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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 28.01.2003
Aktenzeichen: 1 BvQ 2/03
Rechtsgebiete: BVerfGG


Vorschriften:

BVerfGG § 32
BVerfGG § 32 Abs. 1
BVerfGG § 93 d Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvQ 2/03 -

In dem Verfahren über den Antrag,

im Wege der einstweiligen Anordnung

den Vorsitzenden der 25. Strafkammer des Landgerichts Mannheim anzuweisen, dem Antragsteller im Rahmen einer so genannten Pool-Lösung zusammen mit einem Fotografen der großen Nachrichtenagenturen zu gestatten, in dem Strafverfahren 25 KLs 626 Js 2952/01 anlässlich der öffentlichen Sitzungen am 30. oder 31. Januar 2003 oder am Tage der Urteilsverkündung vor Beginn und nach Ende der Verhandlung sowie in den Sitzungspausen Fotografien der Angeklagten, der Richter, der Rechtsanwälte und der Staatsanwälte anzufertigen.

hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier, die Richterin Hohmann-Dennhardt und den Richter Hoffmann-Riem gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93 d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 28. Januar 2003 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe:

1. Der Antragsteller ist Journalist. Er verfolgt das Ziel, ihm in einem Strafverfahren die Bildberichterstattung zu ermöglichen.

Die Hauptverhandlung wurde am 14. Januar 2003 eröffnet. Der Vorsitzende gestattete an dem Tag vor Beginn der Verhandlung Fernseh-, Rundfunk- und Fotoaufnahmen. Während dieser Zeit befanden sich mit Ausnahme des Angeklagten S., der die Ablichtung seiner Person ablehnte, sämtliche Verfahrensbeteiligten im Sitzungssaal. Der Antragsteller war nicht anwesend.

Für den weiteren Verlauf der Hauptverhandlung ließ der Vorsitzende jedoch kraft mündlicher Anordnung keine Bildberichterstattung mehr zu. Am 27. Januar 2003 erging ergänzend eine schriftliche Verfügung des Vorsitzenden, in der dieser an dem Verbot weiterer Bildberichterstattung festhält. Zur Begründung heißt es, am ersten Verhandlungstag habe hierzu unbeschränkt Gelegenheit bestanden. Abgesehen vom Vertreter der Staatsanwaltschaft lehnten alle Verfahrensbeteiligten weitere Aufnahmen ab. Deren Persönlichkeitsrecht überwiege nunmehr.

2. Nach § 32 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

Der Eilantrag ist unbegründet. Der Ausschluss der Bildberichterstattung für den weiteren Verlauf der Hauptverhandlung stellt keinen hinreichend schweren Nachteil für das gemeine Wohl dar. Insoweit reicht nicht, dass der Antragsteller bisher keine Aufnahmen gefertigt hat, und zwar nach seiner Darstellung auf Grund einer Fehlinformation der Pressestelle des Gerichts. Dem Interesse der Öffentlichkeit an einer möglichst authentischen Berichterstattung unter Einschluss einer bildlichen Dokumentation der Geschehnisse im Sitzungssaal ist durch die am ersten Sitzungstag erfolgten Aufnahmen schon Rechnung getragen worden. Der Antragsteller hat nicht dargelegt, dass aus besonderen Gründen eine darüber hinausgehende Bildberichterstattung erforderlich sei. Er hat ebenfalls nicht dargelegt, warum es im öffentlichen Interesse dringend geboten sei, auch den Angeklagten S. abzubilden. Selbst wenn dieser als relative Person der Zeitgeschichte anzusehen sein sollte, wie der Antragsteller meint, folgt daraus allein nicht ein Recht eines Journalisten zur Herstellung von Aufnahmen. Im Gerichtsverfahren gewinnt der Persönlichkeitsschutz des Angeklagten eine über den allgemein in der Rechtsordnung anerkannten Schutzbedarf hinausgehende Bedeutung (vgl. BVerfGE 103, 44 <68>).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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