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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 10.06.2005
Aktenzeichen: 1 BvL 7/04
Rechtsgebiete: GrdstVG, BVerfGG, GG


Vorschriften:

GrdstVG § 2
GrdstVG § 9
GrdstVG § 9 Abs. 1
GrdstVG § 9 Abs. 1 Nr. 1
GrdstVG § 9 Abs. 2
GrdstVG § 22 Abs. 1
BVerfGG § 80 Abs. 2 Satz 1
BVerfGG § 81 a
GG Art. 14 Abs. 1
GG Art. 14 Abs. 1 Satz 2
GG Art. 100 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvL 7/04 -

In dem Verfahren

zur

verfassungsrechtlichen Prüfung

der § 9 Abs. 1 und 2, § 2 des Gesetzes über Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und zur Sicherung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe (Grundstücksverkehrsgesetz - GrdstVG) vom 28. Juli 1961 (BGBl I S. 1091, ber. S. 1652 und 2000), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes über das Baugesetzbuch vom 8. Dezember 1986 (BGBl I S. 2191)

- Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Amtsgerichts Altenkirchen vom 1. Juli 2004 (2 Lw 19/03) -

hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richterin Haas und die Richter Hömig, Bryde gemäß § 81 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 10. Juni 2005 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Vorlage ist unzulässig.

Gründe:

I.

Gegenstand der Vorlage sind der Genehmigungsvorbehalt nach § 2 und die Versagungstatbestände nach § 9 des Gesetzes über Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und zur Sicherung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe (Grundstücksverkehrsgesetz - GrdstVG) vom 28. Juli 1961 (BGBl I S. 1091, ber. S. 1652 und 2000), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes über das Baugesetzbuch vom 8. Dezember 1986 (BGBl I S. 2191).

1. Gemäß § 2 GrdstVG bedürfen die rechtsgeschäftliche Veräußerung eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücks und der schuldrechtliche Vertrag hierüber einer behördlichen Genehmigung. Diese darf nur versagt werden, wenn einer der in § 9 Abs. 1 GrdstVG aufgeführten Tatbestände vorliegt. Das Genehmigungsverfahren dient also der Feststellung und Entscheidung, ob das Rechtsgeschäft gegen einen dieser Tatbestände verstößt. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des GrdstVG lauten:

§ 2

(1) Die rechtsgeschäftliche Veräußerung eines Grundstücks und der schuldrechtliche Vertrag hierüber bedürfen der Genehmigung. Ist ein schuldrechtlicher Vertrag genehmigt worden, so gilt auch die in Ausführung des Vertrages vorgenommene Auflassung als genehmigt. Die Genehmigung kann auch vor der Beurkundung des Rechtsgeschäfts erteilt werden.

(2) und (3) ...

§ 9

(1) Die Genehmigung darf nur versagt oder durch Auflagen (§ 10) oder Bedingungen (§ 11) eingeschränkt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass

1. die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeuten oder

2. durch die Veräußerung das Grundstück oder eine Mehrheit von Grundstücken, die räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängen und dem Veräußerer gehören, unwirtschaftlich verkleinert oder auf- geteilt würde oder

3. der Gegenwert in einem groben Missverhältnis zum Wert des Grundstücks steht.

(2) Eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 liegt in der Regel dann vor, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht.

(3) bis (7) ...

2. Die Antragsteller des Ausgangsverfahrens wenden sich gegen die Versagung der Genehmigung eines notariellen Übertragungsvertrages durch die zuständige Kreisverwaltung nach den §§ 2, 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 GrdstVG. Die Antragsteller sind Eigentümer diverser Flächen, die sie zwar selbst nicht landwirtschaftlich nutzen, die aber zum Zwecke der landwirtschaftlichen Nutzung verpachtet worden sind. Durch notariellen Vertrag sollte im Wege der Schenkung das streitgegenständliche Grundstück mit einer Fläche von 197,13 ar, das früher ebenso wie die im Eigentum der Antragsteller stehenden Flächen zu dem landwirtschaftlichen Haupterwerbshof der Vorfahren der Antragsteller gehörte, den Antragstellern übertragen werden. Wie bereits in der Vergangenheit, als die Antragsteller im Wege der Erbfolge eine teilweise Zusammenführung der ehemals zum Haupterwerbsbetrieb gehörenden Grundstücke erreichen konnten, sollte auch der schenkweise Erwerb des streitgegenständlichen Grundstücks diesem Zweck dienen.

Die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens verweigerte die Genehmigung des notariellen Vertrages mit der Begründung, die beabsichtigte Übertragung führe zu einer "ungesunden Verteilung des Grund und Bodens" nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG; die streitgegenständliche Fläche befinde sich in der unmittelbaren Nähe eines erwerbsinteressierten Landwirtes, der eine Fläche von 224 ha bewirtschafte, von denen er 32 ha in Eigenbesitz habe. Trete ein Nichtlandwirt in Konkurrenz zu einem Landwirt im Hauptberuf, dessen Existenzgrundlage zudem ausschließlich sein eigener Betrieb sei und der auch gewillt und in der Lage sei, das Grundstück zu erwerben, so seien die Interessen des Hauptlandwirtes vorrangig zu berücksichtigen. Gegen diesen Bescheid haben die Antragsteller fristgerecht Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 22 Abs. 1 GrdstVG gestellt und zur Begründung unter anderem ausgeführt, dass die Übertragung gerade nicht zu einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden führe, sondern der Zusammenführung historisch einander zugehöriger Wirtschaftsflächen diene. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Antragsteller eine spätere haupterwerbliche Nutzung nicht ausschließen wollen. Zudem könne der Erwerbsinteressent das Grundstück wegen seiner isolierten Lage kaum wirtschaftlich sinnvoll nutzen.

3. Mit Beschluss vom 1. Juli 2004 hat das Amtsgericht das Verfahren ausgesetzt und die Sache gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung der Vereinbarkeit der §§ 2, 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 GrdstVG mit dem Grundgesetz vorgelegt.

Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts ist davon auszugehen, dass die Genehmigung zu versagen sei, wenn Tatsachen vorlägen, aus denen sich ergebe, dass die Veräußerung eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden zur Folge hätte. Dies sei insbesondere dann anzunehmen, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspräche. Dabei müsse für das Merkmal der ungesunden Verteilung von Grund und Boden entscheidend auf die Verhältnisse des Erwerbers abgestellt werden. Der Versagungstatbestand in § 9 GrdstVG solle verhindern, dass "Bauernland" in Nichtbauernhand gerate. Nichtlandwirte kämen danach nur dann als Erwerber in Betracht, wenn kein Erwerbswilliger vorhanden sei, der das Grundstück für seinen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb erwerben wolle. Sei aber ein Haupterwerbslandwirt als Kaufinteressent vorhanden, führe dies dazu, dass nur dieser das Grundstück erwerben könne. Dies gelte unabhängig davon, ob eine entgeltliche Übertragung oder eine Übertragung im Wege der Schenkung geplant sei, um so ehemals zusammengehörende Grundstücke wieder zusammenzuführen. Die Grundstückseigentümer seien daher gezwungen, entweder ihr Grundstück an einen Erwerber zu verkaufen, den sie nicht wählen könnten, oder aber Eigentümer der Grundstücke zu bleiben. Damit seien sie aber in ihrer Verfügungsfreiheit als Eigentümer und in der Ausübung ihres Eigentumsrechts in erheblicher Weise eingeschränkt. Ihr durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Eigentumsrecht sei nicht mehr gewährleistet. Es handele es sich bei den Bestimmungen des GrdstVG nicht um eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Regelungen seien nicht erforderlich oder angemessen, um dem Eigentumsrecht im Interesse der Allgemeinheit und höherrangiger Rechtsgüter Schranken zu setzen oder den Inhalt des Eigentums näher zu bestimmen. Vielmehr bedürfe es dieser Regelungen des GrdstVG mehr als 40 Jahre nach ihrem In-Kraft-Treten nicht mehr, um die landwirtschaftliche Versorgung der Bevölkerung mit Agrarprodukten sicherzustellen. Dies ergebe sich auch aus der geringeren Bedeutung der Landwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland sowie der zunehmenden Europäisierung des Agrarsektors. Insgesamt sei die Landwirtschaft durch einen Rückgang der Anzahl von Haupterwerbslandwirten ebenso gekennzeichnet wie durch einen Rückgang der bewirtschafteten Flächen. Auch mit Blick auf die zunehmende Anzahl von Nebenerwerbslandwirten sei die Privilegierung von Haupterwerbslandwirten nicht mehr gerechtfertigt.

II.

Die Vorlage ist unzulässig.

1. a) Die Zulässigkeit einer Richtervorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 GG setzt zunächst voraus, dass die zur Prüfung gestellte Norm entscheidungserheblich ist. Der Vorlagebeschluss muss gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm eine andere Entscheidung treffen würde als bei ihrer Ungültigkeit und wie das Gericht dieses Ergebnis begründen würde (vgl. BVerfGE 7, 171 <173 f.> stRspr; vgl. auch BVerfGE 94, 315 <323>; 97, 49 <60>). Das Gericht muss sich dabei eingehend mit der einfachrechtlichen Rechtslage auseinander setzen und die in der neueren Literatur und neueren Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigen, die für die Auslegung der zur Prüfung vorgelegten Norm von Bedeutung sind (vgl. BVerfGE 65, 308 <316> stRspr; vgl. BVerfGE 94, 315 <323>; 97, 49 <60>). Ergeben sich Bedenken erst aus dem Zusammenwirken mehrerer Bestimmungen des einfachen Rechts, so müssen die mit der zur Prüfung gestellten Norm zusammenhängenden Vorschriften in die Darstellung der einfachrechtlichen Rechtslage einbezogen werden (vgl. BVerfGE 89, 329 <337>). Für die Frage der Entscheidungserheblichkeit ist die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts maßgeblich, es sei denn, es geht um ausschließlich verfassungsrechtliche Vorfragen oder die Rechtsauffassung des Vorlagegerichts ist offensichtlich unhaltbar (stRspr; vgl. BVerfGE 69, 150 <159>; 81, 40 <49>; 94, 315 <323>).

b) Ferner muss das Gericht deutlich machen, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist und aus welchen Gründen es zu dieser Auffassung gelangt ist. Auch insoweit bedarf es eingehender, neuere Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehender Darlegungen (BVerfGE 89, 329 <337>).

c) Schließlich muss auch die Überzeugung des vorlegenden Gerichts von der Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Norm näher begründet werden (vgl. BVerfGE 86, 52 <57>; BVerfGK 1, 251 <256>). Das Gericht muss die für seine Überzeugung maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar darlegen und sich dabei jedenfalls mit nahe liegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten auseinander setzen (vgl. BVerfGE 86, 52 <57>; 88, 198 <201>; 94, 315 <325>). Auch insoweit bedarf es eingehender, Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehender Darlegungen (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; BVerfGK 1, 251 <256>). Dabei sind gesteigerte Anforderungen an die Begründung zu stellen, wenn das Bundesverfassungsgericht die entscheidungserhebliche Norm bereits in der Vergangenheit überprüft und die Verfassungsmäßigkeit bejaht hat (vgl. BVerfGE 87, 341 <346>). So muss die Begründung von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgehen und darlegen, inwiefern sich die für die verfassungsrechtliche Beurteilung maßgebliche Lage geändert haben soll (vgl. BVerfGE 33, 199 <203 f.>; 39, 169 <181>; 65, 179 <181>; 78, 38 <48>).

d) Vor Anrufung des Bundesverfassungsgerichts muss das vorlegende Gericht zudem prüfen und im Vorlagebeschluss auch begründen, warum eine Verfassungswidrigkeit nicht auf andere Weise, etwa durch eine verfassungskonforme Auslegung der in Rede stehenden Vorschrift, vermieden werden kann (vgl. BVerfGE 86, 71 <77>; 90, 145 <170>). Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck nach den herkömmlichen Auslegungsmethoden mehrere Deutungen zu, von denen eine mit der Verfassung vereinbar ist, so ist diese der Entscheidung zugrunde zu legen (vgl. BVerfGE 83, 201 <215>; 88, 145 <166 f.>).

2. Diesen Anforderungen wird der Vorlagebeschluss nicht gerecht.

a) Das Amtsgericht hat die Entscheidungserheblichkeit nicht hinreichend begründet. Soweit es davon ausgeht, dass seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Normen abhängt, hat das Gericht versäumt, der Frage nachzugehen, ob tatsächlich nur eine Versagung der streitgegenständlichen Genehmigung im Fall der Verfassungsmäßigkeit der Norm in Betracht kommt. Auch die Annahme, dass nach Sinn und Zweck der maßgeblichen Bestimmungen des GrdstVG die Veräußerung an einen Nichtlandwirt grundsätzlich verhindert werden soll, übersieht jedenfalls, dass nach diesen Vorschriften von einem prinzipiellen Vorrang von Haupterwerbslandwirten nicht zwingend auszugehen ist (vgl. BGHZ 94, 292 ff.; 112, 86 ff.; 116, 348 ff.; BGH, Beschluss vom 8. Mai 1998 - BLw 42-97 -, NJW-RR 1998, S. 1470 f.; Beschluss vom 8. Mai 1998 - BLw 2-98 -, NJW-RR 1998, S. 1472 f.), sondern auch Nebenerwerbs- und Nichtlandwirte grundsätzlich als Erwerber in Betracht kommen. Der Vorlagebeschluss lässt auch jede Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Antragsteller vermissen, sie behielten sich eine Wiederbelebung des ursprünglichen Haupterwerbshofes vor.

b) Das gilt umso mehr, wenn man die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung der entscheidungserheblichen Normen in Betracht zieht. Das vorlegende Gericht prüft nicht, ob eine Auslegung der Normen möglich ist, die eine Verfassungswidrigkeit der Vorschriften vermeidet. Wie insbesondere die jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erkennen lässt, die die vom vorlegenden Gericht aufgezeigten tatsächlichen Veränderungen und gewandelten Zielvorstellungen in der Agrarpolitik mit Blick sowohl auf die Eigentumsgarantie als auch die Vertragsfreiheit zum Anlass einer Änderung seiner Rechtsprechung genommen hat, sind die Vorschriften nicht zwingend - wie das vorlegende Gericht meint - dahin zu verstehen, dass eine grundsätzliche Bevorzugung hauptberuflicher Landwirte vorgeschrieben wäre (vgl. BGHZ 112, 86 <90 f.>). Mit Rücksicht darauf hätte es nahe gelegen, sich insbesondere mit dem in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Kriterium der Leistungsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe (vgl. BGHZ 112, 86 <92>) auseinander zu setzen; dies schon deshalb, weil der Bundesgerichtshof das Abgrenzungsmerkmal der Leistungsfähigkeit gerade im Wege einer verfassungskonformen Gesetzesauslegung entwickelt hat (vgl. BGHZ 112, 86 <93>).

c) Gegen die Zulässigkeit der Vorlage bestehen im Übrigen auch Bedenken hinsichtlich der Darlegung der Überzeugung des vorlegenden Gerichts von der Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Normen.

aa) So fehlt zunächst eine Auseinandersetzung mit den im Schrifttum vertretenen Auffassungen zur Vereinbarkeit des Genehmigungsvorbehalts in § 2 GrdstVG und der Versagungstatbestände des § 9 Abs. 1 und 2 GrdstVG mit Art. 14 Abs. 1 GG, obwohl diese - soweit überhaupt problematisiert - bejaht wird (vgl. insoweit Netz, Grundstücksverkehrsgesetz - Praxiskommentar, 2002, § 2 Anm. 4.2.3; § 9 Anm. 4.9.1, 4.10.1).

bb) Der Vorlagebeschluss setzt sich aber auch nicht mit der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 94, 292 ff.; 112, 86 ff.; 116, 348 ff.; BGH, Beschluss vom 8. Mai 1998 - BLw 42-97 -, NJW-RR 1998, S. 1470 f.; Beschluss vom 8. Mai 1998 - BLw 2-98 -, NJW-RR 1998, S. 1472 f.) auseinander. Nicht zuletzt mit Blick auf die Prämisse des vorlegenden Gerichts, die Regelung in § 9 GrdstVG sei so zu interpretieren, dass die Veräußerung landwirtschaftlicher Grundstücke an Nichtlandwirte grundsätzlich zu missbilligen sei, hätte es einer Auseinandersetzung mit dieser neueren Rechtsprechung bedurft. Dies gilt gerade auch für die Erwägung im Vorlagebeschluss, dem Gesetz sei eine Privilegierung von Haupterwerbslandwirten gegenüber Nebenerwerbslandwirten zu entnehmen. Der Bundesgerichtshof vertritt demgegenüber die Auffassung, dass Haupt- und Nebenerwerbslandwirte grundsätzlich gleichermaßen und gleichrangig zur Sicherung einer bäuerlichen Betriebsstruktur beitragen können. Insoweit kommt es entscheidend auf die Leistungsfähigkeit des Betriebes an (vgl. BGHZ 112, 86 <91>). Der Vorlagebeschluss enthält hierzu keine Feststellungen und lässt auch eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Bundesgerichtshofs vermissen, wonach unter bestimmten Umständen auch ein Nichtlandwirt sonstigen leistungsfähigen landwirtschaftlichen Betrieben jedenfalls dann gleichgestellt werden kann, wenn konkrete und in absehbarer Zeit zu verwirklichende Absichten bestehen, eine leistungsfähige Nebenerwerbslandwirtschaft auszuüben (vgl. BGHZ 116, 348 <351>; BGH, Beschluss vom 8. Mai 1998 - BLw 2-98 -, NJW-RR 1998, S. 1472).

cc) An einer inhaltlichen Auseinandersetzung fehlt es zudem mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit der entscheidungserheblichen Normen. Danach handelt es sich bei § 9 GrdstVG um eine zulässige Inhaltsbestimmung landwirtschaftlichen Grundeigentums (vgl. BVerfGE 21, 73 <82 f.>; 21, 92 <93>). Der Gesetzgeber habe mit dieser Regelung den ihm eingeräumten verhältnismäßig weiten Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Das Bundesverfassungsgericht hebt darauf ab, dass das der Regelung immanente Ziel, eine ungesunde Bodenverteilung zu verhindern, auch dem Gedanken einer Eigentumsordnung entspreche, in der das Individualinteresse keinen unbedingten Vorrang vor den Interessen der Gemeinschaft hat (vgl. BVerfGE 21, 73 <83>). Allein mit der Erwägung, gegenwärtig könne nicht mehr von einer zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG deshalb ausgegangen werden, weil die zur Prüfung vorgelegten Bestimmungen 40 Jahre nach ihrem In-Kraft-Treten weder erforderlich noch angemessen seien, kann das vorlegende Gericht dem nicht mit Erfolg begegnen. Die Ausführungen des Gerichts lassen nicht erkennen, warum der Strukturwandel zur Verfassungswidrigkeit der Regelungen führen sollte. Gerade unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Strukturwandel in der Landwirtschaft und zu den damit verbundenen agrarpolitischen Auswirkungen (vgl. BGHZ 112, 86 <91>) wird deutlich, dass die Vorschriften vermittels der ausfüllungsbedürftigen Rechtsbegriffe offen sind, damit neueren Entwicklungen Rechnung getragen werden kann.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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