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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 10.05.2007
Aktenzeichen: B 7a AL 48/06 R
Rechtsgebiete: SGB III, GG


Vorschriften:

SGB III § 428
GG Art 14
GG Art 2
GG Art 20
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT

Im Namen des Volkes

Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 10. Mai 2007

Az: B 7a AL 48/06 R

Der 7a. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Udsching, die Richter Eicher und Dr. Spellbrink sowie die ehrenamtlichen Richter Liedtke und Rohkamm für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. Februar 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Der Kläger begehrt die Zahlung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) über den 31. Dezember 2004 hinaus.

Der im Jahre 1945 geborene Kläger meldete sich im Dezember 1996 bei der Beklagten arbeitslos und bezog zunächst Arbeitslosengeld (Alg). Nach Erschöpfung dieses Anspruchs stand er seit dem 21. Juni 1997 fortlaufend im Bezug von Alhi bei der Beklagten. Am 30. März 2003 unterschrieb der Kläger eine Erklärung zur Inanspruchnahme von Alg und Alhi unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Durch Bescheid vom 3. Juni 2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger zuletzt Alhi bis zum 31. Dezember 2004 in Höhe von 135,94 € wöchentlich.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Weiterzahlung von Alhi über den 31. Dezember 2004 hinaus. Die Beklagte lehnte eine Fortzahlung von Alhi ab, weil durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt mit Wirkung zum 1. Januar 2005 die rechtlichen Grundlagen für eine Gewährung von Alhi im SGB III aufgehoben worden seien (Bescheid vom 14. Februar 2005; Widerspruchsbescheid vom 19. April 2005). Die Klage blieb vor dem Sozialgericht (SG) Kassel ohne Erfolg (Gerichtsbescheid des SG vom 24. Oktober 2005). Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 20. Februar 2006 die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, seit dem 1. Januar 2005 könne der Kläger lediglich Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Anspruch nehmen. Umfang und Höhe dieser Leistungen seien jedoch nicht Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Nach § 190 Abs 3 Satz 1 SGB III habe Alhi längstens bis zum 31. Dezember 2004 bewilligt werden dürfen. Diese Norm sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil dem Gesetzgeber im Bereich des Sozialrechts ein besonders weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt werde. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Ersetzung der Alhi durch das SGB II bestünden nicht. Da zwischen der Verabschiedung der Reform im Dezember 2003 und deren Inkrafttreten zum 1. Januar 2005 ein Zeitraum von mehr als einem Jahr liege, sei auch eine (weitere) Übergangsregelung nicht geboten gewesen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner - vom Senat zugelassenen - Revision. Er macht geltend, die Abschaffung der Alhi durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt verstoße gegen Art 14, Art 2 iVm Art 20 Grundgesetz (GG). Die ihm gewährte Alhi sei unter den Schutzbereich des Art 14 GG gefallen. Das Argument der Steuerfinanzierung der Alhi greife zu kurz, denn das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe mehrfach klargestellt, dass auch eine auf einseitig staatlicher Gewährung beruhende Rechtsposition auf einer nicht unerheblichen Eigenleistung beruhen könne. Diese Auffassung werde auch vom 4. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) geteilt (Hinweis auf den Vorlagebeschluss vom 30. März 2004 - B 4 RA 24/02 R). Er - der Kläger - habe erhebliche Eigenleistungen vor Bezug der Alhi erbracht, was sich auch in der Höhe der gewährten Leistung als Lohnersatz widerspiegele. Die Alhi habe zudem die Funktion gehabt, den Lebensstandard zu sichern. Mit der Abschaffung der Alhi habe der Gesetzgeber seine Befugnis zur Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums gemäß Art 14 Abs 1 Satz 2 GG überschritten. Eine hinreichende Interessensabwägung sei nicht erfolgt, zumindest wäre eine Härtefall- oder Übergangsregelung erforderlich gewesen. Art 14 Abs 1 GG iVm dem Grundsatz des Vertrauensschutzes werde aber insbesondere deshalb verletzt, weil er - der Kläger - das Angebot der Beklagten zum Bezug von Leistungen nach der sog "58er Regelung" gemäß § 428 SGB III angenommen habe. Die Erklärung gemäß § 428 SGB III habe er lediglich im Vertrauen auf den Fortbezug von Alhi unterschrieben und dafür seine "Abkoppelung" vom Arbeitsmarkt in Kauf genommen. Diese Vereinbarung gemäß § 428 SGB III stehe einer schriftlichen Zusicherung gleich, habe aber zumindest ein erhöhtes Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage geschaffen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. Februar 2006 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 24. Oktober 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. April 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 31. Dezember 2004 hinaus Leistungen in Höhe der bisher gezahlten Arbeitslosenhilfe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie beruft sich insbesondere auf die Urteile des 11b. Senats des BSG vom 23. November 2006, nach denen die Abschaffung der Alhi zum 31. Dezember 2004 nicht verfassungswidrig gewesen sei und auch kein besonderer Vertrauensschutz für Alhi-Empfänger bestanden habe, die die Erklärung nach § 428 SGB III unterschrieben hätten.

II

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, dass dem Kläger über den 31. Dezember 2004 hinaus kein Anspruch auf Alhi zusteht, weil diese Sozialleistung mit Wirkung ab 1. Januar 2005 abgeschafft worden ist (vgl Art 61 Abs 1 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 <BGBl I 2954>, mit dem die §§ 190 ff SGB III mit Wirkung ab 1. Januar 2005 aufgehoben wurden). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht.

Der Kläger begehrt ausschließlich die Weiterzahlung der Alhi nach (oder unter entsprechender Anwendung der) §§190 ff SGB III in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung von der Beklagten. Ob und in welcher Höhe dem Kläger ab 1. Januar 2005 ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II gegen den zuständigen Grundsicherungsträger gemäß §§ 6, 6a, 6b bzw 44b SGB II zustand, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Eine Einbeziehung etwaiger später ergangener SGB-II-Bescheide gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in den vorliegenden Rechtsstreit kommt nicht in Betracht.

Die Ersetzung des Anspruchs auf Alhi gemäß §§ 190 ff SGB III durch die Regelungen des SGB II mit Wirkung ab 1. Januar 2005 war nicht verfassungswidrig (vgl sogleich 1.). Ebenso wenig kann der Kläger einen Anspruch auf Weiterzahlung der Alhi daraus ableiten, dass er eine Erklärung gemäß § 428 SGB III abgegeben hat (vgl hierzu unten 2.).

1. Der Senat folgt im Ergebnis dem 11a. und 11b. Senat des BSG, der die Abschaffung der Alhi mit Wirkung ab 1. Januar 2005 für verfassungsgemäß erachtet hat (vgl grundlegend Urteile vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R sowie B 11b AS 9/06 R - sowie Urteil des 11a. Senats vom 21. März 2007 - B 11a AL 43/06 R).

Es kann bei dieser Prüfung grundsätzlich dahinstehen, ob der Kläger sich hinsichtlich des Fortzahlungsanspruchs auf Alhi über den 31. Dezember 2004 hinaus darauf berufen kann, die Alhi falle unter den Schutzbereich der Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 GG. Das BVerfG hat diese Frage bislang explizit offen gelassen (vgl insbesondere BVerfG SozR 3-4100 § 242q S 10 - zur Begrenzung der Bezugsdauer der originären Alhi auf 312 Tage; soweit das BVerfG auf die konzeptionellen Unterschiede zwischen Alg und Alhi nach dem SGB III hinweist, erfolgte diese differenzierende Sichtweise lediglich im Rahmen der Prüfung nach Art 3 Abs 1 GG - BVerfG SozR 4-4300 § 434c Nr 6 - zur Nichtberücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Höhe der Alhi), und sie war in der rechtswissenschaftlichen Literatur umstritten (vgl nur Masing, DVBl 2002, 7, 13; Boecken, SGb 2002, 357; Ebsen in Gagel vor §§ 190 bis 206 RdNr 7 ff; Davy, ZIAS 2001, 221, 241 f; Gagel, NZS 2000, 593; Spellbrink, SGb 2000, 296, 299). Zu kurz greift in diesem verfassungsrechtlichen Diskussionskontext allerdings das Argument, die Alhi sei letztlich steuerfinanziert gewesen und könne schon deshalb nicht unter den Schutzbereich des Art 14 Abs 1 GG fallen (so auch BSGE 59, 227, 233 = SozR 4100 § 134 Nr 29; BSGE 73, 10, 17 f = SozR 3-4100 § 118 Nr 4; BSGE 82, 198, 207; BSGE 85, 123, 130). Es wird hierbei schon nicht deutlich, welche der drei in der Rechtsprechung des BVerfG zum Eigentumsschutz sozialrechtlicher Positionen (vgl BVerfGE 53, 257, 290 ff; 63, 152, 174; 69, 272, 308 ff; 72, 9, 19 ff; 72, 144, 153 ff; 76, 220, 236; 92, 365, 406) entwickelten Tatbestandsvoraussetzungen - Privatnützigkeit, Äquivalent eigener Leistungen, Existenzsicherung - mit dem Argument der Steuerfinanzierung verneint werden soll. Zu betonen ist hierbei, dass sich das Kriterium der Eigenleistung im Rahmen des Art 14 Abs 1 GG - wie die gesamte Grundrechtsdogmatik - auf die Ansprüche einzelner Grundrechtsträger bezieht. Es ist von daher zumindest problematisch, den Grundrechtsschutz des Art 14 Abs 1 GG davon abhängig machen zu wollen, wie die in Frage stehende Sozialleistung als solche aktuell, dh für laufende Leistungsfälle, finanziert wird. Wird für einen vermeintlich fehlenden Eigentumsschutz der Alhi ins Feld geführt, dass diese Leistung aus Steuermitteln bezahlt werde, wird dabei übersehen, dass für das Kriterium der Eigenleistung auf die Anspruchsvoraussetzungen abzustellen ist. Erfüllt ein Versicherter den Anspruch durch Eigenleistungen im Rahmen der gesetzlichen Anspruchsnorm, so kann dieser Anspruch nicht grundrechtlich dadurch entwertet werden, wenn auf der Auszahlungs- bzw Finanzierungsseite vom Sozialleistungsträger die Beitragsmittel verbraucht sind oder nicht ausreichen und deshalb auf Steuermittel zurückgegriffen werden muss.

Letztlich kann diese Diskussion hier jedoch unentschieden bleiben, weil auch bei einer Zuordnung der Alhi zum Schutzbereich des Art 14 Abs 1 GG die Reform der Alhi zum 1. Januar 2005 eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentumsgrundrechts iS des Art 14 Abs 1 S 2 GG darstellte. Soweit eine hoheitliche Maßnahme vermögenswerte Rechte betrifft, die dem Eigentumsschutz des Art 14 GG unterfallen, hat der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes im Eigentumsgrundrecht des Art 14 GG eine eigene und spezielle Ausprägung erfahren (BVerfGE 45, 142, 168; 53, 257, 309; 58, 81, 120 f; 64, 87, 104; 70, 101, 114; 71, 1, 12; vgl grundsätzlich Papier in von Maydell/Ruland, Sozialrechtshandbuch, 3. Aufl 2003, S 132 mwN). Die Eigentumsgarantie des Art 14 GG geht in Bezug auf die ihr unterfallenden vermögenswerten Rechte des Einzelnen über den allgemeinen rechtsstaatlichen Vertrauensschutz hinaus (vgl Papier aaO). Den Anforderungen einer Inhalts- und Schrankenbestimmung - selbst unter Berücksichtigung der strengeren Schutzbereichsanforderungen des Art 14 GG - genügt jedoch die gesetzgeberische Neuregelung zum 1. Januar 2005 nach Überzeugung des Senats. Hierzu kann auf die Erwägungen des 11a. und 11b. Senats in den Urteilen vom 23. November 2006 bzw 21. März 2007 (aaO) hingewiesen werden, die dieser im Rahmen einer allgemeinen rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprüfung angestellt hat (zum Ansatz einer allgemeinen, grundrechtsunspezifischen Vertrauensschutzprüfung vgl Jaeger, SGb 1994, 111).

Ergänzend zu den Ausführungen des 11a. und 11b. Senats zur "Verhältnismäßigkeit" iS des Art 2 iVm Art 20 GG ist im Rahmen einer Prüfung gemäß Art 14 Abs 1 Satz 2 GG auf folgende Gesichtspunkte hinzuweisen: Von der Frage der Schutzbereichszuordnung einer sozialrechtlichen Position zu trennen ist das Problem der Intensität des Eigentumsschutzes (vgl auch Depenheuer, AÖR <120> 1995, 417, 425). Hinsichtlich des "Ob" des Unterfallens unter den Schutzbereich des Art 14 Abs 1 GG ist es unerheblich, wie hoch die Eigenfinanzierungsquote des Versicherten an der gewährten Leistung ist (vgl auch Papier in Maunz/Dürig, GG, Art 14 RdNr 140; ähnlich BVerfGE 54, 11, 30). Dies schließt den Eigentumsschutz ebenso wenig von vornherein aus wie bei Sachgütern, die mit Hilfe von Subventionen oder Steuererleichterungen erworben wurden (vgl insbesondere BVerfGE 69, 272, 310; BVerfGE 100, 1, 35 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3, 50). Allerdings spielt die Eigenleistungsquote eine Rolle bei der Intensität des Grundrechtsschutzes. Im Rahmen des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG ist bei einer grundrechtsspezifischen Verhältnismäßigkeitsprüfung zu entscheiden, ob der eingreifende Gesetzgeber mit seinem Eingriff noch zulässigerweise Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmt hat. Generell ist bei der Abwägung öffentlicher Belange mit der Schutzwürdigkeit des Einzelnen darauf abzustellen, wie hoch der dem Anspruch zu Grunde liegende Anteil eigener Leistung ist. Je höher der Eigenleistungsanteil, desto geschützter ist der Anspruch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung und desto eher müssen entgegenstehende öffentliche Interessen zurücktreten (ebenso Stober SGb 1989, 53; vgl auch BVerfGE 53, 257, 292; 58, 81, 112; 69, 272, 301).

Spielen mithin Gesichtspunkte der Eigenleistungsquote bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG eine gewichtige Rolle (vgl auch Spellbrink in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 39 RdNr 26), so kann im konkreten Fall des Klägers nicht unbeachtet bleiben, dass er Alhi auf Grund einer Anwartschaft aus dem Jahre 1996 bezieht. Der Kläger hat mithin seit 1997 für einen Zeitraum von insgesamt 7 1/2 Jahren Alhi bezogen. Allein dieser Umstand zeigt, dass der Bezug zu der früheren Eigenleistung in Form von Beitragszahlungen zur Bundesanstalt (bzw jetzt Bundesagentur für Arbeit <BA>) sehr stark gelockert ist. Selbst wenn man mit dem BVerfG davon ausgeht, dass der Alhi grundsätzlich der Charakter zukommt, dass sie auch den Lebensstandard des Arbeitslosen zu sichern hat (BVerfGE 87, 234, 257; zur Anknüpfung der Höhe der Alhi an der Einbuße an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit vgl BVerfGE 92, 53, 72), so zeigt der Fall des Klägers, dass die vom Gesetzgeber ebenfalls vorgenommene Wertung, der Alhi-Bezug dürfe nicht zu einem rentenähnlichen Dauerrecht des Arbeitslosen werden, im Grundsatz zutrifft (zu diesem "Prinzip" des Alhi-Rechts vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, E 010 RdNr 65 ff, Stand V/07). Das BVerfG hat indessen bereits frühzeitig entschieden, es entspreche dem Wesen des Leistungsrechts im Arbeitsförderungsrecht, dass es auf einen kurzzeitigen Leistungsbezug gerichtet ist (insbesondere BVerfGE 53, 313, 328 f; kritisch hierzu Spellbrink, SGb 2000, 296, 299 f). Insofern liegt beim Kläger durch die Überführung des Anspruchs auf Alhi in den Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, wenn überhaupt, dann jedenfalls nur ein Eingriff in ein mit ge-ringer Intensität geschütztes Eigentumsgrundrecht vor.

Des Weiteren ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG zu berücksichtigen, dass die Alhi zum 31. Dezember 2004 zwar abgeschafft wurde, jedoch in der Leistung des Alg II nach §§ 19 ff SGB II eine Fortsetzung fand. Insofern handelt es sich nicht um eine vollständige Enteignung einer Rechtsposition, sondern lediglich darum, dass das Recht auf Alhi in einer gewandelten Form und mit anderen Anspruchsvoraussetzungen als Recht auf Alg II fortgesetzt wurde. Auch dies zeigt, dass die Intensität des Eingriffs in das mögliche Eigentumsgrundrecht nicht allzu tief ist. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkungen der Ersetzung der Alhi durch das mit dem SGB II geschaffene Alg II für die betroffenen Bürger bestehen unterschiedliche Einschätzungen. In der Tat können die Neuregelungen der §§ 19 ff SGB II insbesondere für bisherige Bezieher einer sehr hohen Alhi eine erhebliche finanzielle Verschlechterung darstellen. Dasselbe kann gelten, wenn hinsichtlich der bislang günstigen Freibetragsregelungen bei der Berücksichtigung von Ehegatten- oder Partnereinkommen gemäß §§ 193, 194 Abs 1 Satz 2 SGB III der bisherige Alhi-Bezieher mit einem gut verdienenden Ehepartner zusammenlebte, dessen Einkommen nach dem 1. Januar 2005 auf Grund der §§ 9, 11 SGB II intensiver berücksichtigt wurde als zuvor. Im Falle des Klägers stellen sich die Verhältnisse jedoch so dar, dass er - soweit dies den Feststellungen des LSG entnommen werden kann - alleinstehend ist und sein Anspruch auf Alhi bislang 135,94 € wöchentlich (582,60 € monatlich) betrug. Geht man davon aus, dass zusätzlich zu der Regelleistung gemäß § 20 SGB II in Höhe von 345,-- € jeweils angemessene Kosten der Unterkunft gewährt werden (§ 22 Abs 1 SGB II), so liegt die Möglichkeit nicht all zu fern, dass der Kläger im Jahre 2005 höhere Leistungen nach dem SGB II erhalten kann als nach dem SGB III. In jedem Fall gehört er nicht zu dem Personenkreis, bei dem die Leistungen nach dem SGB II erheblich niedriger ausfallen als die Alhi. Einen Anspruch darauf, die Leistung gerade in der spezifischen Form und Bezeichnung als Alhi zu erhalten, sieht die Verfassung hingegen gerade nicht vor.

Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber den Übergang vom Bezug von Alg nach dem SGB III zu Alg II nach dem SGB II mit der Zuschlagsregelung des § 24 SGB II abgefedert hat. Soweit der erwerbsfähige Hilfebedürftige Alg II innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Bezugs von Alg nach dem SGB III bezieht, erhält er gemäß § 24 Abs 1 Satz 1 SGB II in diesem Zeitraum einen monatlichen Zuschlag zum Alg II. Dass der Kläger nicht in den Genuss dieser Übergangsregelung kommen kann, liegt allein daran, dass er bereits seit 7 1/2 Jahren im Alhi-Bezug stand. Dass der Gesetzgeber die Übergangsregelung in § 24 SGB II auch auf Fälle wie den vorliegenden hätte erweitern müssen, hält der Senat verfassungsrechtlich für nicht geboten.

2. Eine andere verfassungsrechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass der Kläger im Jahre 2003 eine Erklärung nach § 428 SGB III abgegeben hat. Der Senat ist insoweit bereits dem 11a. und 11b. Senat des BSG gefolgt, der mit überzeugenden Gründen entschieden hat (insbesondere Urteil vom 23. November 2006 - B 11a AS 9/06 R, RdNr 33 ff - sowie Urteil vom 21. März 2007 - B 11a AL 43/06 R, RdNr 19 ff), dass ein besonderer (verfassungsrechtlicher) Vertrauensschutz für die Betroffenen der sog "58er Regelung" nicht besteht (Urteile vom 29. März 2007 - B 7b AS 2/06 R und B 7b AS 4/06 R; anders teilweise das Schrifttum so: Mayer, NZS 2005, 568, 572; O'Sullivan, SGb 2005, 369, 376). Der Senat kann in vollem Umfang auf seine Ausführungen und die entsprechenden Ausführungen des 11a. und 11b. Senats verweisen. Nur ergänzend ist klarzustellen, dass es sich bei der Erklärung des Arbeitslosen nach § 428 SGB III weder um einen Vertrag noch um eine sonstige Zusicherung oder Rechtshandlung seitens der BA gehandelt hat. Die Erklärung nach § 428 SGB III dürfte lediglich zu Beweiszwecken eingeholt worden sein, damit die BA den Leistungsempfänger später auf die Inanspruchnahme (Antragstellung) von Rentenleistungen verweisen konnte. Insbesondere spricht gegen einen besonderen Vertrauensschutz auf Grund der Abgabe einer Erklärung gemäß § 428 SGB III aber der Gedanke, dass ein solcher Vertrauensschutz eine nicht begründbare Bevorzugung derjenigen Arbeitslosen beinhalten würde, die im Gefolge der sog "58er Regelung" ihre subjektive Arbeitsbereitschaft eingestellt hatten (zu dem Kriterium der subjektiven Arbeitsbereitschaft vgl Schlegel/Becker in Eicher/Schlegel, SGB III, § 428 Nr 20; vgl auch BSGE 95, 43 = SozR 4 4300 § 428 Nr 2). Würde man diesen Verzicht auf jede subjektive Arbeitsbereitschaft bei über 58-jährigen Arbeitslosen dahingehend belohnen, dass sie weiterhin einen Anspruch auf Alhi (bis zur Verrentung) geltend machen könnten, würden gerade diejenigen Arbeitslosen belohnt, die keine Arbeit mehr gesucht hätten, während diejenigen, die in der Vermittlung geblieben waren, gleichsam für ihre Arbeitsbereitschaft bestraft würden (so zutreffend LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Mai 2006 - L 10 AS 1093/05 - mwN).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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