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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 05.12.2005
Aktenzeichen: 1 BvR 13/05
Rechtsgebiete: GG
Vorschriften:
GG Art. 2 Abs. 1 | |
GG Art. 3 Abs. 1 | |
GG Art. 6 Abs. 1 | |
GG Art. 14 Abs. 1 Satz 1 | |
GG Art. 20 Abs. 1 | |
GG Art. 20 Abs. 3 |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 13/05 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
gegen die durch Art. 1 Nr. 3 und Nr. 36 sowie Art. 3 Nr. 3 und Art. 37 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14. November 2003 (BGBl I S. 2190 ff.) erfolgte Streichung der §§ 58, 59 SGB V
hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier und die Richter Steiner, Gaier gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 5. Dezember 2005 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
I.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich unmittelbar gegen den Wegfall des Sterbegelds als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung.
II.
Das Sterbegeld war unter der Geltung der Reichsversicherungsordnung (RVO) eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach § 201 RVO betrug es das 20fache des Grundlohns. Die Satzung der Krankenkasse konnte den Betrag auf das 40fache des Grundlohns erhöhen (§ 204 RVO). Nach § 203 Satz 1 RVO wurde es in Höhe der angefallenen Kosten an denjenigen ausgezahlt, der die Bestattung besorgt hat. Ein etwaiger Überschuss war nach § 203 Satz 2 und 3 RVO unter nahen Angehörigen, die mit dem Versicherten in einer häuslichen Gemeinschaft gelebt hatten, aufzuteilen oder fiel an die Krankenkasse zurück.
Mit dem In-Kraft-Treten des SGB V am 1. Januar 1989 wurde das Sterbegeld gemäß § 59 SGB V a.F. auf einen Festbetrag von 2.100 DM beim Tod eines Mitglieds und auf 1.050 DM beim Tod eines versicherten Familienangehörigen festgesetzt. Voraussetzung war nunmehr gemäß § 58 Satz 1 SGB V a.F., dass der Verstorbene am 1. Januar 1989 versichert war. Ab 2003 wurde das Sterbegeld halbiert. Nach § 58 Satz 2 SGB V a.F. wurde es an denjenigen gezahlt, der die Bestattungskosten getragen hat.
Durch Art. 1 Nr. 36 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14. November 2003 (BGBl I S. 2190) wurde der siebte Abschnitt des dritten Kapitels des SGB V unter der Überschrift "Zahnersatz" neugefasst. Die Vorschriften der §§ 58, 59 SGB V a.F. wurden aufgehoben. Gemäß Art. 37 Abs. 1 GMG trat dieses Gesetz am 1. Januar 2004 in Kraft, soweit in den folgenden Absätzen nichts Abweichendes bestimmt ist. Nach Art. 37 Abs. 8 GMG traten in Art. 1 Nr. 36 § 55, § 58 Abs. 1, 2 und 4 sowie § 59 SGB V am 1. Januar 2005 in Kraft.
III.
Die Beschwerdeführer sind Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Mitgliedschaft der Beschwerdeführer zu 1., 3. und 4. bestand auch am 1. Januar 1989. Bei der Beschwerdeführerin zu 2. bestand nach eigenen Angaben am 1. Januar 1989 eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Mit ihrer am Montag, den 3. Januar 2005 erhobenen Verfassungsbeschwerde wenden sich die Beschwerdeführer unmittelbar gegen den Wegfall des Sterbegelds. Sie rügen eine Verletzung der Art. 14 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und 3, Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG.
IV.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe gemäß § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde ist ohne Aussicht auf Erfolg, da sie unzulässig ist.
Es kann offen bleiben, inwieweit die Beschwerdeführer überhaupt beschwerdebefugt sind; hieran bestehen Zweifel, weil bislang weder der Versicherungsfall eingetreten ist noch feststeht, an wen das Sterbegeld gemäß § 58 Satz 2 SGB V a.F. auszuzahlen wäre. Die Beschwerdeführer haben jedenfalls entgegen § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG den Rechtsweg nicht erschöpft. Gründe für eine ausnahmsweise Vorabentscheidung durch das Bundesverfassungsgericht gemäß § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG sind weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. BVerfGE 90, 128 <137>). Der Verfassungsbeschwerde kommt nicht schon deshalb allgemeine Bedeutung im Sinn von § 90 Abs. 2 Abs. 2 Alt. 1 BVerfGG zu, weil sie sich unmittelbar gegen eine Rechtsnorm wendet. Ihre Wirkung auf eine Vielzahl von Einzelfällen ist für jede Rechtsnorm charakteristisch und typisch. Daneben ist die Erschöpfung des Rechtswegs auch im vorliegenden Fall geboten, damit dem Bundesverfassungsgericht die Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch ein für die Materie speziell zuständiges Gericht unterbreitet wird (vgl. BVerfGE 74, 69 <74 f.>). Dabei haben die Fachgerichte, die - soweit ersichtlich - mit den sich aus der neuen Rechtslage ergebenden Fragen befasst sind, nicht nur das einfache Recht auszulegen und anzuwenden (vgl. zur gegenwärtigen Diskussion Schnapp, SGb 2004, S. 451; Orlowski, SGb 2004, S. 622; Debus, SGb 2005, S. 331). Sie werden auch, soweit es veranlasst ist, der Frage nachgehen, ob die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Vorschriften mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
Die Beschreitung und Erschöpfung des Rechtswegs ist den Beschwerdeführern auch zumutbar. Ein hierdurch verursachter schwerer und unabwendbarer Nachteil im Sinn von § 90 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 BVerfGG ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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