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Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 15.12.2005
Aktenzeichen: B 7a AL 10/05 R
Rechtsgebiete: SGB III, AFG
Vorschriften:
SGB III § 170 | |
SGB III § 170 Abs 1 Nr 3 | |
SGB III F: 24.03.1997 § 169 Nr 1 | |
SGB III F: 24.03.1997 § 170 Abs 1 Nr 1 | |
SGB III F: 24.03.1997 § 170 Abs 2 | |
SGB III F: 24.03.1997 § 170 Abs 3 | |
SGB III F: 24.03.1997 § 170 Abs 4 S 1 | |
SGB III F: 24.03.1997 § 170 Abs 4 S 2 Nr 1 | |
AFG § 64 Abs 1 Nr 1 | |
AFG § 64 Abs 3 |
Entscheidung wurde am 23.05.2006 korrigiert: die Rechtsgebiete, die Vorschriften und der Verfahrensgang wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil
in dem Rechtsstreit
Verkündet am 15. Dezember 2005
Az: B 7a AL 10/05 R
Der 7a. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Udsching, die Richter Dr. Spellbrink und Dr. Koloczek sowie die ehrenamtlichen Richter Hannig und Dr. Dauber
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 19. November 2004 (Az: L 10 AL 18/04) wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Streitig ist die Bewilligung von Kurzarbeitergeld (Kug) für den Zeitraum vom 1. März 1998 bis 31. Juli 1998.
Die Klägerin betreibt seit dem Jahre 1922 ein Unternehmen, in dem medizinische Rheumabandagen aus Katzenfellen hergestellt werden. Erstmals am 14. Februar 1989 zeigte die Klägerin Kurzarbeit für die neun Beschäftigten in ihrer Näherei in S. an. Die Klägerin legte dar, dass sie die Problematik des Naturschutzes bei der Gewinnung von Rohfellen seit 15 Jahren erkannt habe. Man beschränke sich nunmehr auf Felle von Katzen, die eines natürlichen Todes gestorben seien oder in China als Nahrung gedient hätten. Die Beklagte bewilligte Kug bis 31. Dezember 1989. Im Dezember 1989 teilte die Klägerin der Beklagten mit, die Situation in der Pelzbranche habe so dramatische Formen angenommen, dass für die Zeit der betrieblichen Umstrukturierungsmaßnahmen Kug für weitere sechs Monate beantragt werde. Diesem Schreiben war ein Beschluss des Amtsgerichts B. vom Oktober 1989 beigefügt, demzufolge dort die Eröffnung des Vergleichsverfahrens zur Abwendung des Konkurses beantragt worden war. Nach Rücknahme dieser Anzeige erfolgte eine neue Anzeige von Kurzarbeit mit Schreiben vom 8. März 1990 für acht Mitarbeiter in der Näherei für den Zeitraum vom 1. Mai bis 30. September 1990. Die Beklagte nahm eine umfangreiche Prüfung über die Voraussetzungen der Gewährung von Kug vor und entschied auf Grund eines Prüfvermerks vom Mai 1990, dass keine Bedenken gegen die Gewährung von Kug bestünden. Sie bewilligte sodann Kug für den Zeitraum vom 1. Mai 1990 bis 30. September 1990.
In den Folgejahren kam es zu weiteren Bewilligungen von Kug. Nachdem die Beklagte Kug zunächst für den Zeitraum vom 4. Mai 1992 bis 31. Oktober 1992 bewilligt hatte, beantragte die Klägerin eine Verlängerung der Kurzarbeit über den 31. Oktober 1992 hinaus für den Zeitraum vom 1. November 1992 bis 30. April 1993, was die Beklagte auch bewilligte. Im Mai 1993 beantragte die Klägerin sodann die Verlängerung des Kug über den 30. April 1993 hinaus für weitere sechs Monate. Nach einer erneuten Prüfung bewilligte die Beklagte Kug weiter bis 30. August 1993. Im Jahre 1992 hatte die Klägerin zur Begründung der Kurzarbeit zunächst angegeben, dass sich zwei der Hauptkunden in innerbetrieblicher Umstrukturierung befänden, was für die Firma einen Lieferstopp bedeute. Zudem habe sich der Rauchwarenhandel - wie aus den Ergebnissen der Pelzmesse in Frankfurt am Main ersichtlich - noch nicht wieder erholt.
Im April 1994 beantragte die Klägerin sodann erneut Kug für den Zeitraum vom 1. Juni 1994 bis 31. Dezember 1994. Die Klägerin wies darauf hin, dass es ihr gelungen sei, "die letzten sieben Monate voll durchzuarbeiten". Leider werde jedoch das bekannte Tierschutzproblem in den Medien noch immer falsch dargestellt. Auf Grund falscher Presseberichte seien die Endabnehmer zudem verunsichert worden, ob das angebotene Katzenfell Allergien auslöse. Die Beklagte bewilligte Kug vom 1. Juni 1994 bis 30. November 1994. Die Klägerin beantragte sodann eine Verlängerung der Kurzarbeit über den 30. November 1994 hinaus und führte aus, dass es ein hartes Stück Arbeit sei, die durch Falschaussagen der Tierschützer verunsicherten Verkäufer und Verbraucher als Kunden zurückzugewinnen. Die Beklagte verlängerte das Kug bis 30. April 1995 und auf einen weiteren Verlängerungsantrag hin bewilligte sie nochmals eine Verlängerung des Kug bis 30. September 1995.
Im April 1996 reichte die Klägerin die nächste Anzeige über Arbeitsausfall bei der Beklagten ein. Die Näherei beschäftigte ausweislich der Antragsunterlagen nunmehr noch vier Mitarbeiter. Die Beklagte führte eine erneute Überprüfung der Kug-Voraussetzungen in der Firma durch und stellte in einem Prüfvermerk vom 8. Mai 1996 fest, dass der erneut eingetretene Auftragsmangel im Zusammenhang mit dem unverändert fortbestehenden Imageproblem des hergestellten Produkts zu sehen sei. Da die Arbeitsausfälle im Betrieb letztendlich stets im Zusammenhang mit der besonderen Problematik der angebotenen Produkte zu sehen seien, könne die Bedeutung betriebsüblicher Faktoren nicht mehr vollständig ausgeschlossen werden, sodass Kug nicht mehr bewilligt werden könne, wenn bei sonst unveränderten Verhältnissen auch im kommenden Jahr ein Arbeitsausfall aus vergleichbaren Ursachen und zum annähernd gleichen Zeitraum eintreten sollte. Die Beklagte bewilligte sodann Kug für den Zeitraum vom 9. April 1996 bis 31. Oktober 1996. Der Bewilligungsbescheid enthielt den Hinweis, dass mit einer erneuten Gewährung von Kurzarbeitergeld nicht mehr gerechnet werden könne, wenn im kommenden Jahr ein Arbeitsausfall aus vergleichbaren Ursachen zum annähernd gleichen Zeitpunkt eintrete.
Mit Schreiben vom 11. Februar 1997 zeigte die Klägerin erneut einen Arbeitsausfall für den Zeitraum vom 1. März 1997 bis voraussichtlich 31. August 1997 an und beantragte die Gewährung von Kug. Die Klägerin führte ergänzend aus, ihre Bemühungen um eine korrekte Information der Kunden seien durch eine Radiosendung des Senders RTL Hessen Live zum Thema "Katzenklau" und eine unrichtige Stellungnahme der Landesbeauftragten für Angelegenheiten des Tierschutzes in Hessen zunichte gemacht worden. Die Beklagte stellte daraufhin in einem Prüfvermerk vom März 1997 fest, die Voraussetzungen für die Gewährung von Kug lägen nicht vor, weil die seit 1989 regelmäßig wiederkehrenden Arbeitsausfälle letztlich aus der Tierschutzproblematik resultierten und deshalb auch künftig mit Nachfragerückgängen zu rechnen sei. Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 12. März 1997 die Gewährung von Kug ab und nahm in der Begründung ergänzend Bezug auf den Hinweis in dem Bewilligungsbescheid vom 20. Mai 1996. Mit ihrem Widerspruch trug die Klägerin vor, "das Tierschutzproblem" sei kein betriebsüblicher Grund, der zur Versagung von Kug führen könne. Wäre dies der Fall, hätte es sie - die Klägerin - schon lange nicht mehr geben dürfen. Tatsächlich seien in den letzten beiden Jahren die Umsätze im Bereich Pelzhandel wieder um mehr als 15 % im Jahr gestiegen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 2. Juli 1997 zurück, weil es sich um branchenübliche und betriebsübliche Arbeitsausfälle handele. Hiergegen hat die Klägerin am 2. Juli 1997 Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) erhoben. Sie wies ua darauf hin, dass die notwendige Kurzarbeit in den verschiedenen Bewilligungszeiträumen unterschiedlich begründet worden sei. Im Jahre 1990 hätten Tierschutzlügen zu einem Vertrauensschwund bei Endverbrauchern und Verkäufern geführt, während im Jahre 1991 Probleme bei der Betriebsumstellung vom Fachhandelsbetrieb auf Direktvertrieb aufgetreten seien. Im Jahre 1992 seien zwei Hauptkunden wegen deren innerbetrieblichen Umstrukturierung ausgefallen. Im Jahre 1995 und 1996 seien wesentliche Kunden ausgefallen. Zudem habe das Tierschutzproblem weiter bestanden. Das SG hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 23. Dezember 2002 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung durch Urteil vom 19. November 2004 zurückgewiesen (Az: L 10 AL 211/03; vgl BSG, Urteil vom 15. Dezember 2004 - B 7a AL 8/05 R).
Während dieses Klageverfahrens zeigte die Klägerin mit Schreiben vom 6. Februar 1998 erneut Kurzarbeit für vier Mitarbeiter für den Zeitraum ab 1. Februar 1998 an und begründete auch diesen Antrag mit einer für das vertriebene Produkt nachteiligen Berichterstattung in Presse und Fernsehen. Im März 1998 fand eine ausführliche Besprechung zwischen der Beklagten und der Klägerin zu den Imageproblemen des Produkts Katzenfell statt. Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 7. April 1998 die Gewährung von Kug erneut mit der Begründung ab, bei unverändertem Betriebszweck und gleich bleibenden Ursachen der Kurzarbeit beruhe der Arbeitsausfall überwiegend auf betriebsüblichen Gründen. Der Widerspruch bleib erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 5. August 1998). Hiergegen hat die Klägerin am 26. August 1998 Klage zum SG Frankfurt am Main erhoben, die das SG durch Gerichtsbescheid vom 25. November 2003 abgewiesen hat. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, der Arbeitsausfall beruhe überwiegend auf branchen- oder betriebsüblichen Ursachen, da die Klägerin seit mehr als einem Jahrzehnt der Problematik tendenziöser Medienberichte ausgesetzt gewesen sei.
Das LSG hat durch Urteil vom 19. November 2004 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Für den beanspruchten Zeitraum ab 1. März 1998 seien die Vorschriften der §§ 169 ff Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) maßgebend. Kug könne nur gewährt werden, wenn ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliege. Gemäß § 170 Abs 4 SGB III sei ein Arbeitsausfall jedoch nicht vermeidbar, wenn in einem Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden seien, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern. Als vermeidbar gelte insbesondere ein Arbeitsausfall, der überwiegend branchenüblich, betriebsüblich oder saisonbedingt sei oder ausschließlich auf betriebsorganisatorischen Gründen beruhe. Um einen solchen Fall handele es sich vorliegend. Da die Klägerin in ihrem Unternehmensfeld konkurrenzlos arbeite und somit keiner Branche zuzuordnen sei, gehe es vorliegend nur um die Frage von "betriebsüblichen Ursachen" der Arbeitsausfälle. Der Gesetzeswortlaut enthalte hierfür keine Beschränkung auf lediglich rein technische Abläufe in einem Betrieb. Auch produktimmanente Ursachen könnten "betriebsüblich" sein, denn es sei nicht Aufgabe der Versichertengemeinschaft, einem Betrieb das Überleben zu sichern, wenn die Produkte sich nicht mehr verkaufen ließen. Das Produktionsvolumen der Klägerin sei im Laufe der Jahre kontinuierlich zurückgegangen. Laut Antrag vom Februar 1989 habe der Umsatz noch jährlich 2,5 Millionen DM bei neun Beschäftigten in der Pelznäherei betragen. Im Februar 1998 sei nunmehr ein monatlicher Umsatz von 100.000,00 DM bei vier Beschäftigten angegeben worden. Sowohl 1989 wie 1998 seien von der Klägerin jeweils Probleme mit der Tierschutzszene als ursächlich angegeben worden. Dieser Trend bestätige sich auch im Vergleich zum Vorjahr. Sei im Januar 1997 noch von einem Umsatz von 121.000,00 DM ausgegangen worden, so sei dieser im Jahr 1998 auf 59.989,00 DM gefallen. Es handele es sich vorliegend auch nicht um einzelne Einwirkungen von Außen, sondern offenkundig um einen langfristigen Trend. Der Senat könne deshalb dahingestellt sein lassen, ob nicht auch die Hypothese einer Verursachung der Absatzprobleme der Klägerin durch die Tierschutzszene fraglich sei, weil die dafür notwendige umfassende Breitenwirkung einzelner Presseveröffentlichungen sich nicht nachweisen lassen dürfte.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Sie rügt eine Verletzung des § 170 SGB III. Die Voraussetzungen für eine Bewilligung von Kug gemäß § 169 ff SGB III hätten unstreitig vorgelegen. Das LSG habe die Beklagte in einem Erörterungstermin am 2. September 2004 um eine entsprechende Erklärung gebeten und deren Vertreter habe klargestellt, dass sämtliche formellen und sachlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kug vorlägen. Der Arbeitsausfall sei auch nicht "betriebsüblich" iS des § 170 Abs 4 SGB III gewesen. Betriebsüblich sei nur ein Arbeitsausfall, der durch die Eigenart des Betriebes bedingt sei und nicht durch die Eigenart des Produktes, welches produziert werde. Das LSG habe das Tatbestandsmerkmal betriebsüblich in unzulässiger Weise unter Hinweis auf produktimmanente Umstände ausgelegt. Der Gesetzgeber habe vielmehr in § 170 Abs 4 SGB III bewusst das Wort betriebsüblich verwandt und nicht das Wort produktimmanent. Das Unternehmen existiere noch heute. In den letzten zwei Jahren sei es zu einem Umsatzzuwachs in Höhe von 15 % gekommen. Die Spekulationen des LSG, es sei nicht Aufgabe der Versichertengemeinschaft, einem Betrieb auch dann das Überleben zu sichern, wenn die Produkte sich nicht mehr verkaufen ließen, seien falsch. Das LSG habe damit unterstellt, dass sie - die Klägerin - ihre Produkte nicht mehr verkaufen könne. Das Gegenteil sei der Fall. Auch aus dem Rückgang des Produktionsvolumens könne nicht geschlossen werden, dass der Ausnahmetatbestand des § 170 Abs 4 SGB III erfüllt sei. Das LSG verwechsele die langfristige Perspektive eines Unternehmens mit den kurzfristigen Arbeitsausfällen, die auf unbegründeten Vorwürfen der Presse gegen das Unternehmen beruhten. Soweit das LSG davon ausgehe, der Arbeitsausfall im Jahre 1998 beruhe auf einem kontinuierlichen Rückgang des Produktionsvolumens und sei deshalb betriebsüblich iS des § 170 Abs 4 SGB III, werde auch ein Verstoß gegen §§ 103, 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 62 SGG gerügt, denn das LSG habe zu diesem Gesichtspunkt keinerlei Sachverhaltsermittlungen vorgenommen. Allein aus der Dauer des Arbeitsausfalles in den Jahren 1996, 1997 und 1998 könne nicht geschlussfolgert werden, dass "produktimmanente Gründe" maßgeblich seien bzw sich die Produkte der Klägerin nicht mehr verkaufen ließen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 19. November 2004 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 25. November 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 7. April 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. August 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, vom 1. März 1998 bis 31. Juli 1998 Kug zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Gewährung von Kug sei hier gemäß § 170 Abs 4 Satz 2 Nr 1 SGB III ausgeschlossen, weil sich der Arbeitsausfall im Betrieb der Klägerin als überwiegend betriebsüblich darstelle. Der streitige Arbeitsausfall stehe in einer Reihe von Arbeitsausfällen, die regelmäßig wiederkehrend seit dem Jahre 1989 in erheblichem Umfang eingetreten seien. Kug diene wirtschaftspolitisch dem Ausgleich kurzfristiger konjunktureller Schwankungen und der Überbrückung betrieblicher, durch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung verursachter Strukturveränderungen. Kug solle nur bei einem Ereignis gewährt werden, das auch durch äußerste, nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt nicht abgewendet werden könne. Der hier in Rede stehende Produktionsausfall beruhe hingegen auf einem kontinuierlichen Rückgang des Produktionsvolumens vor allem durch Imageprobleme des Produkts. Es handele sich mithin um einen betriebsüblichen Arbeitsausfall. Die zum Umsatzrückgang führende Tierschutzproblematik stelle keine durch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung verursachte Strukturveränderung (wie zB Globalisierung, erhöhter Wettbewerbsdruck, sinkende Aktienkurse etc) dar.
II
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht ist das LSG davon ausgegangen, dass der Klägerin - als Prozessstandschafterin für ihre Arbeitnehmer (vgl hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 25. Mai 2005 - B 11a/11 AL 15/04 R) - kein Anspruch auf Kug zustand, den sie zulässigerweise mit der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und Abs 4 SGG) geltend gemacht hat. Der von der Klägerin angezeigte Arbeitsausfall beruhte schon nicht auf wirtschaftlichen Gründen iS des § 170 Abs 1 Nr 1 SGB III (vgl unter 1.). Ebenso wenig beruhte der Arbeitsausfall auf einem unabwendbaren Ereignis iS des § 170 Abs 1 Nr 1 SGB III (siehe unter 2.). Offen bleiben kann hier deshalb, ob der Arbeitsausfall auch betriebsüblich und damit "vermeidbar" war iS des § 170 Abs 1 Nr 3 SGB III iVm § 170 Abs 4 Satz 2 Nr 1 SGB III, wovon das LSG ausgegangen ist (hierzu unter 3.).
1. Nach § 169 SGB III (in der hier maßgeblichen Fassung des Arbeitsförderungsreformgesetzes <AFRG> vom 24. März 1997 - BGBl I 594) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Kug, wenn 1. ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt, 2. die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind, 3. die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und 4. der Arbeitsausfall dem Arbeitsamt angezeigt worden ist. Nach § 170 Abs 1 Nr 1 SGB III (ebenfalls idF des AFRG, aaO) ist ein Arbeitsausfall erheblich, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht. Ergänzend zu § 170 Abs 1 Nr 1 SGB III bestimmt § 170 Abs 2 SGB III, dass ein Arbeitsausfall auch dann auf wirtschaftlichen Gründen beruht, wenn er durch eine Veränderung der betrieblichen Strukturen verursacht wird, die durch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung bedingt ist. Der Gesetzgeber des AFRG wollte mit § 170 SGB III ausdrücklich die bisherige Rechtslage im Arbeitsförderungsgesetz (AFG) fortschreiben bzw zusammenfassend regeln (BT-Drucks 13/4941, S 184 zu § 170). Insofern kann hinsichtlich des Tatbestandserfordernisses des wirtschaftlichen Grundes auf die bisherige Rechtsprechung zur "wirtschaftlichen Ursache" in § 64 Abs 1 Nr 1 AFG (vgl auch das Urteil des Senats B 7a AL 8/05 R vom 15. Dezember 2005) zurückgegriffen werden. Der erkennende Senat hat in seinen Urteilen vom 29. Oktober 1997 (SozR 3-4100 § 64 Nr 3) und vom 29. April 1998 (BSGE 82, 124 = SozR 3-4100 § 64 Nr 4) eingehend zum Begriff der wirtschaftlichen Ursache Stellung genommen (weitgehend zustimmend insofern die Literatur: vgl Röder in Niesel, SGB III, 3. Aufl 2005, § 170 RdNr 16 ff; Mutschler in PK-SGB III § 170 SGB III RdNr 10 ff; Schmalz in Hauck/Noftz, K § 170 RdNr 6 ff, Stand IX/00; differenzierend Bieback in Gagel § 170 RdNr 21 ff, Stand August 2001; vgl auch Söhngen in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 6 RdNr 23 ff). Das Merkmal "wirtschaftliche Ursache" des Arbeitsausfalls war in Rechtsprechung und Schrifttum bereits vor Inkrafttreten des AFG vom 25. Juli 1969 (BGBl I 582) als ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung für das Kug (§ 117 Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung <AVAVG>) anerkannt. Die Gewährung von Kug erforderte einen Arbeitsausfall infolge Arbeitsmangels aus vom Arbeitgeber nicht zu vermeidenden Umständen, für die die wirtschaftlichen Verhältnisse (Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage) ursächlich sein mussten. Nach den Materialien wollte der Gesetzgeber des AFG im Jahre 1969 hieran anknüpfen. Erweiternd hat er angeordnet, dass Kug auch gewährt wird bei Arbeitsausfällen infolge betrieblicher Strukturveränderungen, die durch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung bedingt sind (vgl BT-Drucks V/2291, S 70). Auch die betriebliche Strukturveränderung muss also auf einer (allgemeinen) wirtschaftlichen Ursache beruhen. Dieser Gesichtspunkt wird nunmehr in § 170 Abs 2 SGB III ausdrücklich vom Gesetzgeber normiert.
Anknüpfungspunkt für die Bestimmung einer wirtschaftlichen Ursache ist nach dem Wortlaut des § 170 Abs 2 SGB III mithin die "allgemeine wirtschaftliche Entwicklung". Der Begriff der wirtschaftlichen Ursache schließt alle Arbeitsausfälle ein, die sich aus der Gesamtheit der laufenden Produktions- und Konjunkturvorgänge, den Veränderungen des Wirtschaftskreislaufes und damit aus der Teilnahme des Betriebs am Wirtschaftsleben ergeben. Wie der Senat bereits klargestellt hat (BSGE 82, 124, 127 = SozR 3-4100 § 64 Nr 4, S 27), lässt sich der Begriff wirtschaftlicher Grund bzw wirtschaftliche Ursache nach der historischen Entwicklung auf einen Zusammenhang mit der Gesamtheit der laufenden Produktions- und Konsumvorgänge zurückführen. Der Begriff umfasst also die externen Wirtschaftsprozesse mit ihren konjunkturellen, zyklisch verlaufenden Phasen sowie die hierfür verantwortlichen Strukturelemente wie die ökonomischen und außerökonomischen Rahmenbedingungen (Bevölkerung, Rechtsordnung, technisches Wissen, Kapitalbestand). Hierzu zählen auch die wirtschaftlichen Auswirkungen politischer Entscheidungen. Es handelt sich insoweit um Wirtschaftsabläufe, die nicht mit betriebsspezifischen vom einzelnen Unternehmen zu verantwortenden Verläufen im Zusammenhang stehen, sondern um allgemeine wirtschaftliche Veränderungen, insbesondere um konjunkturelle und strukturelle Störungen der Gesamtwirtschaftslage (Bartels, Soziale Sicherung bei Kurzarbeit in der Marktwirtschaft, S 90 ff, 116). Als von Außen einwirkende wirtschaftliche Ursachen in diesem Sinne werden angeführt: Auftragsmangel infolge Rezession, Exportrückgang wegen währungspolitischer Maßnahmen, Mangel an Betriebs- und Werkstoffen, Umstellung auf ein neues Produkt, Automatisierung - jeweils als Folge der Gesamtwirtschaftslage (vgl BSGE 82, 124, 128 = SozR 3-4100 § 64 Nr 4, S 28). Wenngleich in der Literatur kritisch zu dem Begriff allgemeine wirtschaftliche Entwicklung festgestellt wird, dass diesem nur eine schwach abgrenzende Funktion zukomme (vgl Bieback in Gagel, aaO, RdNr 28 zu § 170 SGB III), so kann doch festgehalten werden, dass hierbei besondere Aufmerksamkeit darauf zu richten ist, dass es sich um äußere Ursachen handelt, die aus einer veränderten gesamtwirtschaftlichen Lage resultieren (vgl insbesondere Schmalz in Hauck/Noftz K § 170 RdNr 7). Denn das Kug soll keine Versicherung gegen das allgemeine Betriebsrisiko darstellen und auch nicht dazu dienen, wirtschaftlich auf Dauer nicht lebensfähige Betriebe am Markt zu erhalten (vgl Schmalz aaO, Mutschler aaO, § 170 RdNr 14): Dementsprechend sind Unglücksfälle, Unfälle und andere unabwendbare Ereignisse nicht unter den Begriff der wirtschaftlichen Ursache zu subsumieren (zur Schiffskollision vgl das Urteil des Senats, BSG SozR 3-4100 § 64 Nr 3).
Nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) beruhten die Arbeitsausfälle in dem Unternehmen der Klägerin im Wesentlichen auf der veränderten Akzeptanz des von ihr hergestellten Produkts in der Bevölkerung. Dies gilt insbesondere für die hier streitigen Zeiträume in den Jahren 1997 (vgl BSG, Urteil vom 15. Dezember 2005 - B 7a AL 8/05 R) und 1998, in der die Klägerin selbst massiv auf das Imageproblem und die für das Produkt Katzenfell negative Berichterstattung in Rundfunk und Presse hingewiesen hat. Ein allgemeiner soziokultureller Akzeptanzverlust eines Produkts stellt aber keine wirtschaftliche Ursache bzw wirtschaftlichen Grund iS des § 170 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 2 SGB III dar. Zwar ist eine Abgrenzung von politischen, rechtlichen, allgemeinen, sozialen und wirtschaftlichen Ursachen im Gesamt des Produktionsprozesses im Einzelnen schwer zu treffen. So weist etwa Bieback (aaO, RdNr 28) darauf hin, dass das gesetzliche Verbot bestimmter Produkte aus Umweltschutzgründen zwar vorrangig eine politische Ursache darstelle, jedoch zugleich auch eine wirtschaftliche, da es eine bestimmte Nachfrage und ein bestimmtes Angebot vom Markt ausschließe. Das Vorliegen eines solchen administrativen Verbots oder einer (gesundheits-)politischen negativen Entscheidung hinsichtlich des Benutzens von Katzenfellen ist jedoch nicht ersichtlich. Bei dem von der Klägerin selbst eingeräumten Rückgang des Verkaufs ihrer Produkte handelt es sich vielmehr um ein "Aus-der-Mode-Kommen" ihres Produktes. Auf Veränderungen der Verkaufbarkeit von Erzeugnissen muss eine Betriebsleitung aber reagieren bzw mit neuen Produkten antworten. Das Betriebs- und Geschäftsrisiko kann nicht auf Dauer auf die Allgemeinheit durch die Gewährung von Kug verlagert werden. Dementsprechend werden in der Literatur auch "Managementfehler" und "wirtschaftliche Fehleinschätzungen" als typischerweise betriebsspezifisch verursachte Ursachen angesehen, die gerade nicht auf der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung beruhen (vgl Bieback, aaO, RdNr 25; Schmalz in Hauck/Noftz, K § 170 RdNr 6).
Hier berühren sich die Kug-Ausschlusstatbestände des § 170 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 2 SGB III - wirtschaftliche Gründe für den Arbeitsausfall - und des § 170 Abs 1 Nr 3 iVm Abs 4 SGB III - Vermeidbar des Arbeitsausfalls, weil er auf überwiegend betriebüblichen Gründen beruht -. Das LSG ist davon ausgegangen, dass der Arbeitsausfall bei der Klägerin vermeidbar gewesen sei, weil er überwiegend betriebsüblich war. Nach § 170 Abs 4 Satz 1 SGB III ist ein Arbeitsausfall generell dann nicht vermeidbar, wenn in einem Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen wurden, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern. Es handelt sich hierbei um Mitwirkungs- und Schadensminderungsobliegenheiten, wobei von dem objektiven Maßstab auszugehen ist, "was von einem sorgfältigen Unternehmer an Vorsorgemaßnahmen und ständigen Anpassungsmaßnahmen erwartet werden kann" (BSGE 82, 124, 129 = SozR 3-4100 § 64 Nr 4, S 29; vgl auch Bieback, aaO, RdNr 109). Demgegenüber stellt der Begriff des "wirtschaftlichen Grundes" iS des § 170 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 2 SGB III mehr auf die allgemeine wirtschaftlichen Entwicklung und damit auf außerhalb der betrieblichen Sphäre liegende Ursachen ab. Kommt ein Produkt auf Grund allgemeiner gesellschaftlicher Entwicklungen aus der Mode, so liegt in diesem soziokulturellen Akzeptanzverlust bereits keine von Außen kommende allgemeine wirtschaftliche Ursache im Sinne einer strukturellen oder konjunkturellen Störung der Gesamtwirtschaftslage, sodass schon die erste Anspruchsvoraussetzung des Arbeitsausfalls aus wirtschaftlichen Gründen iS von § 170 Abs 1 Nr 1 SGB III ausscheidet. Ob darüber hinaus im "Verantwortungsbereich des Betriebs" (vgl BSGE 82, 124, 129 = SozR 3-4100 § 64 Nr 4, S 29) Schadensminderungsobliegenheiten verletzt wurden, sodass auch die negative Anspruchsvoraussetzung des § 170 Abs 1 Nr 3 iVm Abs 4 SGB III ausscheidet, braucht nicht mehr entschieden zu werden (hierzu unter 3.).
2. Die Ursache für den Arbeitsausfall in dem Betrieb der Klägerin beruhte auch nicht auf einem unabwendbaren Ereignis iS des § 170 Abs 1 Nr 1 SGB III. § 170 Abs 1 Nr 1 SGB III normiert das unabwendbare Ereignis als zweite Tatbestandsalternative dafür, dass ein Arbeitsausfall im Sinne der Kug-Vorschriften erheblich ist. Unter einem unabwendbaren Ereignis verstand der Regierungsentwurf zum AFG ein objektiv feststellbares Ereignis, das auch durch die äußerste, nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt für den vom Arbeitsausfall betroffenen Betrieb nicht abzuwenden war (BT-Drucks, V/2291, S 70 zu § 59 Nr 1; vgl Bieback in Gagel, aaO, RdNr 39 ff; Roeder in Niesel, SGB III, aaO, RdNr 21; Schmalz in Hauck/Noftz, K § 170 RdNr 10 ff). Nach § 170 Abs 3 Satz 1 SGB III liegt ein unabwendbares Ereignis insbesondere vor, wenn ein Arbeitsausfall auf ungewöhnlichen, dem üblichen Witterungsverlauf nicht entsprechenden Witterungsgründen beruht. Um ein solches Ereignis in der Art bestimmter ungewöhnlicher Witterungsverhältnisse handelt es sich beim Akzeptanz- oder Imageverlust eines Produkts gerade nicht. Ein kontinuierlicher und sich über Jahre bzw Jahrzehnte hinziehender Imageverlust stellt kein "Ereignis" im Sinne eines zeitlich begrenzten, außergewöhnlichen und von Außen auf den Betrieb einwirkenden Geschehens dar. Soweit der erkennende Senat angedeutet hat, dass auch ein Element der subjektiven Vermeidbarkeit des Ereignisses zum Begriff der Unabwendbarkeit iS des § 170 Abs 1 Nr 1 SGB III gehören könnte (so BSG SozR 3-4100 § 64 Nr 3, S 15 ff zu § 64 AFG; zustimmend Bieback in Gagel, aaO, RdNr 40 ff; Schmalz in Hauck/Noftz, aaO, K § 170 RdNr 11 ff), kann dies hier dahinstehen, da bereits ein Ereignis iS des § 170 Abs 1 Satz 1 SGB III nicht vorliegt. Vielmehr handelt es sich bei dem Akzeptanzverlust des Produkts Katzenfell um einen kontinuierlichen gesellschaftlichen Prozess, der gerade nicht - wie etwa die Formulierungen in der Gesetzesbegründung zum AFG 1969 zeigen (vgl oben) - vom Schutzzweck der Norm des § 170 Abs 1 Nr 1 SGB III erfasst sein soll.
3. Da bereits die Kug-Voraussetzungen gemäß § 170 Abs 1 Nr 1 SGB III nicht vorliegen (s soeben 1. und 2.), kann dahinstehen, ob der Arbeitsausfall auch betriebsüblich iS des § 170 Abs 4 Satz 2 Nr 1 SGB III war. Gemäß § 170 Abs 1 Nr 3 SGB III ist ein Arbeitsausfall nur dann erheblich für die Gewährung von Kug, wenn er nicht vermeidbar ist. Nach § 170 Abs 4 Satz 1 SGB III ist ein Arbeitsausfall nicht vermeidbar, wenn in einem Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen wurden, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern. Das LSG ist zu Lasten der Klägerin vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 170 Abs 4 Satz 2 Nr 1 SGB III ausgegangen. Hiernach gilt als vermeidbar insbesondere ein Arbeitsausfall, der überwiegend branchenüblich, betriebsüblich oder saisonbedingt ist oder ausschließlich auf betriebsorganisatorischen Gründen beruht. Während § 64 Abs 3 AFG diese nunmehr in § 170 Abs 4 Satz 2 Nr 1 SGB III enthaltene Ausschlussklausel noch als generellen Ausschlusstatbestand formulierte, bezieht sich § 170 Abs 4 Satz 2 SGB III mit den dort aufgezählten drei Ausnahmetatbeständen ausdrücklich auf das Tatbestandsmerkmal der Vermeidbarkeit des Arbeitsausfalls. Zu Recht wird hierzu allerdings ausgeführt, dass § 170 Abs 4 Satz 2 Nr 1 SGB III mit seinem Abstellen auf eine betriebsübliche Ursache auch ein Abgrenzungskriterium zu dem Arbeitsausfall aus allgemeinen wirtschaftlichen Gründen iS des § 170 Abs 1 Nr 1 SGB III liefert (s oben unter 1. sowie Mutschler PK-SGB III § 170 RdNr 14).
Nach der Rechtsprechung des Senats (SozR 3-4100 § 64 Nr 2) ist betriebsüblich ein Arbeitsausfall, der auf der Eigenart des Betriebes beruht. Zur Begründung der damaligen Ausschlussregelung in § 64 Abs 3 AFG wurde im Regierungsentwurf zum AFG angeführt, den Betrieben solle nicht das gesamte Betriebsrisiko abgenommen werden (BT-Drucks V/2291, S 71 zu § 59 Abs 3). Es solle nicht Aufgabe des Kug sein, Schwankungen der Beschäftigungslage aufzufangen, die durch die Eigenart der Betriebe bedingt sind oder regelmäßig wiederkehren (BT-Drucks V/2291, S 55 rechte Spalte). Das LSG hat zur Frage der Betriebsüblichkeit des Arbeitsausfalles lediglich ausgeführt, dass auch produktimmanente Umstände, die zu einem kontinuierlichen Rückgang des Produktionsvolumens geführt hätten, als betriebsübliche Umstände iS des § 170 Abs 4 Satz 2 Nr 1 SGB III anerkannt werden können. Ob dem zuzustimmen ist, kann hier letztlich offen bleiben. Der Begriff der Betriebsüblichkeit iS des § 170 Abs 4 Satz 2 Nr 1 SGB III ist jedenfalls nach der Normstruktur des § 170 SGB III nunmehr eine ausdrückliche Konkretisierung des Tatbestandserfordernisses der Vermeidbarkeit iS § 170 Abs 1 Nr 3 SGB III. Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 29. April 1998 (BSGE 82, 124, 129 = SozR 3-4100 § 64 Nr 4, S 29) den Zusammenhang der betrieblichen Ursache eines Arbeitsausfalls mit dem Kriterium seiner "Unvermeidbarkeit" betont. Auch hierdurch solle gewährleistet werden, dass das unternehmerische Risiko nicht auf die Solidargemeinschaft verlagert wird und unproduktive Betriebe am Leben gehalten werden (BSG aaO). In diesem Zusammenhang hat der Senat betont, dass Fehler im Management und eine wirtschaftliche Fehleinschätzung die Gewährung von Kug grundsätzlich ausschließen.
Hieraus folgt, dass von Seiten des LSG weitere tatsächliche Feststellungen erforderlich gewesen wären, um beurteilen zu können, inwieweit der klagende Betrieb rechtzeitig und adäquat auf die soziokulturell veränderte Bewertung seines Produkts reagiert hat. Da bislang nach Rechtsprechung und Literatur unter den Begriff "betriebsorganisatorische Gründe" iS des § 170 Abs 4 Satz 2 Nr 1 SGB III etwa Reparaturen infolge von Verschleiß oder üblichen Fehlern bei der Arbeit, Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten, Erneuerung von Betriebsanlagen, Standortverlagerung etc fallen (vgl BSGE 82, 124, 128 = SozR 3-4100 § 64 Nr 4, S 28; Mutschler, aaO, RdNr 45 zu § 170, Roeder in Niesel, aaO, RdNr 29 f zu § 170; Schmalz in Hauck/Noftz, aaO, K § 170 RdNr 18 ff), würde eine Prüfung des § 170 Abs 4 Satz 2 Nr 1 SGB III voraussetzen, dass im Einzelnen nachvollziehbar ist, inwieweit der Betrieb seiner Pflicht zur Schadensminderung bzw zur Abwendung von Kurzarbeit nicht nachgekommen ist bzw diese durch betriebsstrukturelle Veränderungen hätte vermeiden können. Insofern reicht der vom LSG in den Raum gestellte Vorwurf, mit dem Produkt "Katzenfell" an einem sozial nicht mehr akzeptierten Produkt festgehalten zu haben, für sich alleine wohl nicht aus, um von einem betriebsüblichen Arbeitsausfall iS des § 170 Abs 4 Satz 2 Nr 1 SGB III ausgehen zu können bzw den Arbeitsausfall dem "Verantwortungsbereich des Betriebs" (hierzu BSGE 82, 124, 129 = SozR 3-4199 § 64 Nr 4, S 29) zuzuweisen. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da der Arbeitsausfall in den Jahren 1997 und 1998 nicht wesentlich auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis iS des § 170 Abs 1 Nr 1 SGB III beruhte (vgl oben 1. und 2.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. § 197a SGG findet hier keine Anwendung, da der Rechtsstreit bereits vor dem 2. Januar 2002 rechtshängig geworden ist (vgl hierzu Meyer-Ladewig/Leitherer RdNr 12 Vor § 183). Es muss daher auch nicht entschieden werden, inwiefern die Klägerin unter § 183 SGG subsumiert werden kann, weil sie zwar formal Arbeitgeberin ist, hier jedoch als Prozessstandschafterin für ihre Arbeitnehmer handelt.
Ende der Entscheidung
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