäßigen Kündigung sei vielmehr bereits dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer die angedrohte Kündigung für rechtmäßig habe halten dürfen. Nach dem Vorbringen des Klägers und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei der Senat davon überzeugt, dass dem Kläger aus seiner Sicht eine rechtmäßige Kündigung zum Zeitpunkt des Auflösungsvertrags gedroht habe. 1998 sei der gesamte Fuhrpark ausgelagert worden und damit alle Arbeitsplätze entfallen. Diese Situation sei dem Kläger bekannt und ihm damit bewusst gewesen, dass er ohne den Auflösungsvertrag in jedem Fall zu demselben Termin eine Kündigung erhalten hätte. Ihm sei in Aussicht gestellt worden, dass er nur durch einen Auflösungsvertrag eine Abfindung erhalten werde. Bei einer Sozialauswahl habe es für den Kläger keinen vergleichbaren Mitarbeiter gegeben. Schließlich sei auch die Darstellung des Klägers, dass er vor dem Arbeitsgericht keine Chance gesehen hätte, sich gegen eine Kündigung zu wehren, für den erkennenden Senat auf Grund dieser Gesamtumstände schlüssig. Habe dem Kläger mithin für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses ein wichtiger Grund zur Seite gestanden, so komme weder eine Sperrzeit noch eine Minderung der Anspruchsdauer nach § 128 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in Betracht. Der Anspruch könne auch nicht nach § 117a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ruhen.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 144 Abs 1 SGB III. Sie führt aus, grundsätzlich sei es dem Arbeitnehmer im Interesse der Versichertengemeinschaft zumutbar, eine Kündigung abzuwarten, sofern nicht besondere Umstände vorlägen. Solche Umstände habe das Bundessozialgericht (BSG) angenommen, wenn dem Arbeitnehmer eine nach Arbeitsrecht rechtmäßige Kündigung aus einem von seinem Verhalten unabhängigen Grunde zu dem Zeitpunkt drohe, zu dem er selbst das Arbeitsverhältnis löse, und der Arbeitnehmer durch den Aufhebungsvertrag objektive Nachteile aus einer arbeitgeberseitigen Kündigung für sein berufliches Fortkommen vermeide. Hierauf könne sich aber ein Arbeitsloser, der eine Vorruhestandsregelung oder eine nach Höhe und Zuschnitt vergleichbare Abfindung erhalte bzw zu beanspruchen habe, nicht berufen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 30. August 2001 und das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 14. Juni 2000 aufzuheben sowie die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) einverstanden erklärt.
II
Die Revision ist iS der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
Zu entscheiden ist über die Rechtmäßigkeit der Bescheide vom 1. Januar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 1999 (Ablehnung der Alg-Zahlung wegen Sperrzeit vom 1. Oktober 1998 bis 23. Dezember 1998; Minderung der Anspruchsdauer um ein Viertel gemäß § 128 Abs 1 Nr 4 SGB III) und vom 1. Juni 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 1999 (Ablehnung der Alg-Zahlung wegen Ruhens des Anspruchs vom 24. Dezember 1998 bis 12. Februar 1999 gemäß § 117a AFG im Anschluss an die Sperrzeit), jeweils iVm dem Bescheid über die Bewilligung von Alg erst ab 13. Februar 1999 (st Rspr). Ob dem Kläger für den gesamten streitigen Zeitraum ein Anspruch auf Alg zusteht, hängt davon ab, ob die Beklagte zu Recht von dem Eintritt einer Sperrzeit gemäß § 144 Abs 1 Nr 1 SGB III (idF des Arbeitsförderungsreformgesetzes vom 24. März 1997 - BGBl I 594) vom 1. Oktober 1998 bis 23. Dezember 1998 ausgegangen ist. Nur dann hat sich der Anspruch auf Alg um ein Viertel der Anspruchsdauer nach § 128 Abs 1 Nr 4 SGB III gemindert, und nur dann ruht der Anspruch auf Alg im Anschluss an die Sperrzeit (24. Dezember 1998 bis 12. Februar 1999) gemäß § 117a AFG (in der bis 31. März 1997 geltenden Fassung, die die Vorschrift durch das Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand vom 23. Juli 1996 - BGBl I 1078 - erhalten hat). Der Ruhenszeitraum des § 117a AFG setzt den Eintritt einer Regelsperrzeit (zwölf Wochen) voraus (§ 117a Abs 1 AFG iVm § 119a AFG). § 117a AFG galt vorliegend gemäß § 427 Abs 6 SGB III (in der bis 31. März 1999 geltenden Fassung des 1. SGB III-Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1997 - BGBl I 2970) iVm § 242x Abs 3 AFG über den 31. März 1997 und 31. Dezember 1997 hinweg fort, weil der Kläger innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren (§ 124 SGB III) mindestens 360 Kalendertage vor dem 1. April 1997 in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat (§ 242x Abs 3 Satz 1 Nr 1 AFG). Dass die Regelung des § 117a AFG nicht verfassungswidrig ist, hat der Senat bereits entschieden (BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 22). Hinsichtlich der Minderung der Anspruchsdauer steht im Übrigen noch nicht fest, ob sich die entsprechende Verfügung der Beklagten überhaupt für den Kläger ausgewirkt oder ob sich der Verwaltungsakt nicht vielmehr gemäß § 39 Abs 2 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - erledigt hat. Wäre dies der Fall, wäre die Klage insoweit unzulässig. Das LSG wird dies nach der Zurückverweisung der Sache ggf zu überprüfen haben.
Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG zur Anwendbarkeit des Manteltarifvertrages Energie vom 28. März 1995 und zur Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers kommt hingegen ein Ruhen des Anspruchs nach Maßgabe des § 117 AFG (§ 117 Abs 2 bis 3a AFG in der bis 31. März 1997 geltenden, gemäß § 427 Abs 6 SGB III iVm § 242x Abs 4 AFG fortgeltenden Fassung) nicht in Betracht, weil das Arbeitsverhältnis des Klägers am 10. März 1998 durch Aufhebungsvertrag zum 30. September 1998, mithin innerhalb der der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist (vgl § 117 Abs 2 Satz 1 und 2 AFG) beendet worden ist.
Ob der Anspruch für die Zeit vom 1. Oktober 1998 bis 23. Dezember 1998 wegen des Eintritts einer Sperrzeit geruht hat, kann nach den bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Die hier allein in Betracht kommende Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe setzt gemäß § 144 Abs 1 Nr 1 SGB III die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses und die dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführte Arbeitslosigkeit sowie das Fehlen eines wichtigen Grundes voraus.
Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass der Kläger sein Beschäftigungsverhältnis durch den am 10. März 1998 geschlossenen Aufhebungsvertrag mit Ablauf des 30. September 1998 iS des § 144 Abs 1 Nr 1 SGB III gelöst und dadurch wenigstens grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Hinsichtlich der Kausalität für die Herbeiführung der Arbeitslosigkeit kann nicht etwa auf die nach Angaben des Klägers und seines Arbeitgebers drohende Kündigung abgestellt werden, da der tatsächliche Geschehensablauf maßgebend ist (BSGE 84, 225, 231 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17 mwN). Da der Kläger hier bis zum 30. September 1998 tatsächlich gearbeitet hat (und nicht bereits vorher von der Arbeit freigestellt war), trat erst am 1. Oktober 1998 Beschäftigungslosigkeit und damit Arbeitslosigkeit iS der Sperrzeitregelung ein (zum Begriff der Arbeitslosigkeit in § 144 SGB III und zur Frage des zeitlichen Auseinanderfallens von Arbeitslosigkeit infolge Freistellung und späterer Beendigung des Arbeitsverhältnisses vgl das Urteil des Senats vom heutigen Tage - B 7 AL 136/01 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Ob der Kläger für sein zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses und zur Arbeitslosigkeit führendes Verhalten einen wichtigen Grund hatte, lässt sich anhand der bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen. Dies ist nach der ständigen Rechtsprechung unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Sperrzeitregelung zu beurteilen. Diese soll die Solidargemeinschaft vor der Inanspruchnahme durch Leistungsberechtigte schützen, die den Eintritt des versicherten Risikos der Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt oder zu vertreten haben; eine Sperrzeit soll nur eintreten, wenn einem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen und der Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (st Rspr, zuletzt BSG, Urteil vom 25. April 2002 - B 11 AL 65/01 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, mwN). Dabei muss der wichtige Grund nicht nur die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses, sondern gerade auch den konkreten Zeitpunkt der Lösung decken (BSG aaO).
Ein wichtiger Grund kann demnach nicht ohne Weiteres darin gesehen werden, dass der Arbeitnehmer dem Ausspruch einer drohenden bzw feststehenden, aber noch nicht erfolgten Kündigung des Arbeitgebers - auch bei Zahlung einer Abfindung - zuvorkommt. Grundsätzlich ist dem Arbeitnehmer im Interesse der Versichertengemeinschaft zuzumuten, die Kündigung abzuwarten, sofern nicht besondere Umstände vorliegen (Senatsurteil vom 12. April 1984 - 7 RAr 28/83 -, DBlR Nr 2959 zu § 119 AFG). Der Senat schließt sich insoweit den Urteilen des 11. Senats vom 25. April 2002 (B 11 AL 65/01 R, zur Veröffentlichung vorgesehen; B 11 AL 100/01 R, unveröffentlicht) an, als solche besondere Umstände zB dann gegeben sein können, wenn dem Arbeitnehmer eine nach dem Arbeitsrecht rechtmäßige Kündigung aus einem von seinem Verhalten unabhängigen Grund zu dem Zeitpunkt droht, zu dem er das Arbeitsverhältnis löst, und er durch eine einverständliche Lösung des Arbeitsverhältnisses Nachteile vermeiden kann, die sich durch eine Kündigung des Arbeitgebers für ein berufliches Fortkommen ergeben (Senatsurteil vom 12. April 1984, aaO). Allerdings kann in Einzelfällen ein wichtiger Grund auch bei einer drohenden oder feststehenden, aber noch nicht erfolgten rechtswidrigen Kündigung auf Grund sonstiger Umstände, etwa des Verhaltens des Arbeitgebers, genügen (angedeutet im Urteil des 11. Senats vom 25. April 2002 - B 11 AL 100/01 R -, Umdruck S 7). Solche Umstände sind allerdings vom LSG nicht festgestellt.
Den Feststellungen des LSG lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass dem Kläger eine nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen rechtmäßige Kündigung gedroht hat. Zwar kann als bindend festgestellt angesehen werden, dass dem Kläger eine von seinem Verhalten unabhängige Kündigung zum selben Zeitpunkt bevorstand. Bei der Rechtmäßigkeit der Kündigung kommt es aber entgegen der Ansicht des LSG nicht darauf an, ob der Kläger subjektiv die angedrohte betriebsbedingte Kündigung für rechtmäßig halten durfte (Urteile des 11. Senats vom 25. April 2002 - B 11 AL 65/01 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, und - B 11 AL 100/01 R -, unveröffentlicht).
Die Frage nach der objektiven Rechtmäßigkeit der angedrohten Kündigung lässt sich auf Grund der bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend beantworten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auf das Arbeitsverhältnis des Klägers wohl das KSchG Anwendung fand (vgl § 23 KSchG). Die beabsichtigte Kündigung wäre danach nur rechtswirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt wäre (§ 1 Abs 1 KSchG idF des Arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 25. September 1996 - BGBl I 1476). Eine Kündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn sie zB durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen, gerechtfertigt ist (betrieblich bedingte Kündigung, § 1 Abs 2 Satz 1 KSchG). Eine betrieblich bedingte Kündigung ist gleichwohl sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber nach näherer Maßgabe des § 1 Abs 3 KSchG bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Die Tatsachenfeststellungen des LSG besagen schon nicht konkret, dass dringende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung des Klägers iS des § 1 Abs 2 Satz 1 KSchG entgegenstanden. Denn dringende betriebliche Erfordernisse sind nur dann zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung geeignet, wenn keine Möglichkeit zur anderweitigen Beschäftigung des Arbeitnehmers besteht. Dass der Kläger nach seinem innerbetrieblichen Werdegang trotz Schließung des gesamten Fuhrparks nicht auf einem anderen Arbeitsplatz in dem Betrieb hätte eingesetzt werden können, hat das LSG nicht festgestellt.
Das LSG wird also die objektive Rechtmäßigkeit der bevorstehenden Kündigung des Klägers iS des § 1 KSchG näher zu prüfen haben. Die Prüfung hat dem Amtsermittlungsgrundsatz zu entsprechen (§ 103 SGG). Lassen sich nach Erschöpfung aller verfügbaren Erkenntnisquellen die für die soziale Rechtfertigung der angedrohten Kündigung erheblichen Tatsachen nicht aufklären, sind die allgemeinen Grundsätze über die objektive Beweislast heranzuziehen; danach trifft grundsätzlich - Ausnahme: Verletzung der Mitwirkungspflicht des Arbeitslosen - die Beklagte die Beweislast dafür, dass ein dem Eintritt der Sperrzeit entgegenstehender wichtiger Grund nicht vorliegt (Urteile des 11. Senats vom 25. April 2002 - B 11 AL 65/01 R und B 11 AL 100/01 R; BSGE 71, 256, 261 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7).
Neben den Feststellungen zur Frage der Rechtmäßigkeit der dem Kläger drohenden Kündigung wird das LSG auch weitere Feststellungen dazu zu treffen haben, ob dem Kläger die Hinnahme einer rechtmäßigen Arbeitgeberkündigung nicht zuzumuten war, zB weil er durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages Nachteile vermeiden konnte, die sich durch eine Kündigung für sein berufliches Fortkommen ergeben hätten (Urteile des 11. Senats vom 25. April 2002 - B 11 AL 65/01 R und B 11 AL 100/01 R; Senatsurteil vom 12. April 1984 - 7 RAr 28/83 -, DBlR Nr 2959 zu § 119 AFG). Insoweit wird das LSG zu prüfen haben, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die mit einer Kündigung typischerweise einhergehenden Nachteile im Falle des Klägers nicht eingetreten wären (BSG, Urteil vom 25. April 2002 - B 11 AL 65/01 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Ob dabei unterschiedliche Wertungen im Hinblick auf das Erreichen eines bestimmten Alters (58 Jahre) denkbar sind (so wohl der 11. Senat in seinen beiden Urteilen vom 25. April 2002 - B 11 AL 65/01 R und B 11 AL 100/01 R) bedarf keiner Entscheidung, weil der Kläger jedenfalls dieses Alter noch nicht erreicht hatte.
Auch spricht der Umstand, dass die Hinnahme einer Kündigung allein keine Sperrzeit auslösen kann (st Rspr, zuletzt BSG, Urteil vom 25. April 2002 - B 11 AL 89/01 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen), nicht gegen die Annahme, dass eine Auflösungsvereinbarung, die einer drohenden bzw feststehenden, aber noch nicht erfolgten betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung zuvorkommt, eine Sperrzeit auslösen könne. Zwar hat es der 11. Senat in der zitierten Entscheidung ausdrücklich abgelehnt, den Begriff der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses im Wege der Rechtsfortbildung "offener" zu fassen (etwa für den Fall der Hinnahme einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigung im Hinblick auf eine zugesagte finanzielle Vergünstigung); jedoch bedeutet dies nicht, dass der Arbeitnehmer auch aktiv an der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mitwirken darf, um einer Kündigung zuvorzukommen. Vielmehr ist nach der Fassung des § 119 AFG wie des § 144 SGB III davon auszugehen, dass sich der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht an der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses beteiligen soll. Tut er es, muss es dafür einen wichtigen Grund geben; tut er es nicht, kann eine Sperrzeit überhaupt nicht eintreten. Zulässigerweise knüpft der Gesetzgeber bei den Rechtsfolgen typisierend an unterschiedliches Verhalten des Arbeitnehmers an.
Sollte ein wichtiger Grund zu verneinen sein, wird das LSG das Vorliegen einer Härte iS des § 144 Abs 3 SGB III zu prüfen haben. Wäre keine Regel-, sondern nur eine verkürzte Sperrzeit eingetreten, könnte weder § 117a AFG eingreifen noch wäre die Anspruchsdauer nach § 128 Abs 1 Nr 4 SGB III um mehr als die Tage der Sperrzeit gemindert. Hier könnte eine Kürzung der Sperrzeit nach § 144 Abs 3 Satz 2 Nr 1 SGB III in Betracht kommen. Nach dieser Norm umfasst die Sperrzeit nur drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte. Hätte das Arbeitsverhältnis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zum selben Zeitpunkt - 30. September 1998 - auf Grund einer Arbeitgeberkündigung geendet, würde sich die Sperrzeit auf drei Wochen verkürzen (so schon zum früheren Rechtszustand BSG, Urteil vom 4. Juli 1991 - 7 RAr 124/90 -, DBlR Nr 3850a zu § 119 AFG am Ende; heute unmittelbare Rechtsfolge aus § 144 Abs 3 Satz 2 Nr 1 SGB III). Dann wären die angefochtenen Bescheide auch insoweit rechtswidrig, als die Beklagte ein Ruhen des Leistungsanspruchs über drei Wochen hinaus und eine Minderung der Anspruchsdauer über die Anzahl der Tage der Sperrzeit hinaus angenommen hat.
Nur für den Fall, dass eine Regelsperrzeit eingetreten sein sollte, wird das LSG die Dauer der Anspruchsminderung genau zu überprüfen haben. Dabei ist § 427 Abs 6 SGB III zu beachten, der seinerseits die Fortgeltung des § 242x Abs 3 AFG in der bis 31. Dezember 1997 geltenden Fassung und damit die Anwendung des § 106 AFG in der bis 31. März 1997 geltenden Fassung (mit der längeren Dauer des Alg-Anspruchs für ältere Arbeitslose) über diesen Zeitpunkt hinaus anordnet, wenn innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren mindestens 360 Kalendertage vor dem 1. April 1997 in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung zurückgelegt waren. In diesem Fall bemisst sich die Dauer des Alg-Anspruchs also weiterhin nach dem AFG. Um die für den Alg-Anspruch nach dem SGB III erforderliche Umrechnung von sechs Tagen auf sieben Tage (§ 114 AFG und § 139 SGB III) zu vollziehen, dürfte § 427 Abs 4 SGB III analog anzuwenden sein.
Schließlich wird das LSG auch über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des Ausgangs des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Ende der Entscheidung
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