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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 20.10.2005
Aktenzeichen: B 7a AL 12/05 R
Rechtsgebiete: SGB III, BAföG, EStG


Vorschriften:

SGB III § 71 Abs 1 F: 1997-12-16
SGB III § 71 Abs 2 S 1 F: 1997-12-16
SGB III § 330 Abs 1 Alt 2
BAföG § 21 Abs 1 S 3 Nr 4
BAföG § 21 Abs 2 S 1 Nr 1
EStG § 9a Abs 1 Nr 1

Entscheidung wurde am 02.02.2006 korrigiert: die Rechtsgebiete, die Vorschriften und der Verfahrensgang wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
Zur Berücksichtigung einer das Einkommen des Auszubildenden mindernden Werbungskostenpauschale und einer Sozialpauschale bei der Zahlung von Berufsausbildungsbeihilfe.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Az: B 7a AL 12/05 R

Der 7a. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 20. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Udsching, die Richter Eicher und Dr. Spellbrink sowie den ehrenamtlichen Richter Kovar und die ehrenamtliche Richterin Geppert

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 19. November 2004 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I

Im Streit ist die Zahlung höherer Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) für die Zeit vom 1. August 1998 bis 31. Juli 1999.

Die am 20. Februar 1979 geborene (deutsche) Klägerin erlernte im Rahmen eines Berufsausbildungsverhältnisses in der Zeit vom 1. August 1998 bis 31. Juli 2001 den Beruf der Rechtsanwaltsfachangestellten. Im ersten Jahr erhielt sie eine monatliche Bruttovergütung von 610 DM; Steuern fielen wegen des geringen Verdienstes der Klägerin weder im Jahre 1998 noch im Jahre 1999 an. Während der Ausbildung wohnte sie in L. ; ihre Eltern wohnten in K. . Für Familienheimfahrten musste sie für jede Fahrt (hin und zurück) 140,40 DM aufwenden. Die monatlichen Mietkosten für die Wohnung in L. beliefen sich einschließlich der an den Vermieter zu zahlenden Nebenkosten auf 390 DM.

Die Beklagte bewilligte der Klägerin für den streitigen Zeitraum eine monatliche BAB in Höhe von 183 DM bei einem Gesamtbedarf von 1035,40 DM abzüglich eines anzurechnenden Einkommens der Klägerin in Höhe von 520 DM und eines anzurechnenden Einkommens ihrer Eltern in Höhe von 331,82 DM (bestandskräftiger Bescheid vom 29. April 1999). Auf einen Antrag, diesen Bescheid auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen, weil zu Unrecht die in § 21 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) vorgesehene Sozialpauschale und die in § 9a Einkommensteuergesetz (EStG) vorgesehene Werbungskostenpauschale nicht von ihrem Einkommen abgezogen und dadurch ein zu hoher Anrechnungsbetrag zu Grunde gelegt worden sei, lehnte die Beklagte die Korrektur des bestandskräftigen Bescheides ab (Bescheid vom 25. August 2000; Widerspruchsbescheid vom 21. März 2001).

Während das Sozialgericht (SG) den "Bescheid der Beklagten vom 25. August 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2001 sowie den Bescheid vom 29. April 1999 abgeändert" und "die Beklagte verurteilt" hat, der Klägerin BAB in Höhe von monatlich 449 DM (229,57 Euro) zu zahlen (Urteil vom 23. Oktober 2002), hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 19. November 2004); zuvor hatte die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Bescheid der Beklagten vom 25. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. März 2001 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet werden solle, den Bescheid vom 29. April 1999 teilweise zurückzunehmen und ihr für die Zeit vom 1. August 1998 bis 31. Juli 1999 BAB in Höhe von 229,57 Euro (= 449 DM) monatlich unter Berücksichtigung bereits erbrachter Leistungen zu bewilligen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Berechnung der BAB durch die Beklagte lasse keine Fehler erkennen. Dies gelte auch für die von der Klägerin geltend gemachte Werbungskostenpauschale und die Sozialpauschale, die bei der gemäß § 71 Abs 1 und 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) erforderlichen Anrechnung des eigenen Einkommens der Klägerin auf die BAB nicht vom Bruttoeinkommen abzuziehen seien. Nach dem entsprechend anzuwendenden § 21 Abs 1 BAföG gelte zwar als Einkommen die Summe der positiven Einkünfte iS des § 2 Abs 1 und 2 EStG, also der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten; die Werbungskostenpauschale des § 9a EStG (2000 DM) könne vorliegend jedoch nicht berücksichtigt werden, weil es ansonsten zu einer Doppelung von Werbungskosten (Familienheimfahrten, Arbeitskleidung) käme, die bereits den Gesamtbedarf erhöht hätten. Auch die Sozialpauschale des § 21 Abs 1 Satz 3 Nr 4 iVm Abs 2 Satz 1 Nr 1 BAföG (22,1 %) komme der Klägerin nicht zugute. § 21 Abs 1 Satz 3 Nr 4 BAföG stelle auf die zu leistenden Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung ab. Solche seien jedoch für die Klägerin als Auszubildende nach den gesetzlichen Vorschriften nicht angefallen; vielmehr habe der Arbeitgeber die Beiträge alleine getragen.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 71 Abs 2 SGB III iVm § 21 BAföG. Sie ist der Auffassung, bei der Anrechnung ihres Einkommens hätten die Werbungskostenpauschale und die Sozialpauschale in Abzug gebracht werden müssen. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der anzuwendenden Normen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Bescheid der Beklagten vom 25. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. März 2001 aufgehoben und die Beklagte verurteilt wird, den Bescheid vom 29. April 1999 teilweise zurückzunehmen und ihr (der Klägerin) für die Zeit vom 1. August 1998 bis 31. Juli 1999 zusätzliche BAB in Höhe von 136 Euro (= 266 DM) monatlich zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).

II

Die Revision der Klägerin ist iS der Aufhebung der Entscheidung des LSG und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Es fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) für eine abschließende Entscheidung darüber, ob der Klägerin höhere BAB zusteht. Allerdings hat das LSG zu Unrecht bei seiner Entscheidung die Werbungskostenpauschale des § 9a EStG und die Sozialpauschale des § 21 Abs 1 Satz 3 Nr 4 iVm Abs 2 Satz 1 Nr 1 BAföG, die gemäß § 71 Abs 2 Satz 1 SGB III (dieser hier in der Fassung des 1. SGB III-Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1997 - BGBl I 2970) entsprechend anwendbar sind, unberücksichtigt gelassen. Soweit es die Werbungskostenpauschale betrifft, hat dies allerdings keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Höhe der zu zahlenden BAB, weil die Beklagte bereits Positionen in einer Höhe bedarfserhöhend berücksichtigt hat, die die Werbungskostenpauschale übersteigen. Ob sich die Nichtberücksichtigung der Sozialpauschale zu Gunsten der Klägerin auswirkt, ist abhängig von den sonstigen Berechnungselementen der BAB, die der Senat auf Grund fehlender Tatsachenfeststellungen nicht in vollem Umfang überprüfen kann.

Das Klagebegehren in Form der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§§ 54 Abs 1, 56 SGG) misst sich an § 44 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) iVm § 330 Abs 1 SGB III. Danach ist ein bestandskräftiger, rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, wenn er auf einer Rechtsnorm beruht, die in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt wird, nur mit Wirkung nach der Entstehung der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Ob die Norm im Hinblick auf die zweifelhafte Zielsetzung (s dazu Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 330 Rz 2, Stand Januar 2005) überhaupt zur Anwendung kommen kann, wenn die ständige Rechtsprechung erst nach Einleitung der Überprüfungsverfahren entstanden ist, kann dahinstehen; die Voraussetzungen des § 330 Abs 1 SGB III sind ohnedies nicht erfüllt.

Zwar hat der Senat mit Urteil vom 30. Juni 2005 (B 7a/7 AL 74/04 R) entschieden, dass bei der Anrechnung von Einkommen des Auszubildenden Werbungskosten iS des § 9 EStG zu berücksichtigen sind; in dieser Entscheidung hat der Senat jedoch weder ausdrücklich zu der Werbungskostenpauschale des § 9a EStG noch zur Sozialpauschale des § 21 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BAföG Stellung genommen. § 330 Abs 1 2. Alt SGB III setzt indes eine zweifelsfreie abschließende Klärung von Rechtsfragen voraus (s Eicher aaO, Rz 18 mwN; ders in Eicher/Spellbrink, SGB III, § 40 RdNr 55). Eine solche ist durch die Entscheidung vom 30. Juni 2005 für die im vorliegenden Rechtsstreit aufgeworfenen Rechtsfragen noch nicht erfolgt.

Die Voraussetzungen für die Förderung einer Berufsausbildung nach §§ 59, 60 SGB III (idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes <AFRG> vom 24. März 1997 - BGBl I 594) sind ebenso erfüllt wie die des § 63 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB III und des § 64 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB III (beide ebenfalls idF des AFRG). Die Beklagte hat auch den Gesamtbedarf der Klägerin nach den §§ 65 bis 69 SGB III richtig berechnet (800 DM für den Lebensunterhalt, 75 DM für die auswärtige Unterbringung, 140,40 DM für Familienheimfahrten, 20 DM Arbeitskleidungspauschale).

Zu Unrecht hat die Beklagte jedoch bei der Anrechnung des Einkommens des Auszubildenden nach § 71 Abs 1 iVm Abs 2 SGB III (hier idF des 1. SGB III-Änderungsgesetzes) die Werbungskostenpauschale des § 9a EStG und die Sozialpauschale des § 21 Abs 1 Satz 3 Nr 4 iVm Abs 2 Satz 1 Nr 1 BAföG nicht berücksichtigt. Insoweit hat der Senat bereits durch Urteil vom 30. Juni 2005 (B 7a/7 AL 74/04 R) entschieden, dass anders als nach der früheren Rechtslage (bis zum Inkrafttreten des SGB III) Werbungskosten des BAB-Empfängers bei der Einkommensanrechnung mit der Maßgabe zu berücksichtigen sind, dass von der Summe der anzuerkennenden Werbungskosten die Beträge, die sich bereits bedarfserhöhend ausgewirkt haben, abzuziehen sind, und zwar auch dann, wenn keine Einkommensteuer zu zahlen ist. Es besteht keine Veranlassung, die Entscheidung des Senats auf die Fälle tatsächlicher, nachgewiesener Werbungskosten zu beschränken. Die vom Gesetzgeber gewollte Harmonisierung des Ausbildungsförderungsrechts des SGB III und des BAföG (vgl BSG, Urteil vom 30. Juni 2005 - B 7a/7 AL 74/04 R) muss auch für die Werbungskostenpauschale des § 9a EStG (hier 2000 DM) für den Fall gelten, dass keine höheren Werbungskosten angefallen bzw nachgewiesen sind.

Allerdings ergeben sich bei der Berücksichtigung pauschaler (damit ggf fiktiver) Werbungskosten daraus Schwierigkeiten, dass einzelne bedarfserhöhende Faktoren der BAB (vorliegend Kosten für die Unterkunft am Ausbildungsort und die Familienheimfahrten) steuerrechtlich spezifischen Anforderungen genügen müssen (zB eigener Hausstand), um als Werbungskosten bei doppelter Haushaltsführung anerkannt werden zu können (vgl hierzu nur BFHE 175, 430 ff). Ähnliches gilt für die Berufskleidung. Wollte man die steuerrechtlichen Maßstäbe auch bei den bedarfserhöhenden Faktoren anwenden, um die die Werbungskostenpauschale zu mindern ist, würde dies zu einer unvertretbaren Ungleichbehandlung führen. Diejenigen Auszubildenden, die die steuerlichen Voraussetzungen für die Anerkennung von Kosten für eine doppelte Haushaltsführung oder sonstige Werbungskosten nicht erfüllen, würden gegenüber denjenigen Auszubildenden begünstigt, die sie erfüllen. Die Werbungskostenpauschale des § 9a EStG muss deshalb auch bei jenen auszubildenden Personen um die bedarfserhöhenden Positionen vermindert werden, die - ohne dass die steuerrechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung von Werbungskosten erfüllt sind - einem Ausgleich desselben Zweckes dienen wie die steuerliche Anerkennung entsprechender tatsächlich angefallener Werbungskosten. Dies ist vorliegend der Fall für die bedarfserhöhenden 75 DM monatlich wegen der Unterkunft, die 140,40 DM monatlich wegen der Familienheimfahrten und die 20 DM monatlich für Arbeitskleidung.

Ob Entsprechendes für den der Klägerin zugestandenen monatlichen Freibetrag von 90 DM gemäß § 71 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB III, der nur dann zu gewähren ist, wenn die Vermittlung einer geeigneten beruflichen Ausbildungsstelle nur bei Unterbringung des Auszubildenden außerhalb des Haushalts der Eltern oder eines Elternteils möglich ist, gilt, kann offenbleiben. Dieser Freibetrag wird lediglich aus arbeitsmarkt- und berufsbildungspolitischen Gründen zur Förderung der beruflichen Mobilität von Auszubildenden gewährt (BT-Drucks 13/4941 S 166 f), dient mithin nicht unmittelbar dem Ausgleich von Mehrkosten. Die von der Klägerin geltend gemachte Werbungskostenpauschale in Höhe von 2000 DM ist bereits mit den diesen Betrag mindernden bedarfserhöhenden Positionen der Unterkunftskosten, der Kosten für Familienheimfahrten und der Arbeitskleidungspauschale ausgeschöpft. Mehr als eine Familienheimfahrt monatlich bzw Pendelfahrten zwischen der Wohnung in Lüneburg und der Arbeitsstätte hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Allerdings ist es vorliegend auf Grund fehlender Tatsachenfeststellungen des LSG nicht möglich, die Berechtigung zur Anerkennung des bezeichneten Freibetrags zu überprüfen.

Zu Unrecht haben das LSG und die Beklagte die Sozialpauschale des § 21 Abs 1 Satz 3 Nr 4 iVm Abs 2 Satz 1 Nr 1 BAföG bei der Bestimmung des anzurechnenden Einkommens der Klägerin nicht berücksichtigt. Nach diesen Vorschriften, die gemäß § 71 Abs 2 Satz 1 SGB III auch für die Berechnung der BAB gelten, werden vom Einkommen aus der Summe der positiven Einkünfte iS des § 2 Abs 1 und 2 EStG ua die für den Berechnungszeitraum zu leistenden Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung und zur Bundesagentur für Arbeit (BA) sowie die geleisteten freiwilligen Aufwendungen zur Sozialversicherung und für private Kranken-, Pflege-, Unfall- und Lebensversicherung in angemessenem Umfang abgezogen. Allerdings wird zur Abgeltung der Abzüge nach Abs 1 Nr 4 von der Summe der positiven Einkünfte (im maßgeblichen Zeitraum) ein Betrag in Höhe von 22,1 % für rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer, höchstens jedoch ein Betrag von jährlich 20.300 DM abgesetzt. Dies gilt auch für die Klägerin, die gemäß § 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - als Auszubildende in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert war. Dass sie ebenso wie für die sonstigen Sozialversicherungen nicht die Beiträge selbst zahlen, sondern ausschließlich ihr Arbeitgeber dafür aufkommen musste, ist für die Anwendung der Vorschrift des § 21 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BAföG ohne Bedeutung (aA Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. März 1995 - 16 A 3785/94). Zwar spricht § 21 Abs 1 Satz 3 Nr 4 BAföG von zu leistenden Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung und zur BA; von der Norm werden jedoch ausdrücklich auch freiwillige Aufwendungen zur Sozialversicherung, für private Kranken-, Pflege-, Unfall- und Lebensversicherungen in angemessenem Umfang berücksichtigt. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber nicht verlangt, dass der Auszubildende überhaupt Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung selbst erbringt.

Wenn § 21 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BAföG aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung dann konkretisierend vorschreibt, dass zur Abgeltung der Abzüge nach Abs 1 Nr 4 ausschließlich bestimmte Pauschalbeträge, dh ohne Nachweis irgendwelcher Zahlungen, anzuerkennen sind, wird der Beklagten - abgesehen davon, dass die Beklagte nur auf die Nichtzahlung von Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung abstellt - eine Berufung darauf verwehrt, es seien überhaupt keine Beiträge gezahlt worden. Wegen § 21 Abs 2 BAföG sind nämlich auch im gegenläufigen Sinne keine höheren (gezahlten) Beiträge nach Abs 1 Satz 3 Nr 4 anzuerkennen; insoweit ist allenfalls die Härteregelung des § 25 Abs 6 BAföG anwendbar (vgl Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl, § 21 RdNr 14 mwN zur Rspr des Bundesverwaltungsgerichts <BVerwG>, Stand Januar 2005).

Ob sich vorliegend allerdings die Nichtberücksichtigung der Sozialpauschale leistungserhöhend auswirkt, kann der Senat nicht abschließend entscheiden, weil das LSG die für die Anrechnung des Elterneinkommens (§ 71 Abs 1 und 2 SGB III) erforderlichen Tatsachen nicht festgestellt hat. Der im Urteil enthaltene Hinweis auf die einzelnen Berechnungsschritte der Beklagten kann ebenso wenig die konkreten Feststellungen ersetzen wie die Formulierung, dass die Berechnung der Beklagten keine Rechenfehler erkennen lasse. Bei seiner Entscheidung wird das LSG auch die von Einkommenssteuerbescheiden ausgehende Bindungswirkung zu beachten haben (vgl BFHE 180, 238 ff; BFHE 176, 409 ff mwN zur Rechtsprechung des BVerwG). Das LSG wird außerdem ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Ende der Entscheidung

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