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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 02.09.2004
Aktenzeichen: B 7 AL 18/04 R
Rechtsgebiete: AFG, SGB III, SGB I


Vorschriften:

AFG § 117a
AFG § 119
AFG § 242x Abs 3
SGB III § 427 Abs 6
SGB III § 143a
SGB III § 144 Abs 1
SGB I § 14
SGB I § 15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 2. September 2004

Az: B 7 AL 18/04 R

Der 7. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. September 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Udsching, die Richter Dr. Steinwedel und Eicher sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Brandenburg und Liedtke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. November 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe:

I

Die Klägerin begehrt die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 6. Juni 1999; nach den angefochtenen Bescheiden war bis zum 25. März 1999 eine Sperrzeit eingetreten, für die Folgezeit habe der Anspruch wegen einer Abfindung geruht (§ 117a Arbeitsförderungsgesetz <AFG>).

Die im Jahre 1952 geborene Klägerin war seit August 1967 bei der D. B. als Angestellte tätig, zuletzt bei der Filiale L. im Bereich "Organisation und Logistik". Über eine Ausbildung als Bankkauffrau verfügte sie nicht. Umstrukturierungsmaßnahmen sollten zur Verlagerung eines Teils der Arbeit der Klägerin nach S. führen, ein anderer Teil sollte an Fremdfirmen vergeben werden. Am 19. März 1998 schloss sie mit der Arbeitgeberin eine Vereinbarung, wonach das Angestelltenverhältnis "auf Veranlassung der Bank zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung aus Rationalisierungsgründen" unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum 31. Dezember 1998 beendet wurde. Vereinbart wurde ferner die Zahlung einer "freiwilligen Abschlussvergütung" in Höhe von 1 1/2 Monatsgehältern für jedes volle Geschäftsjahr der Tätigkeit gemäß Rahmeninteressenausgleich vom 28. Dezember 1994. Daneben erhielt sie als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes und zum Ausgleich entstandener und zukünftiger beruflicher und finanzieller Nachteile eine "Abfindung" in Höhe eines Einmalbetrages von DM 194.000,-- brutto. Nach Nr 4 der Vereinbarung wurde die Klägerin auf die möglichen Folgen einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Bezug von Alg hingewiesen und aufgefordert, sich über nähere Einzelheiten bei dem für sie zuständigen Arbeitsamt (ArbA) zu informieren. Am 29. Dezember 1998 meldete sie sich zum 1. Januar 1999 arbeitslos.

Mit Bescheid vom 4. März 1999 lehnte die Beklagte die Zahlung von Alg vom 1. Januar 1999 bis zum 25. März 1999 ab und stellte eine Minderung der Anspruchsdauer von 167 Tagen wegen Eintritts einer zwölfwöchigen Sperrzeit fest. Mit Bescheid vom 8. März 1999 lehnte sie weiterhin die Zahlung für die Dauer vom 26. März 1999 bis zum 7. Dezember 1999 ab und stellte eine Minderung der Anspruchsdauer um 257 Tage wegen Anrechnung einer Abfindung von DM 194.000,-- und gleichzeitigem Eintritt einer Sperrzeit fest. Die Widersprüche gegen beide Bescheide blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13. August 1999).

Die Klägerin nahm vom 7. Juni 1999 bis zum 2. Juni 2000 an einer Fördermaßnahme zur beruflichen Weiterbildung teil und bezog Unterhaltsgeld von der Beklagten, ohne dass diese hierbei von einem Ruhen des Anspruchs für die Zeit bis zum 7. Dezember 1999 ausging.

Die Klage hat das Sozialgericht Darmstadt (SG) mit Urteil vom 21. November 2001 abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, die Beklagte hätte sie darauf hinweisen müssen, dass bei einer Antragstellung erst zum 1. April 1999 mit gleichzeitiger Rücknahme des ursprünglich gestellten Antrages die Anwendung von § 117a AFG zu verhindern gewesen wäre. Es müsse auch in einer Massenverwaltung möglich sein, eine entsprechende Beratung durchzuführen.

Mit Urteil vom 14. November 2003 hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Für den geltend gemachten Zeitraum vom 1. Januar bis zum 6. Juni 1999 stehe kein Alg zu. Hinsichtlich der Zeit vom 1. Januar bis 25. März 1999 sei eine Sperrzeit von zwölf Wochen eingetreten. Die Klägerin habe die Arbeitslosigkeit vorsätzlich herbeigeführt. Die von ihr dargelegten Umstände stellten keinen wichtigen Grund iS des § 144 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) dar. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Annahme einer besonderen Härte vor, die zu einer Reduzierung der Sperrzeit auf sechs Wochen führen würden. Im Hinblick auf die lange Betriebszugehörigkeit der Klägerin von 31 Jahren wäre eine Kündigung zum 31. Dezember 1998 nicht ohne weiteres möglich gewesen. Ferner habe die Beklagte zu Recht festgestellt, dass sich die Dauer des Anspruchs auf Alg um die Anzahl der Tage einer Sperrzeit und um ein Viertel der Anspruchsdauer mindere, somit um 167 Tage. Ebenso unbegründet sei die Berufung, soweit sich die Klägerin gegen den Bescheid vom 8. März 1999 wende. Auf ihren Fall sei noch die Regelung des § 117a AFG anzuwenden (§ 427 Abs 6 SGB III iVm § 242x Abs 3 AFG). Da die Klägerin anlässlich ihres Ausscheidens eine Abfindung in Höhe von DM 194.000,-- brutto erhalten habe, ergebe sich nach Abzug der verschiedenen Freibeträge eine Ruhenszeit von 257 Wochentagen, also vom 26. März bis zum 7. Dezember 1999. Dem könne die Klägerin nicht entgegenhalten, dass, wenn sie sich erst ab 1. April 1999 arbeitslos gemeldet hätte, die Regelung des § 117a AFG nicht mehr anwendbar gewesen wäre und sich insoweit nicht noch eine weitere Minderung der Anspruchsdauer ergeben hätte. Insofern stehe ihr ein Herstellungsanspruch nicht zur Seite. Zwar wären allein die Vorschriften des SGB III maßgebend gewesen, das keine § 117a AFG entsprechende Regelung enthalte, wenn die Klägerin sich erst zum April 1999 arbeitslos gemeldet hätte; dann wäre die weitere Kürzung der Anspruchsdauer um 257 Tage nicht eingetreten. Diese Rechtsfolge sei auch bereits im Dezember 1998 überschaubar gewesen; so sei hierauf zB in der ab Juni 1998 verfügbaren Kommentierung von Niesel hingewiesen worden (Hinweis auf Niesel, SGB III, § 427 RdNr 12). Eine positive Kenntnis der Mitarbeiter des ArbA könne daraus aber nicht abgeleitet werden. Das Entlassungsentschädigungs-Änderungsgesetz (EEÄndG) sei mit Wirkung vom 1. April 1999 in Kraft getreten, nachdem der Gesetzentwurf am 22. Februar 1999 eingebracht und das Gesetz am 24. März 1999 "verabschiedet" worden sei. Zu diesem Zeitpunkt aber sei der Bescheid vom 8. März 1999 bereits ergangen gewesen, und die Klägerin habe ihren seinerzeit gestellten Alg-Antrag vom 29. Dezember 1998 nicht mehr wirksam zurücknehmen können. Selbst im Hinblick auf die absehbare Gesetzesänderung sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, hierauf ohne konkrete Nachfrage hinzuweisen. Bei Antragstellung im Dezember 1998 sei nicht ohne weiteres erkennbar gewesen, ob die Übergangsregelung für die Klägerin mehr Vorteile als Nachteile gebracht hätte. Zudem setze die Anwendung von § 117a AFG den Eintritt einer Sperrzeit voraus. Die Klägerin habe eine solche jedoch immer verneint und ihre diesbezügliche Ansicht weiterhin mit Nachdruck vertreten.

Mit ihrer - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Klägerin die Verletzung der §§ 117a, 119 sowie 242x Abs 3 AFG, insoweit iVm § 427 Abs 6 SGB III, ferner des § 143a und des § 144 Abs 1 SGB III sowie der §§ 14 und 15 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil <SGB I> (sozialrechtlicher Herstellungsanspruch). Hinsichtlich der Sperrzeit weist sie auf das Urteil des erkennenden Senats vom 17. Oktober 2002 (B 7 AL 136/01 R = SozR 3-4300 § 144 Nr 12) hin, wonach das LSG nicht hätte entscheiden dürfen, ohne Feststellungen dazu zu treffen, ob die angedrohte Kündigung tatsächlich ausgesprochen worden und nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen rechtmäßig gewesen wäre. Sie habe vorgetragen, ihr wäre ohnedies zum selben Zeitpunkt betriebsbedingt gekündigt worden. Der Beklagten habe damit die Beweislast oblegen, dass der hierin liegende wichtige Grund nicht vorgelegen habe. Ihr (der Klägerin) stehe auch der Herstellungsanspruch zur Seite; die Beklagte hätte sie auf Grund ihrer Arbeitslosmeldung Ende Dezember 1998 bereits darauf hinweisen müssen, dass § 117a AFG mit Wirkung ab 1. April 1999 nicht mehr anzuwenden sei. Auch die Neuregelung zum 1. April 1999 hätte Anlass zu einer Beratung gegeben. Es könne nicht darauf ankommen, dass das Gesetz im Zeitpunkt des Beratungsbedarfs noch nicht verabschiedet gewesen sei, denn dem Versicherungsträger obliege eine Beratungspflicht auch dann, wenn der Gesetzentwurf bereits vor Erlass des Bescheides eingebracht worden sei, sodass sein Inkrafttreten in absehbarer Zeit erwartet werden könne. Selbst bei Eintritt der Sperrzeit wäre es bei sachgemäßer Beratung nicht mehr zum Ruhen aus § 117a AFG gekommen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. November 2003 und das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 21. November 2001 und die Bescheide der Beklagten vom 4. und 8. März 1999, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 1999, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 6. Juni 1999 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Berufungsurteil; ggf komme eine Zurückverweisung an das LSG in Betracht, wenn der Sachverhalt noch weiter aufzuklären sei, weil noch nicht feststehe, ob der Klägerin eine rechtmäßige Kündigung aus einem von ihrem Verhalten unabhängigen Grund zu dem Zeitpunkt gedroht habe, zu dem sie das Arbeitsverhältnis gelöst habe, und sie dadurch Nachteile für ihr berufliches Fortkommen vermieden habe. Zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch trägt die Beklagte vor, sie könne angesichts aller Unwägbarkeiten über das Zustandekommen eines Gesetzes im Gesetzgebungsverfahren nicht gezwungen sein, bei einer Arbeitslosmeldung auf Entwürfe zu einem Gesetz hinzuweisen, das dann erst über drei Monate später im BGBl verkündet werde.

II

Die Revision der Klägerin führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Dieses wird aufzuklären haben, ob die Klägerin einen wichtigen Grund für die Lösung ihres Beschäftigungsverhältnisses hatte (1); nur wenn festzustellen wäre, dass dies nicht der Fall war, käme es auf den von der Klägerin im Zusammenhang mit der Anwendung des § 117a AFG geltend gemachten Herstellungsanspruchs an (2). Unabhängig davon käme auch ein Ruhen des Anspruchs auf Alg nach § 117 AFG in Betracht (3).

1. Ob für den Zeitraum vom 1. Januar bis 25. März 1999 eine Sperrzeit eingetreten ist, beurteilt sich nach § 144 Abs 1 Nr 1 SGB III (idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes <AFRG> vom 24. März 1997, BGBl I 594). Danach tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe), ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.

Auf Grund der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann nicht beurteilt werden, ob dieser Sperrzeittatbestand vorliegt. Als wichtiger Grund kommt hier vor allem der von der Klägerin von Anbeginn an vorgetragene Umstand in Betracht, dass eine betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung gedroht habe. Für diese Fallkonstellation hat der Senat (im Urteil vom 17. Oktober 2002, SozR 3-4300 § 144 Nr 12 S 34 ff) folgende Regeln aufgestellt:

a) Grundsätzlich ist dem Arbeitnehmer im Interesse der Versichertengemeinschaft zuzumuten, die Kündigung abzuwarten, sofern nicht besondere Umstände vorliegen.

b) Solche besonderen Umstände können zB dann gegeben sein, wenn dem Arbeitnehmer

aa) eine rechtmäßige Kündigung aus einem von seinem Verhalten unabhängigen Grund zu dem Zeitpunkt zumindest droht, zu dem er das Arbeitsverhältnis löst, und

bb) er durch eine einverständliche Lösung des Arbeitsverhältnisses Nachteile vermeiden kann, die sich durch eine Kündigung des Arbeitgebers für sein berufliches Fortkommen ergeben.

c) In Einzelfällen kann auf Grund sonstiger Umstände, etwa des Verhaltens des Arbeitgebers, ein wichtiger Grund auch bei einer (drohenden oder feststehenden, aber noch nicht erfolgten) rechtswidrigen Kündigung vorliegen.

d) Lassen sich nach Erschöpfung aller verfügbaren Erkenntnisquellen diejenigen Tatsachen nicht aufklären, aus denen sich der wichtige Grund ergibt, sind die allgemeinen Grundsätze über die objektive Beweislast heranzuziehen. Danach trifft grundsätzlich - Ausnahme: Verletzung der Mitwirkungspflicht des Arbeitslosen - die Beklagte die Beweislast dafür, dass ein dem Eintritt der Sperrzeit entgegenstehender wichtiger Grund nicht vorliegt.

Diese Rechtsprechung wird durch das Urteil des 11. Senats des BSG vom 18. Dezember 2003 (B 11 AL 35/03 R, NZA 2004, 661, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) bereits deshalb nicht beeinflusst, da hierin über den Fall einer tatsächlichen Arbeitgeberkündigung mit anschließendem "Abwicklungsvertrag" zu entscheiden war.

Das LSG wird also vorrangig zu prüfen haben, ob der Klägerin eine arbeitgeberseitige Kündigung drohte und ob diese rechtmäßig gewesen wäre. In gleicher Weise wird aufzuklären sein, ob der Klägerin die Hinnahme einer rechtmäßigen Arbeitgeberkündigung nicht zuzumuten war, zB weil sie durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrags Nachteile vermeiden konnte, die sich durch eine Kündigung für ihr berufliches Fortkommen ergeben hätten, insbesondere, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die mit einer Kündigung typischerweise einhergehenden Nachteile im Falle der Klägerin nicht eingetreten wären. Nach dem bisherigen Streitstand sind keine besonderen Umstände ersichtlich, aus denen sich ein wichtiger Grund auch bei Rechtswidrigkeit einer bevorstehenden Kündigung ergeben könnte.

Sollte ein wichtiger Grund zu verneinen sein, wird das LSG das Vorliegen einer Härte iS des § 144 Abs 3 SGB III zu prüfen haben. Dann würde einerseits keine Regel-, sondern nur eine verkürzte Sperrzeit eintreten; andererseits griffe § 117a AFG von vornherein nicht ein. Diese Vorschrift verlangt nicht nur, dass der Arbeitslose wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhalten oder zu beanspruchen hat, sondern auch, dass wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses eine Regelsperrzeit (von 12 Wochen) eingetreten ist.

Eine Reduzierung der Sperrzeit auf drei Wochen käme in Betracht, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses als dem die Sperrzeit begründenden Ereignis ohnedies - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - geendet hätte (§ 144 Abs 3 Satz 2 SGB III); eine Reduzierung auf sechs Wochen, wenn das Ende des Beschäftigungsverhältnisses um höchstens 12 Wochen vorverlegt worden wäre (Anwendung der allgemeinen Härteklausel: § 144 Abs 3 Satz 1 SGB III). Insoweit könnte es auch darauf ankommen, ob ein unverschuldeter Irrtum über den wichtigen Grund, also zB die Rechtmäßigkeit der drohenden Kündigung, vorlag und dieser Irrtum unvermeidbar war.

Die insoweit erforderlichen tatsächlichen Umstände hat das LSG bisher nicht hinreichend festgestellt. Allein die (im Rahmen der Prüfung der Härtevorschrift nach § 144 Abs 3 SGB III) getroffene Feststellung, dass eine Kündigung zum 31. Dezember 1998 "nicht ohne weiteres möglich gewesen" wäre, kann insoweit, gerade auch angesichts der oben geschilderten Beweislastverteilung, den Ausschlag nicht geben.

2. Nach alledem ist noch nicht vorauszusehen, ob nicht bereits die Grundvoraussetzungen des § 117a AFG fehlen, von dessen grundsätzlicher Anwendbarkeit im vorliegenden Fall die Vorinstanzen ausgegangen sind (§ 427 Abs 6 SGB III iVm § 242 x Abs 3 AFG; zur Genese des am 5. März 1999 vom Bundestag verabschiedeten, am 24. März 1999 ausgefertigten und im BGBl I vom 29. März 1999 - S 396 - verkündeten EEÄndG mit der Neuregelung ab 1. April 1999 zB Rockstroh/Polduwe, DB 1999, 529). Nur in diesem Fall käme es auf das weitere Vorbringen der Klägerin an, es stehe ihr insoweit ein Herstellungsanspruch zur Seite, auf Grund dessen sie beanspruchen könne, so gestellt zu werden, als habe sie erst am 1. April 1999 den Antrag auf Alg gestellt. Mit Wirkung ab 1. April 1999 enthielt nämlich § 427 Abs 6 SGB III nicht mehr den § 117a AFG betreffenden Anwendungsbefehl (zum Geltungszeitraumprinzip vgl BSG SozR 4-4100 § 119 Nr 1 RdNr 7). Es sei darauf hingewiesen, dass das Vorbringen der Klägerin zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu ihrem im sozialgerichtlichen Verfahren verfolgten Begehren in Widerspruch steht, Alg ab 1. Januar 1999 zu erhalten. Jedenfalls kann der Senat beim gegenwärtigen Stand des Verfahrens (ebenso wie bereits in seinem Urteil vom 1. April 2004 - B 7 AL 36/03 R, Umdr S 6) offen lassen, ob ein noch nicht in Kraft getretenes, ggf noch nicht einmal verkündetes Gesetz Anlass zu einer sog Spontanberatung geben kann, aus deren Unterlassen wiederum möglicherweise ein Herstellungsanspruch folgt. Gleichermaßen kann unentschieden bleiben, ob der Klägerin nicht bereits bei ihrer Vorsprache Ende 1999 hätte geraten werden müssen, die Arbeitslosmeldung und den Alg-Antrag auf Anfang April 1999 zu verschieben, um die Anwendung des § 140 SGB III in der Fassung des AFRG zu erreichen.

3. Das LSG hat nicht festgestellt, ob zwischen dem Abschluss des Aufhebungsvertrages und dem Ende des Arbeitsverhältnisses die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten wurde, wie im Vertrag behauptet. Wäre dies nicht der Fall, käme ein Ruhen des Anspruchs auf Alg nach § 117 Abs 2 und 3 AFG in Betracht. Es kann deshalb auch offen bleiben, ob der Anspruch wegen § 117a AFG über den 31. März 1999 hinaus geruht hat oder ein Ruhen im Hinblick auf § 117a Abs 3 Satz 2 AFG auszuschließen ist, wenn der Ruhenszeitraum des § 117a AFG erst nach dem 31. März 1999 beginnen würde (vgl auch insoweit zum Geltungszeitraumprinzip BSG SozR 4-4100 § 119 Nr 1 RdNr 7).

Das LSG wird nach Zurückverweisung zu klären haben, ob sich die Klägerin weiterhin gleichermaßen gegen die in den angefochtenen Bescheiden angeordnete Minderung der Anspruchsdauer wendet, was in ihrem Berufungsantrag keine ausdrückliche Erwähnung findet. Es wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.



Ende der Entscheidung

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