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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 24.09.2003
Aktenzeichen: B 8 KN 7/02 KR R
Rechtsgebiete: BPflV


Vorschriften:

BPflV § 11 Abs 1
BPflV § 14 Abs 4
BPflV § 15 Abs 1 Nr 1
BPflV § 16 Abs 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 24. September 2003

Az: B 8 KN 7/02 KR R

Der 8. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. September 2003 durch den Richter Schenk als Vorsitzenden, die Richterin Streffer und den Richter Dr. Neuhaus sowie die ehrenamtlichen Richter Schmidt und Meisen

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Sprungrevision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 10. Oktober 2002 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.804,35 € sowie Zinsen in Höhe von 2% über dem jeweiligen Basiszinssatz für die Zeit vom 25. Januar 1999 bis 6. Mai 1999 aus 19.257,77 €, für die Zeit vom 7. Mai 1999 bis 9. November 2000 aus 3.205,56 € und für die Zeit ab 10. November 2000 aus 2.804,35 € zu zahlen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten aller Rechtszüge zu erstatten.

Gründe:

I

Die Klägerin, Mitglied der Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen, betreibt eine in den Krankenhausplan des Landes Thüringen aufgenommene Klinik für Herzchirurgie. Sie begehrt von der Beklagten für die stationäre Krankenhausbehandlung ihres Versicherten, H -P L , in der Zeit vom 15. November 1998 bis 24. Dezember 1998 die Zahlung weiterer 5.484,84 DM (jetzt: 2.804,35 €) nebst Zinsen.

Der Versicherte wurde am 15. November 1998 in die herzchirurgische Abteilung der Klinik aufgenommen, wo am 17. November 1998 unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine eine aortokoronare Bypassoperation durchgeführt wurde. Anschließend wurde er 14 Tage lang intensivmedizinisch betreut, da verschiedene indikationsspezifische Komplikationen auftraten. Unmittelbar nach Abschluss der Behandlung der Komplikationen wurde er am 24. Dezember 1998 entlassen. Der Abschluss der Wundheilung im Sinne der Fallpauschale 9.021 (so genannte A-Pauschale bzw Akutbehandlungspauschale) war unstreitig am 29. November 1998. Ungeachtet dessen erfolgte am 7. Dezember 1998 wegen eines Hämatoms im Narbenbereich eine operative Korrektur.

Mit Schreiben vom 30. Dezember 1998 stellte die Klägerin insgesamt 37.664,93 DM in Rechnung (Fallpauschale 9.021 in Höhe von 20.461,00 DM; 22 Tage Basispflegesatz in Höhe von jeweils 118,75 DM, insgesamt 2.612,50 DM; 7 Tage Abteilungspflegesatz Intensivpflege in Höhe von jeweils 1.569,39 DM, insgesamt 10.985,73 DM wegen Überschreitung der Grenzverweildauer von 18 Tagen bzw der "Grenzverweildauer Intensivpflege" von 8 Tagen der Fallpauschale 9.021; 15 Tage Abteilungspflegesatz Kardiochirurgie in Höhe von jeweils 211,78 DM, insgesamt 3.176,70 DM, zuzüglich eines Investitionszuschlages in Höhe von 429,00 DM). Nach Zahlungserinnerung beanstandete die Beklagte die Rechnung und überwies der Klägerin am 6. Mai 1999 einen Teilbetrag in Höhe von 31.395,39 DM. Sie vertrat die Auffassung, dass neben der Fallpauschale 9.021 auch die so genannte B-Pauschale bzw Weiterbehandlungspauschale 9.022 zur Abrechnung zu bringen sei und deshalb nur für jene zwei Tage, um welche die "Gesamt-Grenzverweildauer" der Fallpauschalen 9.021 und 9.022 überschritten worden sei, der Abteilungspflegesatz Intensivpflege zuzüglich des Basispflegesatzes anzusetzen sei. Für weitere die "Grenzverweildauer Intensivpflege" überschreitende Intensivpflegetage sei hingegen nur die Berechnung des Abteilungspflegesatzes Intensivpflege in Höhe von 50 vH gestattet.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Altenburg hat die Klägerin die Klage in Höhe eines Teilbetrages von 784,70 DM für erledigt erklärt, da die Beklagte am 9. November 2000 eine Zahlung in entsprechender Höhe vorgenommen hatte. Hinsichtlich des weiterverfolgten Vergütungsanspruchs in Höhe von 5.484,84 DM hat das SG mit Urteil vom 10. Oktober 2002 die Klage abgewiesen: Zur ordnungsgemäßen Abrechnung des Leistungsgeschehens sei nicht nur die Fallpauschale 9.021, sondern auch die Fallpauschale 9.022 in Ansatz zu bringen mit der Folge, dass über die beiden Fallpauschalen hinaus nur zwei Basis- und Intensivabteilungspflegesätze in voller Höhe sowie fünf weitere Abteilungspflegesätze Intensivpflege in Höhe von 50 vH abrechnungsfähig seien. Die B-Pauschale bzw Weiterbehandlungspauschale 9.022 sei immer dann in Ansatz zu bringen, wenn die Abrechnungskriterien der Fallpauschale 9.021 erfüllt seien und eine medizinisch notwendige Weiterbehandlung in demselben Krankenhaus erfolge. Die Abrechnungskriterien der Fallpauschale 9.021 seien erfüllt, wenn die Wundheilung abgeschlossen sei oder, falls Wundheilung vorliege, eine Behandlung wegen indikationsspezifischer Komplikationen noch weiter andauere oder die Grenzverweildauer von 18 Tagen erreicht werde. Die erstgenannten Tatbestände seien "medizinische Beendigungstatbestände", während mit dem Erreichen der Grenzverweildauer ein "rechtlicher Beendigungstatbestand" vorliege. Damit werde verhindert, dass ein Krankenhaus im Rahmen einer Fallpauschale unbegrenzt weiter behandeln müsse, falls die "medizinischen Beendigungstatbestände" nicht einträten. Mit dem Erreichen der Grenzverweildauer sei die Voraussetzung für die A-Fallpauschale 9.021 erfüllt, gleichgültig welche weiteren medizinischen Behandlungsmaßnahmen noch notwendig seien. Im Anschluss daran sei die B-Fallpauschale 9.022 in Ansatz zu bringen. In diesem Falle sei die jeweilige Grenzverweildauer der beiden Fallpauschalen zusammenzurechnen mit der Folge, dass die Beklagte nur für die anschließenden Behandlungstage tagesgleiche Pflegesätze zu erstatten habe. Im Übrigen sei lediglich für Intensivpflegetage, welche die "Grenzverweildauer Intensivpflege" der Fallpauschale 9.021 überschritten, 50 vH des entsprechenden Pflegesatzes zu erstatten.

Hiergegen richtet sich die mit Urteil des SG vom 10. Oktober 2002 zugelassene Sprungrevision der Klägerin. Sie rügt die Verletzung der §§ 11 Abs 1, 14 Abs 4 Bundespflegesatzverordnung (BPflV) iVm dem nach §§ 15 Abs 1 Nr 1, 16 Abs 2 BPflV vereinbarten Fallpauschalenkatalog und beansprucht über die bereits vergütete Fallpauschale 9.021 hinaus tagesgleiche Pflegesätze in der geltend gemachten Höhe: Das SG habe die BPflV, den bundesweiten Fallpauschalenkatalog für Krankenhäuser und die hierzu vereinbarten Abrechnungsbestimmungen unzutreffend ausgelegt. Sie sei nicht gehalten gewesen, die Fallpauschale 9.022 zur Abrechnung zu bringen. Als Weiterbehandlungspauschale könne die Fallpauschale 9.022 nur abgerechnet werden, wenn zuvor der Leistungsumfang der Akutbehandlungspauschale 9.021 vollständig erbracht worden sei. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Textdefinition der beiden Pauschalen sowie aus Nr 5 (nunmehr Nr 7) der Abrechnungsbestimmungen zum "Bundesweiten Fallpauschalen-Katalog für Krankenhäuser", wonach "die B-Pauschale am Tag der Wundheilung beginnt, wenn ein Krankenhaus die Leistung der Fallpauschale zur Weiterbehandlung (B-Pauschale) in den Gruppen 9 und 17 zusätzlich zu der Operationsleistung (A-Pauschale) erbringt". Die Abrechnung der Fallpauschale 9.022 setzte also die Erbringung des vollständigen Leistungsumfangs der Fallpauschale 9.021 voraus, was hier erst mit dem Abschluss der Behandlung indikationsspezifischer Komplikationen - hier dem Entlassungstag am 24. Dezember 1998 - der Fall gewesen sei. Mit der Grenzverweildauer werde der Zeitraum begrenzt, in dem die Leistungen des Krankenhauses allein mit der Fallpauschale zu vergüten seien. Deren Erreichen stelle keinen "rechtlichen Beendigungstatbestand" dar, sondern bestimme lediglich den Zeitpunkt, von dem ab zusätzlich tagesgleiche Pflegesätze abgerechnet werden könnten. Ob der Leistungsumfang einer Fallpauschale tatsächlich erbracht sei, sei einzig und allein nach ihrer Textdefinition zu bestimmen, wobei zu berücksichtigen sei, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) Vergütungsregelungen streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln auszulegen seien und keinen Spielraum für weitere Abwägungen ließen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 10. Oktober 2002 - S 14 KN 1246/99 KR - aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.804,35 € sowie Zinsen in Höhe von 2% über dem jeweiligen Basiszinssatz für die Zeit vom 25. Januar 1999 bis 6. Mai 1999 aus 19.257,77 €, für die Zeit vom 7. Mai 1999 bis 9. November 2000 aus 3.205,56 € und für die Zeit ab 10. November 2000 aus 2.804,35 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

II

1. Die Sprungrevision der Klägerin ist zulässig, auch wenn die Zustimmungserklärung der Beklagten zur Einlegung der Sprungrevision zusammen mit der am 16. Dezember 2002 beim BSG eingegangenen Revisionsschrift nur als Kopie eines Telefaxes der Beklagten vom 11. Dezember 2002, eingegangen bei den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 12. Dezember 2002, vorgelegt wurde. Das Original ihrer Zustimmungserklärung hat die Beklagte erst im Termin zu den Akten gegeben. Der Klägerin war wegen der nicht fristgerechten Vorlage des Originals - hier des bei ihr eingegangenen "Original"-Telefaxes - die im Termin beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) zu gewähren, denn die Frist zur Einlegung der Sprungrevision wäre erst am Freitag, dem 27. Dezember 2002, abgelaufen. In der Zeit vom 16. Dezember 2002 bis 27. Dezember 2002 hätte im Rahmen der regulären Sachbearbeitung jedoch genügend Zeit bestanden, von Amts wegen auf die Beseitigung des leicht erkennbaren Formfehlers - die Kopie war mit einem blauen Stempel als "Abschrift" gekennzeichnet - hinzuwirken (vgl Beschluss des Großen Senats des BSG vom 10. Dezember 1974 - GS 2/73 - BSGE 38, 248 = SozR 1500 § 67 Nr 1).

2. Die Sprungrevision der Klägerin ist in vollem Umfang begründet.

a) Grundlage des mit der Leistungsklage geltend gemachten weiteren Vergütungsanspruchs in Höhe von 2.804,35 € sind die nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) und der BPflV getroffenen vertraglichen Vereinbarungen (vgl § 109 Abs 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch <SGB V> idF des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992 <BGBl I S 2266>). Danach erwächst aus der Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser nach § 109 Abs 4 Satz 1 und 2 SGB V ein Vergütungsanspruch, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in §§ 16, 17 KHG nach Maßgabe der BPflV in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenkassen und Krankenhausträgern festgelegt wird (BSG SozR 3-2500 § 112 Nr 3; Peters/Hencke HdKV, SGB V, Bd 3, Stand 1. Oktober 2001, § 109 RdNr 10).

Nach § 16 Satz 1 Nr 1 KHG in der hier maßgeblichen Fassung des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes vom 23. Juni 1996 (BGBl I S 1520) erlässt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Pflegesätze der Krankenhäuser, die grundsätzlich die Vergütung nach der Anzahl der Behandlungstage bemessen und für alle Benutzer einheitlich zu berechnen sind (§ 17 Abs 1 Satz 1, Abs 2 KHG). Nach § 17 Abs 2a KHG waren für die Vergütung von allgemeinen Krankenhausleistungen schrittweise Fallpauschalen und Sonderentgelte mit Vorgabe bundeseinheitlicher Bewertungsrelationen einzuführen und spätestens vom 1. Januar 1996 der Abrechnung von Krankenhausleistungen zu Grunde zu legen. Die Entgelte wurden bis zum 31. Dezember 1997 durch die Rechtsverordnung bestimmt, jedoch sollten erstmals für den Pflegesatzzeitraum 1998 die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft die Entgeltkataloge und deren Weiterentwicklung vereinbaren. Die in der Rechtsverordnung bestimmten Fallpauschalen und Sonderentgelte galten ab dem 1. Januar 1998 als vertraglich vereinbart. Mit den Fallpauschalen werden die gesamten Leistungen des Krankenhauses für einen bestimmten Behandlungsfall vergütet. Zur Vergütung der Leistungen des Krankenhauses, die nicht durch Fallpauschalen und Sonderentgelte abgegolten werden, sind Abteilungspflegesätze als Entgelt für ärztliche und pflegerische Leistungen und ein für das Krankenhaus einheitlicher Basispflegesatz als Entgelt für nicht durch ärztliche und pflegerische Tätigkeit veranlasste Leistungen vorzusehen.

Die auf Grund der gesetzlichen Ermächtigung erlassene BPflV vom 26. September 1994 (BGBl I S 2750) hat diese Vorgaben präzisiert. Danach werden die allgemeinen Krankenhausleistungen durch Pflegesätze nach § 11 (Fallpauschalen und Sonderentgelte) bzw einen Gesamtbetrag nach § 12 (Budget) sowie tagesgleiche Pflegesätze nach § 13, in die das Budget aufgeteilt wird, vergütet (§ 10 Abs 1 Nr 1 und 2 BPflV idF der 5. Änderungsverordnung <5. ÄndVO> vom 9. Dezember 1997 <BGBl I S 2874>). Nach § 11 Abs 1 BPflV idF der 5. ÄndVO werden mit den Fallpauschalen die allgemeinen Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet, für den ein Entgelt in den Entgeltkatalogen nach §§ 15 Abs 1 Nr 1 oder 16 Abs 2 BPflV bestimmt ist. Werden Fallpauschalen nicht berechnet, sind tagesgleiche Abteilungs- und Basispflegesätze zu berechnen (§ 14 Abs 5 Satz 3 BPflV). Wird eine Fallpauschale zwar berechnet, übersteigt aber die Verweildauer des Patienten eine in den Entgeltkatalogen nach § 15 Abs 1 Nr 1 und § 16 Abs 2 BPflV bestimmte Grenzverweildauer, sind ab dem ausgewiesenen Tag gleichfalls tagesgleiche Pflegesätze zu berechnen (§ 14 Abs 7 Satz 1 BPflV).

Der als Anlage zur BPflV bekannt gemachte "Bundesweite Fallpauschalen-Katalog für Krankenhäuser" in der Fassung der 5. ÄndVO, Anhang 1.1, Anlage 1.1, zu § 11 Abs 1 BPflV enthält zu den Fallpauschalen 9.021 und 9.022 folgende Leistungsbeschreibungen:

Nr 9.021 (Spalte 1) - Koronare Herzkrankheit; Herzoperation (Koronarchirurgie) unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine unter Verwendung der inneren Brustwandarterie kombiniert mit aortokoronarem Venen-Bypass oder sonstiger Arterie, ggf kombiniert mit TEA, ab Aufnahme/Verlegung in die Herzchirurgie; Versorgung bis Abschluss Wundheilung (zB Entfernen von Fäden/Klammern), mindestens jedoch bis Abschluss der Behandlung indikationsspezifischer Komplikationen (Spalte 2). Die Fallpauschale betrifft Diagnosen mit dem Schlüssel 414.0 (Spalte 3) und Operationen mit dem Schlüssel 5-361.0 bis .5, 6. Stelle .2 kombiniert mit .1, .3, 6. Stelle .4 isoliert, 5-363.4 kombiniert mit 5-361.0 bis .5, 6. Stelle .1, .3, 5-362.3 isoliert; die Grenzverweildauer beträgt 18 (Spalte 8) und die der Bewertungsrelation zu Grunde gelegte durchschnittliche Verweildauer 12,09 Tage (Spalte 13); die Grenzverweildauer Intensivpflege wiederum beträgt 8 (Spalte 9) und die der Bewertungsrelation zu Grunde gelegte durchschnittliche Verweildauer 4,43 Tage (Spalte 14).

Nr 9.022 (Spalte 1) - Koronare Herzkrankheit; Weiterbehandlung im Anschluss an Fallpauschale 9.021 bis zum Erreichen der Rehabilitationsfähigkeit; Mindestaufenthalt 7 Belegungstage (Spalte 2). Bei dieser Fallpauschale wird auf die Zuordnung eines Operationenschlüssels verzichtet (Spalte 4); wie Fallpauschale 9.021 betrifft sie Diagnosen mit dem Schlüssel 414.0 (Spalte 3) allerdings kombiniert mit V 15.1 (chirurgischer Eingriff am Herz und an den großen Gefäßen) oder V 45.8 (sonstige Zustände nach chirurgischen Eingriffen); die Grenzverweildauer beträgt 20 (Spalte 8) und die der Bewertungsrelation zu Grunde gelegte durchschnittliche Verweildauer 12,98 Tage (Spalte 13).

Die mit Anlage 1 zu § 11 Abs 1 BPflV in der Fassung der 5. ÄndVO in den "Bundesweiten Fallpauschalen-Katalog für Krankenhäuser" übernommenen und den Fallpauschalen vorangestellten "Abrechnungs-Bestimmungen" regeln unter Nummer 1, dass Fallpauschalen für die im Entgeltkatalog bestimmten Behandlungsfälle berechnet werden. Nach Nummer 2 Satz 1 der "Abrechnungs-Bestimmungen" ist für die Zuordnung eines Patienten zu einer Fallpauschale und damit für deren Abrechenbarkeit die im Entgeltkatalog ausgewiesene Leistung in Verbindung mit der Hauptdiagnose für den Krankenhausaufenthalt oder einer entsprechenden Diagnose maßgeblich. Dabei gilt nach Nummer 2 Satz 2 für die Bestimmung der maßgebenden Fallpauschale folgende Rangfolge der Definitionen: a) der Operationenschlüssel nach dem OPS-301 (Spalte 4); b) der Diagnosenschlüssel nach der ICD (Spalte 3); c) die Textdefinition (Spalte 2); sie ist maßgeblich, soweit eine nähere Definition der Fallpauschalen mit den Schlüsseln nach Spalten 4 und 3 nicht dargestellt werden kann und somit nur aus der Textfassung hervorgeht. In den Nummern 3 und 5 ist ausgeführt:

"3. Bei den Fallpauschalen, für die in Spalte 9 eine zusätzliche Grenz-Verweildauer für die Intensivmedizin ausgewiesen ist, werden entsprechend der Basispflegesatz und der Abteilungspflegesatz für die Intensivmedizin berechnet, soweit auch die Grenzverweildauer der Fallpauschale überschritten wird. Soweit die Grenzverweildauer der Fallpauschale nicht überschritten wird, wird der Basispflegesatz nicht, der Abteilungspflegesatz für die Intensivmedizin in Höhe von 50 vom Hundert berechnet."

"5. Erbringt ein Krankenhaus die Leistung einer Fallpauschale zur Weiterbehandlung (B-Pauschale) in den Gruppen 9 und 17 zusätzlich zu der Operationsleistung (A-Pauschale), beginnt die B-Pauschale am Tag der Wundheilung. Die Grenzverweildauer der A-Pauschale (Spalte 8) wird in diesem Fall zur Grenzverweildauer der B-Pauschale hinzugerechnet. Als erster Belegungstag der Mindestverweildauer der B-Pauschale ist das Kalenderdatum der Wundheilung in der Rechnung anzugeben."

Die genannten Fallpauschalen und Abrechnungsbestimmungen waren im streitigen Leistungszeitraum verbindlich, denn mit der Fiktion in § 17 Abs 2a Satz 7 KHG, wonach die in der BPflV bestimmten Fallpauschalen und Sonderentgelte ab dem 1. Januar 1998 als vertraglich vereinbart zu gelten haben, ist deren Fortgeltung bis zu einer vertraglichen Änderung angeordnet. Im Übrigen haben die Beteiligten der Selbstverwaltung zwar mit Wirkung ab 1. Januar 1999 einen "Aktualisierten bundesweit geltenden Fallpauschalen- und Sonderentgeltkatalog" vereinbart (veröffentlicht in: Das Krankenhaus, Redaktionsbeilage zur Oktoberausgabe 1998), jedoch ohne Änderung der streitbefangenen Fallpauschalen 9.021 und 9.022 und unter wortgleicher Übernahme der bisher unter Nummer 5 geregelten Abrechnungsmodalitäten.

b) Unter Beachtung dieser Rechtslage hat die Klägerin die für die Behandlung des Versicherten in der Zeit vom 15. November 1998 bis 24. Dezember 1998 erbrachten vollstationären Krankenhausleistungen korrekt abgerechnet. Insbesondere hat sie zu Recht für Krankenhausleistungen, die in der die Grenzverweildauer der Fallpauschale 9.021 überschreitenden Zeit erbracht worden sind, tagesgleiche Abteilungs- und Basispflegesätze und nicht die Fallpauschale 9.022 in Ansatz gebracht.

Durch die 5. ÄndVO zur BPflV ist ua die frühere Fallpauschale 9.02 in die Fallpauschalen 9.021 (A-Pauschale) und 9.022 (B-Pauschale) geteilt worden, "um unterschiedlichen Versorgungsstrukturen gerecht zu werden" (BR-Drucks 802/97, zu Nr 20, S 60). Für die Zuordnung zu den einzelnen (Teil-)Pauschalen und damit für die Abgrenzung ist allein auf die Textdefinition der Spalte 2 abzustellen. Nummer 5 - nunmehr Nummer 7 - der "Abrechnungs-Bestimmungen" ist für die hier entscheidungsrelevante Abgrenzung zwischen A- und B-Pauschale nicht einschlägig, da die Regelung voraussetzt, dass ein Leistungsgeschehen gegeben ist, das sowohl der A- als auch der B-Pauschale zuzuordnen ist. Dagegen ist nach Nummer 2 der "Abrechnungs-Bestimmungen" die Textdefinition einer Fallpauschale immer dann maßgeblich, wenn - wie im Falle des Versicherten - eine nähere Definition der Fallpauschalen mit dem angegebenen Operationenschlüssel und dem Diagnosenschlüssel nicht dargestellt werden kann und somit nur aus der Textfassung hervorgeht (vgl Scheinert ua, Handbuch zur Abrechnung von Krankenhausleistungen, Dezember 2001, 1. Band, Teil II, Fallpauschalengruppe 9, Fallpauschalen 9.011 und 9.012, Seite 8 f).

Die vorliegend unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine durchgeführte Anlage eines Mammaria-Transplantates und vier aortokoronarer Venentransplantate zur Überbrückung der verengten Stellen an den betroffenen Herzkranzgefäßen wird mit der A-Pauschale 9.021 für die operative Phase der Akutbehandlung abgegolten (vgl BR-Drucks 802/97, zu Nr 20, S 60). Die Fallpauschale 9.021 vergütet nach ihrer Definition die Behandlung während dieser Phase bis zu dem Tage, an dem die Wundheilung abgeschlossen und, falls eine indikationsspezifische Komplikation auftritt, diese wieder beseitigt ist. Sofern bis zu diesem Zeitpunkt die Grenzverweildauer von 18 Tagen überschritten wird, sind nach § 14 Abs 7 Satz 1 BPflV für die Weiterbehandlung zusätzlich tagesgleiche Abteilungs- und Basispflegesätze abzurechnen (vgl BSG Urteil vom 26. April 2001 - B 3 KR 16/00 R - SozR 3-5565 § 14 Nr 1 zu den insoweit vergleichbaren Fallpauschalen 17.061 und 17.071).

Damit kommt in dem hier zu beurteilenden Sachverhalt die Abrechnung der B-Pauschale 9.022, welche die Weiterbehandlung etwa mangels Rehabilitationsfähigkeit abgelten soll (vgl BR-Drucks 802/97, zu Nr 20, S 60), nicht in Betracht. Denn angesichts der unstreitig aufgetretenen und bis zum Entlassungstag andauernden indikationsspezifischen Komplikationen waren die von der A-Pauschale 9.021 erfassten und von der Klägerin erbrachten Behandlungen des Versicherten erst mit dessen Entlassung beendet. Nur ergänzend konnten mit dem Erreichen der Grenzverweildauer tagesgleiche Abteilungs- und Basispflegesätze abgerechnet werden. Weil für diese Zeit die Voraussetzungen der B-Pauschale 9.022 nicht erfüllt sind, stehen dieser Abrechnung auch nicht die Regelungen des § 17 Abs 2a Satz 10, Satz 12 KHG in der hier maßgeblichen Fassung des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes vom 23. Juni 1996 und des § 14 Abs 5 Satz 3 BPflV in der hier maßgeblichen Fassung der 5. ÄndVO entgegen, wonach die Abrechnung tagesgleicher Pflegesätze unzulässig ist, wenn die Abrechnung einer Fallpauschale möglich ist.

Der Auffassung der Beklagten und des SG, die Textdefinition der Fallpauschale 9.022 beziehe sich ihrem Wortlaut nach nicht nur auf die Leistungsbeschreibung der Fallpauschale 9.021 (Versorgung bis Abschluss Wundheilung <zB Entfernung von Fäden/Klammern>, mindestens jedoch bis Abschluss der Behandlung indikationsspezifischer Komplikationen), sondern auf jede Art der Beendigung des Geltungsbereichs der Fallpauschale 9.021, mithin auch auf das Erreichen der festgelegten Grenzverweildauer, kann nicht gefolgt werden. Der 3. Senat des BSG hat bereits mehrfach betont, dass die Fallpauschalen- und Sonderentgeltkataloge streng nach ihrem Wortlaut anzuwenden sind (Urteile vom 26. April 2001, aaO, SozR 3-5565 § 14 Nr 1, vom 23. Januar 2003 - B 3 KR 18/02 R - SozR 4-5565 § 14 Nr 1 und vom 26. März 2003 - B 3 KR 25/02 R - SozR 4-5565 § 14 Nr 2). Dies entspricht auch der Rechtsprechung zur Auslegung von Abrechnungsbestimmungen im vertragsärztlichen Bereich (vgl BSG Urteil vom 31. Januar 2001 - B 6 KA 5/00 R - SozR 3-5533 Nr 7103 Nr 1). Daran ist festzuhalten, denn eine Vergütungsregelung, die für eine routinemäßige Abwicklung zahlreicher Behandlungsfälle vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein strikt nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird. Demgemäss sind Vergütungsregeln stets eng nach ihrem Wortlaut auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben dabei außer Betracht.

Ebenso wenig kann der Ansicht des SG gefolgt werden, aus dem Zweck der Festlegung der Grenzverweildauer ergebe sich, dass mit Erreichen dieses Zeitpunktes die Fallpauschale 9.021 als abgeschlossen bzw beendet iS der Fallpauschale 9.022 anzusehen sei, gleichgültig welche medizinischen Behandlungen noch vorgenommen werden müssten. Wann die Fallpauschale 9.021 iS der Fallpauschale 9.022 als abgeschlossen anzusehen ist, ist dem Wortlaut der B-Pauschale 9.022, der lediglich von "Weiterbehandlung im Anschluss an die Fallpauschale 9.021 bis zum Erreichen der Rehabilitationsfähigkeit" spricht, nicht zu entnehmen, sondern ist allein nach der Textdefinition der A-Pauschale 9.021 zu bestimmen. Hier ist das streitgegenständliche Leistungsgeschehen nach der Textdefinition allein der Fallpauschale 9.021 zuzuordnen, weil der "Abschluss der Behandlung indikationsspezifischer Komplikationen" mit dem Tag der Entlassung des Versicherten zusammenfiel (vgl Scheinert, Schmitz, Tschubar, Geteilte Fallpauschalen - Abrechnungshilfe oder Erlöskürzung?, Die Ersatzkasse 1998, S 268 ff, 268). Träfe die Auffassung des SG zu, hätte § 14 Abs 7 Satz 1 BPflV nur den eingeschränkten Anwendungsbereich, dass nach dem postulierten "rechtlichen Beendigungstatbestand" der A-Pauschale die Mindestaufenthaltszeit für die B-Pauschale nicht erreicht wird. Zudem wird mit der richtig verstandenen Regelung des § 14 Abs 7 Satz 1 BPflV dem Mehraufwand des Krankenhauses infolge der Weiterbehandlung indikationsspezifischer Komplikationen nach Erreichen der Grenzverweildauer besser Rechnung getragen als mit der (anders kalkulierten) Weiterbehandlungspauschale 9.022.

Der Umstand, dass nach Nummer 5 (nunmehr Nummer 7) der Abrechnungsbestimmungen, die B-Pauschale am Tag der Wundheilung - hier am 29. November 1998 - beginnt und die Grenzverweildauer der A-Pauschale in diesem Fall zur Grenzverweildauer der B-Pauschale hinzugerechnet wird, steht dem nicht entgegen. Das Hinzurechnen der Grenzverweildauer der A-Pauschale zu derjenigen der B-Pauschale soll nur für den Fall, dass beide Fallpauschalen abzurechnen sind, die Abrechnung tagesgleicher Pflegesätze zwischen den Pauschalen vermeiden (BR-Drucks 802/97, zu Nr 20, S 60; BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 1). Dies zeigt auch die Überlegung, dass die Klägerin nach Nummer 5 der Abrechnungsbestimmungen die Weiterbehandlungspauschale 9.022 nicht abrechnen könnte, wenn auch der Abschluss der Wundheilung iS der Fallpauschale 9.021, beispielsweise infolge einer schweren Wundinfektion, erst am Entlassungstag eingetreten wäre. Es könnte dann die Fallpauschale 9.022 erst am Entlassungstag beginnen und wäre schon wegen des Nichterreichens der Mindestverweildauer nicht zu leisten. In beiden Varianten erfolgt - nach Erreichen der Grenzverweildauer der Fallpauschale 9.021 - der Ausgleich allein nach § 14 Abs 7 Satz 1 BPflV.

3. Der geltend gemachte abgestufte Zinsanspruch ergibt sich aus § 10 Abs 1 Satz 1, 2 der Pflegesatzvereinbarung 1998 für die Zentralklinik Bad Berka. Danach ist die Beklagte verpflichtet, die Krankenhausabrechnung der Klägerin binnen einer Zahlungsfrist von 14 Tagen nach Rechnungszugang zu bezahlen, und die Klägerin ist berechtigt, bei verspäteter Zahlung Verzugszinsen in Höhe von 2 % über dem jeweiligen Diskontzinssatz, nunmehr Basiszinssatz, zu berechnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum Inkrafttreten des 6. SGG-Änderungsgesetzes (6. SGG-ÄndG) vom 17. August 2001 (BGBl I S 2144) am 2. Januar 2002 geltenden alten Fassung (aF). Diese kommt hier noch zur Anwendung, da es sich um ein Verfahren nach § 197a SGG neue Fassung handelt, das vor dem Inkrafttreten des 6. SGG-ÄndG rechtshängig geworden ist (Art 17 Abs 1 Satz 2 6. SGG-ÄndG).

Ende der Entscheidung

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