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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 21.03.2002
Aktenzeichen: B 7 AL 68/01 R
Rechtsgebiete: SGB III


Vorschriften:

SGB III § 3 Abs 4
SGB III § 3 Abs 2 Nr 2
SGB III § 422
SGB III §§ 217 ff
SGB III § 422 Abs 1
SGB III § 223 Abs 2 aF
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 21. März 2002

Az: B 7 AL 68/01 R

in dem Rechtsstreit

Der 7. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. März 2002 durch die Vizepräsidentin Dr. Wolff, die Richter Eicher und Dr. Spellbrink sowie die ehrenamtlichen Richter Gimpel und Kovar

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 12. Juni 2001 und des Sozialgerichts Oldenburg vom 19. Juli 2000 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Streitig ist die Rückzahlung von an den Kläger als Arbeitgeber gewährten Eingliederungszuschüssen für die Zeit vom 1. April 1998 bis 31. Juli 1999 in Höhe von 22.278,68 DM.

Der Kläger betrieb vom 1. Januar 1998 bis zum 30. September 1999 in Bad O. ein Juweliergeschäft. Die Beklagte bewilligte durch Bescheid vom 29. April 1998 dem Kläger einen Eingliederungszuschuss in Höhe von 1.394,38 DM monatlich für die Einstellung der Arbeitnehmerin C. R. ab 1. April 1998. Diese zunächst bis zum 31. März 1999 befristete Förderung wurde später durch Bescheid vom 6. Juli 1999 bis zum 31. März 2000 verlängert. Der Kläger gab sein Juweliergeschäft zum 30. September 1999 mangels Rentabilität auf und kündigte aus diesem Grunde das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin fristgerecht aus betriebsbedingten Gründen zum 30. September 1999. Die Beklagte stellte die Zahlung von Eingliederungszuschüssen zum 31. Juli 1999 ein, nachdem sich die Arbeitnehmerin mit Wirkung zum 1. Oktober 1999 arbeitslos gemeldet hatte.

Nach Anhörung forderte die Beklagte durch Bescheid vom 14. Oktober 1999 vom Kläger die für den Zeitraum vom 1. April 1998 bis zum 31. Juli 1999 gewährten Eingliederungszuschüsse in Höhe von 22.278,68 DM gemäß § 223 Abs 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der bis zum 31. Juli 1999 maßgeblichen Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (<AFRG> vom 24. März 1997, BGBl I 594) zurück. Der Kläger habe das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin innerhalb des Förderungszeitraums beendet. Die Beklagte hat den Widerspruch des Klägers durch Bescheid vom 3. Dezember 1999 zurückgewiesen und ausgeführt, die ab 1. August 1999 geänderte Rechtslage könne nicht zu Gunsten des Klägers berücksichtigt werden, weil gemäß § 422 SGB III altes Recht anzuwenden sei.

Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Oldenburg mit Urteil vom 19. Juli 2000 die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben. Die Rückzahlungsbescheide seien rechtswidrig, weil das "Erstattungsrecht" des SGB X durch den Grundsatz geprägt werde, dass mit Inkrafttreten einer neuen Regelung Erstattungen nur auf der Grundlage neuen Rechts erfolgen könnten.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, die das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 12. Juni 2001 zurückgewiesen hat. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, auf den streitigen "Erstattungsanspruch" sei § 223 Abs 2 Satz 2 Nr 1 in der ab 1. August 1999 gültigen Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze (<2. SGB III-ÄndG> vom 21. Juli 1999, BGBl I 1648) anzuwenden. Dies ergebe sich aus allgemeinen Auslegungsgrundsätzen bei eingetretenen Rechtsänderungen sowie aus Sinn und Zweck der ab 1. August 1999 geltenden Neuregelung. Nach § 223 Abs 2 Satz 2 Nr 1 SGB III nF scheide eine "Erstattung" des Eingliederungszuschusses aus, wenn der Arbeitgeber berechtigt gewesen sei, das Arbeitsverhältnis aus dringenden betrieblichen Erfordernissen, die einer Weiterbeschäftigung in seinem Betrieb entgegenstünden, zu kündigen. Dies treffe im Fall des Klägers zu, denn er sei auf Grund der Betriebsstilllegung berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin ordentlich zum 30. September 1999 zu kündigen. Da eine weitere Beschäftigungsmöglichkeit nicht bestanden habe, sei der Kläger deshalb nicht zur Rückzahlung der erhaltenen Eingliederungszuschüsse verpflichtet. § 223 Abs 2 Satz 2 Nr 1 SGB III in der für den Kläger gültigen günstigen Fassung sei am 1. August 1999 in Kraft getreten, ohne dass eine Übergangsregelung vorgesehen worden sei. Deshalb finde diese Regelung auf alle "Erstattungsforderungen" von Eingliederungszuschüssen Anwendung, die nach dem 1. August 1999 entstanden seien. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass materiell-rechtliche Befugnisse von Behörden, insbesondere über Umfang und Art der Erstattungsforderungen, sich nach dem jeweils zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht richteten, soweit nicht der Gesetzgeber für so genannte Altfälle die weitere Anwendung der früheren Normen durch ausdrückliche Regelung vorgesehen habe. Eine solche einschlägige Übergangsregelung sei auch nicht in § 422 SGB III zu sehen. Diese Vorschrift bezwecke vor allen Dingen, Leistungsempfänger vor Verschlechterungen in den Anspruchsvoraussetzungen von Leistungen der aktiven Arbeitsförderung durch Rechtsänderungen zu schützen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Leistungen der aktiven Arbeitsförderung und Erstattungsansprüche nicht als einheitliche Regelung angesehen werden könnten. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch, gleich ob er eine förmliche Rücknahme der Bewilligungsentscheidung voraussetze oder als spezialgesetzliche Rückforderungsgrundlage ausgestaltet sei, stelle ein eigenständiges rechtsdogmatisches Instrument dar. Die "Erstattung" von zu Unrecht erbrachten Sozialleistungen müsse gesondert durch eigenen Verwaltungsakt festgestellt werden, und zwar nach gesonderten Kriterien, die sich jeweils rechtlich von den Leistungsvoraussetzungen unterschieden. Für die hier gefundene Lösung spreche schließlich auch Sinn und Zweck der Änderung des § 223 Abs 2 Satz 2 Nr 1 SGB III ab 1. August 1999. Der Gesetzgeber habe mit dieser Norm einen angemessenen Interessenausgleich bewirken und Akzeptanzproblemen bei den Arbeitgebern begegnen wollen. Um die bei Arbeitgebern gegenüber älteren Arbeitslosen bestehenden hohen Einstellungshemmnisse abzubauen, habe der Gesetzgeber ua die Rückzahlungsverpflichtung entfallen lassen wollen. Es sei daher Wille des Gesetzgebers gewesen, ab 1. August 1999 auch die Rückzahlungsmodalitäten neu zu regeln.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision. Sie rügt eine Verletzung der §§ 223 Abs 2 SGB III aF, 422 SGB III. Die Anwendung des § 223 Abs 2 SGB III nF sei durch § 422 Abs 1 SGB III ausgeschlossen. § 422 Abs 1 SGB III betreffe Leistungen der aktiven Arbeitsförderung und damit auch die dem Kläger bewilligten Eingliederungszuschüsse (§ 3 Abs 2 Nr 2, Abs 4 SGB III). Das alte Recht sei weiter anzuwenden, wenn alternativ eine der in den Nr 1 bis 3 des § 422 SGB III genannten Voraussetzungen erfüllt sei. Hier seien zumindest die Voraussetzungen des § 422 Abs 1 Nr 2 und Nr 3 SGB III vor dem 1. August 1999 erfüllt gewesen. Entgegen der Ansicht des LSG müssten die Vorschriften über die Leistungen der aktiven Arbeitsförderung sowohl hinsichtlich der Regelung der Anspruchsvoraussetzungen (§§ 217 ff SGB III) als auch hinsichtlich der Regelungen über den Förderungsausschluss und die Rückzahlung (§ 223 SGB III) einheitlich als Vorschriften über die Leistungen der aktiven Arbeitsförderung iS von § 422 SGB III angesehen werden. Hiervon gehe im Übrigen auch das LSG Nordrhein-Westfalen aus (Hinweis auf den Beschluss vom 26. Juni 2000 - L 12 AL 43/00 -). Auch sonstige Vorschriften stützten die Auffassung des LSG nicht. So sei in § 426 Abs 3 SGB III eine Ausnahmeregelung zu § 426 Abs 2 SGB III zu sehen, die für den Fall erforderlich gewesen sei, dass über die Verlängerung einer Förderung nach dem 31. Dezember 1997 und damit nach neuem Recht zu entscheiden gewesen sei. Dies spreche gerade für die Auffassung des Gesetzgebers, dass unter den Voraussetzungen des § 426 Abs 1 SGB III grundsätzlich altes Recht auch für die Entscheidung über die Rückforderung maßgeblich bleibe. Das LSG Nordrhein-Westfalen habe zudem zu Recht darauf hingewiesen, dass Härtegesichtspunkte allein nicht dazu führen könnten, dass der Gesetzgeber die Neufassung des § 223 Abs 2 SGB III auch auf die Altfälle habe erstrecken wollen. In Härtefällen greife § 76 Abs 2 Nr 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch ein, wonach Ansprüche erlassen werden könnten, wenn ihre Einziehung nach Lage des Einzelfalles unbillig wäre.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 12. Juni 2001 und das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 19. Juli 2000 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 14. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 1999 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er beruft sich auf das angefochtene Urteil des LSG. Die Beklagte erstrecke fälschlicherweise den Anwendungsbereich des § 422 Abs 1 SGB III auf das gesamte Gebiet der aktiven Arbeitsförderung und beziehe damit auch den Rückforderungsanspruch, dessen Voraussetzungen nach alter Rechtslage unstreitig gegeben gewesen seien, mit ein. Eine Rückforderung der gewährten Leistungen nach dem von der Beklagten in Anwendung gebrachten § 422 Abs 1 SGB III sei aber schon deshalb nicht möglich, weil diese Norm ausdrücklich im Wortlaut vom Leistungsbegriff bei der aktiven Arbeitsförderung ausgehe. § 422 Abs 1 SGB III könne nicht in den § 223 SGB III hineininterpretiert werden. Der Gesetzgeber habe mit der Einfügung des Tatbestandsmerkmals der Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen in § 223 Abs 2 Nr 1 SGB III ausdrücklich festgelegt, dass für den Fall von betriebsbedingten Kündigungen eine Rückforderung nicht in Betracht kommen solle. Mit dieser Regelung habe der vorherrschenden Skepsis im Arbeitgeberlager bei der Einstellung von "AFG-Arbeitnehmern" entgegengewirkt und das Arbeitgeberrisiko minimiert werden sollen. Es wäre somit gegen den Willen des Gesetzgebers, würde man im vorliegenden Fall an einer Rückforderung festhalten, sei doch gerade die Betriebsstilllegung der ausschließliche Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewesen. Es könne von der Beklagten nicht hinwegdiskutiert werden, dass es an einer vom Gesetzgeber in das Gesetz eingefügten Übergangsregelung fehle und somit nach allgemeinen Grundsätzen zu verfahren sei.

II

Auf die zulässige Revision der Beklagten sind die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen. Das Urteil des LSG beruht auf einer Verletzung des § 223 Abs 2 SGB III iVm § 422 SGB III. Entgegen der Rechtsansicht des LSG findet auf die Rückzahlung des Eingliederungszuschusses § 223 Abs 2 SGB III in der alten - vom 1. Januar 1998 bis 31. Juli 1999 maßgebenden - Fassung (durch das AFRG) und nicht § 223 Abs 2 SGB III in der ab 1. August 1999 geltenden Neufassung des 2. SGB III-ÄndG (nF) Anwendung.

Maßgebend für die Frage, ob bei Änderungen des SGB III altes - vor der Rechtsänderung geltendes - oder neues Recht anzuwenden ist, ist die allgemeine Übergangsregelung des § 422 SGB III (ebenfalls idF des AFRG), und zwar unabhängig davon, dass die hier streitige Rückzahlung des Eingliederungszuschusses von der Beklagten erst im Oktober 1999 geltend gemacht worden ist. § 422 SGB III sieht als "Grundsatz bei Rechtsänderungen" vor: Wird dieses Gesetzbuch geändert, so sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Leistungen der aktiven Arbeitsförderung bis zum Ende der Leistungen oder Maßnahme die Vorschriften der vor dem Tag des Inkrafttretens der Änderung geltenden Fassung anzuwenden, wenn vor diesem Tag 1. der Anspruch entstanden ist, 2. die Leistung zuerkannt worden ist oder 3. die Maßnahme begonnen hat, wenn die Leistung bis zum Beginn der Maßnahme bewilligt worden ist (§ 422 Abs 1 SGB III). Ist eine Leistung nur für einen begrenzten Zeitraum bewilligt worden, richtet sich die Verlängerung nach dem Recht, das zu dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Verlängerung gilt (§ 422 Abs 2 SGB III). Da die Eingliederungszuschüsse an den Kläger, die nach § 3 Abs 2 Nr 2 iVm § 3 Abs 4 SGB III (idF des AFRG) zu den Leistungen der aktiven Arbeitsförderung gehören, durch Bescheid vom 29. April 1998 (erstmals) bewilligt und durch Bescheid vom 6. Juli 1998 verlängert worden sind und beide Tatbestände vor dem 1. August 1999 liegen, sind die Voraussetzungen des § 422 Abs 1 und 2 SGB III für die Anwendung alten - dh hier: des vor dem 1. August 1999 geltenden - Rechts erfüllt.

Damit gilt aber auch für die Rückzahlung des Eingliederungszuschusses § 223 Abs 2 SGB III aF. Denn auch die Rückzahlung nach dieser Regelung betrifft "Leistungen der aktiven Arbeitsförderung", auf die die Übergangsregelung des § 422 SGB III Anwendung findet. Diese Regelung bezieht sich - schon nach ihrem Wortlaut - nicht nur auf laufende Leistungen bzw Leistungsfälle, die bei Eintritt der Rechtsänderung noch nicht abgeschlossen sind, sondern auf das gesamte Gebiet der Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, hier auf das Gebiet der Eingliederungszuschüsse nach §§ 217 ff SGB III, zu dem auch § 223 SGB III gehört. Insoweit sind die Regelungen über die Anspruchsvoraussetzungen für Eingliederungszuschüsse (§§ 217 ff SGB III) und deren Rückzahlung (§ 223 Abs 2 SGB III) - entgegen der Meinung des LSG - einheitlich als Vorschriften über "Leistungen der aktiven Arbeitsförderung" iS des § 422 SGB III anzusehen.

Für diese Auslegung spricht zunächst der Rechtscharakter der Übergangsvorschrift, die für künftige Rechtsänderungen gesonderte Übergangsregelungen entbehrlich machen will und daher nach ihrer Tendenz grundsätzlich umfassende Geltung für das Gebiet beansprucht, auf das sie bezogen ist. Das ergibt sich ferner auch daraus, dass § 223 SGB III im weiteren Sinne in das Leistungsrecht eingebunden ist. Er enthält sowohl materiell-rechtliche Regelungen über negative Anspruchsvoraussetzungen (Förderungsausschluss nach § 223 Abs 1 SGB III) als auch über die Rückzahlung des Eingliederungszuschusses (in § 223 Abs 2 SGB III). Damit kommt eine Verzahnung von Leistungs- und Rückforderungsrecht schon im systematischen Standort der Normen zum Ausdruck. Zum anderen ist § 223 Abs 2 SGB III eine Sondervorschrift, die eine eigenständige Rechtsgrundlage für die Rückzahlung von Eingliederungszuschüssen darstellt. Auf Grund dieser Regelung bedarf es nicht etwa einer gesonderten Aufhebung der ursprünglichen Bewilligung; auch ist diese Bewilligung, um eine spätere Rückforderung zu ermöglichen, von der Beklagten nicht mit Auflagen oder Bedingungen zu versehen (so etwa noch die Rechtslage unter Geltung des § 49 Abs 4 Arbeitsförderungsgesetz <AFG> idF des 5. Gesetzes zur Änderung des AFG vom 23. Juli 1979, BGBl I 1198, in Kraft bis 31. Dezember 1992; vgl auch BSG SozR 4100 § 54 Nr 5 zur Erstattung von Eingliederungsbeihilfe). Vielmehr dient die Verbindung von Leistungs- und Rückzahlungsrecht bei der Gewährung von Eingliederungszuschüssen dazu, insgesamt das Förderungsziel dieser Zuschüsse zu unterstützen. Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass die Rückzahlungspflicht auch dann eintritt, wenn das Beschäftigungsverhältnis nach dem Ende des Förderungszeitraums (längstens jedoch innerhalb von zwölf Monaten) beendet wird. Die Rückzahlungsvorschrift des § 223 Abs 2 SGB III dient damit unmittelbar der Absicherung des Leistungszwecks. Die vom LSG zutreffend herausgearbeitete Differenz von Erstattungs- und Leistungsansprüchen bleibt hiervon unberührt.

Die Anwendung des § 422 SGB III auf die Rückzahlungsverpflichtung entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 422 SGB III. Zu § 422 SGB III wurde in der Begründung zum AFRG ausgeführt (vgl BT-Drucks 13/9491, S 226): "Um Beziehern von Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, insbesondere Arbeitgebern und Trägern von Maßnahmen Planungssicherheit zu geben und die Arbeitsämter vom Aufrollen laufender Fälle zu entlasten, sollen die zu Maßnahmebeginn bzw im Zeitpunkt der Bewilligung geltenden Vorschriften für laufende Fälle regelmäßig weiter anwendbar bleiben, soweit nicht Sonderregelungen etwas anderes bestimmen". Die Norm verfolgt ersichtlich den Zweck, Bezieher von Leistungen vor späteren Einschränkungen im Leistungsrecht zu schützen, soweit der Anspruch bereits entstanden ist, die Leistung zuerkannt worden ist oder die Maßnahme begonnen hat. Es wird zu Recht ausgeführt, dass diese Norm insgesamt dem im Rechtsstaatsprinzip (vgl Art 20 Abs 1 Grundgesetz) verankerten Grundsatz des Vertrauensschutzes bei Rechtsänderungen Rechnung trage (so Schlegel in Hennig, SGB III, RdNr 1 zu § 422). Durch § 422 SGB III sollen - iS dieses Grundsatzes - die einmal in Gang gesetzten Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Recht behandelt werden, das zu dem Zeitpunkt galt, als die Voraussetzungen des § 422 Abs 1 oder Abs 2 SGB III vorlagen. Dieser Grundsatz gilt auch für die Rückzahlung solcher Leistungen. Der Arbeitgeber soll darauf vertrauen dürfen, dass sich die Rückzahlungsvoraussetzungen nicht nach den in § 422 Abs 1 SGB III genannten Zeitpunkten - oder einer Verlängerungsentscheidung (§ 422 Abs 2 SGB III) - zu seinen Lasten ändern. Dass dieser Grundsatz hier ausnahmsweise - wegen zwischenzeitlicher Verbesserung der Rückzahlungsvoraussetzungen - zu Lasten der Arbeitgeber wirkt, kann nicht dazu führen, die Grundstruktur des § 422 SGB III (es bleibt aus Gründen der Planungssicherheit bei dem zum Zeitpunkt des Beginns der Maßnahme etc bzw der Verlängerung der Maßnahme geltenden Recht) umzukehren. Denn es geht nicht nur um Planungssicherheit für den Leistungsempfänger, sondern auch um Rechtssicherheit und -klarheit für die Bundesanstalt für Arbeit. Dieser Gesichtspunkt der Kontinuität wird auch dadurch unterstrichen, dass das Gesetz nicht zwischen begünstigenden und belastenden Gesetzesänderungen differenziert.

Dieses Ergebnis findet seine Bestätigung auch in der vom LSG herangezogenen Übergangsvorschrift des § 426 SGB III, der die Einordnung des Arbeitsförderungsrechts in das SGB III regelt und in seinen Absätzen 1 und 2 weitgehend mit § 422 SGB III übereinstimmt, der Übergangsgrundsätze für Rechtsänderungen des SGB III normiert. Aus § 426 Abs 3 SGB III (eingefügt durch das Erste Gesetz zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze <1. SGB III-ÄndG> vom 16. Dezember 1997, BGBl I 2970), der eine besondere Übergangsregelung zu § 223 Abs 2 SGB III enthält, ist zu folgern, dass der Gesetzgeber übergangsrechtlich sämtliche Vorschriften des jeweils betroffenen Regelungsbereichs (§ 426 Abs 1, § 422 Abs 1 SGB III) erfassen wollte, also bei dem Regelungsbereich der Leistungen der aktiven Arbeitsförderung auch und gerade die Rückzahlungsvorschrift des § 223 Abs 2 SGB III. In § 426 Abs 3 SGB III heißt es: Von der Anwendung des § 223 Abs 2 auf eine Förderung, die nach § 97 AFG erstmals begonnen worden ist, kann abgesehen werden. Diese auf die Ausschussempfehlung vom 2. November 1997 (BT-Drucks 13/8994) nachträglich in das SGB III eingefügte Regelung ist nach ihrer Entstehungsgeschichte sowie ihrem Sinn und Zweck dahin auszulegen, dass sie sich nur auf den Fall der Verlängerung der Förderung und damit auf § 426 Abs 2 SGB III bezieht, was im Wortlaut des Abs 3 allerdings nur in dem Wort "erstmals" - dh vor einer erfolgten Verlängerung - zum Ausdruck kommt. Im Falle der Verlängerung der Förderung einer nach § 97 AFG begonnenen Maßnahme, die für einen zeitlich begrenzten Zeitraum bewilligt worden ist, ist nämlich grundsätzlich § 426 Abs 2 SGB III anzuwenden, nach dem sich (ebenso wie nach der Parallelvorschrift des § 422 Abs 2 SGB III) die Verlängerung nach den zum Zeitpunkt der Entscheidung für die Verlängerung geltenden Vorschriften richtet. Dies bedeutet, dass bei einer Entscheidung über die Verlängerung nach dem 1. Januar 1998 die Verlängerung grundsätzlich nach der Neuregelung des SGB III zu beurteilen gewesen wäre. § 426 Abs 3 SGB III sieht insoweit - um unbeabsichtigte Härten zu vermeiden (BT-Drucks 13/8984, S 85) - vor, dass sich die Rückzahlungsverpflichtung, auch wenn die Förderung nach dem SGB III verlängert worden ist, nicht nach dem SGB III zu richten braucht, sondern nach den Vorschriften des AFG richten kann, sofern die Förderung nach § 97 AFG begonnen wurde (vgl dazu zutreffend Knickrehm, in GK-SGB III, § 426 RdNr 17).

Indem § 426 Abs 3 SGB III die grundsätzliche Anwendung des § 426 Abs 2 SGB III voraussetzt, unterstreicht diese Norm, dass der Gesetzgeber offensichtlich davon ausging, dass § 223 Abs 2 SGB III eine Vorschrift über "Leistungen" iS des § 426 Abs 1 SGB III enthält. Dementsprechend wird in der Literatur zu § 426 Abs 1 SGB III die Auffassung vertreten, dass diese Norm sich auf sämtliche Vorschriften des jeweils betroffenen Regelungsbereichs, also ggf auch auf in dem jeweiligen Regelungsbereich vorgesehene spezielle Vorschriften zur Rückabwicklung erstreckt, es sei denn, dass eine Sonderregelung geschaffen worden ist (Knickrehm, aaO, § 426 RdNr 4). Nichts anderes kann im Bereich der Parallelvorschrift des § 422 SGB III gelten.

Wie die Übergangsregelung des § 422 Abs 1 SGB III aber selbst zum Ausdruck bringt, gilt sie nur "soweit nichts Abweichendes bestimmt ist". Nach der Systematik des SGB III sieht der Gesetzgeber in §§ 434 ff SGB III bei Gesetzesänderungen üblicherweise detaillierte Übergangsvorschriften vor. Aus § 434 SGB III folgt aber, dass der Gesetzgeber des 2. SGB III-ÄndG gerade keine Übergangsvorschrift zu § 223 Abs 2 SGB III nF normiert hat. Auch dies unterstreicht, dass bei Anwendung des § 422 SGB III die Rückzahlung des Eingliederungszuschusses nach § 223 Abs 2 SGB III aF zu erfolgen hatte. Etwas anderes kann auch nicht aus der Gesetzesbegründung zu § 223 Abs 2 SGB III nF hergeleitet werden. Der Gesetzgeber des 2. SGB III-ÄndG hat - worauf das LSG hingewiesen hat - betont (BT-Drucks 14/873, S 10), dass die Neuregelungen insbesondere dazu beitragen sollten, die Arbeitsförderungsleistungen stärker auf Problemgruppen des Arbeitsmarkts auszurichten. Dies gelte insbesondere für ältere Arbeitslose, für die von Langzeitarbeitslosigkeit bedrohten Arbeitslosen und arbeitslose Frauen. Die Förderung durch Eingliederungszuschüsse für ältere Arbeitnehmer solle künftig bereits nach sechsmonatiger Arbeitslosigkeit möglich sein; zusätzliche Einstellungen und dauerhafte Beschäftigungsperspektiven seien auch von dem vorgesehenen Verzicht auf die Weiterbeschäftigungspflicht bzw Rückzahlungspflicht bei Zuschüssen zu erwarten. Speziell zu § 223 Abs 2 SGB III heißt es in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks 14/873, S 16): "Die Neuregelung richtet die Nachbeschäftigungspflicht und die Rückforderung von Eingliederungszuschüssen stärker am Förderungszweck (Ausgleich von Minderleistungen) aus, begegnet Akzeptanzproblemen bei Arbeitgebern und bewirkt einen angemessenen Interessenausgleich". Zutreffend hat die Beklagte insofern darauf hingewiesen, dass offensichtlich auch das Berufungsgericht, das die Gesetzesbegründung zum 2. SGB III-ÄndG ebenfalls ausführlich zitiert, davon ausgeht, die Änderung der Rückzahlungsbedingungen in § 223 Abs 2 SGB III könne ebenso wie die Änderung von Förderungsvoraussetzungen gleichermaßen dem Gesetzeszweck dienen. Die vom Gesetzgeber bezweckten Einstellungsanreize können sich aber naturgemäß in Beschäftigungsfällen, die vor der Rechtsänderung begonnen haben, nicht mehr auswirken. Die Anreizfunktion, die mit einer entsprechenden Neugestaltung der Rückzahlungsvorauszahlungen verbunden ist, geht damit - worauf die Beklagte zutreffend hinweist - in den Fällen ins Leere, in denen es um die Rückforderung von Leistungen geht, die im Zusammenhang mit einer bei Inkrafttreten der Gesetzesänderung bereits bestehenden Beschäftigung (bzw beendeten Beschäftigung) und zu den alten Förderungs- und Rückforderungsbedingungen bewilligt worden waren.

Im Hinblick auf das Ziel der Norm, Leistungen bzw Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung grundsätzlich einheitlich nach dem - alten - Recht durchzuführen, das bei Bewilligung der Leistungen bzw Maßnahmebeginn gegolten hat, ist die Regelung in § 422 Abs 1 SGB III, die die Anwendung dieses Rechts nur "bis zum Ende der Maßnahme oder der Leistung" vorsieht, ebenfalls in einem umfassenden Sinne auszulegen. Das alte Recht bleibt grundsätzlich für den gesamten Leistungs- bzw den gesamten Maßnahmezeitraum anwendbar. Dabei dürfte unter dem Ende der Maßnahme iS des § 422 SGB III das Ende des Beschäftigungszeitraums iS des § 223 Abs 2 Satz 1 SGB III (Förderungszeitraum und daran anknüpfender Nachbeschäftigungszeitraum) zu verstehen sein. Wollte man demgegenüber für die Frage der Anwendbarkeit alten oder neuen Rechts auf den Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten über die Rückforderung abstellen, könnte die Beklagte in dem (eher zu erwartenden) Fall einer Verschlechterung der Förderbedingungen bzw der Verschärfung der Rückzahlungsmodalitäten jeweils durch ein bloßes Zuwarten mit der Rückforderung die Anwendung neuen (für den Arbeitgeber ungünstigeren) Rechts herbeiführen. Dies würde dem Sinn der Regelung völlig widersprechen.

Da mithin die Voraussetzungen des § 422 Abs 1 Nr 2 und 3 und Abs 2 SGB III für die Anwendung alten Rechts erfüllt sind und durch das 2. SGB III-ÄndG nichts Abweichendes bestimmt worden ist, war § 223 Abs 2 SGB III idF des AFRG auf die Rückzahlungsverpflichtung des Klägers anzuwenden (im Ergebnis ebenso Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, K § 223, RdNr 36). Nach § 223 Abs 2 Satz 2 Nr 1 SGB III aF ist der Eingliederungszuschuss nur dann nicht zurückzuzahlen, wenn der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Dies war hier nach den Feststellungen des LSG nicht der Fall. Insoweit hat das LSG zutreffend entschieden, dass unter Geltung der alten (vor dem 1. August 1999 maßgebenden) Rechtslage der Eingliederungszuschuss von dem Kläger in vollem Umfang zurückzuzahlen war. Das Beschäftigungsverhältnis mit der geförderten Arbeitnehmerin ist innerhalb der dort genannten zeitlichen Grenzen beendet worden.

Dementsprechend waren die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage des Klägers abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz in der bis 1. Januar 2002 geltenden Fassung (BSG, Urteil vom 30. Januar 2002 - B 6 KA 12/01 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen).

Ende der Entscheidung

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