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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 11.05.2000
Aktenzeichen: B 7 AL 18/99 R
Rechtsgebiete: GG, SGG, AFG


Vorschriften:

GG Art 103 Abs 1
SGG § 62
SGG § 103
AFG § 36 Nr 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 11. Mai 2000

in dem Rechtsstreit

Az: B 7 AL 18/99 R

Kläger und Revisionskläger,

Prozeßbevollmächtigter:

gegen

Bundesanstalt für Arbeit, Regensburger Straße 104, 90478 Nürnberg,

Beklagte und Revisionsbeklagte.

Der 7. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Mai 2000 durch die Vizepräsidentin Dr. Wolff, die Richter Eicher und Dr. Spellbrink sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Obijou und Geppert

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 7. April 1998 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Der Kläger begehrt die Förderung seiner Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel für den Zeitraum vom 16. Oktober 1995 bis 28. Juli 1997.

Der 1963 geborene Kläger, der irakischer Staatsbürger ist, legte im Jahre 1983 in einem staatlichen Gymnasium im Irak das Ministerialexamen ab und war anschließend Absolvent des Technischen Instituts in AL-Hilla. Von 1985 bis 1. Januar 1987 war er als Absolvent dieses Instituts, Fachrichtung Metallverarbeitung, als Mechaniker tätig.

Im Jahre 1987 übersiedelte der Kläger in die Bundesrepublik und wurde 1988 als Asylbewerber anerkannt. Nach Besuch eines Intensivkurses für die deutsche Sprache stand er zwischen 1990 und 1993 als Leiharbeitnehmer in mehreren Beschäftigungsverhältnissen als Helfer. Von 1994 bis 1995 war er als Arbeiter in einem Kunststoffwerk beschäftigt; ab 13. September 1995 bezog er von der Beklagten Arbeitslosengeld.

Bereits 1993 hatte der Kläger bei der Beklagten die Förderung seiner Teilnahme an einer zweijährigen Umschulung zum Zerspanungsmechaniker beantragt. Die Beklagte hatte eine Förderung abgelehnt, weil der Kläger nach dem Ergebnis einer psychologischen Untersuchung für die angestrebte berufliche Tätigkeit nicht geeignet sei. Am 1. August 1995 beantragte der Kläger sodann die Förderung seiner Teilnahme an einer am 16. Oktober 1995 beginnenden Bildungsmaßnahme zum Groß- und Außenhandelskaufmann, die voraussichtlich bis 15. Juli 1997 dauern sollte. Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 9. November 1995, Widerspruchsbescheid vom 21. November 1995). Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger werde voraussichtlich nicht mit Erfolg an der Maßnahme teilnehmen. Dies folge aus dem Ergebnis der psychologischen Untersuchung vom 13. Oktober 1995. Der Kläger habe seit den bereits durchgeführten psychologischen Untersuchungen in den Jahren 1990, 1991 und 1993 innerhalb von fünf Jahren weder hinsichtlich des Sprachverständnisses noch der Rechtschreibkenntnisse noch des Umfangs seines Wortschatzes erkennbare Fortschritte gemacht. Er liege insoweit deutlich unter dem Durchschnitt der Bezugsgruppe der berufstätigen Erwachsenen. Das gleiche gelte für seine Kenntnisse im Textrechnen. Es sei deshalb davon auszugehen, daß er den theoretischen Anforderungen der angestrebten Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann nicht gewachsen sein werde.

Der Kläger besuchte ab 16. Oktober 1995 die Maßnahme. Die Abschlußprüfung am 28. Juli 1997 bestand er nicht. Auch die erste Wiederholungsprüfung im November 1997 führte zusammen mit der mündlichen Ergänzungsprüfung im Februar 1998 nicht zum Bestehen der Gesamtprüfung. Im Mai 1998 fand eine zweite Wiederholungsprüfung statt, die der Kläger schließlich bestand.

Gegen die Ablehnung der Förderung hat der Kläger im November 1995 Klage zum Sozialgericht (SG) erhoben, das durch Urteil vom 12. Juli 1996 den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 9. November 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 1995 aufgehoben und die Beklagte verurteilt hat, dem Kläger berufsfördernde Leistungen für die Teilnahme an der "Ausbildung" zum Groß- und Außenhandelskaufmann ab 15. Oktober 1995 zu gewähren. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die vom Bildungsträger bescheinigte bisherige erfolgreiche Teilnahme des Klägers an der Maßnahme zeige, daß sich die Bedenken der Beklagten gegen die Eignung des Klägers nicht bestätigt hätten. Es spreche hier mehr für als gegen eine erfolgreiche Teilnahme des Klägers an der Maßnahme.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 7. April 1998 das Urteil des SG vom 12. Juli 1996 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die negative Prognose der Beklagten über die Geeignetheit des Klägers sei zutreffend gewesen. Sie sei in ihrem Widerspruchsbescheid zu Recht davon ausgegangen, der Kläger werde die Maßnahme zum Groß- und Außenhandelskaufmann voraussichtlich nicht erfolgreich abschließen können. Bei dieser prognostischen Einzelbeurteilung stehe der Beklagten allerdings kein Beurteilungsspielraum zu, vielmehr unterliege die Prognoseentscheidung der Beklagten in vollem Umfang der richterlichen Nachprüfung. Auch unter Berücksichtigung des gesamten weiteren tatsächlichen Geschehensablaufs habe sich die Prognose der Beklagten später bewahrheitet. Der Kläger habe zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung auch die erste Wiederholungsprüfung nicht bestanden. Eine mögliche zweite Wiederholungsprüfung sei von der Beklagten von vornherein nicht in ihre Prognoseentscheidung mit einzubeziehen gewesen. Auch sei kein Grund ersichtlich, das Ergebnis der noch bevorstehenden zweiten Wiederholungsprüfung vor einer Entscheidung durch Urteil abzuwarten.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 Grundgesetz <GG> iVm § 62 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) und des Amtsermittlungsgrundsatzes gemäß § 103 SGG. Das LSG habe vor einer endgültigen Entscheidung das Ergebnis der zweiten Wiederholungsprüfung abwarten müssen. Zudem verletze das angefochtene Urteil § 36 Nr 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Die Beklagte hätte bei ihrer Prognoseentscheidung von vornherein das mögliche Bestehen einer zweiten Wiederholungsprüfung berücksichtigen müssen. Bei der gerichtlichen Überprüfung von Prognoseentscheidungen der Beklagten sei jeweils der gesamte weitere tatsächliche Geschehensablauf zu berücksichtigen. Die tatsächliche Entwicklung zeige hier, daß er, der Kläger, doch geeignet gewesen sei, weil er im Mai 1998 die zweite Wiederholungsprüfung mit Erfolg abgelegt habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 7. April 1998 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 12. Juli 1996 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Im übrigen macht sie geltend, die Umschulung des Klägers sei vor dem Hintergrund der Arbeitsverhältnisse auch nicht zweckmäßig iS des § 36 AFG. Für die vom Kläger angestrebte Tätigkeit sei kein ausgeglichener Arbeitsmarkt vorhanden gewesen. Im Bereich der Kaufleute im Groß- und Außenhandel habe vielmehr ein Überhang an Bewerbern gegenüber der Zahl offener Vollzeitstellen bestanden.

II

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des LSG beruht nicht auf einer Rechtsverletzung. Insbesondere beruht es nicht auf einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG iVm § 62 SGG) im Zusammenhang mit einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG).

In der Sache hat das LSG zutreffend entschieden, daß dem Kläger für die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme zum Groß- und Außenhandelskaufmann für den Zeitraum vom 16. Oktober 1995 bis 28. Juli 1997 keine Leistungen der Beklagten zustehen. Insoweit hat der Kläger im Revisionsverfahren den streitigen Leistungszeitraum begrenzt, so daß nur über diesen zu entscheiden war. Einer genaueren Spezifizierung der Maßnahmekosten und einer Konkretisierung des Klageantrags bedurfte es vorliegend nicht, weil ohnedies kein Anspruch auf irgendwelche Leistungen besteht.

Es kann offenbleiben, ob die vom Kläger besuchte Bildungsmaßnahme eine Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung iS des § 33 Abs 1 AFG (§ 33 idF des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes <AFKG> vom 22. Dezember 1981, BGBl I 1497) darstellte. Denn es fehlt bereits an der allgemeinen Leistungsvoraussetzung des § 36 Nr 2 AFG (§ 36 idF des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms <1. SKWPG> vom 21. Dezember 1993, BGBl I 2353). Danach dürfen Leistungen zur individuellen Förderung der beruflichen Bildung nur gewährt werden, wenn der Antragsteller für die angestrebte berufliche Tätigkeit geeignet ist und voraussichtlich mit Erfolg an der Maßnahme teilnehmen wird. Hierüber hat die Beklagte eine Prognoseentscheidung zu treffen, bei der der voraussichtliche Maßnahmeerfolg des Antragstellers eingeschätzt werden muß.

Die Frage, ob ein Antragsteller die berufsqualifizierende Abschlußprüfung bestehen wird, ist, wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden hat, zugleich wesentliches Element für die Beurteilung der beruflichen Eignung des Antragstellers (BSG SozR 3-4100 § 60 Nr 1 S 4; SozR 4100 § 151 Nr 7; BSGE 39, 291, 295). Denn der berufsqualifizierende Abschluß ermöglicht es, den Befähigungsnachweis für den angestrebten Beruf zu führen. Insofern kommt der berufsqualifizierenden Abschlußprüfung Indizwirkung für die berufliche Eignung eines Antragstellers zu, so daß hier dahinstehen kann, inwieweit Elemente der Eignung auch in die Prognose über den voraussichtlichen Maßnahmeerfolg einfließen können. Kommt die Beklagte - wie hier - zu der Überzeugung, daß der Antragsteller voraussichtlich nicht mit Erfolg an der Bildungsmaßnahme teilnehmen wird, so ist eine weitere Prognoseentscheidung über die Eignung für den angestrebten Beruf entbehrlich.

Der Beklagten steht bei ihrer Prognoseentscheidung über den künftigen Maßnahmeerfolg iS des § 36 Nr 2 AFG kein Beurteilungsspielraum zu. Dies hat das BSG bereits entschieden (BSG SozR 3-4100 § 60 Nr 1 S 5). Bei der vorausschauenden Beurteilung der "Erfolgsaussicht", die der Feststellung der Eignung in vorausschauender Betrachtung entspricht, handelt es sich - anders als bei der Beurteilung der arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit (BSG SozR 3-4100 § 34 Nr 4 S 13; SozR 3-4460 § 10 Nr 2) oder des besonderen arbeitsmarktpolitischen Interesses an einer Maßnahme (BSG SozR 3-4100 § 43 Nr 2 S 9 mwN) - um eine prognostische Einzelbeurteilung. Diese ist tatsächlichen Feststellungen im gerichtlichen Verfahren mit gleicher Sicherheit zugänglich wie im Verwaltungsverfahren. Es sind weder rechtliche noch tatsächliche Anhaltspunkte dafür gegeben, die bei der Frage der Vorhersage der "Erfolgsaussicht" eine Ausnahme von der nach Art 19 Abs 4 GG grundsätzlich zu gewährleistenden vollständigen gerichtlichen Überprüfbarkeit von Verwaltungsentscheidungen rechtfertigen könnten (vgl BSG SozR 3-4100 § 60 Nr 1 S 5 mwN). Zu Recht hat daher das LSG die Prognoseentscheidung der Beklagten in vollem Umfang in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht überprüft.

Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Richtigkeit der Erfolgsprognose der Beklagten ist jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Maßnahme noch vor Erlaß des Widerspruchsbescheids begonnen wurde, der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides. Dies hat das BSG hinsichtlich der Prognose der arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit einer Maßnahme (BSG SozR 3-4100 § 36 Nr 1 S 3) oder der Notwendigkeit der Teilnahme an einer Maßnahme (BSG SozR 3-4100 § 45 Nr 2 S 4) entschieden. Dies gilt sowohl bei der Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs 1 SGG als auch bei der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs 4 SGG. Die Entscheidung darüber, ob der Kläger voraussichtlich mit Erfolg an der Maßnahme teilnehmen wird, bedingt eine Prognose im Zeitpunkt der zu treffenden Verwaltungsentscheidung, die für den Zeitraum der Dauer des Verwaltungsakts grundsätzlich Bestand haben muß. Die Tatsachengerichte haben deshalb zu überprüfen, ob sich aufgrund der Sach- und Rechtslage zur Zeit des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens die Prognose der Beklagten über den zukünftigen Maßnahmeerfolg als richtig darstellt. Allerdings kann bei der gerichtlichen Überprüfung dieser Prognoseentscheidung der spätere Geschehensablauf nach Erlaß des Widerspruchsbescheides dann nicht unberücksichtigt bleiben, wenn die Richtigkeit der Prognoseentscheidung widerlegt ist. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung der mit dem Arbeitsförderungsrecht befaßten Senate des BSG, die insoweit auf den erfolgreichen Abschluß der Maßnahme abgestellt haben (BSG SozR 4100 § 41 Nr 1; BSGE 38, 146, 147 f = SozR 4100 § 42 Nr 2; vgl auch BSG SozR 4100 § 44 Nr 53). Die Prognoseentscheidung kann sich aufgrund der Sachlage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung als unrichtig erweisen, wenn der Antragsteller in der Zwischenzeit die Abschlußprüfung bestanden hat. Dann ist die ursprünglich getroffene Prognoseentscheidung als falsifiziert zu betrachten (grundsätzlich hierzu BSGE 38, 146, 148 = SozR 4100 § 42 Nr 2). Das Festhalten an einer Mißerfolgsprognose, die zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung von der Wirklichkeit widerlegt wurde, wäre "wirklichkeitsfremd" (BSG aaO). Dies bedeutet aber nicht, daß die Prognoseentscheidung nach dem jeweiligen Stand der Ausbildung jeweils auch verifiziert werden müßte. Nachträgliche Entwicklungen sind lediglich insoweit entscheidungserheblich, als sie zu einer Widerlegung einer Mißerfolgsprognose führen.

Das LSG hat insoweit festgestellt, daß die ursprünglich getroffene Prognose der Beklagten (zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides am 21. November 1995), der Kläger werde voraussichtlich nicht mit Erfolg an der Maßnahme zum Groß- und Außenhandelskaufmann teilnehmen, aufgrund der psychologischen Gutachten und der fehlenden Kenntnisse des Klägers zutreffend war. Weiterhin hat das LSG festgestellt, daß der Kläger zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 7. April 1988 die eigentliche Abschlußprüfung nicht bestanden hatte und ebenfalls bei der ersten Wiederholungsprüfung gescheitert war. Das LSG hat mithin die ursprüngliche Prognose der Beklagten durch den späteren tatsächlichen Geschehensablauf sogar als bestätigt betrachtet und zusätzlich festgestellt, daß die Ausbildung scheitern werde. An diese tatsächlichen Feststellungen des LSG ist der Senat gebunden (§ 163 SGG). Das Erstellen einer Prognose ist die Feststellung einer hypothetischen Tatsache, wobei die Prüfung, ob der festgestellte Sachverhalt den Schluß auf die hypothetische Tatsache erlaubt, zur Beweiswürdigung, nicht zur Rechtsanwendung gehört (grundlegend BSG SozR 4100 § 44 Nr 47). Die vom LSG vorgenommene Beweiswürdigung iS einer Feststellung hypothetischer Tatsachen ist vom Kläger nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden. Auch hat das LSG nicht die rechtlichen Grenzen der Überprüfung von Prognoseentscheidungen verkannt. Vielmehr hat es sogar den weiteren tatsächlichen Geschehensablauf als mögliches Korrektiv iS einer Verifizierung der Prognoseentscheidung in seine Überlegungen einbezogen, wozu es, wie ausgeführt, nicht verpflichtet gewesen wäre.

Entgegen der Rechtsansicht des Klägers bedeutet es keine Verletzung rechtlichen Gehörs bzw des Amtsermittlungsgrundsatzes (§§ 62, 103 SGG), wenn das LSG mit seiner Entscheidung nicht zugewartet hat, bis das Ergebnis der zweiten Wiederholungsprüfung durch den Kläger feststand. Dazu war das LSG unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet. Das Wesen einer Prognoseentscheidung besteht darin, daß der Entscheidende aufgrund aller ihm bekannten Sachverhaltsmerkmale zu einem bestimmten Zeitpunkt über ein zukünftig eintretendes Ereignis (erfolgreiche oder nicht erfolgreiche Teilnahme an der Maßnahme) eine Aussage trifft. Diese Prognoseentscheidung, die als Tatsachenfeststellung hinsichtlich einer zukünftigen Entwicklung immer mit Unsicherheiten behaftet ist, kann sich zwar durch den weiteren Geschehensablauf bis zur Entscheidung des Gerichts als unrichtig erweisen. Keinesfalls kann aber die Berücksichtigung des künftigen Geschehensablaufs - als Korrektiv der früher getroffenen Prognoseentscheidung - zu einem Rechtsanspruch des Antragstellers führen, die gerichtliche Überprüfung der Prognoseentscheidung jeweils bis zum letzten möglichen Versuch, eine Prüfung zu bestehen, aufzuschieben. Dann wäre eine Prognoseentscheidung letztlich entbehrlich bzw sinnlos, weil der jeweilige Prozeß stets solange auszusetzen wäre, bis bzw ob sich der Maßnahmeerfolg oder -mißerfolg in der Wirklichkeit erwiesen hat.

Bei dieser Sachlage bedarf es keines Eingehens auf die Frage, ob hinsichtlich des zu erwartenden Maßnahmeerfolges bei der zu treffenden Prognoseentscheidung auf die "reguläre" Abschlußprüfung abzustellen ist, oder ob der Erfolg als solcher - auch bei Einbeziehung möglicher Wiederholungsprüfungen - maßgeblich ist. Jedenfalls in den Fällen der Fortbildung und Umschulung dürfte mehr für erstgenannte Rechtsansicht sprechen, weil die Maßnahmen zeitlich begrenzt und (Teil-)Wiederholungen gesondert zu bewilligen sind, wovon auch das LSG unter besonderer Berücksichtigung des § 41 Abs 4 AFG (§ 41 idF des Gesetzes zur Änderung von Fördervoraussetzungen im AFG und in anderen Gesetzen vom 18. Dezember 1992, BGBl I 2044) ausgegangen ist. Diese Frage kann jedoch offenbleiben, weil das LSG bei seiner Überprüfung sogar die (bereits abgelegte und nicht bestandene) erste Wiederholungsprüfung in die Beurteilung einbezogen und zudem noch das generelle Scheitern des Klägers prognostiziert hat, so daß die zweite Wiederholungsprüfung auf keinen Fall abgewartet werden mußte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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