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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 15.05.2000
Aktenzeichen: B 7 AL 64/99 R
Rechtsgebiete: SGB I


Vorschriften:

SGB I § 45
SGB I § 45 Abs 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 15. Juni 2000

in dem Rechtsstreit

Az: B 7 AL 64/99 R

Klägerin und Revisionsklägerin,

Prozeßbevollmächtigter:

gegen

Bundesanstalt für Arbeit, Regensburger Straße 104, 90478 Nürnberg,

Beklagte und Revisionsbeklagte.

Der 7. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juni 2000 durch die Vizepräsidentin Dr. Wolff, die Richter Eicher und Dr. Spellbrink sowie den ehrenamtlichen Richter Kovar und die ehrenamtliche Richterin Geppert

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Juni 1999 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Klägerin begehrt Arbeitslosenhilfe (Alhi) für den Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis 24. Oktober 1990.

Die Klägerin, die seit 1979 im Leistungsbezug bei der Beklagten stand und bis 27. Mai 1988 Unterhaltsgeld bezog, meldete sich am 17. Mai 1988 arbeitslos und beantragte Alhi ab 28. Mai 1988. Diesem Antrag gab die Beklagte statt und bewilligte Alhi, zuletzt mit Bescheid vom 11. April 1989 bis zum 31. Dezember 1989.

Am 8. Dezember 1989 übersandte die Beklagte der Klägerin eine Mitteilung mit einem Antragsformular auf Fortzahlung der Alhi. In der Mitteilung wurde auf den Ablauf des Bewilligungsabschnitts zum 31. Dezember 1989 hingewiesen. Nachdem die Klägerin einen Antrag auf Fortzahlung der Alhi nicht eingereicht hatte, "entzog" die Beklagte durch Bescheid vom 29. Januar 1990 die bewilligte Alhi ab 1. Januar 1990 wegen fehlender Mitwirkung. Vom 25. Oktober 1990 bis 24. Oktober 1991 war die Klägerin beitragspflichtig beschäftigt. Ab 25. Oktober 1991 bezog sie Arbeitslosengeld (Alg).

Am 5. Oktober 1995 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, die Zeit vom 31. Dezember 1989 bis 24. Oktober 1990 bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) als Anrechnungszeit zu melden. Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit, die Meldung einer Anrechnungszeit für diesen Zeitraum sei nicht möglich, weil die Alhi nicht wegen fehlender Bedürftigkeit, sondern wegen fehlender Mitwirkung der Klägerin ab 1. Januar 1990 entzogen worden sie. Nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, den Entziehungsbescheid nicht erhalten zu haben, übersandte die Beklagte der Klägerin am 9. Januar 1996 eine Kopie des Bescheides vom 29. Januar 1990. Die Klägerin legte daraufhin gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. März 1996 als unzulässig verwarf. Das Sozialgericht (SG) Koblenz hat auf die hiergegen erhobene Klage durch (rechtskräftiges) Urteil vom 27. November 1996 den Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. März 1996 aufgehoben. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die Klage sei als isolierte Anfechtungsklage gegen den Entziehungsbescheid zulässig. Der Bescheid vom 29. Januar 1990 sei rechtswidrig gewesen. Die Beklagte habe nach Aufhebung dieses Bescheides nunmehr darüber zu befinden, ob der Klägerin für den streitigen Zeitraum Alhi zustehe.

Die Beklagte teilte der Klägerin sodann "in Ausführung dieses Urteils" durch Bescheid vom 12. Dezember 1996 mit, daß ein Anspruch auf Alhi für den Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis 24. Oktober 1990 nicht bestehe, weil der Anspruch verjährt sei. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 1997 zurück. Die Klage hat das SG durch Urteil vom 22. April 1998 abgewiesen, wobei es auch ausgeführt hat, es bestehe kein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Meldung des Zeitraums vom 1. Januar bis 24. Oktober 1990 als Anrechnungszeit gemäß § 193 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI).

Das Landessozialgericht (LSG) hat am 29. Juni 1999 zunächst beschlossen, das Verfahren betreffend die Meldung der Zeit vom 1. Januar 1990 bis 24. Oktober 1990 als Anrechnungszeit an die BfA abzutrennen, weil insoweit der 7. Senat des LSG zuständig sei. Sodann hat es durch Urteil vom gleichen Tage die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Klägerin stehe für den Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis 24. Oktober 1990 kein Anspruch auf Alhi zu. Ein Bewilligungsbescheid habe für diesen Zeitraum jedenfalls nicht vorgelegen. Nach § 139a Abs 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) seien vor einer erneuten Bewilligung von Alhi ab 1. Januar 1990 die Voraussetzungen eines Alhi-Anspruchs erneut zu überprüfen gewesen. Zwar würde der ursprünglich von der Klägerin gestellte Antrag auf Alhi aus dem Jahre 1988 fortwirken, so daß die Fortzahlung der Alhi über den 31. Dezember 1989 hinaus nicht von einer erneuten Antragstellung abhängig gewesen sei. Ob der Klägerin für den streitigen Zeitraum ein Anspruch auf Alhi tatsächlich zugestanden habe, könne aber letztlich dahinstehen. Denn dieser Anspruch wäre jedenfalls, auch wenn er entstanden wäre, verjährt, und die Beklagte habe sich ermessensfehlerfrei auf die Einrede der Verjährung berufen. Die Verjährung sei auch nicht gemäß § 45 Abs 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) durch den schriftlichen Antrag auf die Sozialleistung oder durch Erhebung eines Widerspruchs unterbrochen worden. Zwar habe die Klägerin ursprünglich im Mai 1988 den für die Entstehung des Anspruchs materiell-rechtlich erforderlichen Antrag auf Alhi gestellt. Dieser Antrag reiche aber zur Unterbrechung der Verjährung für die hier streitige Zeit nicht aus. Es sei vielmehr dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) zu folgen, das für die Unterbrechung der Verjährung bei einer abschnittsweise zu bewilligenden Sozialleistung einen "mahnungsähnlichen weiteren Antrag" für den jeweiligen Bewilligungsabschnitt fordere. Dies gelte zumindest dann, wenn - wie hier - der Arbeitslose durch eine Mitteilung des Arbeitsamts über den Ablauf des vorhergehenden Bewilligungsabschnitts und die Übersendung eines Fortzahlungsantrags zu einer entsprechenden Antragstellung aufgefordert worden sei. Bei einer anderen Auslegung wäre die Verjährungsvorschrift des § 45 Abs 1 SGB I für alle Sozialleistungen, deren Entstehung materiell-rechtlich einen Antrag voraussetze, praktisch bedeutungslos, denn die Verjährung wäre dann regelmäßig bereits mit der Entstehung des Anspruchs unterbrochen. Einen "mahnungsähnlichen" weiteren Antrag auf Fortzahlung der Alhi habe die Klägerin aber nicht gestellt. Die Beklagte dürfe sich hier auf die Einrede der Verjährung berufen. Dies stelle keine unzulässige Rechtsausübung dar. Die Beklagte habe auch das ihr insoweit eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Sie rügt die Verletzung des § 45 SGB I. Das LSG weiche von der Rechtsprechung des 9. Senats des Bundessozialgerichts <BSG> (BSG SozR 3-1200 § 45 Nr 1) ab. Nach § 45 Abs 1 SGB I würden Ansprüche auf Sozialleistungen in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden seien, verjähren. Ihr Anspruch auf Alhi sei aber bereits im Mai 1988 mit dem damals gestellten, materiell-rechtlich erforderlichen Antrag entstanden. Durch den Leistungsantrag vom Mai 1988 sei die Verjährungsfrist gemäß § 45 Abs 3 SGB I unterbrochen worden. Soweit das LSG sich der Rechtsprechung des BVerwG anschließe, das für abschnittsweise bewilligte Leistungen eine zusätzliche "mahnungsähnliche" Unterbrechungshandlung fordere, sei diese Rechtsprechung auf den hier zu entscheidenden Fall nicht anwendbar. Dies folge insbesondere daraus, daß die Beklagte ihr (der Klägerin) am 11. April 1989 Alhi für den Zeitraum vom 2. Januar 1989 an bewilligt habe, ohne daß sie damals einen entsprechenden mahnungsähnlichen Antrag auf Fortzahlung der Alhi überhaupt gestellt habe. Im übrigen habe sie das von der Beklagten angeblich am 8. Dezember 1989 zugesandte Formular für einen Fortzahlungsantrag ab 1. Januar 1990 nie erhalten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Juni 1999 aufzuheben und das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 22. April 1998 zu ändern sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar bis 24. Oktober 1990 Arbeitslosenhilfe zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie beruft sich auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung.

II

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG entschieden, daß der Klägerin kein Anspruch auf Alhi für den Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis 24. Oktober 1990 zusteht. Dieser Anspruch ist entweder überhaupt nicht entstanden (§ 40 SGB I) oder wäre jedenfalls - wenn er entstanden wäre - gemäß § 45 Abs 1 SGB I verjährt.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nicht mehr das ursprüngliche Begehren der Klägerin, den streitigen Zeitraum als Anrechnungszeit gemäß § 193 SGB VI an die BfA zu melden. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin für eine Klage auf eine solche Meldung durch die Bundesanstalt für Arbeit (BA) an die BfA überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis hätte (vgl hierzu BSG, Urteil vom 9. Februar 1994 - 11 RAr 49/93 -, DBlR Nr 4111a zu § 193 SGB VI; ablehnend Niesel in Kasseler Komm, Stand Juni 1998, RdNr 28 zu § 58 SGB VI), denn das LSG hat in der mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 1999 diesen Anspruch der Klägerin vom Verfahren abgetrennt und an einen anderen Senat des LSG verwiesen, bei dem er offenbar noch anhängig ist. Jedenfalls sind seitens der Klägerin keine Verfahrensrügen gegen die Trennung der Streitgegenstände durch das LSG erhoben worden. Vielmehr ist dem Revisionsvorbringen zu entnehmen, daß die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit ausschließlich die Bewilligung von Alhi für den Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis 24. Oktober 1990 begehrt.

Der Senat kann offenlassen, ob ein Anspruch der Klägerin auf Alhi gemäß § 134 AFG (idF des Gesetzes zur Anpassung von Eingliederungsleistungen für Aussiedler und Übersiedler - Eingliederungsanpassungsgesetz - vom 22. Dezember 1989, BGBl I 2398) zum 1. Januar 1990 überhaupt entstanden ist bzw ob es dazu ua eines (Fortzahlungs-)Antrags bedurft hätte. Der Klägerin war zuletzt gemäß § 139a Abs 1 AFG (idF des Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung vom 22. Dezember 1981, BGBl I 1497) bis zum Ablauf des Bewilligungsabschnitts am 31. Dezember 1989 Alhi bewilligt worden. Nach § 139a Abs 2 AFG sind vor einer erneuten Bewilligung die Voraussetzungen des Anspruchs auf Alhi erneut zu überprüfen. Der Senat hat hierzu zuletzt mehrfach entschieden, daß bei der Fortzahlung der Alhi nach Ablauf eines Bewilligungszeitraums gemäß § 139a Abs 2 AFG eine Überprüfung aller Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach ohne jegliche Bindung an frühere Bescheide erforderlich wird (Urteil vom 4. November 1999 - B 7 AL 76/98 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen; BSGE 84, 218, 219 f = SozR 3-4100 § 136 Nr 9; BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 13; BSGE 82, 198 = SozR 3-4100 § 242v Nr 1; ebenso der 11. Senat des BSG in SozR 3-4100 § 136 Nr 3). Nicht ausdrücklich ausgesprochen wurde in den genannten Entscheidungen, ob der Arbeitslose hierbei auch die Anspruchsvoraussetzung der Antragstellung (und ggf sogar der Arbeitslosenmeldung) gemäß § 134 Abs 1 Nr 1 AFG jeweils nach Ablauf eines Bewilligungsabschnitts erneut erfüllen muß, also ein Anspruch auf Alhi nach Ablauf des Bewilligungszeitraums (ua) nur bei erneuter Antragstellung entstehen kann. Entgegen der vom LSG zitierten Auffassung in der Literatur (vgl Kärcher in Niesel, AFG, 2. Aufl, RdNr 6 zu § 139a AFG) enthält die Entscheidung des Senats vom 26. Juni 1986 (7 RAr 8/85 = SozSich 1987, S 189) keinen Rechtssatz derart, daß ein ursprünglich gestellter Alhi-Antrag über alle Bewilligungszeiträume hinweg fortwirke (vgl allerdings BSG SozR 3-4100 § 139a Nr 1, S 3, insoweit in den nicht tragenden Gründen). Einen (erneuten) Antrag hat die Klägerin zum 1. Januar 1990 nicht gestellt. Der Senat ist insoweit an die tatsächlichen Feststellungen des LSG gebunden, weil die Klägerin diese nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffen hat (§ 163 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).

Ob die ursprüngliche Antragstellung der Klägerin vom 28. Mai 1988 rechtlich fortwirkt und deshalb für alle zukünftigen Bewilligungsabschnitte als Anlaß für das Tätigwerden der Verwaltung ausreicht, braucht hier nicht entschieden zu werden Denn selbst wenn zugunsten der Klägerin unterstellt wird, der Anspruch auf Alhi sei zum 1. Januar 1990 entstanden - wobei dann auch noch weitere Anspruchsvoraussetzungen vorliegen müßten -, so wäre dieser Anspruch jedenfalls gemäß § 45 Abs 1 SGB I verjährt. Ansprüche auf Sozialleistungen verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind. Nach § 40 Abs 1 SGB I entstehen Ansprüche auf Sozialleistungen, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Selbst unterstellt, alle Anspruchsvoraussetzungen für einen Anspruch auf Alhi hätten am 1. Januar 1990 vorgelegen, so wäre dieser Anspruch mit Ablauf des Kalenderjahres 1994 verjährt.

Die Verjährung ist auch nicht gemäß § 45 Abs 3 SGB I unterbrochen worden. Nach § 45 Abs 3 SGB I wird die Verjährung durch schriftlichen Antrag auf die Sozialleistung oder durch Erhebung eines Widerspruchs unterbrochen. Die Unterbrechung dauert bis zur Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch. Zu Recht hat das LSG entschieden, daß der ursprünglich im Mai 1988 gestellte Antrag auf Alhi nicht zu einer Unterbrechung der Verjährung iS des § 45 Abs 3 SGB I führen kann. Da der Anspruch auf (Anschluß-)Alhi dem Leistungsempfänger grundsätzlich ohne jede zeitliche Beschränkung zusteht, würde andernfalls ein einmal gestellter Antrag auf Alhi zur Konsequenz haben, daß die Verjährung des Alhi-Anspruchs gemäß § 45 Abs 3 SGB I für die gesamte potentielle Bezugsdauer unterbrochen ist. Gerade die gemäß § 139a Abs 1 AFG vorgesehene abschnittsmäßige Bewilligung der Alhi zeigt hingegen, daß alle Anspruchsvoraussetzungen des Alhi-Anspruchs vor einer erneuten Bewilligung einer Rechtsprüfung und Kontrolle durch die Verwaltung unterliegen sollen (§ 139a Abs 2 AFG), an der der Arbeitslose notwendig mitzuwirken hat. Der Senat stimmt deshalb im Ergebnis dem BVerwG zu, das für die Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungssförderungsgesetz entschieden hat, daß die Rechtsfolge des § 45 Abs 3 SGB I ein besonderes, auf Einfordern der zu beanspruchenden Leistung gerichtetes, rechtsförmiges Verhalten des Berechtigten erfordert, wenn der ursprüngliche Leistungsantrag materiell-rechtliche Voraussetzung für die Anspruchsentstehung ist (BVerwGE 90, 37). Dies gilt jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in denen der ursprüngliche Leistungsantrag ebenfalls materiell-rechtliche Bedeutung für die Entstehung des Alhi-Anspruchs hat und die Leistungsbewilligung jeweils nur für einen bestimmten Zeitraum erfolgt. Denn in diesen Fällen, in denen die erneute Bewilligung der Leistung notwendig von einer Mitwirkung des Arbeitslosen abhängt, kann er sich nicht mehr auf die Unterbrechung der Verjährung berufen, wenn er jedwede auf die Fortzahlung der Alhi gerichtete Handlung unterläßt. Die Unterbrechungswirkung des § 45 Abs 3 SGB I kann mithin von einem Arbeitslosen nur durch ein mahnungsähnliches Verhalten nach Ablauf des Alhi-Bewilligungsabschnitts herbeigeführt werden. Erst durch eine solche "Mitwirkung" des Leistungsempfängers wird die Behörde überhaupt in die Lage versetzt, über die Voraussetzungen der Alhi für einen weiteren Bewilligungsabschnitt zu entscheiden.

Der Senat setzt sich insoweit auch nicht in Widerspruch zu der Rechtsprechung des 9a-Senats des BSG. Dieser hat in seiner Entscheidung vom 24. September 1992 (SozR 3-1200 § 45 Nr 1, S 2) ausdrücklich klargestellt, daß hinsichtlich der abschnittsweise bewilligten Ausbildungsförderung das Erfordernis einer zusätzlichen mahnungsähnlichen Unterbrechungshandlung durchaus angemessen sein kann und zugleich seine Aussagen zur Unterbrechungswirkung eines einmal gestellten Antrags ausdrücklich auf das Gebiet des Versorgungsrechts beschränkt. In diesem Zusammenhang greift der Senat vielmehr eine Überlegung auf, die der 9a-Senat in einem früheren Urteil (SozR 1200 § 45 Nr 5, S 5) - wenn auch im Zusammenhang mit § 45 Abs 2 SGB I und § 211 BGB - geäußert hat. Danach ist die unterbrechende Wirkung eines Antrags beendet, wenn von dem Leistungsbewerber zu erwarten war, daß er das Verfahren weiter betreibt bzw auf den Verfahrensfortgang einwirkt.

Gerade die Arbeitsförderungssenate des BSG haben in letzter Zeit verstärkt den Rechtscharakter der Beziehung eines Leistungsempfängers zur BA als Dauerschuldverhältnis hervorgehoben. Insofern treffen beide Beteiligte an diesem Rechtsverhältnis Obliegenheiten (vgl Urteil des Senats vom 2. März 2000 - B 7 AL 8/99 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen; grundlegend BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 14), deren Verletzung ggf nachteilige Rechtsfolgen für den jeweiligen Partner des Versicherungsverhältnisses haben kann. Unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt gehört es zu den Obliegenheiten der Klägerin, im Rahmen des zwischen ihr und der Beklagten bestehenden Dauerschuldverhältnisses die Weiterzahlung der Alhi "anzumahnen" bzw sich gegen die Zahlungseinstellung zu wehren, wenn sie sich auf die Unterbrechung der Verjährung berufen will. Mit dem Erfordernis der mahnungsähnlichen Handlung werden auch die Rechte der Bezieher von Alhi in keiner Weise eingeschränkt. Im Regelfall wird sich der Bezieher von Alhi gegen jedwede Entziehung, Einstellung oder Nichterbringung der Leistung wehren und mit diesem mahnungsähnlichen Verhalten zugleich die Unterbrechungswirkung des § 45 Abs 3 SGB I herbeiführen. Ein solches Verhalten kann umso mehr erwartet werden, als die Beklagte - wie hier - ausdrücklich auf den Ablauf des Bewilligungsabschnitts hingewiesen und durch Übersenden der Antragsunterlagen zur Mitwirkung an dem erneuten Bewilligungsverfahren aufgefordert hat. Darauf bzw auf die Nichtweiterzahlung der ihr bisher gewährten Leistung hat die Klägerin jedoch in keiner Weise reagiert. Sie hat nicht einmal bei der erneuten Beantragung von Alg für den Zeitraum ab 25. Oktober 1991 darauf hingewiesen, daß sie für das Jahr 1990 noch Ansprüche auf Alhi habe oder geltend machen möchte.

Das Erfordernis einer mahnungsähnlichen Handlung nach Ablauf des jeweiligen Alhi-Bewilligungsabschnitts zur Herstellung der Unterbrechungswirkung gemäß § 45 Abs 3 SGB I steht auch mit dem Zweck der Verjährungsvorschrift des § 45 SGB I in Einklang. Die Möglichkeit für den Sozialleistungsträger, die Einrede der Verjährung zu erheben, wird ua damit begründet, daß der mit der Gewährung von Sozialleistungen verfolgte sozialpolitische Zweck nach Ablauf einer bestimmten (längeren) Zeitspanne in der Regel überhaupt nicht mehr erreichbar ist (so bereits BT-Drucks 7/868, S 30 zu § 45 SGB I; vgl auch Seewald in Kasseler Komm, RdNr 2 zu § 45 SGB I; Freischmidt in Hauck, RdNr 1 zu § 45 SGB I). Auch dies spricht dagegen, schon dem ursprünglichen Antrag der Klägerin aus dem Jahre 1988 Unterbrechungswirkung zukommen zu lassen, unabhängig von ihrem weiteren Verhalten im Verlauf des Leistungsbezugs.

Zu Recht hat das LSG ausgeführt, daß § 45 Abs 1 SGB I dem Sozialleistungsträger lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht einräumt (vgl hierzu auch Mrozynski, SGB I, 2. Aufl, RdNr 3 zu § 45 SGB I). Über die Frage, ob sich die Beklagte auf die Einrede der Verjährung berufen will, entscheidet sie nach Ermessensgesichtspunkten. Insofern hat die Beklagte zur Begründung ihrer Entscheidung im Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 1997 ausgeführt, daß die Erhebung der Einrede in ihrem Ermessen steht. Auch die Ermessenserwägungen der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Das LSG hat zu Recht entschieden, daß Gründe, die für eine unzulässige Rechtsausübung seitens der Beklagten sprechen könnten, nicht ersichtlich sind.

Mithin war die Revision der Klägerin zurückzuweisen. Der Senat hält es für geboten, die Klägerin nochmals ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß über ihr ursprüngliches Begehren auf Meldung des streitigen Zeitraums als Anrechnungszeit gemäß § 193 SGB VI hiermit noch keine Entscheidung getroffen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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