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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 17.06.2008
Aktenzeichen: B 8 AY 5/07 R
Rechtsgebiete: SGB X


Vorschriften:

SGB X § 44
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Az: B 8 AY 5/07 R

Der 8. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 17. Juni 2008 durch den Vorsitzenden Richter Eicher, den Richter Dr. Koloczek und die Richterin Behrend sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Landsberg und Menzel für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 21. August 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe:

I

Im Streit ist die nachträgliche Zahlung höherer Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Oktober 2005, insbesondere von sog Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG iVm dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe -(SGB XII) statt von Grundleistungen nach §§ 3 bis 7 AsylbLG.

Der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 sind auf dem Gebiet der heutigen Republik Aserbaidschan geboren; ihre Staatsangehörigkeit ist nicht geklärt. Sie reisten im Dezember 1997 in die Bundesrepublik Deutschland ein und bezogen ab Januar 1998 Leistungen nach § 3 AsylbLG (sog Grundleistungen). Ihre Asylanträge sind seit 21. Februar 2001 rechtskräftig abgelehnt; seither sind sie im Besitz einer aufenthaltsrechtlichen Duldung. Am 2. November 2005 beantragten die Kläger die Gewährung von Analog-Leistungen (§ 2 AsylbLG) ua für den streitigen Zeitraum. Für die Zeit ab 1. November 2005 gab der Beklagte dem Antrag statt, lehnte jedoch eine rückwirkende Bewilligung ab, weil § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) nicht anwendbar und damit eine rückwirkende Korrektur bestandskräftiger Bescheide nicht möglich sei (Bescheid vom 21. Dezember 2005; Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2006).

Das Sozialgericht (SG) Koblenz hat den Beklagten verurteilt, "die Bewilligungsbescheide für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.10.2005 aufzuheben und den Klägern für diesen Zeitraum Leistungen nach § 2 AsylbLG zu gewähren" (Urteil vom 21. August 2007). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, die Kläger hätten für den streitigen Zeitraum rückwirkend Anspruch auf Leistungen entsprechend dem SGB XII, weil sie länger als 36 Monate Leistungen nach § 3 AsylbLG bezogen und die Dauer ihres Aufenthalts nicht selbst rechtsmissbräuchlich beeinflusst hätten; die entgegenstehenden bestandskräftigen Bewilligungsbescheide seien rechtswidrig. Die Vorschrift des § 44 SGB X sei entgegen der Ansicht des Beklagten nach § 9 Abs 3 AsylbLG anwendbar; dessen Wortlaut sei eindeutig und unmissverständlich.

Mit seiner Sprungrevision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 44 SGB X. Er ist der Ansicht, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) sei § 44 Abs 1 und 4 SGB X für die Sozialhilfe nicht anwendbar. Die Begründung dafür, ein wesentliches Strukturprinzip der Sozialhilfe sei die Deckung einer gegenwärtigen Notlage und der damit verbundene Ausschluss einer Leistungsgewährung für die Vergangenheit, gelte nicht nur für das SGB XII, sondern auch für das Leistungsrecht des AsylbLG. Dass in § 9 Abs 3 AsylbLG die §§ 44 bis 50 SGB X für entsprechend anwendbar erklärt worden seien, diene nach der Gesetzesbegründung nur dazu, der zuständigen Behörde ein Instrument der Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen in die Hand zu geben. Schließlich sprächen auch rein praktische Gründe gegen die Anwendbarkeit des § 44 SGB X; denn nach dem Willen des Gesetzgebers sei der notwendige Bedarf nur durch Sachleistungen oder durch Wertgutscheine - damit gegenwärtig, nicht rückwirkend - zu decken.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des SG aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Sie halten die Entscheidung des SG für zutreffend.

II

Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des SG und der Zurückverweisung der Sache an dieses begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen (§ 163 SGG) kann der Senat nicht entscheiden, ob den Klägern im streitigen Zeitraum (1. Januar bis 31. Oktober 2005) höhere Leistungen, insbesondere Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG iVm dem SGB XII statt der gewährten Grundleistungen nach §§ 3 bis 7 AsylbLG zustehen. Zu Recht hat das SG jedoch die Anwendbarkeit des § 44 SGB X bejaht.

Die Sprungrevision ist zulässig. Das Formerfordernis des § 161 Abs 1 Satz 1 und 3 SGG (Vorlage der schriftlichen Zustimmungserklärung) ist gewahrt. Zwar genügt insoweit die Vorlage einer einfachen Fotokopie der Zustimmungserklärung in beglaubigter Form als Anlage zur Revision nicht (BSG SozR 3-1500 § 161 Nr 11); jedoch ist ausreichend, dass der Kläger zu 1 - wie vorliegend - die ihm zugegangene Zustimmung des Gegners zur Einlegung der Sprungrevision noch innerhalb der Frist des § 161 Abs 1 Satz 2 SGG in amtlich beglaubigter Abschrift vorlegt (vgl BSGE 12, 230, 234 = SozR Nr 14 zu § 161 SGG; BSGE 89, 271, 272 = SozR 3-2500 § 33 Nr 43).

Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde H ist als Behörde - unabhängig davon, wer der zuständige Leistungsträger ist - beteiligtenfähig iS des § 70 Nr 3 SGG und damit der richtige Beklagte. Nach § 70 Nr 3 SGG sind Behörden beteiligtenfähig, sofern das Landesrecht dies bestimmt. Entsprechendes sieht § 2 des Rheinland-Pfälzischen Landesgesetzes zur Ausführung des Sozialgerichtsgesetzes vom 2. Oktober 1954 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz <GVBl> 115) vor; Behörde in diesem Sinne ist der Bürgermeister. Das Land Rheinland-Pfalz hat in § 2 Abs 1 Nr 2 Landesaufnahmegesetz vom 21. Dezember 1993 (GVBl 627) als zuständige Behörden für die Durchführung des AsylbLG die Landkreise und die kreisfreien Städte bestimmt. Der Landkreis A hat jedoch gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 Landesaufnahmegesetz in seiner Satzung vom 31. Dezember 2004 zulässigerweise bestimmt, dass die Verbandsgemeinde H die ihm obliegenden Aufgaben übernimmt. Es kann dahinstehen, ob damit nur eine Heranziehung der Verbandsgemeinde geregelt ist oder ob die Zuständigkeit auf die Verbandsgemeinde übertragen worden ist. Jedenfalls gehört es nach § 47 Abs 1 der Gemeindeordnung für Rheinland-Pfalz vom 31. Januar 1994 (GVBl 153) zu den Aufgaben des Bürgermeisters, die Gesetze auszuführen, gleichgültig, ob dies für die Gemeinde selbst oder für den Kreis geschieht (vgl zur Beteiligtenfähigkeit der Behörde: Senatsurteile vom 16. Oktober 2007 - B 8/9b SO 8/06 R - RdNr 12, zur Veröffentlichung vorgesehen, und vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 21/06 R - RdNr 11 f, ebenfalls zur Veröffentlichung vorgesehen).

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 21. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2006 (§ 95 SGG), soweit der Beklagte darin eine rückwirkende Korrektur der Leistungsbewilligungen für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Oktober 2005 abgelehnt hat. Allerdings fehlen Feststellungen dazu, in welcher Form die Leistungsbewilligung im streitigen Zeitraum erfolgt ist; davon ist die richtige Klageart abhängig. Gegen bestandskräftige Bewilligungsbescheide wäre eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zu erheben (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG). Soweit im streitigen Zeitraum die Bewilligung allerdings für einzelne Zeiträume nur konkludent (§ 33 Abs 2 SGB X) - etwa durch Überweisung von Geld - erfolgt sein sollte, wäre der Antrag vom 2. November 2005 uU als Widerspruch gegen noch nicht bestandskräftige Bewilligungen zu verstehen, weil möglicherweise mangels Rechtsbehelfsbelehrung die Widerspruchsfrist von einem Jahr (§ 84 Abs 2 Satz 3 SGG iVm § 66 SGG) noch nicht verstrichen wäre. In diesem Fall wäre die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) die richtige Klageart. In der Sache handelt es sich in jedem Fall um eine Klage auf höhere Leistungen, selbst wenn deshalb kein typischer Höhenstreit vorliegt, weil Analog-Leistungen regelmäßig in Form von Geldleistungen in entsprechender Anwendung des SGB XII erbracht werden und Leistungen nach §§ 3 ff AsylbLG grundsätzlich als Sachleistungen vorgesehen sind (vgl dazu näher Senatsurteil vom 17. Juni 2008 - B 8/9b AY 1/07 R).

Soweit in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Oktober 2005 bestandskräftige Bescheide ergangen sind, misst sich die Begründetheit der Revision an § 44 Abs 1 und 4 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit ua zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind; Sozialleistungen sind dann für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor dem Antrag auf Rücknahme zu erbringen. Ggf ist im Rahmen der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der früheren Bescheide auch § 48 SGB X zu beachten. Die Zugunstenregelung des § 44 SGB X ist entgegen der Ansicht des Beklagten auch auf die Leistungen nach dem AsylbLG anwendbar. Dies ergibt sich aus der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 9 Abs 3 AsylbLG; darin wird die entsprechende Anwendung der §§ 44 bis 50 SGB X ausdrücklich angeordnet. Nach dieser seit dem 1. Juni 1997 unverändert gebliebenen Wortfassung des § 9 Abs 3 AsylbLG werden also nicht nur die Vorschriften der §§ 45 bis 50 SGB X für entsprechend anwendbar erklärt. Hierin liegt kein gesetzgeberisches Versehen. Vielmehr hat der Gesetzgeber in der Folgezeit trotz mehrerer Änderungen des AsylbLG diese Vorschrift in keiner Weise korrigiert.

Entgegen der Ansicht des Beklagten ist auch der Gesetzesbegründung zu § 9 AsylbLG nicht zu entnehmen, dass § 44 SGB X keine Anwendung finden solle. Die Neufassung des § 9 Abs 3 AsylbLG erfolgte durch Art 1 Nr 9 Buchst b des Ersten Gesetzes zur Änderung des AsylbLG vom 26. Mai 1997 (BGBl I 1130), mit dem ausdrücklich die Wörter "§§ 44 bis 50 sowie" eingefügt wurden. Richtig ist zwar, dass die Gesetzesbegründung (BT-Drucks 13/2746 S 17 f) nicht die von § 44 SGB X geregelten Fälle der Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes anspricht, sondern formuliert, der zuständigen Behörde solle die Möglichkeit gegeben werden, einen Rückforderungsanspruch geltend zu machen, wenn zB zunächst nicht bekannt gewesen sei, dass der Leistungsberechtigte über eigenes Einkommen verfügt habe und ihm daher zu Unrecht Leistungen erbracht worden seien. Hieraus kann aber wegen des eindeutigen Wortlauts der gesetzlichen Regelung nicht auf eine Unanwendbarkeit des § 44 SGB X geschlossen werden.

Entgegen der Auffassung des Beklagten steht dieser gesetzlichen Regelung auch nicht die Rechtsprechung des BVerwG entgegen, wonach § 44 SGB X wegen des im Sozialhilferecht geltenden Grundsatzes "Keine Hilfe für die Vergangenheit" nicht anzuwenden sei (vgl BVerwGE 68, 285, 288, und BVerwG, Urteil vom 13. November 2003 - 5 C 26.02 - FEVS 55, 320, 321). Bereits in seiner Entscheidung vom 16. Oktober 2007 (B 8/9b SO 8/06 R -RdNr 18 ff, zur Veröffentlichung vorgesehen) hat der Senat die Anwendbarkeit des § 44 SGB X im AsylbLG angedeutet. Entscheidend ist insoweit, dass sog Strukturprinzipien, die vom BVerwG entwickelt worden sind, keine "Supranormen" sind, die eindeutige gesetzliche Regelung konterkarieren dürfen (vgl dazu Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, Vor § 1 RdNr 4 f, 8 f). Strukturprinzipien sind vielmehr aus den jeweiligen maßgeblichen Normen zu entwickeln, können mithin nicht dazu genutzt werden, explizite gesetzliche Regelungen in ihr Gegenteil zu kehren. Insoweit geht der Einwand des Beklagten fehl, bei den Leistungen nach dem AsylbLG handele es sich nicht um Sozialleistungen iS des § 44 SGB X. Gerade deshalb bedurfte es des ausdrücklichen Verweises auf die §§ 44 bis 50 SGB X. Soweit der Beklagte § 44 SGB X aus praktischen Gründen für unanwendbar hält, ist dies ebenfalls für die Auslegung der Norm ohne Bedeutung: Fehlende Praktikabilität rechtfertigt nicht die Abweichung von einer vom Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Regelung.

Ob die für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Oktober 2005 verfügten Leistungsbewilligungen rechtswidrig waren, beurteilt sich ua danach, ob für diesen Zeitraum bereits Anspruch auf Leistungen nach § 2 Abs 1 AsylbLG (idF, die die Norm durch das Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern <Zuwanderungsgesetz> vom 30. Juli 2004 - BGBl I 1950 - erhalten hat) bestanden hat. Danach ist abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten haben und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst haben. Zwar haben die Kläger die Voraussetzungen der Vorbezugszeit von 36 Monaten erfüllt; ob sie die Dauer ihres Aufenthalts jedoch selbst rechtsmissbräuchlich beeinflusst haben, kann nach den Feststellungen des SG nicht entschieden werden. Insoweit hat der Senat durch Urteil vom 17. Juni 2008 (B 8/9b AY 1/07 R) unter Aufgabe der Rechtsprechung des 9b. Senats entschieden, dass für den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs nicht genügt, dass die Kläger nicht freiwillig ausgereist sind. Vielmehr wird das SG zu ermitteln haben, ob den Klägern der Vorwurf gemacht werden kann, die Aufenthaltsdauer vorsätzlich durch über das Verbleiben in der Bundesrepublik Deutschland hinausgehendes sozialwidriges Verhalten beeinflusst zu haben (BSG aaO). Dies kann vorliegend insbesondere im Gebrauch falscher Namen zu sehen sein (vgl dazu BT-Drucks 15/420 S 120 f).

Abgesehen davon fehlen Feststellungen sowohl zur Bedürftigkeit der Kläger (§ 2 AsylbLG iVm §§ 19, 82 ff SGB XII bzw §§ 3 ff AsylbLG) und zur Höhe der Leistungsansprüche insgesamt. Insbesondere sind höhere Leistungen nur dann gerechtfertigt, wenn die den Klägern nach §§ 3 ff AsylbLG gewährten Leistungen in der Summe niedriger sind als die Leistungen, die ihnen in entsprechender Anwendung des SGB XII zugestanden hätten. Bei dem erforderlichen Vergleich ist ohne Bedeutung, ob den Klägern nach den §§ 3 ff AsylbLG Einmalleistungen gewährt wurden, die bei entsprechender Anwendung des SGB XII durch Pauschalleistungen abgegolten würden. Andererseits ist zu beachten, dass ggf Bedarfe, die durch das SGB XII hätten gedeckt werden müssen, mittlerweile entfallen sein könnten. Leistungen nach §§ 3 ff AsylbLG, die durch das SGB XII nicht gedeckt werden, sind demgegenüber nicht in die Vergleichsberechnung einzubeziehen. Dies gilt beispielsweise für die Krankenbehandlung nach § 4 Abs 1 AsylbLG. Danach ist zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände die erforderliche ärztliche Behandlung einschließlich sonstiger Leistungen vom zuständigen Leistungsträger des AsylbLG zu gewähren. Im Falle eines Anspruchs auf Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG iVm den Regelungen des SGB XII wäre den Klägern indes Krankenbehandlung nach § 264 Abs 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) durch die zuständige Krankenkasse zu gewähren gewesen, wobei offen bleiben kann, ob es sich insoweit um ein gesetzliches Auftragsverhältnis handelt (vgl dazu BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 - B 1 KR 30/07 R). Jedenfalls wären Leistungen der Krankenbehandlung nach § 4 Abs 1 AsylbLG in der Regel nicht Gegenstand von Leistungen nach dem SGB XII, sei es in Form der Hilfe zur Gesundheit (§§ 47 ff SGB XII), sei es als Bestandteil des Regelsatzes (§ 28 SGB XII).

Der Gewährung höherer Leistungen und damit der Zurückverweisung steht auch nicht § 18 SGB XII - unabhängig davon, ob dieser überhaupt im Rahmen des AsylbLG anwendbar ist - entgegen. Nach § 18 SGB XII setzt die Sozialhilfe ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe im Einzelfall bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistungen vorliegen. Der Beklagte hatte jedoch Kenntnis von den Voraussetzungen des § 2 AsylbLG; denn durch die langjährige Leistungsgewährung war ihm bekannt, dass die Kläger bedürftig waren und dass sie seit mehr als 36 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG bezogen hatten. Auf eine irgendwie geartete Mitwirkungspflicht der Kläger kommt es in diesem Zusammenhang entgegen der Meinung des Beklagten nicht an.

Schließlich wird das SG auch ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Ende der Entscheidung

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