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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 26.08.2003
Aktenzeichen: 1 BvR 1338/00
Rechtsgebiete: BVerfGG, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 93 a Abs. 2
GG Art. 103 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 1338/00 -

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

gegen das Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 21. Juni 2000 - 1 U 16/99 -

hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier, die Richterin Haas und den Richter Hoffmann-Riem gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 26. August 2003 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen ein zivilgerichtliches Urteil, durch das ihre Klage auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Diagnose- und Behandlungsfehlern abgewiesen worden ist.

Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde gemäß § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Ihr kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist die Annahme zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Verfassungsrechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.

1. Die angegriffene Entscheidung beeinträchtigt die Beschwerdeführerin nicht in ihrem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG. Die Auffassung des Oberlandesgerichts, die Beschwerdeführerin habe fassbare Schadensfolgen aufgrund der Lithiumvergabe nicht substantiiert dargelegt, bedeutet keinen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs. Zwar kommt es im Ergebnis der Verhinderung eines Vortrages gleich, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachverhalt stellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>). So liegt es hier aber nicht. Angesichts der insgesamt pauschalen Behauptungen, die Verabreichung von Lithium habe zu diversen Beschwerden geführt, hat das Gericht keine überraschend hohen Anforderungen an die Darlegung des Sachverhalts gestellt.

2. Ebenso verletzt die angegriffene Entscheidung die Beschwerdeführerin nicht dadurch in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), dass ein Schadensersatzanspruch verneint worden ist.

Nach der als solchen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden (vgl. BVerfGE 34, 269 <286>) Rechtsprechung der Fachgerichte setzt die Geldentschädigung bei einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts voraus, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (vgl. BGHZ 132, 13 <27>). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, haben in erster Linie die Fachgerichte in eigener Zuständigkeit zu prüfen. Ein Grundrechtsverstoß, der zur Beanstandung einer fachgerichtlichen Entscheidung führt, liegt nur dann vor, wenn übersehen worden ist, dass bei Auslegung und Anwendung der Vorschriften des Privatrechts Grundrechte zu beachten waren, wenn der Schutzbereich der zu beachtenden Grundrechte unrichtig oder unvollkommen bestimmt und ihr Gewicht unrichtig eingeschätzt worden ist, so dass darunter die Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen im Rahmen der privatrechtlichen Regelungen leidet, und die Entscheidung auf diesem Fehler beruht (vgl. BVerfGE 101, 361 <388>).

Eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts hängt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insbesondere von der Bedeutung und der Tragweite des Eingriffs ab, etwa von dem Ausmaß der Verbreitung der verletzenden Aussagen, von der Nachhaltigkeit der Fortdauer der Interessen- und Rufschädigung des Verletzten, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens (vgl. BGH, NJW 1989, S. 2941 <2943>; BGHZ 132, 13 <27>). Das Abstellen auf diese Kriterien begegnet verfassungsrechtlich keinen Bedenken.

Das Oberlandesgericht hat eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts verneint. Dabei hat es darauf abgestellt, dass die Fehlvorstellung des Beklagten, die Beschwerdeführerin sei mit der Auskunft über ihren Gesundheitszustand einverstanden gewesen, nicht Ausdruck besonderen Verschuldens sei. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung durch die Beklagte hat das Gericht auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Entlassung der Beschwerdeführerin aus dem Polizeidienst bejaht. Die Verantwortung hierfür sei dem Beklagten nicht zurechenbar, weil das Entlassungsverfahren allein von dem Dienstherrn der Beschwerdeführerin veranlasst und betrieben worden war (vgl. § 140, § 94 Abs. 1 Nr. 2 LBG für das Land Brandenburg). Auch dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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