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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 27.01.2009
Aktenzeichen: B 7 AL 46/07 R
Rechtsgebiete: SGB III


Vorschriften:

SGB III § 130 Abs 2
SGB III § 131 Abs 1 aF.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Az: B 7 AL 46/07 R

Der 7. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 27. Januar 2009 durch den Richter Dr. Koloczek, den Richter Coseriu und die Richterin Behrend sowie den ehrenamtlichen Richter Liedtke und die ehrenamtliche Richterin Geppert

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 9. Februar 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe:

I

In Streit ist höheres Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit ab dem 3. Dezember 2001, insbesondere nach einem höheren als dem von der Beklagten zugrunde gelegten Bemessungsentgelt.

Der im November 1945 geborene Kläger stand bei der D Stahlbau GmbH in S - ab dem 1. September 1964 in einem Arbeitsverhältnis als Monteur bzw Montageschlosser. Nachdem er vom 26. Februar bis zum 9. März 1999 sowie vom 16. September bis zum 24. September 1999 Krankengeld bezogen hatte, befand er sich vom 1. Oktober 1999 bis zum 30. Juni 2000 im Erziehungsurlaub. Aus dem Arbeitsverhältnis schied er gemäß Vereinbarung vom 29. Juni 2000 zum 30. Juni 2000 über einen Sozialplan gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 60.000 DM aus. Seit Januar 2000 bezog der Kläger eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von (zunächst) 1.846 DM monatlich.

Am 3. Dezember 2001 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Annahme eines Härtefalls für die Bemessung des Alg unter Übergabe von Arbeitgeberbescheinigungen für die Zeit von Oktober 1997 bis September 1999. Die Beklagte gewährte dem Kläger ab 3. Dezember 2001 Alg für 760 Tage; dabei legte sie der Berechnung zunächst ein Bemessungsentgelt in Höhe von 1.660 DM und ab 1. Januar 2002 von 845 Euro zu Grunde, das sich aus dem Arbeitseinkommen des Klägers (nur) der letzten 39 Wochen seiner Tätigkeit bei der DSD Dillinger Stahlbau GmbH (1. Januar bis 30. September 1999) ergebe (Bescheid vom 27. Dezember 2001; Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2002).

Auf die dagegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) für das Saarland die Beklagte verurteilt, dem Kläger unter "Aufhebung" des Bewilligungsbescheids Alg "nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften für die Zeit ab 3.12.2001 zu bewilligen wegen unbilliger Härte unter Zugrundelegung des in dem auf zwei Jahre erweiterten Bemessungszeitraums nach § 131 I SGB III erzielten Entgelts" (Urteil vom 10. Februar 2005). Das Landessozialgericht (LSG) für das Saarland hat das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 9. Februar 2007). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Beklagte habe das Alg zutreffend nach den letzten 39 Wochen abgerechneter Lohnzeiträume bemessen innerhalb des Bemessungsrahmens (52 Wochen) vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses habe der Kläger keine Entgeltabrechnungszeiträume aufzuweisen, so dass rückgerechnet werden müsse, bis 39 Wochen erreicht seien. Eine Berücksichtigung weiter zurückliegender Entgeltabrechnungszeiträume komme nicht in Betracht, und zwar auch nicht im Rahmen der Härteregelung des § 131 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III). Der in § 133 Abs 4 SGB III geregelte Dreijahreszeitraum vor Anspruchsentstehung bilde nach dem Willen des historischen Gesetzgebers eine absolute Grenze. Zeiträume, die von der Anspruchsentstehung an gerechnet mehr als drei Jahre zurücklägen, könnten bei der Bemessung des Alg in keinem Falle Berücksichtigung finden, so dass Zeiten vor dem 3. Dezember 1998 ohnedies unbeachtlich seien. Eine unbillige Härte andererseits und damit die Berücksichtigung der Zeit vom 3. bis 31. Dezember 1998 seien zu verneinen, weil über die von der Beklagten berücksichtigten Entgeltabrechnungszeiträume von 39 Wochen hinaus nur noch der verhältnismäßig geringfügige Zeitraum vom 3. bis zum 31. Dezember 1998 in diesem Dreijahreszeitraum liege.

Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 130 Abs 2, 131 Abs 1 SGB III aF. Zu Unrecht seien die Beklagte und mit ihr das LSG davon ausgegangen, dass diese Vorschriften über die Bemessung des Alg durch Anwendung des § 133 Abs 4 SGB III einzuschränken bzw zu begrenzen seien, dass also Zeiten, die länger als drei Jahre vor Entstehung des Alg-Anspruchs lägen, generell außer Betracht zu bleiben hätten.

Der Kläger hat schriftsätzlich (sinngemäß) beantragt,

das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Bewilligungsbescheid der Beklagten abgeändert wird und höhere als die bisher bewilligten Leistungen gewährt werden.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

II

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Zu Unrecht ist das LSG davon ausgegangen, dass der Dreijahreszeitraum des § 133 Abs 4 SGB III für die Erweiterung des Bemessungszeitraums iS des § 131 Abs 1 SGB III (Härtefallregelung) eine immanente Schranke darstellt. Ob sich daraus ein höherer Anspruch des Klägers auf Alg ergibt, kann mangels fast völlig fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG zum Grund und zur Höhe des Anspruchs nicht beurteilt werden.

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind der Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2001 für die Zeit ab 3. Dezember 2001 und der Bescheid für die Zeit ab 1. Januar 2002 (vom LSG nicht festgestellt) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2002 (§ 95 SGG), gegen den sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs 1 und 4, 56 SGG) wehrt, soweit die Beklagte höhere Leistungen abgelehnt hat. Zwar sind im Laufe des gerichtlichen Verfahrens weitere Bescheide ergangen, die nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden sind, deren Einbeziehung das LSG unterlassen hat; die fehlerhafte Nichteinbeziehung der Bescheide ist allerdings nur auf Rüge zu beachten (stRspr; vgl nur BSGE 61, 45, 48 = SozR 4100 § 113 Nr 5 S 27; BSG SozR 3-2500 § 57 Nr 4 S 10). Eine solche ist vorliegend nicht erhoben worden. Das LSG wird sie gleichwohl nach der Zurückverweisung einzubeziehen haben; dies gilt nicht für Bescheide, die die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe betreffen, weil das SG die Beklagte lediglich zur Gewährung von Alg verurteilt und der Kläger keine Berufung eingelegt hat.

In der Sache handelt es sich um einen Höhenstreit, bei dem Grund und Höhe des Alg-Anspruchs in vollem Umfang gerichtlich zu überprüfen sind (stRspr; BSGE 95, 8 ff RdNr 6 ff mwN = SozR 4-4300 § 140 Nr 1; Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 29. Januar 2008 - B 7/7a AL 40/06 R -, SGb 2008, 176 mwN). Ein Grundurteil, wie es das SG getroffen hat, mit dem es nur einzelne der zwischen den Beteiligten streitigen Berechnungselemente austenoriert und die Beklagte nicht einmal (ausdrücklich) zu höheren Leistungen verurteilt, genügt diesen Anforderungen nicht (vgl nur BSGE 94, 109 ff RdNr 5 = SozR 4-4220 § 3 Nr 1).

Sofern der Kläger die Voraussetzungen für den Alg-Anspruch dem Grunde nach erfüllt, bemisst sich dieser gemäß § 129 SGB III (idF, die die Norm durch das Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften vom 16. Februar 2001 - BGBl I 266 - erhalten hat) nach dem pauschalierten Nettoentgelt (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das er im Bemessungszeitraum erzielt hat. Das Alg beträgt für Arbeitslose, die ein Kind iS des § 32 Abs 1, 3 bis 5 Einkommensteuergesetz haben, 67 % (erhöhter Leistungssatz, § 129 Nr 1 SGB III), für die übrigen, nicht unter § 129 Nr 1 SGB III fallenden Arbeitslosen 60 % (allgemeiner Leistungssatz, § 129 Nr 2 SGB III) des Leistungsentgelts. Leistungsentgelt ist das um die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallenden Entgeltabzüge (dazu § 136 Abs 2 SGB III aF - vor dem 1. Januar 2005) reduzierte Bemessungsentgelt (§ 136 Abs 1 SGB III aF). Bemessungsentgelt wiederum ist grundsätzlich das im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende (beitragspflichtige) Entgelt (§ 132 Abs 1 Satz 1 SGB III, hier idF des Zweiten SGB-III-Änderungsgesetzes [2. SGB-III-ÄndG] vom 21. Juli 1999 - BGBl I 1648). Der Bemessungszeitraum umfasst dabei (grundsätzlich) die Entgeltabrechnungszeiträume, die in den letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruchs, in denen Versicherungspflicht bestand (so genannter Bemessungsrahmen), enthalten sind und bei Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruchs abgerechnet waren (§ 130 Abs 1 SGB III idF des 2. SGB-III-ÄndG). Enthält der Bemessungszeitraum (innerhalb des Bemessungsrahmens) weniger als 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt, so verlängert er sich um weitere Entgeltabrechnungszeiträume, bis (genau) 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt erreicht sind (§ 130 Abs 2 Satz 1 SGB III idF des 2. SGB-III-ÄndG). Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bleiben (allerdings) ua Zeiten des Bezugs von Erziehungsgeld außer Betracht (§ 131 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes [AFRG] vom 24. März 1997 - BGBl I 594). Abweichend von dieser Regelbemessung ist der Bemessungszeitraum - darum geht es dem Kläger - auf die letzten zwei Jahre vor dem Ende des Bemessungszeitraums zu verlängern, wenn es mit Rücksicht auf das Entgelt, das der Arbeitslose in Zeiten der Versicherungspflichtverhältnisse in diesen zwei Jahren überwiegend erzielt hat, unbillig hart wäre, vom Entgelt im Bemessungszeitraum auszugehen, sofern der Arbeitslose dies verlangt und die zur Bemessung erforderlichen Unterlagen vorlegt (§ 131 Abs 1 SGB III). Die Entscheidung des LSG enthält kaum tatsächliche Feststellungen, die eine Konkretisierung dieser Vorschriften ermöglichen würde.

Zu Unrecht ist das LSG allerdings davon ausgegangen, dass die Erweiterung des Bemessungszeitraums auf längstens zwei Jahre iS des § 131 Abs 1 SGB III durch den Dreijahreszeitraum des § 133 Abs 4 SGB III (idF, die die Norm durch das 2. SGB-III-ÄndG erhalten hat) begrenzt wird. § 133 Abs 4 SGB III gelangt nicht unmittelbar zur Anwendung. Die Vorschrift regelt nur einen Sonderfall des Bemessungsentgelts. Danach ist, wenn ein Bemessungszeitraum von mindestens 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt innerhalb der letzten drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs (auf Alg) nicht festgestellt werden kann, Bemessungsentgelt das tarifliche Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt (inzwischen: die Agentur für Arbeit) die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat (so genannte fiktive Bemessung). Ein solcher Fall liegt nicht vor, weil der Kläger nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) im maßgeblichen Dreijahreszeitraum vom 3. Dezember 1998 bis zum 2. Dezember 2001 zumindest zwischen dem 3. Dezember 1998 und dem 30. September 1999 bei der D Stahlbau GmbH gegen Arbeitsentgelt beschäftigt war, lediglich unterbrochen durch zwei Bezugszeiten von Krankengeld vom 26. Februar bis zum 9. März 1999 und vom 16. September bis zum 24. September 1999, die aber ebenfalls versicherungspflichtig (§ 26 Abs 2 Nr 1 SGB III) und deshalb Zeiten mit Anspruch auf Entgelt iS des § 133 Abs 4 SGB III sind (vgl § 135 Nr 4 SGB III aF). Zusammengenommen übertreffen bereits diese Zeiten den Umfang von 39 Wochen.

Der Norm kann auch nach Sinn und Zweck der Regelungen und ihrer systematischen Stellung innerhalb des Alg-Bemessungsrechts nicht der Rechtssatz entnommen werden, Zeiten vor der in § 133 Abs 4 SGB III normierten Dreijahresgrenze müssten bei der Bestimmung des Bemessungsentgelts, insbesondere im Rahmen der Härteregelung des § 131 Abs 1 SGB III unbeachtet bleiben. § 133 Abs 4 SGB III soll nämlich nach dem Gesamtkontext der leistungsbemessungsrechtlichen Bestimmungen der §§ 129 ff SGB III, wie sich bereits aus der gesetzlichen Überschrift der Norm ("Sonderfälle des Bemessungsentgelts") ergibt, nur außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Fallkonstellationen regeln, in denen ein hinreichend repräsentatives Entgelt nicht erzielt worden ist. Aus der Systematik des Gesetzes ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, dass die Wertung der Sondervorschrift des § 133 Abs 4 SGB III sich auf die Vorschrift des § 131 Abs 1 SGB III erstreckt bzw als Korrektiv in diese hineininterpretiert werden soll. Für die gegenteilige Auffassung sprechen auch nicht die Motive des Gesetzgebers. So heißt es in der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung vom 18. Juni 1996 bezogen auf die streitgegenständliche Neufassung des § 133 Abs 4 SGB III (§ 133 Abs 3 des Entwurfs) lediglich, dass das Bemessungsentgelt in Fällen, in denen ein Bemessungszeitraum mit hinreichend aktuellen Entgelten nicht gebildet werden kann, fiktiv nach dem Arbeitsentgelt bemessen werden solle, das der Arbeitslose bei erfolgreicher Arbeitsvermittlung voraussichtlich erzielen könne (BT-Drucks 13/4941, S 178 zu § 133 Abs 3). Daraus kann aber gerade nicht auf den Willen und die Vorstellung des Gesetzgebers geschlossen werden, dass jeglicher zu bildender Bemessungszeitraum innerhalb der drei Jahre des § 133 Abs 4 SGB III liegen müsse. Dies hätte an anderer Stelle ausdrücklich geregelt werden müssen.

Im Gegensatz zur Auffassung des LSG steht dies auch nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des erkennenden Senats. Zu Unrecht stützt sich das LSG insbesondere auf das Urteil vom 15. Dezember 2005 (B 7a AL 30/05 R - SozR 4-4300 § 131 Nr 3). Dort hat der Senat zwar für den Fall des § 131 Abs 2 Nr 2 SGB III (Sonderfall des Bemessungszeitraums bei Verminderung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit aufgrund einer Teilzeitbeschäftigung) entschieden, dass sich der Bemessungszeitraum - weil diese Zeiten bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums außer Betracht zu bleiben haben - in die Vergangenheit verlängert bis 39 Wochen erreicht sind, jedoch mit der Begrenzung des § 133 Abs 4 SGB III (BSG aaO RdNr 11). Aus den dort formulierten Rechtssätzen kann aber nicht gefolgert werden, dass der Dreijahreszeitraum des § 133 Abs 4 SGB III auch geeignet ist, den erweiterten Bemessungszeitraum des § 131 Abs 1 SGB III zu begrenzen, wenn innerhalb der drei Jahre mindestens 39 Wochen mit versicherungspflichtigem Entgelt enthalten sind.

Die in § 131 Abs 1 und Abs 2 SGB III geregelten Sonderfälle des Bemessungszeitraums weisen vielmehr wesentliche strukturelle Unterschiede auf. Abs 1 erweitert den Bemessungszeitraum auf zwei Jahre über die im Bemessungsrahmen (52 Wochen) enthaltenen Zeiten hinaus. Abs 2 ordnet demgegenüber an, dass bestimmte Zeiten bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums außer Betracht bleiben. Diese (fiktive) Nichtberücksichtigung kann dazu führen, dass im fixen Bemessungsrahmen (s dazu BSG SozR 4-4300 § 416a Nr 1 RdNr 6) von 52 Wochen (§ 130 Abs 1 SGB III) weniger als 39 (berücksichtigungsfähige) Wochen enthalten sind, so dass der Bemessungszeitraum nach § 130 Abs 2 SGB III auf Zeiten außerhalb des Bemessungsrahmens zu erstrecken ist. Dies wird dann gesetzlich durch den Dreijahreszeitraum des § 133 Abs 4 SGB III begrenzt. Nur darauf hat der Senat in seinem Urteil vom 15. Dezember 2005 (aaO) hingewiesen.

Bei seiner erneuten Entscheidung wird das LSG aber zu berücksichtigen haben, dass § 130 Abs 1 SGB III für die Bestimmung des Bemessungszeitraums auf die (nach der Rechtsprechung des BSG nur vollständigen) Entgeltabrechnungszeiträume der letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruchs (Bemessungsrahmen) nach Ende des Versicherungspflichtverhältnisses abstellt (s dazu nur BSG SozR 4-4300 § 133 Nr 3 RdNr 13 und 21 - 22). Zu Unrecht hat wohl das LSG - jedenfalls nach Aktenlage - bei seiner Entscheidung den Bemessungsrahmen ab Ende des Arbeitsverhältnisses errechnet, nicht jedoch ab Ende des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses (s zur Versicherungspflicht von Erziehungszeiten erst ab 1. Januar 2003 BSG SozR 4-4300 § 147 Nr 3 RdNr 13 ff und Schlegel in Eicher/Schlegel, SGB III, § 26 RdNr 83 ff, Stand November 2008). Der nach § 130 Abs 1 SGB III zu bildende Bemessungsrahmen von 52 Wochen, der vorliegend nach Aktenlage nur Zeiten der Beschäftigung und des einer Beschäftigung gleichgestellten Krankengeldbezugs enthält, kann - und wird im vorliegenden Falle wohl - teilweise außerhalb des Dreijahreszeitraums (vor Entstehung des Anspruchs auf Alg) des § 133 Abs 4 SGB III liegen. Auch insoweit bildet § 133 Abs 4 SGB III keine absolute Grenze für die Berücksichtigung von Zeiten mit Entgelt, sondern ordnet nur eine fiktive Bemessung des Alg für den Fall an, dass innerhalb der Dreijahresgrenze nicht mindestens 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt festgestellt werden. Hierin erschöpft sich die Bedeutung der Vorschrift. Mit anderen Worten: Enthalten die letzten drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs mindestens 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt, wird das Bemessungsentgelt nach den üblichen Regelungen bestimmt; dabei kann der 52-wöchige Bemessungsrahmen auch teilweise außerhalb des Dreijahreszeitraums liegen, und es sind alle (vollen) Entgeltabrechnungszeiträume - nicht nur 39 Wochen - innerhalb des Bemessungsrahmens (nicht nur hineinragende) zu berücksichtigen.

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Ende der Entscheidung

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