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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 23.04.2002
Aktenzeichen: 1 BvR 1412/97 (1)
Rechtsgebiete: BVerfGG, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 32 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 2
GG Art. 3 Abs. 3
GG Art. 4 Abs. 2
GG Art. 7 Abs. 2
GG Art. 7 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 1412/97 - - 1 BvQ 14/02 -

IM NAMEN DES VOLKES

In den Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

gegen § 9 Abs. 2 und 3, § 11 Abs. 2 bis 4 und § 141 des Gesetzes über die Schulen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Schulgesetz - BbgSchulG) vom 12. April 1996 (GVBl I S. 102)

hier: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

- 1 BvR 1412/97 -,

und

über den Antrag

auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

- 1 BvQ 14/02 -

hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat - unter Mitwirkung des Präsidenten Papier, der Richterinnen Jaeger, Haas, der Richter Hömig, Steiner, der Richterin Hohmann-Dennhardt und der Richter Hoffmann-Riem, Bryde

am 23. April 2002 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Gegenstand des Verfahrens ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der verhindert werden soll, dass der Landtag von Brandenburg im Anschluss an den Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Dezember 2001 - 1 BvF 1/96 und andere - eine Änderung des Brandenburgischen Schulgesetzes berät und verabschiedet.

1. Die Antragsteller zu 1 bis 12 sind Beschwerdeführer des Verfassungsbeschwerdeverfahrens 1 BvR 1412/97, in dem sie sich gegen die Regelungen über den Religionsunterricht und das Unterrichtsfach Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde in § 9 Abs. 2 und 3, § 11 Abs. 2 bis 4 und § 141 des Gesetzes über die Schulen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Schulgesetz) vom 12. April 1996 (GVBl I S. 102) wenden. Die Antragsteller zu 13 bis 15 hatten gegen diese Vorschriften mit Schriftsatz ihres damaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 6. August 1996 ebenfalls Verfassungsbeschwerde erhoben. Diese wurde mit dessen Schriftsatz vom 28. Juli 1997 zurückgenommen.

2. Das Bundesverfassungsgericht hat in dem Verfassungsbeschwerdeverfahren der Antragsteller zu 1 bis 12 und in den weiteren denselben Gegenstand betreffenden Verfahren 1 BvF 1/96, 1 BvR 1697/96, 1 BvR 1718/96 und 1 BvR 1783/96 den Beteiligten mit Beschluss vom 11. Dezember 2001 (in juris veröffentlicht) einen Vorschlag für eine einvernehmliche Verständigung unterbreitet. Bis auf die Antragsteller zu 1 bis 12, die inzwischen durch einen neuen Verfahrensbevollmächtigten vertreten werden, haben alle Beteiligten dem Bundesverfassungsgericht mitgeteilt, dass ihnen eine derartige Verständigung auf der Grundlage dieses Vorschlags möglich erscheine. Die Landesregierung Brandenburg hat daraufhin den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Schulgesetzes beschlossen und beim Landtag Brandenburg eingebracht (vgl. LTDrucks 3/4148). Der Entwurf entspricht im Wesentlichen dem Vorschlag des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Dezember 2001.

3. Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wollen die Antragsteller erreichen, dass es der Landtag Brandenburg unterlässt, den von der Landesregierung beschlossenen Gesetzentwurf zur Änderung des mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Brandenburgischen Schulgesetzes "weiter voranzutreiben bzw. zu beschließen". Die beantragte einstweilige Anordnung diene zudem der Sicherung der Verfahren, die mit dem Normenkontrollantrag 1 BvF 1/96 und den parallel dazu eingelegten Verfassungsbeschwerden anhängig geworden sind.

Die Antragsteller sind der Meinung, dass die Vorschläge in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Dezember 2001 überwiegend verfassungswidrig sind. Sie machen Verstöße insbesondere gegen Art. 3 Abs. 1 bis 3, Art. 4 Abs. 2 sowie Art. 7 Abs. 2 und 3 GG geltend. Außerdem befürchten sie, dass nach Verabschiedung eines Änderungsgesetzes zum Brandenburgischen Schulgesetz vom Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerde der Antragsteller zu 1 bis 12 nicht mehr entschieden werden könnte.

II.

Der Senat hat wegen der besonderen Dringlichkeit davon abgesehen, dem Landtag und der Landesregierung Brandenburg Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (vgl. § 32 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG). Er entscheidet aus demselben Grund ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 32 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

III.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.

1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Eine einstweilige Anordnung kann danach unter anderem dann erlassen werden, wenn sie notwendig ist, um die Effektivität der künftigen Entscheidung in der Hauptsache zu sichern, insbesondere den Eintritt irreversibler Zustände zu verhindern (vgl. BVerfGE 42, 103 <119>). Ist ein Hauptsacheverfahren noch nicht anhängig, ist ein Eilantrag nur zulässig, wenn der Streitfall als Hauptsache in zulässiger Weise vor das Bundesverfassungsgericht gebracht werden könnte (vgl. BVerfGE 3, 267 <277>; 7, 367 <371>).

2. Danach ist für den Erlass einer einstweiligen Anordnung hier kein Raum.

Soweit die Antragsteller mit ihr erreichen wollen, dass der brandenburgische Gesetzgeber über den von der Landesregierung eingebrachten Gesetzentwurf nicht berät, fehlt es derzeit an einem Hoheitsakt, durch den die Antragsteller in Grundrechten - insbesondere gegenwärtig - beschwert sein könnten (zum Zulässigkeitserfordernis einer Beschwer vgl. BVerfGE 18, 1 <11 f.>; 38, 326 <335>; 48, 64 <79>). Es ist auch noch nicht absehbar, dass und in welcher Weise die Antragsteller durch den Gesetzesbeschluss, den sie verhindern wollen, beschwert sein werden. Die Antragsteller tragen dazu Substantiiertes nicht vor. Offenbar ist ihr eigentliches Antragsziel, den Verfahrensgegenstand zu erhalten, gegen den sich die Verfassungsbeschwerde der Antragsteller zu 1 bis 12 richtet. Darauf haben sie aber - unabhängig davon, dass die Antragsteller zu 13 bis 15 am anhängigen Verfassungsbeschwerdeverfahren ohnehin nicht beteiligt sind - keinen Anspruch. Eine Verfassungsbeschwerde vor der Beschlussfassung über ein Änderungsgesetz zum Brandenburgischen Schulgesetz wäre danach unzulässig. Auch der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt deshalb nicht in Betracht.

Das Bundesverfassungsgericht wird im Übrigen über die Anträge in den anhängigen Verfahren entscheiden, soweit diese nach einer Änderung des Brandenburgischen Schulgesetzes nicht durch entsprechende Erklärungen beendet werden. Es ist über das bereits Ausgeführte hinaus nicht ersichtlich, dass es dazu der Sicherung durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung bedürfte.

Ende der Entscheidung

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