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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 13.07.2006
Aktenzeichen: B 7a AL 32/05 R
Rechtsgebiete: AFG, SGB III, BGB, GG


Vorschriften:

AFG F: 15.12.1995 § 128 Abs 1 S 1
AFG F: 15.12.1995 § 128 Abs 1 S 2 Nr 1
AFG F: 15.12.1995 § 128 Abs 1 S 2 Nr 4
AFG F: 15.12.1995 § 128 Abs 5 S 2
AFG F: 24.03.1997 § 242x Abs 6
SGB III F: 24.03.1999 § 147a Abs 1
SGB III F: 24.03.1999 § 431 Abs 1
BGB F: 28.10.1994 § 613a Abs 1 S 1
BGB § 613a Abs 2
BGB § 613a Abs 6
BGB § 421
BGB § 426 Abs 1
BGB § 133
BGB § 157
GG Art 12 Abs 1 S 2
GG Art 20 Abs 3

Entscheidung wurde am 30.10.2006 korrigiert: die Rechtsgebiete, die Vorschriften und der Verfahrensgang wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
Tritt der Arbeitgeber durch einen Betriebsübergang (§ 613a BGB) in die Rechte und Pflichten eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ein, so sind ihm die bei dem früheren Arbeitgeber zurückgelegten Beschäftigungszeiten bei der Beurteilung der Erstattungspflicht nach § 128 Abs 1 AFG auch dann zuzurechnen, wenn noch der Betriebsveräußerer das Arbeitsverhältnis gekündigt hat (Anschluss an BSG vom 18.9.1997 - 11 RAr 55/96 = SozR 3-4100 § 128 Nr 3).
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Az: B 7a AL 32/05 R

Der 7a. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 13. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Udsching, die Richter Eicher und Dr. Koloczek sowie die ehrenamtlichen Richter Rohkamm und Kovar

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 31. Januar 2005 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I

Im Streit ist die Erstattung von Arbeitslosengeld (Alg) und Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (KV, RV und PV) für die Zeit vom 1. März 1999 bis 31. Dezember 2000 in Höhe von insgesamt 115.336,06 DM (= 58.970,39 Euro).

Der im Dezember 1940 geborene H -J S (S.) war seit April 1961 in einem Warenhaus als dessen Leiter beschäftigt. Inhaber des Warenhauses war 1998 die I -Gesellschaft mbH & Co OHG (OHG). Am 2. Juli 1998 erklärte diese die Kündigung zum 28. Februar 1999. In einer als "Abwicklungsvertrag" bezeichneten Vereinbarung vom selben Tag wurden ua eine Abfindung in Höhe von 260.000 DM brutto sowie eine sofortige Freistellung von der Arbeit vereinbart. In einem anschließenden Kündigungsschutzverfahren wurde am 5. August 1998 zwischen der OHG und dem S. ein arbeitsgerichtlicher Vergleich geschlossen, der im Wesentlichen die Regelungen im Abwicklungsvertrag bestätigte und in dem die Parteien die Erklärung abgaben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund arbeitgeberseitiger sozial gerechtfertigter betriebsbedingter Kündigung aufgelöst worden sei. Seit 1. Januar 1999 war die Klägerin nach den Ausführungen des Landessozialgerichts (LSG) auf Grund einer "Betriebsübernahme nach § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)" Inhaberin des Betriebs, in dem S. beschäftigt war. Die OHG zahlte jedoch das Arbeitsentgelt bis Ende Februar 1999 sowie die vereinbarte Abfindung an S.

S. erhielt von der Beklagten vom 1. März 1999 bis 31. Dezember 2000 Alg; ab 1. Januar 2001 bezog er Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Die Beklagte verlangte von der Klägerin (Bescheid vom 16. März 2000; Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2000) die Erstattung des in der Zeit vom 1. März bis 30. Juni 1999 gezahlten Alg sowie der hierauf entfallenden Beiträge zur KV, RV und PV in Höhe von insgesamt 20.707,64 DM (= 10.587,65 Euro). Mit zwei weiteren Bescheiden (vom 10. Januar 2001 und 30. April 2001), die während des anschließenden Klageverfahrens ergangen sind, machte die Beklagte weitere 41.201,67 DM (= 21.066,08 Euro) für die Zeit vom 1. Juli 1999 bis 28. Februar 2000 und 53.426,74 DM (= 27.316,66 Euro) für die Zeit vom 1. März bis 31. Dezember 2000 geltend.

Während das Sozialgericht (SG) die am 25. August 2000 erhobene Klage abgewiesen hat (Urteil vom 11. Februar 2003), hat das LSG das Urteil des SG "abgeändert" und die Bescheide der Beklagten vom 16. März 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2000, vom 10. Januar 2001 und vom 30. April 2001 aufgehoben (Urteil vom 31. Januar 2005). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, im Hinblick auf Art 12 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) sei der noch anwendbare § 128 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) über die Pflicht zur Erstattung von an ältere Arbeitslose gezahltem Alg unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes verfassungskonform auszulegen. Eine Erstattungspflicht der Klägerin bestehe nicht, weil sie an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mitgewirkt habe und damit eine Verantwortungsbeziehung zwischen ihr und dem bereits durch die OHG gekündigten Arbeitnehmer S. nicht entstanden sei. Ein lediglich formales, von der früheren Arbeitgeberin gekündigtes Arbeitsverhältnis - wie es hier nur noch für zwei Monate bestanden habe - genüge nicht dem Zweck der Erstattungsvorschrift, verhaltenssteuernd dahin zu wirken, dass ältere Arbeitnehmer weiterbeschäftigt würden (so genannte Lenkungsfunktion).

Die Beklagte rügt eine Verletzung des § 128 AFG. Die Klägerin sei zum 1. Januar 1999 nach § 613a BGB in die Stellung der OHG eingerückt. Selbst wenn diese das Arbeitsentgelt vom 1. Januar bis 28. Februar 1999 gezahlt habe, sei die Klägerin als Gesamtschuldnerin zur Zahlung verpflichtet gewesen, weil ein - die Rechtsfolgen des § 613a Abs 1 und 2 BGB ausschließender - Vertrag zum Nachteil des S. nicht wirksam sei. Die Klägerin hätte als neue Arbeitgeberin auch noch "verhaltenssteuernd" eingreifen und die ausgesprochene Kündigung durch Novation des Arbeitsvertrags rückgängig machen können. Schließlich liege der allein denkbare Tatbestand für den Nichteintritt der Erstattungspflicht in § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG nicht vor. Denn die OHG habe das Arbeitsverhältnis mit S. nicht durch eine sozial gerechtfertigte Kündigung, sondern durch einen Aufhebungsvertrag beendet, der die Kündigung voll inhaltlich ersetzt habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).

II

Die Revision ist im Sinne der Aufhebung der zweitinstanzlichen Entscheidung und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Der Senat folgt der Auslegung des § 128 Abs 1 Satz 1 AFG durch das LSG nicht. Für eine abschließende Entscheidung durch den Senat reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht aus.

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind der Bescheid vom 16. März 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2000 sowie die Bescheide vom 10. Januar 2001 und 30. April 2001. Die beiden letztgenannten Erstattungsbescheide sind in entsprechender Anwendung des § 96 Abs 1 SGG als Folgebescheide Gegenstand des Klageverfahrens geworden.

Die beiden Folgebescheide könnten schon deshalb rechtswidrig sein, weil die Klägerin vor ihrem Erlass nicht angehört worden ist (§ 24 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch <SGB X>). Hierzu fehlen entsprechende Feststellungen des LSG. Gegebenenfalls wird das LSG auch darüber zu entscheiden haben, ob hier eine Nachholung der Anhörung nach § 41 Abs 2 SGB X in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (vgl Gesetz vom 21.12.2000 - BGBl I 1983) noch im Klage- oder Berufungsverfahren möglich war. Denn die geänderte Fassung des § 41 Abs 2 SGB X ist aus Gründen des Vertrauensschutzes nur auf Verwaltungsakte anzuwenden, bei denen ein Vorverfahren am 31. Dezember 2000 noch nicht abgeschlossen war (BSG SozR 3-8850 § 5 Nr 5; BSG SozR 3-1300 § 24 Nr 22). Vorliegend sind die Bescheide zwar nach dem Inkrafttreten der Neufassung der Vorschrift ergangen; sie sind allerdings Gegenstand eines Rechtsstreits geworden, der bereits seit August 2000 rechtshängig war. Dies kann jedoch dahinstehen, wenn sich nicht feststellen lässt, dass die Anhörung im Verlauf der Tatsacheninstanzen durch die Beklagte in einem förmlichen Verwaltungsverfahren nachgeholt worden ist (BSG SozR 3-1300 § 24 Nr 22).

Grundlage für die Pflicht der Klägerin, Alg und die hierauf entfallenden Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung im Bezugszeitraum (1. März 1999 bis 31. Dezember 2000) zu erstatten, ist § 128 Abs 1 und 4 AFG (idF, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 15. Dezember 1995 - BGBl I 1824 - erhalten hat). Zwar ist die Vorschrift durch Art 11 Nr 27 des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24. März 1997 (BGBl I 594) mit Wirkung ab 1. April 1997 (Art 83 Abs 3 AFRG) aufgehoben und die Folgevorschrift des § 147a Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) nach Ablösung des AFG durch das SGB III (ab 1.1.1998) erst mit Gesetz zur Änderung der Berücksichtigung von Entlassungsentschädigungen im Arbeitsförderungsrecht (Entlassungsentschädigungs-Änderungsgesetz <EEÄndG> vom 24. März 1999 BGBl I 396) ab 1. April 1999 in das SGB III eingefügt worden. Die Anwendbarkeit des § 128 AFG auf den genannten Zeitraum ergibt sich jedoch aus § 431 Abs 1 SGB III, der die Geltung der Übergangsvorschrift zum AFRG in § 242x Abs 6 AFG weiterhin anordnet. Aus der Verweisung auf § 242x Abs 3 Satz 1 Nr 1 AFG ergibt sich, dass auch § 128 AFG weiterhin anzuwenden ist, wenn die Erstattung Leistungen für Personen betrifft, die innerhalb der Rahmenfrist mindestens 360 Kalendertage vor dem 1. April 1997 in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden haben. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, da der S. in der Rahmenfrist von drei Jahren (§ 124 Abs 1 SGB III <in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz vom 16. Dezember 1997 - BGBl I 2970 - erhalten hat> iVm § 431 Abs 1 SGB III und § 242x Abs 3 AFG) vor dem 1. März 1999 mehr als 360 Kalendertage beitragspflichtig beschäftigt war. Die Vorschrift des § 431 Abs 2 SGB III (in der Fassung, die die Vorschrift durch das EEÄndG erhalten hat) ist nicht anwendbar. Diese Vorschrift enthält nur eine Vertrauensschutzbestimmung für Arbeitgeber, die sich in der Zeit vor dem Inkrafttreten des § 147a SGB III zum 1. April 1999 von älteren Arbeitnehmern getrennt haben, ohne dass § 431 Abs 1 SGB III eingreift (Schlegel in Eicher/Schlegel, SGB III § 431 Rz 30, Stand Juni 1999).

Nach § 128 Abs 1 Satz 1 AFG erstattet der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitslose innerhalb der letzten vier Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 104 Abs 2 AFG die Rahmenfrist bestimmt wird, mindestens 720 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat, der Bundesanstalt für Arbeit (BA) - heute: Bundesagentur für Arbeit - vierteljährlich das Alg für die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres des Arbeitslosen, längstens für 728 Tage (§ 431 Abs 1 Satz 2 SGB III). Soweit nach § 128 Abs 1 Satz 1 AFG Alg zu erstatten ist, schließt dies die auf diese Leistung entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten- sowie zur sozialen Pflegeversicherung ein (§ 128 Abs 4 AFG).

Erstattungspflichtig ist nach dem Wortlaut des § 128 Abs 1 Satz 1 AFG jeder Arbeitgeber, der die bezeichneten Voraussetzungen erfüllt, wozu insbesondere die Dauer der Beschäftigung des Arbeitnehmers gehört. Bei mehreren Beschäftigungsverhältnissen kommt daher die Haftung mehrerer Arbeitgeber in Betracht, wenngleich dies durch die zeitlichen Voraussetzungen der Ausnahmeregelung in § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG regelmäßig verhindert wird (vgl Voelzke, in Hauck/Noftz, SGB III, § 147a RdNr 47, Stand Dezember 2004; Rolfs in Gagel, SGB III, § 147a RdNr 67, Stand Juli 2004). Dabei stellt die Norm nicht auf den letzten Arbeitgeber ab (vgl Pawlak in Eicher/Schlegel, SGB III, § 147a Rz 116a, Stand Oktober 2005; Voelzke, aaO § 147a RdNr 81; Rolfs, aaO § 147a RdNr 65). Das wird durch § 128 Abs 5 AFG bestätigt, wonach sich (nur) bei Konzernunternehmen iS des § 18 Aktiengesetz die Erstattungspflicht gegen den Arbeitgeber richtet, bei dem der Arbeitnehmer zuletzt in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat. Entscheidend ist allerdings, dass die Beschäftigung mit der entsprechenden Dauer innerhalb des maßgeblichen Zeitrahmens bestanden hat.

Bei einer Rechtsnachfolge sind Zeiten, die der Betroffene als Arbeitnehmer des Rechtsvorgängers zurückgelegt hat, sowohl bei § 128 Abs 1 Satz 1 AFG als auch bei § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG dem Rechtsnachfolger zurechenbar. Der 11. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat bei einer gleichen Konstellation (Kündigung durch den alten Arbeitgeber, Ablauf des Arbeitsverhältnisses beim neuen Arbeitgeber) bereits entschieden, dass die vor einem Betriebsübergang (§ 613a BGB) zurückgelegten Beschäftigungszeiten eines Arbeitnehmers dem Betriebsübernehmer zuzurechnen sind, wenn dieser durch den Betriebsübergang in die Rechte und Pflichten eines bestehenden Arbeitsverhältnisses eingetreten ist (BSG SozR 3-4100 § 128 Nr 3). Die Lenkungsfunktion der Erstattungsregelung werde durch die erhöhte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers für betriebstreue ältere Arbeitnehmer gerechtfertigt (so auch BVerfGE 81, 156, 196). Dieser arbeitsrechtliche Zusammenhang begründe die Verantwortung des Übernehmers für die beim bisherigen Betriebsinhaber zurückgelegten Beschäftigungszeiten (ebenso die Literatur: vgl Pawlak in Eicher/Schlegel, SGB III, § 147a Rz 118, Stand Oktober 2005; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, § 147a RdNr 82 f, Stand Dezember 2004; Jahraus in Praxiskommentar SGB III <PK-SGB III>, 2. Aufl 2004, § 147a, RdNr 27; Rolfs in Gagel, SGB III, § 147a RdNr 59, Stand Juli 2004; Rolfs in Erfurter Kommentar, 4. Aufl 2004, § 147a, RdNr 15; Wissing, NZA 1993, 385, 388).

Ob der Klägerin aber - wegen einer oder mehrerer Betriebsübernahmen oder anderer Rechtsnachfolgen (zB der Wechsel von E GmbH zu I OHG) - frühere Beschäftigungszeiten (vor dem 1.1.1999) in erforderlichem Umfang zurechenbar sind, kann mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht abschließend entschieden werden. Dies gilt bereits für die Frage, ob überhaupt eine Betriebsübernahme vorliegt. Das LSG-Urteil enthält hierzu nur die Aussage, dass die Klägerin auf Grund einer "Betriebsübernahme nach § 613a BGB" Inhaber des Betriebs war, in dem S. beschäftigt war. Die dieser rechtlichen Wertung zu Grunde liegenden Tatsachen sind nicht mitgeteilt. § 613a BGB setzt aber grundsätzlich den Übergang des Betriebs oder Betriebsteils durch Rechtsgeschäft voraus, das vom LSG nicht einmal benannt ist. Ein Betriebsübergang kann zwar auch dann vorliegen, wenn das zu Grunde liegende Rechtsgeschäft nichtig ist (BAG AP Nr 44 zu § 613a BGB). Denn der Schutzzweck des § 613a BGB, dass der Arbeitnehmer mit Verlust des bisherigen Arbeitgebers nicht auch seinen Arbeitsplatz verliert, gebietet es, allein auf die willentliche Übernahme der Organisations- und Leitungsmacht abzustellen (vgl Preis in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 4. Aufl 2004, § 613a BGB RdNr 61). Eine Haftung der Klägerin würde jedoch ausscheiden, wenn der Arbeitnehmer S. dem Übergang des Arbeitsverhältnisses schriftlich widersprochen hat. Das Arbeitsverhältnis zum bisherigen Arbeitgeber wäre dann bestehen geblieben (vgl Preis in Erfurter Kommentar, aaO, RdNr 102 f). Dieses vom Bundesarbeitsgericht (BAG) seit 1974 in ständiger Rechtsprechung vertretene (BAG AP Nr 1 zu § 613a BGB; BAG AP Nr 103 zu § 613a BGB) und vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) anerkannte (EuGH AP Nr 97 zu § 613a BGB) Widerspruchsrecht ist zum 1. April 2002 als Abs 6 in § 613a BGB durch Gesetz vom 23. März 2002 (BGBl I 1163) eingefügt worden. Ob ein für § 128 AFG bedeutsamer Betriebsübergang nach § 613a BGB stattgefunden hat, kann vor diesem Hintergrund nicht abschließend beurteilt werden. Außerdem fehlt es an Feststellungen des LSG dazu, ob S. in der gesamten Zeit vor dem 1. Januar 1999 bei der I OHG oder bei der E GmbH beschäftigt war. Im Urteil des LSG ist dazu nur ausgeführt, dass die Klägerin mit Wirkung vom 1. Januar 1999 "eine größere Anzahl von Selbstbedienungswarenhäusern der Firma I -Gesellschaft mbH und Co OHG (E )" übernommen hat. Es ist mithin nach den Ausführungen des LSG nicht auszuschließen, dass auch die "E " zu irgendeinem Zeitpunkt Arbeitgeberin des S. war. Allerdings ergeben sich aus der Akte Anhaltspunkte dafür, dass die E nur Gesellschafterin der OHG war.

Entgegen der Ansicht des LSG verstößt eine Anwendung von § 128 Abs 1 Satz 1 AFG auf die Klägerin als mögliche Betriebsübernehmerin nicht gegen Art 12 Abs 1 Satz 2 GG iVm dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Für eine einschränkende Auslegung der Vorschrift, wonach ein Arbeitgeber nicht erstattungspflichtig ist, der an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mitgewirkt hat, besteht auch aus verfassungsrechtlichen Gründen kein Anlass. Das BVerfG und das BSG haben in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Erstattungspflicht nach § 128 AFG grundsätzlich nicht gegen Art 12 Abs 1 GG verstößt (vgl BVerfGE 81, 156, 188 f = SozR 3-4100 § 128 Nr 1; BVerfG, Beschluss vom 9. September 2005 - 1 BvR 620/01 -; vgl auch BSG SozR 3-4100 § 128 Nr 15 S 142). Ein Verstoß insbesondere gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit liegt auch dann nicht vor, wenn der Betriebsveräußerer das Arbeitsverhältnis kündigt, das beim Betriebserwerber ohne eigenes Zutun ausläuft. Die Restdauer des Arbeitsverhältnisses ist ebenso ohne Bedeutung wie der Umstand, dass der S. von der Arbeit freigestellt war und die OHG weiter das Arbeitsentgelt und die Abfindung gezahlt hat.

Entgegen der Auffassung des LSG kann aus der vom Gesetzgeber mit der Einführung der Erstattungspflicht verbundenen verhaltenssteuernden Wirkung nicht der Schluss gezogen werden, dass die Erstattungspflicht nur denjenigen Arbeitgeber treffen dürfe, der den Eintritt der Arbeitslosigkeit des älteren Arbeitnehmers "wesentlich verursacht" hat mit der Folge, dass ein Betriebsübernehmer, der die Entlassung nicht selbst betrieben hat, nicht mehr in eine Verantwortungsbeziehung zu dem ausscheidenden Arbeitnehmer trete. Die verhaltenssteuernde Wirkung des § 128 AFG, nämlich Arbeitgeber davon abzuhalten, ältere Arbeitnehmer zu entlassen, wird ergänzt durch die mit der Einführung der Erstattungspflicht verbundene Entlastungsfunktion der Sozialkassen: Der Arbeitgeber, der zuvor langjährig die Arbeitskraft eines Arbeitnehmers in Anspruch genommen hat, soll an den Folgekosten beteiligt werden, wenn er ihn nach Vollendung des 55. Lebensjahres entlässt (BVerfGE 81, 156, 189; Rolfs in Gagel, SGB III § 147a RdNr 9, Stand Juli 2004). Schon hieraus folgt, dass sich die Regelung nicht nur gegen denjenigen richtet, der durch sein Verhalten die "Freisetzung" eines älteren Arbeitnehmers verursacht hat, sondern auch denjenigen einbezieht, der aus anderen Gründen für derartige Folgekosten einzustehen hat. Im übrigen würde auch die vom LSG in den Vordergrund gestellte verhaltenssteuernde Wirkung verfehlt, wenn man Umgehungsmöglichkeiten eröffnete, wie sie sich auf der Grundlage der Rechtsansicht des LSG ergeben: Wäre derjenige, der Entlassungen älterer Arbeitnehmer nicht selbst veranlasst hat, von vornherein von der Erstattungspflicht freigestellt, müsste die Bundesagentur beim Übergang eines Unternehmens auf einen neuen Eigentümer einseitig das Zahlungsrisiko tragen, wenn der Betriebsveräußerer zahlungsunfähig wird oder aus sonstigen tatsächlichen Gründen nicht greifbar ist. Eine "Umgehung" des § 128 AFG zu Lasten der Beklagten wäre auch dann denkbar, wenn der Betriebsveräußerer das Arbeitsverhältnis mit langer Kündigungsfrist kündigt und gleichzeitig das Beschäftigungsverhältnis beim Betriebsveräußerer vor Ablauf der 720 Tage innerhalb der letzten 4 Jahre iS des § 128 Abs 1 Satz 1 AFG endet. Folgte man der Auffassung des LSG wäre in diesem Fall weder der Betriebserwerber noch der Betriebsveräußerer erstattungspflichtig. Damit würden aber Sinn und Zweck des § 128 AFG, ältere Arbeitnehmer vor Entlassung und die Solidargemeinschaft vor einer Überforderung durch "Frühverrentung" zu schützen, verfehlt (vgl BT-Drucks 9/846, S 34, 45; BVerfGE 81, 156, 189 f mit Anm Gitter, JZ 1990, 543 f; Hahn, BB 1984, 1821). Die Anwendung der Erstattungsregelung ist hier daher erforderlich und geeignet iS des aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (BVerfGE 92, 262, 273).

Die Erstattungspflicht ist auch zumutbar und damit verhältnismäßig im engeren Sinn. Die aus dem Arbeitsverhältnis resultierende erhöhte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers für betriebstreue ältere Arbeitnehmer begründet die Verantwortung des Übernehmers für die beim bisherigen Betriebsinhaber zurückgelegten Beschäftigungszeiten. Dabei geht es um die Zurechnung einer dem Betriebsübernehmer als Arbeitgeber durch die Dauer der Betriebszugehörigkeit erwachsenen arbeitsrechtlichen Verantwortungsbeziehung, die sich sozialrechtlich mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses eines langjährig beschäftigten älteren Arbeitnehmers realisiert (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, aaO, § 147a, RdNr 84, Stand Dezember 2004). Der Übernehmer kann sich rechtzeitig vor dem Rechtsgeschäft bei der Beklagten nach den ihn treffenden Kosten der Erstattungspflicht erkundigen (vgl § 14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch <SGB I>). Er kann dadurch die Kosten für die Betriebsübernahme im Voraus kalkulieren, wie dies offenbar bezüglich der vom Betriebsveräußerer übernommenen Kosten für Gehalt und Abfindung des Arbeitnehmers S. für die Monate Januar und Februar 1999 geschehen ist. Schließlich kann er auch die Aufwendungen für mögliche Erstattungsfälle nach § 128 AFG in die vertragliche Gestaltung im Rahmen des § 613a BGB einbeziehen.

Den verfassungsrechtlichen Bedenken des LSG steht im übrigen entgegen, dass die Erstattungspflicht nach § 128 AFG eine gesamtschuldnerische Haftung zwischen dem Betriebsveräußerer und dem Betriebserwerber nach § 421 BGB begründet. Nach § 613a Abs 2 BGB haftet der bisherige Arbeitgeber neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach § 613a Abs 1 BGB, soweit sie im Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Daraus ergibt sich, dass der frühere Arbeitgeber aus der bisherigen arbeitsrechtlichen Haftung nicht entlassen wird und neben dem neuen Arbeitgeber weiter haftet. Dieser Rechtsgedanke gilt auch für die sich aus § 128 AFG ergebenden Pflichten. Denn mit dem Betriebsübergang nach § 613a BGB ist nicht nur die Fürsorgepflicht als arbeitsvertragliche Nebenpflicht übergegangen, sondern auch die öffentlich-rechtliche Verantwortung für langjährig beschäftigte Arbeitnehmer. Diese ist weder abhängig von der Dauer des auslaufenden Beschäftigungsverhältnisses, noch hat die Tatsache Bedeutung, dass der Arbeitnehmer in der Zeit nach dem Betriebübergang von der Arbeit freigestellt ist. Der Übergang der Verantwortungsbeziehung tritt kraft Gesetzes ein und entzieht sich rechtsgeschäftlicher Disposition. Ob es auch Fälle der Haftung mehrerer Arbeitgeber nach § 128 Abs 1 Satz 1 AFG geben kann, in denen die beteiligten Arbeitgeber möglicherweise anteilig haften, oder ob es Fälle der Rechtsnachfolge ohne Haftung des früheren Arbeitgebers gibt, bedarf hier keiner Erörterung.

Die sich aus § 128 AFG ergebende Haftung des alten und neuen Arbeitgebers ist gleichstufig iS der Anforderungen an eine Gesamtschuld, denn im Außenverhältnis kommt nicht zum Ausdruck, dass nur einer der beiden Schuldner primär in Anspruch genommen werden kann (vgl BGHZ 106, 313, 319; 137, 76, 82; BGH NJW 2004, 2892, 2893). Andererseits hat die Zurechnung der beim alten Arbeitgeber zurückgelegten Beschäftigungszeit im Rahmen des § 128 AFG nicht zur Folge, dass die Beklagte den ursprünglichen und den neuen Arbeitgeber nebeneinander auf Erstattung des Alg in Anspruch nehmen kann. Der Beklagten steht vielmehr nur eine Forderung zu, für deren Erfüllung jedoch nach § 128 AFG beide Arbeitgeber haften; die Beklagte kann jeden der beiden in Anspruch nehmen. Damit liegen die Grundvoraussetzungen einer gesamtschuldnerischen Haftung vor. Folge der Gesamtschuld ist die interne Ausgleichspflicht zwischen den Gesamtschuldnern nach § 426 BGB. Nach dessen Abs 1 erfolgt der Ausgleich nur dann nach gleichen Teilen, wenn nichts anderes bestimmt ist. Eine besondere Bestimmung des Ausgleichs kann sich aus einem speziellen Gesetz oder aus rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen ergeben.

Dem vom LSG übernommenen Einwand der Klägerin, die Inanspruchnahme durch die Beklagte sei unverhältnismäßig, weil sie auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit S. keinen Einfluss habe nehmen können, greift damit nicht durch. Denn die Klägerin hatte ohne weiteres die Möglichkeit, die Forderung der Beklagten vertraglich auf den Betriebsveräußerer abzuwälzen. Doch auch ohne entsprechende Vereinbarung besteht eine interne Ausgleichspflicht, bei der im Rahmen des § 128 AFG (bzw des § 147a SGB III) auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses bei den jeweiligen Arbeitgebern abgestellt werden kann.

Die Voraussetzungen des § 128 Abs 1 Satz 1 AFG bezüglich des Alters des S., des zeitlichen Umfangs der Erstattung und der Vierteljährlichkeit sind erfüllt. Die von der Beklagten geltend gemachte Erstattungsforderung könnte jedoch auch aus anderen Gründen ganz oder teilweise nicht bestehen. Das LSG wird etwa zu prüfen haben, ob S. andere Leistungen iS von § 128 Abs 1 Satz 2 AFG beanspruchen konnte oder ob Ausschlussgründe iS von § 128 Abs 1 Satz 2 AFG vorgelegen haben. Die Feststellungen des LSG lassen insbesondere eine Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 128 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr 4 AFG nicht zu. Nach dieser Vorschrift tritt die Erstattungspflicht nicht ein, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis durch sozial gerechtfertigte Kündigung beendet hat. Auf Grund seiner abweichenden Rechtsauffassung bestand für das LSG keine Veranlassung, die hierfür erforderlichen Tatsachen festzustellen, was gegebenenfalls nachzuholen sein wird.

Das Vorgehen der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers erweckt den Anschein, dass zielgerichtet ein Procedere entwickelt wurde, um das Vorliegen der Voraussetzungen des § 128 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr 4 AFG nachweisen zu können und auf diese Weise das Entstehen einer Erstattungspflicht zu vermeiden. Nicht ohne weiteres nachvollziehbar ist, dass das Arbeitsverhältnis zunächst gekündigt, anschließend ein sogenannter Abwicklungsvertrag geschlossen wurde, danach dennoch Kündigungsschutzklage erhoben und diese durch einen Vergleich abgeschlossen wurde, dessen Inhalt wiederum mit demjenigen des "Abwicklungsvertrages" nahezu identisch war.

Wenn aber das Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag und nicht durch ordentliche Kündigung beendet wurde, greift die Ausnahme von der Erstattungspflicht nach § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG nicht. Das BSG hat bereits mehrfach entschieden, dass diese Regelung über ihren Wortlaut hinaus nicht auf Fälle einer einvernehmlichen (sozial gerechtfertigten) Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag oder Ähnliches erstreckt werden kann (vgl BSG SozR 3-4100 § 128 Nr 5; BSG, Urteil vom 20. September 2001 - B 11 AL 30/01 R - mwN). Dies verstößt nicht gegen Art 12 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG. Denn die Beschränkung des § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG auf Kündigungen bewirkt, dass nur solche Beendigungsakte geeignet sind, die Erstattungspflicht zu beseitigen, die zumindest dem Grunde nach von den für die Beurteilung der dabei aufgeworfenen arbeitsrechtlichen Fragen zuständigen und kompetenten Gerichten überprüft werden können (vgl BVerfG, Beschluss vom 9. September 2005 - 1 BvR 620/01). Ein Aufhebungsvertrag lässt sich mithin nicht als sozial gerechtfertigte Arbeitgeberkündigung iS des § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG werten, selbst wenn materiell-rechtlich die Voraussetzungen für eine sozial gerechtfertigte ordentliche Kündigung vorgelegen haben.

Ob eine Vereinbarung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt und damit als Aufhebungsvertrag die Anwendung des § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG ausschließt, oder ob sie lediglich als so genannter "Abwicklungsvertrag" die Folgen der rechtlich fortbestehenden Kündigung regelt, hängt vom Inhalt der rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen ab (BSGE 93, 159, 161 = SozR 4-4100 § 128 Nr 3). Die Feststellung des Inhalts der Erklärungen fällt in den Aufgabenbereich der Tatsachengerichte. Die Überprüfung des Revisionsgerichts beschränkt sich darauf, ob die Feststellung des Inhalts rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen durch das Tatsachengericht anerkannte Auslegungsgrundsätze verletzt (vgl BSGE 93, 159 ff, RdNr 12 = SozR 4-4100 § 128 Nr 3; BSGE 77, 48, 50 f = SozR 3-4100 § 119 Nr 9 mwN). Dabei ist eine Auslegung des von den Vertragsparteien Gewollten erforderlich (§§ 133, 157 BGB). Hier ist zu klären, ob die Beteiligten nicht trotz formaler Aufspaltung in eine vorausgehende Kündigung und eine nachfolgende vertragliche Regelung in Wirklichkeit (§ 117 BGB) ein einheitliches Rechtsgeschäft iS eines Aufhebungsvertrages angestrebt haben (BSGE 77, 48, 51 ff = SozR 3-4100 § 119 Nr 9), zumal Kündigung und Vereinbarung ("Abwicklungsvertrag") das gleiche Datum tragen und der im anschließenden Kündigungsschutzverfahren abgeschlossene Vergleich mit einer Ausnahme mit dem Inhalt der vorgerichtlichen Vereinbarung übereinstimmt. Zu prüfen ist gegebenenfalls auch, ob eine ernsthaft gewollte Kündigung nachträglich durch eine vertragliche Vereinbarung ersetzt worden ist (vgl BSGE 93, 159 ff, RdNr 12 = SozR 4-4100 § 128 Nr 3). Der Inhalt des Arbeitszeugnisses kann hierfür Indizien bieten.

Sollten die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs nach § 128 Abs 1 Satz 1 AFG bejaht werden, müsste das LSG auch Abs 2 und 3 der Vorschrift beachten und die Höhe des Erstattungsbetrages überprüfen. Dabei ist nicht nur von Bedeutung, in welcher Höhe Alg bzw Beiträge gezahlt worden sind, sondern auch, ob Alg und Beiträge überhaupt und in dieser Höhe oder diesem Umfang hätten gezahlt werden müssen (vgl BSG SozR 3-4100 § 128a Nr 7 mwN; BSG SozR 3-4100 § 128 Nr 3; BSG SozR 3-4100 § 128 Nr 5).

Das LSG wird gegebenenfalls auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Ende der Entscheidung

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