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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 17.03.2005
Aktenzeichen: B 7a/7 AL 78/04 R
Rechtsgebiete: GG, SGB III


Vorschriften:

GG Art 3
GG Art. 14
SGB III § 190
SGB III § 193
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Az: B 7a/7 AL 78/04 R

Der 7a. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 17. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Udsching, die Richter Eicher und Dr. Spellbrink sowie die ehrenamtlichen Richter Lohre und Dr. Dauber für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. September 2004 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I

Die Klägerin begehrt Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab dem 30. März 2003.

Die am 28. Juli 1952 geborene ledige Klägerin arbeitete zunächst als Arzthelferin. Sie bezog sodann bis zur Erschöpfung des Anspruchs im Jahre 1997 Arbeitslosengeld und ab 10. August 1997 - mit kurzen Unterbrechungen - Anschluss-Alhi. Zuletzt wurde ihr Alhi bis zum 29. März 2003 bewilligt (wöchentlicher Leistungssatz 130,62 €; Bemessungsentgelt 370,00 €; Leistungsgruppe A; keine Kinder).

Am 18. März 2003 beantragte die Klägerin Fortzahlung der Alhi ab 30. März 2003. Sie verfügte zu diesem Zeitpunkt über ein Girokonto mit einem Gesamtbetrag von 275,00 €, Bargeld in Höhe von 5,70 €, ein Sparbuch mit 80,27 € sowie eine Kapitallebensversicherung und eine private Rentenversicherung. Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 24. März 2003 die Fortzahlung von Alhi ab, weil die Klägerin über ein Vermögen in Höhe von 14.859,00 € verfüge, das verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung eines Freibetrags von 10.000,00 € verblieben 4.859,00 €, die bei der Prüfung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen seien. Im Widerspruchsverfahren legte die Klägerin Belege über die zur Lebens- und zur Leibrentenversicherung eingezahlten Beträge vor. In die Lebensversicherung hatte die Klägerin bis 31. März 2003 10.006,83 € und in die Leibrentenversicherung 6.351,59 € einbezahlt. Der Rückkaufswert betrug für die Kapitallebensversicherung zum 1. April 2003 14.107,40 € und für die Leibrentenversicherung 5.066,00 €. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück. In ihrem Widerspruchsbescheid vom 11. September 2003 ging sie davon aus, dass jedenfalls die Verwertung der Kapitallebensversicherung nicht offensichtlich unwirtschaftlich sei, weil der Erlös den Substanzwert übersteige. Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 25. März 2004 die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab 20. März 2003 Alhi zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, die zum 1. Januar 2003 nochmals auf 200,00 € pro Lebensjahr reduzierten Freibeträge der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) 2002 seien mit dem Sozialstaatsprinzip nicht mehr vereinbar und stellten insoweit eine verfassungsrechtlich unzulässige unechte Rückwirkung (tatbestandliche Rückanknüpfung) dar.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 22. September 2004 das Urteil des SG vom 25. März 2004 "abgeändert" und die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Klägerin sei gemäß § 190 Abs 1 Nr 5 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) nicht bedürftig gewesen. In der ab 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Neufassung der AlhiV 2002 sei in § 1 Abs 2 AlhiV 2002 lediglich ein Freibetrag von 200,00 € je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen vorgesehen. Es sei von einem verwertbaren Vermögen der Klägerin in Höhe von 14.107,40 € auszugehen, das sich aus dem Rückkaufswert der Kapitallebensversicherung ergebe. Unter Berücksichtigung des Lebensalters der Klägerin (50 Jahre) am 30. März 2003 ergebe sich ein Freibetrag in Höhe von 10.000,00 € (50 x 200,00 €), sodass ein zumutbar verwertbares Vermögen in Höhe von 4.107,40 € vorhanden gewesen sei. Dieses Vermögen habe die Klägerin im Laufe des Verfahrens auch nicht angetastet. Der Freibetrag sei nicht nach § 1 Abs 2 Satz 2 AlhiV 2002 zu mindern, weil der Berücksichtigung des og Vermögen keine Tatbestände des § 1 Abs 3 AlhiV 2002 entgegenstünden. Insbesondere handele es sich nicht um Altersvorsorgevermögen iS des § 1 Abs 3 Nr 3 AlhiV 2002 oder um für die Alterssicherung bestimmte Sachen und Rechte iS des § 1 Abs 3 Nr 4 AlhiV 2002. Die Klägerin sei nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit (§ 231 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch), wie es von § 1 Abs 3 Nr 4 AlhiV 2002 vorausgesetzt werde. Die Verwertung des zu berücksichtigenden Vermögens sei auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich iS des § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002. Schließlich bestünden keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die AlhiV 2002.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom LSG zugelassenen Revision. Sie rügt eine Verletzung der Art 3 und 14 Grundgesetz (GG) sowie der §§ 190, 193 SGB III. Die Neuregelungen der AlhiV 2002 zum 1. Januar 2003 stellten einen erheblichen Eingriff in ihre Eigentumsposition dar. Der Betrachtungsweise des LSG widersprächen auch die Neuregelungen über die Freibeträge durch das Zweite Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), die ab 1. Januar 2005 in Kraft getreten seien.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. September 2004 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 25. März 2004 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, dass der erkennende Senat in seiner Entscheidung vom 27. Mai 2003 (B 7 AL 104/02 R, BSGE 91, 94 ff = SozR 4-4220 § 6 Nr 1) die Neuregelung der AlhiV in § 6 Abs 4 Nr 2 im Jahre 1999 als mit höherrangigem Recht vereinbar beurteilt habe. Die hier maßgebliche Regelung in § 1 AlhiV sei durch Gesetz vom 23. Dezember 2002 (BGBl I 4607) geschaffen worden, wobei der pauschale Freibetrag von 520,00 € auf 200,00 € pro Lebensjahr herabgesetzt worden sei. Nach der amtlichen Begründung stelle diese Regelung einen ersten Schritt zur Zusammenführung der Arbeitslosen- mit der Sozialhilfe dar. Die Herabsetzung auf 200,00 € pro Lebensjahr halte sich an die Vorgaben des Bundessozialgerichts (BSG) zur Ausgestaltung des gesetzgeberischen Ermessens. Die Härtefallklausel des § 88 Abs 3 Satz 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) sei im Kontext des § 88 Abs 1 BSHG zu sehen, wonach der Hilfe Suchende vor Inanspruchnahme von Sozialhilfe grundsätzlich sein gesamtes verwertbares Vermögen aufbrauchen müsse. Ausgenommen sei lediglich das sog Schonvermögen gemäß § 88 Abs 2 BSHG, für das allerdings wesentlich niedrigere Freibeträge in Form sog "kleinerer Barbeträge und sonstiger Geldwerte" gemäß § 88 Abs 2 Nr 8 BSHG gelten würden. Hieraus folge, dass die allgemeine Härteregelung des § 88 Abs 3 Satz 1 BSHG lediglich ein Ausgleich für die besonders harten Vermögensanrechnungsvorschriften des BSHG sei, weil die Sozialhilfe das letzte soziale Netz für den Bürger darstelle. Entsprechend dem unterschiedlichen Rechtscharakter von Arbeitslosen- und Sozialhilfe weise die Bedürftigkeitsprüfung bei der Alhi einen anderen Rechtscharakter auf als die bei der Sozialhilfe. Schließlich bestehe auch kein Wertungswiderspruch zwischen der fehlenden allgemeinen Härteklausel in der AlhiV 2002 und dem später in Kraft getretenen SGB II, das ab 1. Januar 2005 in § 12 Abs 3 Nr 6 SGB II wieder eine allgemeine Härteklausel enthalte. Eine solche Auffassung verkenne, dass es sich bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende - ebenso wie bei der Sozialhilfe - um eine reine Fürsorgeleistung handele und deshalb keine Vergleichbarkeit mit der bisherigen Alhi bestehe.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) erklärt.

II

Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Entgegen der Rechtsansicht des LSG standen die Vorschriften der ab 1. Januar 2002 in Kraft getretenen AlhiV 2002 (idF vom 13. Dezember 2001, BGBl I 3734) nicht mit der Ermächtigungsgrundlage des § 206 Nr 1 SGB III (idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24. März 1997, BGBl I 594) iVm § 193 Abs 2 SGB III (hier idF des Lebenspartnerschaftsgesetzes vom 16. Februar 2001, BGBl I 266) in Einklang, weil in der AlhiV 2002 keine allgemeine Härteklausel (mehr) enthalten war (vgl hierzu die Urteile des Senats vom 9. Dezember 2004 - B 7 AL 44/04 R und B 7 AL 30/04 R; beide zur Veröffentlichung vorgesehen). Dies gilt auch für die zum 1. Januar 2003 durch den Gesetzgeber geänderte Fassung der AlhiV 2002 (vgl Art 11 Nr 1 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002, BGBl I 4607, 4619). Es kann hierbei offen bleiben, ob der durch den Gesetzgeber vorgenommenen Änderung bzw Herabsetzung der Vermögensfreibeträge in § 1 Abs 2 AlhiV 2002 auf 200,00 € pro Lebensjahr Gesetzes- oder Verordnungsrang zukommt, denn jedenfalls der Mangel einer fehlenden Härtefallklausel haftet der AlhiV seit 1. Januar 2002 als Verordnung an und konnte auch dadurch nicht geheilt werden, dass der Gesetzgeber selbst später eine einzelne Vorschrift der Verordnung gezielt geändert hat (vgl hierzu insbesondere das Urteil des erkennenden Senats vom 9. Dezember 2004 - B 7 AL 44/04 R).

Die Notwendigkeit einer allgemeinen Härtefallregelung ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung des § 193 Abs 2 SGB III, die insbesondere eingreift, wenn die seit 1. Januar 2005 in § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II vorgesehenen Voraussetzungen vorliegen (BSG aaO). Jedoch enthält das LSG-Urteil - unter Zugrundelegung der Rechtsansicht des LSG folgerichtig - keine hinreichenden tatsächlichen Feststellungen (§ 163 SGG) für eine abschließende Entscheidung darüber, ob der Klägerin für den streitigen Zeitraum Alhi zusteht.

Dies wäre dann der Fall, wenn die Klägerin die Voraussetzungen des § 190 Abs 1 SGB III (Arbeitslosigkeit, Arbeitslosmeldung, fehlende Anwartschaftszeit auf Arbeitslosengeld, Vorfrist, Bedürftigkeit) erfüllt hat. Vorliegend kann insbesondere nicht abschließend beurteilt werden, ob die Klägerin bedürftig iS des § 190 Abs 1 Nr 5 SGB III war.

Gemäß § 193 Abs 1 SGB III ist bedürftig ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht; § 193 Abs 2 SGB III bestimmt darüber hinaus, dass nicht bedürftig ein Arbeitsloser ist, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners oder das Vermögen einer Person, die mit ihm in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. § 193 SGB III wird konkretisiert durch die AlhiV 2002. Vorliegend hat das LSG Bedürftigkeit abgelehnt, weil nach § 1 Abs 1 AlhiV 2002 das gesamte verwertbare Vermögen der Klägerin zu berücksichtigen ist, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt. Dieser beträgt nach § 1 Abs 2 AlhiV 2002 seit 1. Januar 2003 (vgl auch § 4 Abs 2 AlhiV 2002) 200,00 € je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und darf 13.000,00 € nicht übersteigen. Ausgehend von dieser Regelung verblieb noch ein zu berücksichtigendes (nicht offensichtlich unwirtschaftlich zu verwertendes, § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002) Vermögen, das der Gewährung von Alhi entgegenstehen würde. Allerdings hat der Senat in den oben bezeichneten Urteilen ausgeführt, dass auch für die Zeit bis zum Inkrafttreten des SGB II zumindest die in § 12 Abs 2 Nr 3 enthaltende Privilegierungsregelung im Rahmen einer gesetzlichen Härtefallregelung (§ 193 Abs 2 SGB III) zu berücksichtigen ist.

Danach sind vom Vermögen abzusetzen geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 200,00 € je vollendetem Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seines Partners, höchstens jedoch jeweils 13.000,00 €, nicht übersteigt. Dieser Altersvorsorgefreibetrag tritt selbstständig neben den generellen Grundfreibetrag in gleicher Höhe (§ 12 Abs 2 Nr 1 SGB II) und darf auch Alhi-Empfängern für die Zeit vor dem 1. Januar 2005 nicht verschlossen sein. Die in § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II bezeichnete Unverwertbarkeit auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung kann allerdings, wie der Senat mit Urteil vom 17. März 2005 (B 7a/7 AL 68/04 R) entschieden hat, nicht ohne weiteres auf die Altersvorsorgebindung von Lebensversicherungsverträgen in der Zeit bis Ende 2004 übertragen werden. Denn die Regelung des § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II steht in engem Zusammenhang mit der durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 erfolgten Änderung des § 165 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Nach § 165 Abs 1 VVG konnte und kann nämlich ein Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode (§ 9 VVG) kündigen, wenn laufende Prämien zu entrichten sind. Daraus resultierte gemäß § 178 Abs 1 VVG vor dem 1. Januar 2005 die Unzulässigkeit einer vertraglichen Vereinbarung bei den traditionellen Lebensversicherungen (vgl: Winkel, SozSich 2004, 205, 206; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005, § 12 RdNr 48). § 165 Abs 2 VVG erweitert dieses Kündigungsrecht auf bestimmte Kapitalversicherungen für den Todesfall bei einmaliger Prämienzahlung. Erst mit Wirkung ab 1. Januar 2005 wurde auf Grund eines Beschlusses des Vermittlungsausschusses (BT-Drucks 15/2259 S 8 f zu Art 35c) § 165 VVG um einen Abs 3 erweitert. Danach finden Abs 1 und 2 des § 165 keine Anwendung auf einen für die Altersvorsorge bestimmten Versicherungsvertrag, bei dem der Versicherungsnehmer mit dem Versicherer eine Verwertung vor dem Eintritt in den Ruhestand ausgeschlossen hat. Der Wert der vom Ausschluss der Verwertbarkeit betroffenen Ansprüche darf 200,00 € je vollendetem Lebensjahr des Versicherungsnehmers und seines Partners, höchstens jedoch jeweils 13.000,00 € nicht übersteigen. Ersichtlich sollte hiermit ein Gleichklang zwischen § 165 VVG und § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II geschaffen werden, bei dem die Verwertbarkeit aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 12 RdNr 151) durch eine unwiderrufliche Vereinbarung darüber ausgeschlossen sein muss, dass das Vermögen vor dem Erreichen des Ruhestands weder ausgezahlt, übertragen, verpfändet oder sonstwie genutzt werden kann (BT-Drucks 15/1749 S 31 zu Art 1 § 12 Abs 2).

Vor dem 1. Januar 2005 konnten somit Versicherungsnehmer die Voraussetzungen des erst am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II üblicherweise von vornherein nicht erfüllen, sodass die Regelung über das privilegierte Vermögen in diesem Punkt für die Alhi-Empfänger für die Zeit bis 31. Dezember 2004 ungünstiger wäre als für Alg-II-Empfänger ab dem 1. Januar 2005. Wie bereits in den Urteilen vom 9. Dezember 2004 (aaO) ausgeführt wurde, müssen jedoch die Alhi-Vorschriften (in der Zeit vor dem 1. Januar 2005) bei der Berücksichtigung von Vermögen den Standard gewähren, den das SGB II ab 1. Januar 2005 zugesteht, um nicht die gesetzlichen Mindestgrenzen schützenswerten Vermögens zu unterschreiten. Dies zwingt bei der entsprechenden Anwendung des § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II in der Zeit vor dem 1. Januar 2005 für die Härtefallprüfung des § 193 Abs 2 SGB III dazu, auf die Voraussetzungen einer vertraglichen Vereinbarung über die Nichtverwertbarkeit jedenfalls für die von § 165 Abs 1 und 2 VVG betroffenen Lebensversicherungen zu verzichten. Im Rahmen der Härtefallprüfung wird das LSG - allerdings unter Berücksichtigung der in der Norm genannten Beträge - lediglich zu prüfen haben, ob der vorhandene Lebensversicherungsvertrag nach der subjektiven Zweckbestimmung (dazu nur: Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005, § 12 RdNr 51; Spellbrink in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 13 RdNr 216 mwN) der Altersvorsorge diente. Dabei genügt es für die Alhi, wenn die Fälligkeit des Vertrags in etwa auf den Zeitpunkt des 60. bis 65. Lebensjahres datiert ist (BSG SozR 3-4100 § 137 Nr 6 S 58). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist mithin in der Zeit vor dem 1. Januar 2005 bei dem entsprechenden Lebensversicherungsvertrag typisierend im Rahmen der Härtefallprüfung von der Erfüllung der Voraussetzungen des § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II auszugehen.

Mittels einer an Sinn und Zweck des Alhi-Rechts orientierten Auslegung der in § 193 Abs 2 SGB III hineinzulesenden Härtefallklausel können im Einzellfall alle Problemfälle - auch verfassungsrechtlicher Art - gelöst werden. Unter Berücksichtigung der die AlhiV 2002 ergänzenden Härtefallprüfung sind deshalb keinerlei Gesichtspunkte für die Annahme ersichtlich, die Absenkung des generellen Freibetrags von 520,00 € im Jahre 2002 (zur Ermächtigungs- und Verfassungskonformität dieser Regelung s das Senatsurteil vom 27. Januar 2005 - B 7a/7 AL 34/04 R - und vom 9. Dezember 2004 - B 7 AL 30/04 R -, jeweils unter Rückgriff auf BSGE 91, 94 ff = SozR 4-4220 § 6 Nr 1) auf 200,00 € pro Lebensjahr ab 1. Januar 2003 sei nicht ermächtigungsgedeckt und verfassungswidrig. Hier gelten die gleichen Überlegungen wie in der Entscheidung des BSG vom 27. Mai 2003 (BSGE 91, 94 ff = SozR 4-4220 § 6 Nr 1): Verbleibt für die Entscheidung im Einzelfall auf Grund der Härtefallklausel ein individueller Entscheidungsfreiraum, ist die Absenkung des generellen Freibetrags, der ohne jegliche weitere Voraussetzungen gewährt wird, nicht zu beanstanden.

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahren zu befinden haben.

Ende der Entscheidung

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