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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 16.07.2004
Aktenzeichen: 1 BvR 1127/01
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 1127/01 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen a) das Urteil des Bundessozialgerichts vom 31. Januar 2001 - B 6 KA 24/00 R -,

b) das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18. August 1999 - L 12 KA 109/97 -,

c) das Urteil des Sozialgerichts München vom 20. August 1997 - S 32 Ka 1364/96 -,

d) den Bescheid der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns vom 2. Januar 1996 - 34c - in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 1996 - 8.3/120/96 66/44049 -

hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richterin Jaeger und die Richter Hömig, Bryde am 16. Juli 2004 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich dagegen, dass ihm als Vertragsarzt die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung kernspintomographischer Leistungen an gesetzlich Versicherten versagt wird.

1. a) § 135 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S. 2266) lautete:

Für ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die ihrer Eigenart nach besondere Kenntnisse und Erfahrungen des Arztes voraussetzen, vereinbaren die Vertragspartner der Bundesmantelverträge einheitliche Qualifikationserfordernisse für die an der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte. Nur Ärzte, die die Qualifikation erfüllen, dürfen die Leistungen abrechnen.

Durch das Zweite Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 23. Juni 1997 (BGBl I S. 1520) wurde § 135 Abs. 2 SGB V wie folgt gefasst:

Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis) sowie einer besonderen Praxisausstattung oder weiterer Anforderungen an die Strukturqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen.

Angefügt durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14. November 2003 (BGBl I S. 2190, 2221) wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2004 § 135 Abs. 2 Satz 4 SGB V. Danach können die Vertragspartner der Bundesmantelverträge zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Damit soll nach der amtlichen Begründung (BTDrucks 15/1525, S. 124) die enge Bindung an das landesrechtliche Weiterbildungsrecht gelockert werden, indem den Vertragspartnern ermöglicht wird, die Durchführung bestimmter Leistungen auf die Fachärzte zu konzentrieren, für die diese Leistungen nicht nur zum Rand, sondern zum Kern ihres Fachgebiets gehören, wenn dadurch die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Erbringung dieser Leistungen verbessert wird.

b) In der bis zum 31. März 2001 geltenden Fassung setzte § 4 der Vereinbarung von Qualifikationsvoraussetzungen gemäß § 135 Abs. 2 SGB V zur Durchführung von Untersuchungen in der Kernspintomographie (im Folgenden: Kernspin-Vb) voraus, dass entweder eine Weiterbildung in einem Fachgebiet absolviert wurde, für das eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Kernspintomographie vorgeschrieben waren, oder eine mindestens 12monatige Tätigkeit in der diagnostischen Radiologie unter Anleitung eines zur Weiterbildung im Fachgebiet "Diagnostische Radiologie" oder "Neuroradiologie" ermächtigten Arztes und eine mindestens 12monatige ganztägige Tätigkeit in der kernspintomographischen Diagnostik unter Anleitung eines zur Weiterbildung im Fachgebiet "Diagnostische Radiologie" oder "Nuklearmedizin" oder "Neuroradiologie" ermächtigten Arztes ausgeübt wurde. Die fachliche Qualifikation musste in einem Kollo- quium nachgewiesen werden (§ 4 Abs. 5 Kernspin-Vb).

Seit dem 1. April 2001 fordert § 4 Abs. 1 Kernspin-Vb zum Nachweis für die fachliche Befähigung zur Ausführung und Abrechnung von kernspintomographischen Untersuchungen die selbständige Indikationsstellung, Durchführung und Befundung einer bestimmten Anzahl kernspintomographischer Untersuchungen unter Anleitung. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Kernspin-Vb ist Voraussetzung weiter die Berechtigung zum Führen der Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnung Diagnostische Radiologie, Kinderradiologie, Neuroradiologie oder Nuklearmedizin. Nachzuweisen ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 Kernspin-Vb auch eine mindestens 24monatige ganztägige Tätigkeit in der kernspintomographischen Diagnostik unter Anleitung. Hierauf kann eine 12monatige ganztägige Tätigkeit in der computertomographischen Diagnostik unter Anleitung angerechnet werden. Schließlich ist die erfolgreiche Teilnahme an einem Kolloquium erforderlich (§ 4 Abs. 1 Nr. 5 Kernspin-Vb).

c) Das Gebiet der Orthopädie umfasst nach seiner Definition in der Weiterbildungsordnung für die Ärzte Bayerns die Prävention, Erkennung und Behandlung von angeborenen und erworbenen Formveränderungen und Funktionsstörungen, Erkrankungen, Verletzungen und Verletzungsfolgen der Stütz- und Bewegungsorgane und die Rehabilitation. Als Inhalt und Ziel der Weiterbildung werden beschrieben Vermittlung, Erwerb und Nachweis eingehender Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Diagnostik und Therapie von Krankheiten, Verletzungen und Verletzungsfolgen der Stütz- und Bewegungsorgane sowie ihrer Verlaufsformen einschließlich der pathophysiologischen und pathologisch-anatomischen Grundlagen, der Biomechanik, speziellen Untersuchungsverfahren und bildgebenden Verfahren des Gebiets einschließlich des Strahlenschutzes, den konservativen Behandlungsmethoden, der Herz-Lungen-Wiederbelebung und Schockbehandlung, der physikalischen Therapie, der technischen Orthopädie, der gebietsbezogenen Rehabilitation einschließlich der selbständigen Durchführung der üblichen nichtspeziellen orthopädischen Operationen sowie dem Grundleistungs- und speziellen Labor des Gebiets. In dem anschließenden Katalog sind sodann unter anderem genannt die diagnostische Radiologie des Gebietes einschließlich des Strahlenschutzes und die Indikationsstellung zu und Befundbewertung von CT, MRT, Szintigraphie und Angiographie.

2. Der Beschwerdeführer ist seit Juli 1993 als Orthopäde zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er führte zwischen März 1988 und Mai 1993 als Mitarbeiter der Universität zahlreiche Magnet-Resonanz-Tomographien (Kernspintomographien) auf orthopädischem Fachgebiet durch. Seinen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung kernspintomographischer Leistungen seines Fachgebiets oder auf Zulassung zum Kolloquium zum Nachweis seiner Fähigkeiten lehnte die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, mit Bescheid vom 2. Januar 1996 und Widerspruchsbescheid vom 14. August 1996 ab. Der Beschwerdeführer erfülle weder die Voraussetzungen des § 4 Kernspin-Vb noch der Übergangsvorschrift des § 10 Abs. 3 dieser Vereinbarung. Die Durchführung der Kernspintomographie gehöre nicht zum Weiterbildungsinhalt im Fachgebiet Orthopädie, so dass das Recht zum Führen dieser Facharztbezeichnung nicht als Nachweis der fachlichen Befähigung ausreiche. Der Beschwerdeführer habe weder eine 12monatige ganztägige Tätigkeit in der diagnostischen Radiologie noch eine 24monatige ganztägige Tätigkeit in der kernspintomographischen Diagnostik unter Anleitung nachgewiesen.

Klage und Berufung blieben ohne Erfolg. Die vom Bundessozialgericht zugelassene Revision wurde mit Urteil vom 31. Januar 2001 (SozR 3-2500 § 135 Nr. 16 = MedR 2001, S. 535) zurückgewiesen. Die Kernspintomographie-Vereinbarung diene der Qualitätssicherung in der vertragsärztlichen Versorgung. Die Konzentration kernspintomographischer Leistungen bei dafür speziell und umfassend qualifizierten Ärzten erfolge im Interesse gewichtiger Gemeinwohlbelange, nämlich sowohl der Gesundheit der Versicherten als auch der finanziellen Stabilität und Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung.

3. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch die angegriffenen Bescheide und Gerichtsentscheidungen. Es sei nicht mit Art. 12 Abs. 1 GG in Einklang zu bringen, dass es einem leistungsfähigen Facharzt verwehrt werde, den technischen Fortschritt auf seinem Gebiet nachzuvollziehen. Insofern sei ein Gemeinwohlinteresse nicht zu erkennen. Gegen Art. 3 Abs. 1 GG werde verstoßen, weil es keinen sachlichen Grund gebe, weshalb ein Orthopäde, der die kernspintomographische Diagnostik ausschließlich in seinem Fachgebiet einsetzen wolle, Voraussetzungen für andere Untersuchungszwecke erfüllen solle. Schließlich verstoße die Entscheidung des Bundessozialgerichts gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, weil der Rechtsstreit angesichts der vom Bundesgerichtshof im Beschluss über eine Nichtzulassungsbeschwerde geäußerten abweichenden Meinung dem Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes hätte vorgelegt werden müssen.

II.

Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde (§ 93 a Abs. 2 BVerfGG) liegen nicht vor.

1. Die Verfassungsbeschwerde wirft keine Fragen von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung auf (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die angesprochenen Fragestellungen lassen sich mit Hilfe der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Maßstäbe beantworten.

a) Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass der Entscheidung, sich als Facharzt zu betätigen, Elemente innewohnen, die einer Berufswahl im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG nahe kommen (vgl. BVerfGE 33, 125 <161>). Der Entschluss, sich zum Facharzt auszubilden und die ärztliche Tätigkeit künftig auf das gewählte Fachgebiet zu beschränken, ist in aller Regel auf Dauer angelegt. Auf der Grundlage der einheitlichen ärztlichen Berufsausübung stellt sie dem Arzt besondere Aufgaben, führt ihm einen besonderen Patientenkreis zu und eröffnet ihm die besonderen wirtschaftlichen Chancen, die mit der fachärztlichen Tätigkeit verbunden sind (vgl. BVerfGE 33, 125 <161 f.>). Die Begrenzung der Facharzttätigkeit auf das eigene Fach beruht auf vernünftigen Gründen des Gemeinwohls und kann die Einschränkung der freien Berufsausübung rechtfertigen (vgl. BVerfGE 33, 125 <167>). Sie ist zumutbar, wenn die Abgrenzung der Bereiche vom fachlich medizinischen Standpunkt aus sachgerecht ist und der Facharzt in der auf sein Fachgebiet beschränkten Tätigkeit eine ausreichende Lebensgrundlage finden kann (vgl. BVerfGE 106, 181 <196>).

b) Ebenso ist entschieden, unter welchen Voraussetzungen der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bei unterschiedlicher Behandlung von Normadressaten verletzt ist (vgl. BVerfGE 62, 256 <274>; 101, 239 <269> m.w.N.).

c) Geklärt durch das Bundesverfassungsgericht ist auch, dass jemand seinem gesetzlichen Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dadurch entzogen werden kann, dass ein Gericht die Verpflichtung zur Vorlage an ein anderes Gericht außer Acht lässt (vgl. BVerfGE 87, 282 <284 f.> m.w.N.; stRspr). Die Grenze zur Verfassungswidrigkeit ist dann überschritten, wenn die fehlerhafte Auslegung und Anwendung einfachen Rechts willkürlich ist.

2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung von Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).

Der Beschwerdeführer rügt die Auslegung und Anwendung der verfassungsrechtlich unbedenklichen und auch nicht angegriffenen Vorschrift des § 135 Abs. 2 SGB V sowie der Kernspintomographie-Vereinbarung durch die angefochtenen Entscheidungen. Auslegung und Anwendung dieser Bestimmungen können vom Bundesverfassungsgericht - abgesehen von Verstößen gegen das Willkürverbot - nur darauf überprüft werden, ob sie Auslegungsfehler enthalten, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des betroffenen Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruhen. Das ist der Fall, wenn die von den Fachgerichten vorgenommene Auslegung der Norm die Tragweite des Grundrechts nicht hinreichend berücksichtigt oder im Ergebnis zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung der grundrechtlichen Freiheiten führt (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f., 96>; 85, 248 <257 f.>; 87, 287 <323>). Gemessen hieran ist die Entscheidung des Bundessozialgerichts verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Beschwerdeführers wird zwar eingeschränkt; das Maß des verfassungsrechtlich Zulässigen ist jedoch in den Grenzen der zur Entscheidung gestellten Fragen nicht überschritten.

Dem Bundessozialgericht ist darin zuzustimmen, dass es sich bei den Vereinbarungen auf der Grundlage von § 135 Abs. 2 SGB V um Berufsausübungsregelungen handelt. Die eigentliche Berufstätigkeit als Grundlage der Lebensführung bleibt unberührt. Es geht weder um den Zugang zu einer bestimmten Arztgruppe noch zu einem Planungsbereich, sondern nur um die Abrechenbarkeit bestimmter Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Ein Arzt wird jedenfalls so lange nicht in seinem Status betroffen, wie er nicht im Kernbereich seines Fachgebietes eingeschränkt wird. Auch betreffen Einschränkungen hinsichtlich der Abrechenbarkeit bestimmter Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Versicherung nicht notwendig den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 106, 275 <298 ff.>), der nicht gewährleistet, dass das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung alle medizinisch zulässigen und erfolgreichen Leistungsangebote umfasst.

Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Bundessozialgericht zur Abgrenzung abrechnungsfähiger ärztlicher Leistungen auf die für das jeweilige Fachgebiet in der Weiterbildungsordnung genannten Inhalte und Ziele der Weiterbildung und die dort genannten Bereiche, in denen eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erworben werden müssen, abstellt. Sie konkretisieren die allgemeinen Gebietsdefinitionen und geben die speziellen Anforderungen an die Weiterbildung vor. Ungeachtet der Frage, wie der Kern eines Fachgebietes aus dem Blickwinkel des Berufsrechts zu bestimmen ist und ob die Berufstätigkeit auf diesen Kernbereich beschränkt werden darf, kann jedenfalls zur Sicherung von Qualität und Wirtschaftlichkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Beschränkung auf einen engeren Bereich zulässig sein, für den die Weiterbildungsordnung eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten vorschreibt. Das ist nach den Feststellungen und Rechtsausführungen in den angegriffenen Entscheidungen der Fall.

Zu den Inhalten und Zielen der Weiterbildung in der Orthopädie gehört danach die selbständige Durchführung der Magnet-Resonanz-Tomographie nicht. Vorgesehen sind in der Weiterbildungsordnung für die Ärzte Bayerns, die der Muster-Weiterbildungsordnung entspricht, eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten nur für die Indikationsstellung zu und Befundbewertung von Magnet-Resonanz-Tomographie; die eigenständige Durchführung der Untersuchung gehört nicht dazu. Sie ist vielmehr besonders aufgeführt bei dem Weiterbildungsinhalt des Methodenfaches der diagnostischen Radiologie. Nach den angegriffenen Entscheidungen und seinem eigenen Vortrag erfüllt der Beschwerdeführer auch nicht die in § 4 Abs. 2 Kernspin-Vb genannten Voraussetzungen.

Die besonderen Anforderungen der Kernspintomographie-Vereinbarung an die Qualifikation der Ärzte, die kernspintomographische Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbringen wollen, sind verfassungsrechtlich gerechtfertigt, weil sie Gemeinwohlinteressen dienen und insgesamt noch verhältnismäßig sind. Die vom Bundessozialgericht angeführten Argumente sind vertretbar. Allerdings spricht der Aspekt, dass im Bereich der Kernspintomographie die Fehlermöglichkeiten besonders groß seien, nicht notwendig gegen ihre gebietsbezogene Ausführung durch Orthopäden. Es ist auch nicht Sinn und Zweck einer Magnet-Resonanz-Tomographie-Untersuchung und kann daher schwerlich als Qualitätsmerkmal gelten, dass Zufallsbefunde erhoben werden. Sie können sich auch allenfalls bei der Befundung, die den Orthopäden erlaubt ist, nicht aber bereits bei der Durchführung einer Untersuchung ergeben.

Ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung finden die Anforderungen der Kernspintomographie-Vereinbarung weniger unter dem Gesichtspunkt der Qualitätssicherung als unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit der Versorgung. Der Wirtschaftlichkeit dient allerdings letztlich auch die Qualitätssicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung, indem sie nicht nur ein bestimmtes Niveau der Versorgung gewährleistet, sondern auch den sparsamen Einsatz von Ressourcen. Im Ergebnis ist die Annahme vertretbar, dass die Konzentration aller kernspintomographischen Leistungen bei speziell qualifizierten Ärzten der Qualität der Versorgung sowie der Wirtschaftlichkeit im Interesse der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung dient. Ob sich diese Beurteilung angesichts der weiteren technischen Entwicklung, insbesondere der Einführung von kostengünstigeren Apparaten speziell für bestimmte Körperregionen, eines dem entsprechenden differenzierten Gebührenrechts sowie der sich abzeichnenden Tendenzen im Berufsrecht mit der Einführung einer "Zusatz-Weiterbildung fachgebundene Magnetresonanz-Therapie" in die Muster-Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer in Zukunft ändern könnte, ist derzeit noch offen. Verfassungsrechtlich entziehen diese Unsicherheiten der fachgerichtlichen Rechtsprechung indessen für den gegenwärtigen Zeitpunkt nicht die Grundlage.

Bei einer Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe ist auch die Grenze der Zumutbarkeit nicht überschritten. Der Beschwerdeführer wird nur in einem Teilausschnitt seiner ärztlichen Tätigkeit betroffen. Es ist nicht ersichtlich, dass es ihm wirtschaftlich oder in sachlicher Hinsicht unzumutbar wäre, die kernspintomographische Diagnostik bei gesetzlich Versicherten durch einen Radiologen vornehmen zu lassen.

b) Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor. Die Partner der Bundesmantelverträge als Normsetzer sind grundsätzlich nicht gehindert, für unterschiedliche Leistungsbereiche unterschiedliche Anforderungen zu statuieren, die auch dazu beitragen, die diagnostisch tätigen Ärzte als Berufsgruppe zu erhalten. Dass die Beschränkung der Abrechenbarkeit auf speziell qualifizierte Ärzte hier sachlich gerechtfertigt ist, ergeben die Darlegungen zu Art. 12 Abs. 1 GG. Das Bundessozialgericht hat im Übrigen nachvollziehbar auf die maßgeblichen Unterschiede zu anderen Vereinbarungen hingewiesen.

c) Auch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist nicht verletzt. Eine Vorlagepflicht des Bundessozialgerichts bestand nicht. Das Verfahren vor dem Bundesgerichtshof (I ZR 278/98) betraf keine Fragen vertragsarztrechtlicher Abrechenbarkeit einer Leistung. Nur hierüber hat das Bundessozialgericht vorliegend entschieden. Das Vertragsarztrecht knüpft zwar grundsätzlich an das Berufsrecht an, ist aber in seinen Anforderungen nicht notwendig deckungsgleich mit ihm. Vielmehr können sich aus dem System der gesetzlichen Krankenversicherung Besonderheiten ergeben, die geeignet sind, weiterreichende Einschränkungen zu rechtfertigen. Leistungserbringer innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung profitieren einerseits von den Vorteilen des öffentlichrechtlichen Systems des Vertragsarztrechts, müssen im Interesse der Funktionsfähigkeit und Finanzierbarkeit des Systems unter Umständen aber auch Einschränkungen hinnehmen, die ihnen das Berufsrecht nicht abverlangt (vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, NJW 1999, S. 2730 f.). Nur die Rechtmäßigkeit einer solchen Einschränkung war in den angegriffenen Entscheidungen zu beurteilen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).

Ende der Entscheidung

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