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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 23.08.2000
Aktenzeichen: 1 BvR 68/95
Rechtsgebiete: BVerfGG, AktG a.F., AktG, UmwG, GG
Vorschriften:
BVerfGG § 93 b | |
BVerfGG § 93 a | |
BVerfGG § 93 a Abs. 2 Buchstabe b | |
AktG a.F. § 361 | |
AktG § 262 Abs. 1 Nr. 2 | |
AktG § 305 | |
AktG § 306 | |
AktG § 179 a | |
AktG a.F. § 361 | |
AktG § 317 | |
AktG § 243 Abs. 2 | |
AktG § 320 b | |
UmwG § 29 | |
GG Art. 14 | |
GG Art. 14 Abs. 1 | |
GG Art. 14 Abs. 1 Satz 1 | |
GG Art. 14 Abs. 1 Satz 2 |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 68/95 - - 1 BvR 147/97 -
In den Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerden
der S... e.V. , vertreten durch den Vorsitzenden des Vorstands
- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Hans Norbert Götz,Ludwig-Wilhelm-Straße 1, Baden-Baden -
1. gegen
a) den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 5. Dezember 1994 - II ZR 8/94 -,
b) das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 21. Dezember 1993 - 10 U 48/93 -
- 1 BvR 68/95 -,
2. gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 4. Dezember 1996 - 8 W 43/93 -
- 1 BvR 147/97 -
hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Papier und die Richter Steiner, Hoffmann-Riem gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 23. August 2000 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden betreffen zivilgerichtliche Entscheidungen, mit denen die Veräußerung des gesamten Vermögens einer Aktien-gesellschaft an eine Tochtergesellschaft der Mehrheitsaktionärin mit anschließender Liquidation der Aktiengesellschaft aktienrechtlich gebilligt wurde.
I.
1. Der Beschwerdeführer war als Minderheitsaktionär an der Beklagten des Ausgangsverfahrens (= frühere Moto Meter AG) beteiligt. Beherrscht wurde die Beklagte von der Bosch GmbH, die zum Zeitpunkt der maßgeblichen Hauptversammlung knapp 99 % des Aktienkapitals hielt. Im Mai 1992 machte die Bosch GmbH den noch verbliebenen Minderheitsaktionären das Angebot, deren Aktien für 615 DM zu übernehmen. Zuvor hatte ein von der Beklagten in Auftrag gegebenes Gutachten einen Anteilswert in Höhe von 475 DM je Aktie ermittelt.
Unabhängig davon gründete die Bosch GmbH eine - später als Moto Meter GmbH firmierende - Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an welche die Moto Meter AG sodann für einen Preis von 120 Mio. DM ihr gesamtes Vermögen verkaufte. Das entsprach aus Sicht der Moto Meter-Aktionäre einem Preis von 500 DM je Aktie. Zugleich beschloss die Bosch GmbH als Mehrheitsaktionärin der Moto Meter AG, diese zu liquidieren. Die erforderlichen Beschlüsse zur Vermögensübertragung gemäß § 361 AktG a.F. sowie zur Liquidation nach § 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG wurden auf der Hauptversammlung der Beklagten vom 6. Juli 1992 gegen die Stimmen unter anderem des Beschwerdeführers mit einer Mehrheit von mehr als 99 % getroffen.
In dem Ausgangsverfahren, das zu der Verfassungsbeschwerde 1 BvR 68/95 führte, ging der Beschwerdeführer gegen die zustimmenden Beschlüsse der Hauptversammlung mit einer Anfechtungsklage vor. In dem Ausgangsverfahren, das zu der Verfassungsbeschwerde 1 BvR 147/97 führte, beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung einer angemessenen Abfindung für die Minderheitsaktionäre der Beklagten.
2. Beide Anträge des Beschwerdeführers blieben erfolglos. In dem Anfechtungsverfahren sah das Oberlandesgericht in dem Vorgehen der Mehrheitsaktionärin, das im Folgenden im Anschluss an Lutter/Drygala, Festschrift für Bruno Kropff, 1997, S. 191 ff., abkürzend als "übertragende Auflösung" bezeichnet wird, keine unzulässige Umgehung der rechtsform-ändernden oder verschmelzenden Umwandlung einer Aktiengesellschaft. Es gebe keinen Zwang, die von der Mehrheitsaktionärin angestrebte Eingliederung der Beklagten in ihren Konzern auf einem bestimmten Weg, etwa nach den Vorschriften des Umwandlungsrechts, zu bewirken. Die schutzwürdigen Interessen der Minderheitsaktionäre seien durch die übertragende Auflösung nicht in rechtswidriger Weise beeinträchtigt. Der Auflösungsbeschluss sei auch nicht auf Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit hin zu überprüfen. Die Mehrheitsaktionärin habe überdies nicht gegen ihre gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstoßen. Schließlich sei der Einwand des Beschwerdeführers, bei einer Vermögensübertragung habe jedenfalls eine Wertkontrolle analog §§ 305, 306 AktG zu erfolgen, auch unter Berücksichtigung von Art. 14 GG verfehlt (vgl. im Einzelnen OLG Stuttgart, ZIP 1995, S. 1515 - Moto Meter I -, sowie das vorangegangene, in DB 1993, S. 472 veröffentlichte Urteil des Landgerichts). Der Bundesgerichtshof hat die dagegen gerichtete Revision mit dem angegriffenen Beschluss nicht zur Entscheidung angenommen.
Den Antrag, im Fall einer übertragenden Auflösung jedenfalls eine angemessene Abfindung festzusetzen, verwarf das Landgericht als unzulässig (vgl. DB 1993, S. 473). Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen (veröffentlicht in: ZIP 1997, S. 362 - Moto Meter II). Dieser Beschluss ist Gegenstand der Verfassungsbeschwerde 1 BvR 147/97. Dabei führte das Oberlandesgericht im Einzelnen aus, dass das geltende Recht für den von der Mehrheitsaktionärin gewählten Weg der übertragenden Auflösung einen Anspruch auf angemessene Abfindung und ein darauf gerichtetes Spruchverfahren nicht vorsehe. Ein solcher Anspruch sei auch nicht im Weg der Gesamtanalogie aus aktien- und umwandlungsrechtlichen Vorschriften, etwa aus den §§ 305, 306 AktG, abzuleiten. Jedenfalls § 179 a AktG, der an die Stelle des § 361 AktG a.F. getreten sei und ebenfalls keinen Anspruch auf angemessene Abfindung vorsehe, zeige, dass der Gesetzgeber die Vermögensübertragung mit gleichzeitiger Liquidation nicht mit einem Abfindungsanspruch für die Minderheitsaktionäre verbinden wollte. Ein Abfindungsanspruch ergebe sich auch nicht aus der Verfassung. Den verfassungsrechtlich notwendigen Schutz der Aktionärsminderheit gegen Vermögensverluste infolge eines Missbrauchs wirtschaftlicher Macht bildeten hauptsächlich die §§ 317, 243 Abs. 2 AktG.
3. Mit seinen Verfassungsbeschwerden rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung mehrerer Grundrechte, namentlich von Art. 14 Abs. 1 GG. Er trägt im Wesentlichen vor:
Er und die übrigen Minderheitsaktionäre seien gegen ihren Willen unter dem Vorwand einer angeblichen Liquidation aus der Gesellschaft ausgebootet worden. Dabei habe die Großaktionärin nicht die aktien- und umwandlungsrechtlich vorgesehenen Wege, sondern den überraschenden Weg der Liquidation gewählt. Darin liege eine verfassungswidrige Gesetzesumgehung. Ohne die vielfältigen gesetzlichen Schutzvorkehrungen, insbesondere des Umwandlungsrechts, sei das Aktieneigentum der Minderheitsaktionäre dem willkürlichen Zugriff eines Mehrheitsaktionärs ausgeliefert. Bei der "Moto Meter-Methode" bestimme der Großaktionär den Preis für das Gesellschaftsvermögen und damit mittelbar den Liquidationserlös ohne jede Kontrolle. Das sei nicht nur treuwidrig, da die Minderheitsaktionäre keine ernsthafte Möglichkeit gehabt hätten, das Gesellschaftsvermögen selbst zu erwerben, sondern auch verfassungswidrig. § 179 a AktG sei daher aus verfassungsrechtlichen Gründen so auszulegen, dass die Vorschrift ausschließlich die Vermögensübertragung an Dritte, nicht aber eine Vermögensübertragung im Rahmen konzerninterner Strukturveränderungen erlaube. Jedenfalls aber müssten die Gerichte die von der Mehrheitsaktionärin gefassten Beschlüsse auf eine sachliche Rechtfertigung hin überprüfen. Schließlich verletze es seine Verfassungsrechte, dass die Gerichte in dem Ausgangsverfahren 1 BvR 147/97 noch nicht einmal die wirtschaftlichen Bedingungen seiner Ausbootung aus der Moto Meter AG einer gerichtlichen Kontrolle unterzogen hätten.
II.
Die Voraussetzungen für eine Annahme der Verfassungsbeschwerden liegen nicht vor. Den Verfassungsbeschwerden kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die von ihnen aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen betreffen vor allem den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG in Zusammenhang mit dem Aktieneigentum von Minderheitsaktionären und sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinreichend geklärt (vgl. zuletzt BVerfGE 100, 289). Die Annahme der Verfassungsbeschwerden ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann der Fall, wenn die geltend gemachte Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten besonderes Gewicht hat oder den Beschwerdeführer in existentieller Weise betrifft (BVerfGE 90, 22 <25>). Beides kann hier ausgeschlossen werden.
1. Die angegriffenen Entscheidungen sind allerdings nicht frei von verfassungsrechtlichen Bedenken.
a) Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab ist in erster Linie Art. 14 Abs. 1 GG, der das Eigentum gewährleistet. Auch das in der Aktie verkörperte Anteilseigentum gehört nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in den grundrechtlichen Schutzbereich. Der Schutz erstreckt sich dabei sowohl auf die mitgliedschaftliche Stellung als auch auf die vermögensrechtlichen Ansprüche, welche das Aktieneigentum vermittelt (vgl. BVerfGE 100, 289 <301 f.>). Die "übertragende Auflösung", wie sie von der Großaktionärin im vorliegenden Fall praktiziert und von den Gerichten gebilligt worden ist, tangiert sowohl die mitgliedschaftliche Stellung der Minderheitsaktionäre, weil diese gegen ihren Willen die Beteiligung an der Gesellschaft verlieren, als auch deren vermögensrechtliche Position, weil und soweit sie auf Grund der von der Mehrheitsaktionärin gewählten Methode unter Umständen bei der Verteilung des Liquidationserlöses keine volle Kompensation für den Verlust ihrer Gesellschaftsbeteiligung erhalten.
aa) Mit Blick auf das mitgliedschaftliche Bestandsinteresse bestehen gegen die "Moto Meter-Methode" von Verfassungs wegen keine Bedenken.
(1) Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG schließt es nicht grundsätzlich aus, eine Aktionärsminderheit gegen ihren Willen aus einer Aktiengesellschaft zu drängen. Das hat das Bundesverfassungsgericht zuletzt mit Blick auf die Vorschriften über die Eingliederung (§§ 320 ff. AktG) festgestellt (vgl. BVerfGE 100, 289 <302 f.>). Es gilt aber auch dann, wenn ein Großaktionär - statt die mit entsprechenden gesetzlichen Schutzvorkehrungen ausgestatteten Wege der Eingliederung oder Verschmelzung nach dem Umwandlungsgesetz zu beschreiten - eine "übertragende Auflösung" wählt und dabei - wie vom Beschwerdeführer unterstellt - das Ziel verfolgt, die wenigen (verbliebenen) Minderheitsaktionäre möglichst einfach aus der Gesellschaft zu drängen.
Das Anliegen, eine kleine Zahl von Minderheitsaktionären aus der Gesellschaft auszuschließen, hat der Gesetzgeber - etwa in den Bestimmungen zur Eingliederung - als grundsätzlich berechtigt anerkannt. Dies beruht auf der Einschätzung, dass Minderheitsaktionäre die Durchsetzung unternehmerischer Entscheidungen gegen die Stimmenmehrheit des Hauptaktionärs im Regelfall zwar nicht verhindern können, dass aber schon ihre Existenz für den Großaktionär erheblichen Aufwand, potentielle Schwierigkeiten und unter Umständen die Verzögerung der von ihm als sinnvoll erachteten unternehmerischen Maßnahmen mit sich bringt: Nach dem Aktien- und Umwandlungsgesetz ist eine Vielzahl von Aktionärsrechten, etwa das Recht, eine Anfechtungsklage gemäß § 243 ff. AktG zu erheben, nicht an ein Quorum gebunden, sondern kann auch von Aktionären mit nur einer einzigen Aktie wahrgenommen werden. Umgekehrt sind zahlreiche Maßnahmen, die im Interesse eines Großaktionärs liegen können, erheblich erleichtert, wenn sich alle Aktien in der Hand eines Aktionärs befinden oder jedenfalls mit Gegenstimmen von Minderheitsaktionären nicht zu rechnen ist (vgl. nur im Zusammenhang mit Unternehmensverträgen die Vorschriften der §§ 293 a Abs. 3, 304 Abs. 1 Satz 3 AktG, die Möglichkeit der Eingliederung nach § 319 Abs. 1 Satz 1 AktG oder die umwandlungsrechtlichen Erleichterungen der Verschmelzung in §§ 5 Abs. 2, 8 Abs. 3 Satz 1, § 9 Abs. 3 UmwG). Wenn (noch) Minderheitsaktionäre vorhanden sind, müssen zudem nach der so genannten Holzmüller-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundlegende Strukturveränderungen der Gesellschaft durch einen Beschluss der Hauptversammlung gebilligt werden (vgl. dazu Hüffer, AktG, 4. Aufl. 1999, § 119 Rn. 16 ff.). Das Zustimmungserfordernis eröffnet den Minderheitsaktionären die Möglichkeit, den erforderlichen Beschluss mit der Anfechtungsklage anzugreifen und kann so zu einer manchmal mehrjährigen Verzögerung der gewünschten unternehmerischen Maßnahme führen.
(2) Soweit der Gesetzgeber dem Großaktionär durch aktienrechtliche Regelungen die "übertragende Auflösung" ermöglicht, müssen dem aber Schutzvorkehrungen zugunsten der Minderheitsaktionäre gegenüber stehen. Die vorrangige Berücksichtigung der Interessen des Großaktionärs ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn dies mit hinreichenden Schutzrechten auch für die Minderheitsaktionäre verbunden ist (vgl. BVerfGE 100, 289 <303>). Diese dürfen allerdings auf die Vermögenskomponente der Beteiligung konzentriert werden.
Die herrschaftsrechtliche Seite des Aktieneigentums ist für Kleinaktionäre ohnehin begrenzt, da sie auf die Unternehmenspolitik regelmäßig keinen relevanten Einfluss nehmen können. Das Aktieneigentum ermöglicht ihnen durch die Kapitalanlage eine Sphäre individueller Freiheit in finanzieller Hinsicht (vgl. BVerfGE 100, 289 <305>). Die große Verkehrsfähigkeit der Aktie erlaubt es den Kleinaktionären, sich mit ihrem Kapital nicht auf längere Sicht zu binden und es gegebenenfalls nach freiem Belieben neu zu investieren (vgl. BVerfGE 100, 289 <305>). Werden Minderheitsaktionäre durch die "übertragende Auflösung" aus der Aktiengesellschaft gedrängt, so beeinträchtigt dies zwar auch die mit jeder Mitgliedschaft verbundene, bei Minderheitsaktionären aber nur begrenzt bedeutsame Leitungs- und Herrschaftskomponente. Im Vordergrund steht aber die Vermögenskomponente der Anlage, nämlich die Auswahlentscheidung des Aktieneigentümers hinsichtlich seiner Kapitalanlage (vgl. Lutter/Drygala, a.a.O., S. 210).
Diese Beeinträchtigung ist im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 GG gegen die von Minderheitsaktionären ausgehende mögliche Beeinträchtigung der rechtlich geschützten Interessen des Großaktionärs abzuwägen. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Beeinträchtigung der Minderheitsaktionäre hinsichtlich ihrer Kapitalanlage im Licht dieses Grundrechts nicht als besonders schwer bewertet wird, sofern die Aktionäre eine dem Wert ihrer Aktien entsprechende Entschädigung erhalten. Dann ist es ihnen in aller Regel möglich, eine alternative Kapitalanlage in einem Unternehmen gleicher oder ähnlicher Ausrichtung zu finden, jedenfalls in Zeiten eines funktionierenden Kapitalmarktes. Die rechtliche Bewertung ändert sich nicht dadurch, dass die Gesellschaft, aus der der Minderheitsaktionär gedrängt wird, eine besonders gute Rentabilität verspricht. Bloße, in dem aktuellen Wert des konkreten Eigentums noch nicht abgebildete Gewinnerwartungen und in der Zukunft liegende Verdienstmöglichkeiten sowie Chancen und Gegebenheiten, innerhalb derer ein Unternehmer seine Tätigkeit entfaltet, liegen grundsätzlich außerhalb des Schutzbereichs der Eigentumsgarantie (vgl. nur BVerfGE 45, 142 <173>; 68, 193 <222>; 77, 84 <118>); dies gilt auch für das Aktieneigentum.
(3) In Abwägung der jeweiligen Interessen begegnet es daher entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der Gesetzgeber es vermöge § 179 a AktG (früher § 361 AktG a.F.) einem Mehrheitsaktionär, der wie hier über 99 % der Aktien besitzt, ermöglicht, die restlichen freien Aktionäre aus der Gesellschaft zu drängen. Die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften halten sich innerhalb der dem Gesetzgeber durch Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG eingeräumten Befugnis, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen. Das Interesse der Minderheitsaktionäre kann insoweit hinter das Interesse des Großaktionärs an der freien Entfaltung seiner unternehmerischen Initiative zurückgestellt werden, als dabei die schutzwürdigen Interessen der zum Ausscheiden gezwungenen Aktionäre gewahrt bleiben. Das verlangt neben einem wirksamen Schutz gegen einen Missbrauch wirtschaftlicher Macht vor allem eine Entschädigung für den Verlust der Rechtsposition (vgl. BVerfGE 100, 289 <303>).
bb) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die angegriffenen Entscheidungen zur Handhabung der "Moto Meter-Methode" bestehen allerdings mit Blick auf den Schutz des Vermögensinteresses der Minderheitsaktionäre. Das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG erfordert, dass Minderheitsaktionäre, die gegen ihren Willen aus der Gesellschaft, an der sie beteiligt sind, gedrängt werden, wirtschaftlich "voll" entschädigt werden. Es muss Sicherungen dafür geben, dass ein zum Ausscheiden gezwungener Aktionär erhält, was seine gesellschaftliche Beteiligung an dem arbeitenden Unternehmen wert ist (vgl. BVerfGE 100, 289 <303>).
(1) Dieses verfassungsrechtliche Erfordernis stellt allerdings die Verfassungskonformität von § 179 a AktG (§ 361 AktG a.F.) nicht in Frage. Die Vorschrift sieht zwar - anders als etwa § 320 b AktG oder § 29 UmwG - für die betroffenen Minderheitsaktionäre keinen Anspruch auf Abfindung oder eine gerichtliche Kontrolle des für die Vermögensübertragung erzielten Veräußerungserlöses im Rahmen eines Spruchverfahrens entsprechend § 306 AktG vor. Das wirft im Regelfall keine verfassungsrechtlichen Probleme auf, weil bei einer Veräußerung des Gesellschaftsvermögens an einen unbeteiligten Dritten ein Schutzbedürfnis für die Minderheitsaktionäre nicht entsteht. Der Schutz der Minderheitsaktionäre besteht dann regelmäßig darin, dass auch der Großaktionär einen möglichst hohen Preis für das Gesellschaftsvermögen erzielen will. Dieser Schutz versagt aber in grundsätzlicher Weise, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Gesellschaftsvermögen letztlich an den Großaktionär verkauft wird und dadurch zwischen den Gesellschaftergruppen in Bezug auf den Veräußerungserlös keine Interessenhomogenität, sondern ein Interessenkonflikt besteht. Die schutzwürdigen Rechte der zum Ausscheiden gezwungenen Minderheitsaktionäre würden in verfassungswidriger Weise beeinträchtigt, wenn der Großaktionär diesen Interessengegensatz ohne jede gerichtliche Kontrolle nach seinem Belieben auflösen könnte.
Die Gerichte haben daher - ähnlich wie im Rahmen eines aktienrechtlichen Spruchverfahrens gemäß § 306 AktG - von Verfassungs wegen zu prüfen, ob eine Mehrheitsaktionärin im Fall der "auflösenden Übertragung" für das Gesellschaftsvermögen einen Preis zahlt, der dem Wert der Unternehmensbeteiligung der Aktionäre entspricht. Eine solche Prüfung wird nicht dadurch entbehrlich, dass die betroffene Aktiengesellschaft ihren Wert zuvor im Rahmen eines Gutachtens durch sachverständige Prüfer hat ermitteln lassen (vgl. Lutter/Drygala, a.a.O., S. 206). Ebenso wenig kann der Umstand, dass theoretisch auch die Minderheitsaktionäre selbst oder Dritte das Gesellschaftsvermögen hätten erwerben können und von daher einer einseitigen Preisfestsetzung des Großaktionärs Vorschub geleistet sei, eine gerichtliche Kontrolle ersetzen. Soweit es sich dabei - aus welchen Gründen auch immer - wie im vorliegenden Fall nur um eine theoretische Möglichkeit handelt, vermag sie allein den Schutz der Minderheitsaktionäre nicht sicherzustellen.
(2) Die Regelungen des Aktienrechts stehen einer gerichtlichen Kontrolle des vom Großaktionär gezahlten Preises für das Gesellschaftsvermögen nicht entgegen. Nach der Systematik des Aktiengesetzes findet eine gerichtliche Wertkontrolle zwar vornehmlich im Rahmen eines Spruchverfahrens gemäß § 306 AktG statt, der mit Blick auf die "übertragende Auflösung" nach § 179 a AktG keine unmittelbare Anwendung findet. Nach einer - wenn auch umstrittenen - Auffassung können die Regelungen über das aktienrechtliche Spruchverfahren auf die "übertragende Auflösung" aber analog angewandt werden (vgl. BayObLG, ZIP 1998, S. 2002 <2004>, das allerdings einen entsprechenden materiellen Anspruch verneint; Wiedemann, ZGR 1978, S. 477 <492>; Windbichler, AG 1981, S. 169; wohl auch Lutter/Leinekugel, ZIP 1999, S. 261 <266>; anders noch Lutter/Drygala, a.a.O., S. 215). Es lässt sich - entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts in der Moto Meter II-Entscheidung - nicht feststellen, dass eine analoge Anwendung des § 306 AktG zwingend ausscheidet, weil der Gesetzgeber bei der Novellierung der Vorschrift (von § 361 AktG a.F. zu § 179 a AktG) trotz Kenntnis des Problems auf die Regelung eines Abfindungsanspruchs und Spruchverfahrens verzichtet hat. Aus der Gesetzgebungsgeschichte lässt sich jedenfalls nicht ableiten, der Gesetzgeber habe die Minderheitsaktionäre im Fall der "auflösenden Übertragung" um ein (gerichtlich nachprüfbares) Abfindungsangebot bringen wollen (vgl. Wiedemann, ZGR 1999, S. 857 <863 ff.>). Gleichwohl ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, den Weg einer analogen Anwendung des § 306 AktG zu begehen. Entscheidend ist, dass die Rechtsordnung hinreichende Schutzvorkehrungen für die Minderheitsaktionäre bereithält. Die gerichtliche Kontrolle kann auch im Rahmen einer Anfechtungsklage erfolgen. Sollten die Gerichte sich allerdings aus aktienrechtlichen Gründen an einer Wertkontrolle des vom Großaktionär gezahlten Kaufpreises gehindert sehen, haben sie die "übertragende Auflösung", wie sie hier praktiziert worden ist, auf eine Anfechtungsklage hin zu unterbinden, weil andernfalls die schutzwürdigen Eigentumsbelange der Minderheitsaktionäre nicht hinreichend gewahrt wären.
b) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen werden die angegriffenen Entscheidungen nicht gerecht.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist es aus verfassungsrechtlicher Sicht allerdings nicht zu beanstanden, dass die Gerichte die "übertragende Auflösung" im Prinzip für zulässig erachtet haben. Es ist von Verfassungs wegen nicht zwingend erforderlich, den Anwendungsbereich von § 179 a AktG auf Fälle zu beschränken, in denen das gesamte Vermögen an einen "unbeteiligten Dritten" veräußert wird. Da Art. 14 Abs. 1 GG keinen Schutz gegen das "Hinausdrängen" aus einer Gesellschaft gewährt, bestehen gegen die "übertragende Auflösung" keine prinzipiellen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Ebenso wenig begegnet es verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die Gerichte eine Prüfung der "übertragenden Auflösung" auf eine sachliche Rechtfertigung hin abgelehnt haben. Soweit die Zivilgerichte bestimmte Beschlüsse der Hauptversammlung von Aktiengesellschaften dem Erfordernis einer besonderen "sachlichen Rechtfertigung" unterwerfen, ist dies nicht durch Art. 14 Abs. 1 GG geboten. Aus dem Grundrecht folgt allein, dass Minderheitsaktionäre gegen den Missbrauch wirtschaftlicher Macht geschützt werden müssen (vgl. BVerfGE 14, 263 <283>; 100, 289 <303>). Ein Missbrauch wirtschaftlicher Macht kann aber nicht allein darin gesehen werden, dass ein Mehrheitsaktionär mit seiner Stimmenmehrheit das Ziel verfolgt, sich seiner wenigen verbliebenen Minderheitsaktionäre zu entledigen. Dafür kann es - wie dargestellt - eine Reihe legitimer Gründe geben.
Verfassungsrechtlich bedenklich ist es aber, dass das Oberlandesgericht weder im Anfechtungsverfahren noch in dem Verfahren, in dem der Beschwerdeführer die Festsetzung einer angemessenen Abfindung beantragt hatte, geprüft hat, ob die Beklagte für ihr Gesellschaftsvermögen von der Mehrheitsaktionärin einen Preis erhalten hat, der dem Wert des arbeitenden Unternehmens entsprach. Der Großaktionärin war es dadurch möglich, den Preis für das Gesellschaftsvermögen und damit mittelbar den Liquidationserlös letztlich selbst und ohne jegliche Kontrolle, sei es durch Marktmechanismen, sei es durch ein Gericht, zu bestimmen. Das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Recht des Beschwerdeführers, für den Verlust seiner Gesellschaftsbeteiligung wirtschaftlich voll kompensiert zu werden, war damit nicht hinreichend gesichert.
2. Gleichwohl ist die Annahme der Verfassungsbeschwerden nicht angezeigt.
Der Beschwerdeführer war durch die "übertragende Auflösung" vor allem in seinem Vermögensinteresse beeinträchtigt. Ausweislich des Teilnehmerverzeichnisses der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 6. Juli 1992 war er an der Gesellschaft nur mit zwei Aktien beteiligt. Da er im Zuge der Liquidation einen Gegenwert von etwa 500 DM je Aktie erhalten hat, nach seinem eigenen Vorbringen im Ausgangsverfahren aber 800 DM hätte erhalten müssen, ist sein (möglicher) finanzieller Nachteil gering. Eine existentielle Betroffenheit durch die angegriffenen Entscheidungen scheidet aus. Dass der Beschwerdeführer diese beiden Aktien erworben haben könnte, um in erster Linie als Sachwalter der Interessen auch anderer Kleinaktionäre aufzutreten, ändert diese Betrachtung nicht. Die Aktie als Bruchteil des Grundkapitals (§ 1 Abs. 2 AktG) ist eine vermögensrechtliche Beteiligung, deren aktienrechtliche Behandlung von den Motiven des Erwerbs abgelöst ist. Aktienrechtlich sind die Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln (§ 53 a AktG). Die Entscheidung des Beschwerdeführers, den erstrebten Einfluss auf das Gesellschaftsverhalten mit nur zwei Aktien erreichen zu wollen, wirkt daher auf die Möglichkeiten des rechtlichen Schutzes seiner Vermögensinteressen bei der Anwendung von § 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zurück. Dass es ihm darüber hinausgehend um grundsätzliche Fragen des Schutzes von Aktionären ging, ist für die Annahme der Verfassungsbeschwerden unerheblich, wenn ihnen keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung im Sinn des § 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG zukommt.
Angesichts der verschwindend geringen Gesellschaftsbeteiligung ist es auch weder ersichtlich noch dargetan, dass die angegriffenen Entscheidungen mit Blick auf den Beschwerdeführer geeignet wären, ihn von der Ausübung seiner Grundrechte, also von der künftigen Beteiligung an Aktiengesellschaften, abzuhalten. Schließlich lässt sich trotz der verfassungsrechtlichen Bedenken auch nicht feststellen, dass die Gerichte den Schutzbereich des Grundrechts grob verkannt hätten. Die Gerichte haben das Schutzbedürfnis der Minderheitsaktionäre nicht vollends missachtet, sahen aber die aktienrechtlichen Regelungen, namentlich die Möglichkeit von Schadensersatzansprüchen, als ausreichenden Schutz an. Das deutet nicht auf eine generelle Vernachlässigung von Grundrechten oder krasse Verletzung von rechtsstaatlichen Grundsätzen hin, die das Bundesverfassungsgericht zum Einschreiten veranlassen müsste. Die Voraussetzungen, unter denen das Bundesverfassungsgericht eine Annahme der Verfassungsbeschwerden zur Durchsetzung von Grundrechten für angezeigt hält (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>), liegen daher nicht vor.
3. Für eine Verletzung der übrigen als verletzt gerügten Grundrechte ist nichts ersichtlich. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen (§ 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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