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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 26.08.2002
Aktenzeichen: 1 BvR 142/02
Rechtsgebiete: BGB, BVerfGG, BImSchG, WHG, TKG, GG


Vorschriften:

BGB § 1020
BVerfGG § 93 b
BVerfGG § 93 a
BImSchG § 3 Abs. 5 Nr. 3
WHG § 19 g
TKG § 57 Abs. 1 Nr. 1
TKG § 57 Abs. 2 Satz 2
GG Art. 87 f
GG Art. 14 Abs. 2
GG Art. 14 Abs. 1
GG Art. 87 f Abs. 1
GG Art. 14 Abs. 1 Satz 1
GG Art. 14 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 142/02 -

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

gegen

a) das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. November 2001 - V ZR 421/00 -,

b) das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 18. Oktober 2000 - 20 U 2694/00 -,

c) das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 29. November 2000 - 73 O 3249/99 -

hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier und die Richter Steiner, Hoffmann-Riem gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 26. August 2002 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Auslegung von § 57 Abs. 1 Nr. 1 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 25. Juli 1996 (BGBl I S. 1120).

I.

1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks. Die Beklagte des Ausgangsverfahrens, ein Unternehmen der Energieversorgung, besitzt aufgrund einer in den Jahren 1974/1975 mit den Rechtsvorgängern der Beschwerdeführer getroffenen und durch beschränkte persönliche Dienstbarkeit gesicherten Vereinbarung die Befugnis, das Grundstück zum Einlegen, Belassen und Betreiben einer Erdgasleitung nebst Zubehör in einem zehn Meter breiten Schutzstreifen zu nutzen. Der Schutzstreifen betrifft das Grundstück in einer Länge von 92 Meter. Die Beschwerdeführer sind nach der Vereinbarung verpflichtet, alle Maßnahmen zu unterlassen, die den Bestand und den Betrieb der Leitungen oder deren Zubehör gefährden könnten. Sie sind insbesondere gehalten, den Schutzstreifen nicht zu überbauen, auf ihm nichts zu lagern, keine Bäume oder tiefwurzelnde Sträucher zu pflanzen und keine Bodenbearbeitung vorzunehmen, die über die übliche landwirtschaftliche Nutzung des Grundstücks hinausgeht.

Im Jahre 1997 ließ die Beklagte gegen den Willen der Beschwerdeführer in einem Abstand von etwa zwei Metern zu dem Gasrohr im Bereich des Schutzstreifens zwei Schutzrohre zur Aufnahme von bis zu zwei Lichtwellenleiterkabeln (LWL-Kabel) einlegen und in die Leerrohre sodann LWL-Kabel für externe Zwecke einblasen. Nunmehr betreibt die Beklagte zu telekommunikativen Zwecken den Einbau eines weiteren Schutzrohrbündels (acht Rohre für je zwei 120-faserige LWL-Kabel pro Rohr) in einem Abstand von vier Metern zu der Gasleitung.

Dem widersetzten sich die Beschwerdeführer. Sie verlangten von der Beklagten, es zu unterlassen, Telekommunikationskabel in das von ihr verlegte Schutzrohrbündel einzublasen, und bereits installierte Schutzrohrbündel zu beseitigen. Ferner begehrten sie die Feststellung, dass die Beklagte zum Ersatz des durch die Beseitigung der Rohre entstehenden Schadens verpflichtet sei.

Klage und Berufung der Beschwerdeführer blieben erfolglos. Das Berufungsgericht leitete die Duldungspflicht der Beschwerdeführer - wie zuvor das Landgericht - aus § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG ab. Zwar könne nicht der gesamte Schutzstreifen als Anlage im Sinne der Vorschrift angesehen werden. § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG sei aber erweiternd auszulegen, dass dieser eine Duldungspflicht des Grundstückseigentümers bereits dann begründe, wenn das Energieversorgungsunternehmen für die Neuverlegung von Kabelrohren den durch die Dienstbarkeit rechtlich geschützten Bereich, in dem die Versorgungsleitung und gegebenenfalls dieser Leitung dienende Kabel, Rohre und Zubehörteile verlegt seien, in Anspruch nehme und nutze.

Der Bundesgerichtshof wies die Revision der Beschwerdeführer zurück. Den Beschwerdeführern stünden die geltend gemachten Abwehr- und Schadensersatzansprüche nicht zu, weil sie nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG verpflichtet seien, die von der Beklagten in dem von der Dienstbarkeit erfassten Schutzstreifen verlegten Schutzrohrbündel und das Einblasen von LWL-Kabeln in die Schutzrohre zu dulden. Dazu bedürfe es keiner erweiternden Auslegung dieser Norm oder einer Analogie. Das folge vielmehr unmittelbar aus der Bestimmung, so wie sie nach ihrem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang, in den sie gestellt sei, zu verstehen sei. Im Gegensatz zur Auffassung der Vorinstanzen sei unter Anlage im Sinne der Norm der gesamte von der Dienstbarkeit für die unterirdische Verlegung von Erdgasleitungen und Zubehör geschützte Bereich, der so genannte Schutzstreifen, einschließlich der verlegten Rohre und Zubehöreinrichtungen zu verstehen (vgl. insoweit auch BGH, Urteil vom 23. November 2001 - V ZR 419/00 -, NJW 2002, S. 678).

Der Begriff der Anlage lasse vom Wortlaut her eine solche weite Auslegung zu. Zwar werde der Begriff in § 1020 BGB in einem engeren Sinne verwandt. Man verstehe dort darunter eine für eine gewisse Dauer bestimmte, von Menschenhand zur Benutzung des Grundstücks geschaffene Einrichtung. Der Gesetzgeber verbinde mit dem Anlagenbegriff jedoch nicht generell die Vorstellung, dass es sich um ein menschliches Produkt, eine Einrichtung, handeln müsse. So gehe beispielsweise § 3 Abs. 5 Nr. 3 BImSchG von einem weiten Anlagenbegriff aus, wenn die Vorschrift dazu auch Grundstücke zähle, die keine besonderen Einrichtungen aufwiesen, sofern von ihnen gleichwohl Emissionen ausgehen könnten. Auch in § 19 g WHG werde der Begriff der Anlage weit ausgelegt. Auf das Vorhandensein baulicher Anlagen, technischer Geräte, maschineller oder sonstiger Teile solle es danach nicht ankommen. Anknüpfend an den weiten Anlagenbegriff im Bundes-Immissionsschutzgesetz werde auch für das Strafrecht, soweit es um Straftaten gegen die Umwelt gehe, für einen weiten Anlagenbegriff eingetreten.

Eine solche weite Auslegung des Begriffs der Anlage in § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG entspreche auch der Gesetzessystematik. Da die Norm gesicherte Leitungen oder Anlagen als Anknüpfungspunkte für die gesteigerte Duldungspflicht nenne, müsse unter einer Anlage etwas anderes zu verstehen sein als unter einer Versorgungsleitung. Anderenfalls bliebe für die Anlage kein Anwendungsbereich. Bei verständiger Würdigung könne Anlage nur die Gesamtheit der Versorgungseinrichtung meinen, und zwar gerade nicht beschränkt auf die technischen Gegenstände wie Rohre und Zubehöreinrichtungen, sondern einschließlich der für die Versorgung zweckbestimmten Grundstücke oder Teilflächen, soweit deren Grenzen jedenfalls aus dem Grundbuch ersichtlich seien und den Schutzbereich klar erkennen ließen.

Dieses Verständnis entspreche auch dem Gesetzeszweck. Der Gesetzgeber sei sowohl durch die EG-rechtlichen Vorschriften als auch durch Art. 87 f GG gehalten gewesen, eine flächendeckend angemessene und ausreichende Versorgung der Bevölkerung im Bereich der Telekommunikation durch die Sicherstellung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs privater Anbieter zu gewährleisten. Zu einer raschen Herstellung eines flächendeckenden Netzes terrestrischer Telekommunikationslinien sollten daher sowohl aus volkswirtschaftlichen Gründen als auch zur Gewährleistung eines ausgewogenen Wettbewerbs, den der Gesetzgeber zu fördern gehabt habe, unter Einbindung der Leitungsinfrastruktur der Energiewirtschaft auch private Grundstücke in Anspruch genommen werden. Dieses Ziel habe nur erreicht werden können, wenn dem jeweiligen Unternehmen nicht nur die Möglichkeit eröffnet werde, bereits verlegte Leitungen und Schutzrohre für Zwecke der Telekommunikation zu nutzen, sondern ihm auch das Recht eingeräumt werde, bestehende Dienstbarkeiten für die Neuerrichtung von Telekommunikationslinien nutzbar zu machen.

Die Entstehungsgeschichte der Norm bestätige diese weite Auslegung des Anlagenbegriffs in § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG.

Dieses Verständnis der Vorschrift sei auch verfassungsrechtlich unbedenklich. Die von der Norm getroffene Inhaltsbestimmung des Eigentums halte sich vor dem Hintergrund der auch von der Verfassung geforderten und vom Gesetzgeber angestrebten Versorgung der Bevölkerung mit flächendeckend angemessener Telekommunikationsdienstleistung im Rahmen des Art. 14 Abs. 2 GG. Der Gesetzgeber habe hierbei die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls zu einem gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht, ohne dabei den Kernbereich der Eigentumsgarantie auszuhöhlen. Dies gelte insbesondere für die in § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG normierte Duldungspflicht, da diese voraussetze, dass der Eigentümer sein Eigentum durch die Einräumung eines Leitungsrechts bereits belastet habe und diese freiwillig eingegangene Bindung nicht durch eine zusätzliche und dauerhafte Nutzbarkeitseinschränkung verschärft werde.

Schließlich werde die Nutzbarkeit der Grundstücke der Beschwerdeführer durch Neuverlegung der Telekommunikationslinien in einem Abstand von etwa einem Meter vom Rand des Schutzstreifens nicht dauerhaft zusätzlich eingeschränkt. Die nach der Dienstbarkeit im Bereich des Schutzstreifens noch zulässige übliche landwirtschaftliche Nutzung werde durch die in einem Meter Tiefe verlegten Schutzrohre nicht zusätzlich eingeschränkt. Ein über die übliche landwirtschaftliche Nutzung hinausgehendes Tiefpflügen des Bodens sei im Bereich des Schutzstreifens nach dem Inhalt der Dienstbarkeit ohnehin ausgeschlossen. Auch bisher seien die Beschwerdeführer nicht berechtigt gewesen, den Schutzstreifen auf eigenes Risiko zu nutzen und in diesen aufgrund der nicht zentimetergenau möglichen Arbeitstechnik hineinzupflügen. Durch die Verlegung der zusätzlichen Leitungen habe sich daher für sie keine weitere Einschränkung ergeben.

2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung ihres Eigentumsgrundrechts und machen zudem einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip geltend.

Die angegriffenen Entscheidungen hielten sich - so die Beschwerdeführer - nicht innerhalb des Wortlauts von § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG. Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Beschluss vom 18. Januar 2001 (NJW 2001, S. 2960) ausgeführt, § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG setze voraus, dass die vorhandene Leitung oder Anlage für die Errichtung, den Betrieb oder die Erneuerung einer Telekommunikationslinie genutzt werde. Diesen Anwendungsbereich des § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG versuchten die angegriffenen Entscheidungen in verfassungswidriger Weise zu Gunsten der Energieversorger und zu Lasten der grundrechtlich geschützten Eigentumspositionen der Beschwerdeführer auszudehnen. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs folge zwar nicht der erweiternden Auslegung des Land- und des Oberlandesgerichts, kreiere aber einen eigenen Anlagenbegriff für das Telekommunikationsgesetz in verfassungswidriger Weise. Die weite Auslegung des Begriffs der Anlage durch den Bundesgerichtshof verkenne die zulässigen Auslegungsmöglichkeiten der Fachgerichte. Die erweiternde Auslegung des Duldungstatbestandes durch Land- und Oberlandesgericht wie auch die weite Auslegung des Anlagenbegriffs durch den Bundesgerichtshof seien nicht mehr als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums, sondern als Enteignung zu qualifizieren. Zugleich verstoße diese Auslegung gegen das sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebende Bestimmtheitsgebot, da für die Beschwerdeführer nicht vorhersehbar gewesen sei, dass § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG die Energieversorgungsunternehmen auch zur Verlegung neuer Telekommunikationslinien berechtige.

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, da die Voraussetzungen für ihre Annahme nicht vorliegen.

Der Verfassungsbeschwerde kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung nicht zu (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Diese ist nämlich nur gegeben, wenn die Verfassungsbeschwerde eine verfassungsrechtliche Frage aufwirft, die sich nicht ohne Weiteres aus dem Grundgesetz beantworten lässt und noch nicht durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung geklärt oder die durch veränderte Verhältnisse erneut klärungsbedürftig geworden ist (BVerfGE 90, 22 <24>). Die hier mit der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen sind in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt (vgl. zum Bestimmtheitsgebot: BVerfGE 31, 255 <264>; 37, 132 <142>; 75, 329 <341>; zu den Grenzen der Auslegung einfachen Rechts: BVerfGE 11, 126 <130>; 18, 85 <92>; 82, 6 <11>; zu Art. 14 Abs. 1 GG: BVerfGE 25, 112 <118>; 50, 290 <340 f.>; 100, 226 <241>; 102, 1 <16 f.>). Allein der Umstand, dass über den Inhalt der einfachrechtlichen Vorschrift des § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG unterschiedliche Auffassungen bestehen, vermag eine grundsätzliche Bedeutung der Verfassungsbeschwerde nicht zu begründen, da insoweit keine spezifisch verfassungsrechtlichen Fragen der Klärung bedürfen.

Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung des als verletzt bezeichneten Eigentumsgrundrechts angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), da sie keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).

1. § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG, auf dem die angegriffenen Urteile maßgeblich beruhen, legt hinreichend bestimmt fest, unter welchen Voraussetzungen den Eigentümer eines Grundstücks eine Duldungspflicht trifft.

Das im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) begründete Gebot hinreichender Bestimmtheit der Gesetze (vgl. BVerfGE 21, 245 <260 f.>; 49, 168 <181>; 59, 104 <114>; 78, 205 <212>) zwingt den Gesetzgeber nicht, den Tatbestand mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben. Der Gesetzgeber ist lediglich gehalten, seine Vorschriften so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (vgl. BVerfGE 49, 168 <181>; 59, 104 <114>). Danach nimmt allein die Notwendigkeit der Auslegung einer gesetzlichen Begriffsbestimmung ihr noch nicht die Bestimmtheit, die der Rechtsstaat von einem Gesetz fordert. Es genügt, wenn die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können (vgl. BVerfGE 31, 255 <264>; 37, 132 <142>; 75, 329 <341>; 78, 205 <212>).

Diesen Anforderungen wird § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG gerecht, weil der Begriff der Anlage im Sinne dieser Vorschrift mit Hilfe der herkömmlichen Auslegungsmethoden soweit konkretisiert werden kann, dass im Einzelfall der Umfang der sich aus § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG ergebenden Rechtspflicht vorhersehbar ist (dazu unter 2.).

2. Die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Auslegung des § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG verstößt nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG.

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Gestaltung des Verfahrens, die Feststellung und Würdigung des Sachverhalts, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen sind. Dieses greift nur bei der Verletzung von Verfassungsrecht durch die Gerichte auf Verfassungsbeschwerde hin ein. Der Fehler muss gerade in der Nichtbeachtung von Grundrechten liegen. Die Schwelle eines Verstoßes gegen objektives Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist erst erreicht, wenn die Entscheidung der Zivilgerichte Auslegungsfehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 42, 143 <148 f.>; 67, 213 <223>).

Der Bundesgerichtshof hat bei Bestimmung des Inhalts des § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG nicht die verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Auslegung einfachen Rechts überschritten (a). § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG ist in dieser Auslegung mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar (b).

a) Die Auslegung des einfachen Gesetzesrechts einschließlich der Wahl der hierbei anzuwendenden Methode ist Sache der Fachgerichte und vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich nicht auf ihre Richtigkeit hin zu untersuchen (vgl. BVerfGE 18, 85 <92>). Bedient sich das Fachgericht dabei herkömmlicher Auslegungsmethoden, bestehen dagegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfGE 11, 126 <130>; 82, 6 <11>).

Es mag dahinstehen, ob die - nach ihrem eigenen Verständnis - über den Wortlaut des § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG hinausgehende Auslegung durch Land- und Oberlandesgericht frei von verfassungsrechtlichen Bedenken ist. Jedenfalls ist gegen die insoweit maßgebliche Auslegung des Bundesgerichtshofs von Verfassungs wegen nichts zu erinnern. Der Bundesgerichtshof versteht den Begriff der Anlage in § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG - insoweit abweichend von den Vorinstanzen - so, dass der gesamte von der Dienstbarkeit für die unterirdische Verlegung von Erdgasleitungen und Zubehör geschützte Bereich einschließlich der verlegten Rohre und Zubehöreinrichtungen umfasst ist. Er hat dieses Ergebnis mit Hilfe der herkömmlichen, anerkannten Auslegungsmethoden gewonnen und ausführlich begründet. Ausgehend vom Wortlaut hat der Bundesgerichtshof dargelegt, dass der Begriff der Anlage in der übrigen Rechtsordnung nicht einheitlich definiert sei. Zwar werde der Begriff in § 1020 BGB in einem engeren Sinne einer von Menschenhand geschaffenen Einrichtung verstanden, in anderen Gesetzen wie dem Bundes-Immissionsschutzgesetz, dem Wasserhaushaltsgesetz oder dem Strafgesetzbuch aber durchaus weiter, ohne dass es jeweils darauf ankäme, dass es sich bei der Anlage um ein menschliches Produkt handelt. Vor diesem Hintergrund stehe der Wortlaut des § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG einem weiten Verständnis des Anlagenbegriffs nicht entgegen. Der Bundesgerichtshof hat im Anschluss dargelegt, dass nur eine solche weite Auslegung des Anlagenbegriffs der Systematik der Norm entspreche, da anderenfalls für die Anlage neben den dort ebenfalls erwähnten Leitungen kein Anwendungsbereich verbleibe. Schließlich hat er unter Berücksichtigung der europarechtlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben und der Gesetzesmaterialien dargetan, dass aus seiner Sicht nur ein weites Verständnis des Anlagenbegriffs dem intendierten Gesetzeszweck gerecht werde.

Es mag zwar - etwa in Anlehnung an den Anlagenbegriff des Energiewirtschaftsgesetzes - auch ein engeres Verständnis der Anlage im Sinne von § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG vertretbar sein; keinesfalls aber beruht die Auslegung des Bundesgerichtshofs auf einer verfassungswidrigen Überschreitung der Grenzen der herkömmlichen Auslegungsmethoden.

b) § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG ist in dieser vom Bundesgerichtshof vorgenommenen Auslegung auch mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar.

aa) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer stellt § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG auch unter Zugrundelegung des vom Bundesgerichtshof angenommenen weiten Anlagenbegriffs keine Enteignung, sondern eine Inhaltsbestimmung i.S. von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Mit der Enteignung greift der Staat auf das Eigentum des Einzelnen zu. Sie ist darauf gerichtet, konkrete Rechtspositionen, die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt sind, zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben vollständig oder teilweise zu entziehen. Dies geschieht entweder durch ein Gesetz, das einem bestimmten Personenkreis konkrete Eigentumsrechte nimmt - Legalenteignung -, oder durch behördlichen Vollzugsakt aufgrund gesetzlicher Ermächtigung zu einem solchen Zugriff - Administrativenteignung - (vgl. BVerfGE 100, 226 <239 f.>; 102, 1 <15 f.>; stRspr).

§ 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG erlegt dem jeweiligen Grundstückseigentümer jedoch lediglich eine erweiterte Duldungspflicht auf, ohne das Eigentum an dem in Anspruch genommenen Grundstücksteil ganz oder teilweise zu entziehen.

bb) Es ist zuvörderst Aufgabe des Gesetzgebers, der Inhalt und Schranken der als Eigentum grundrechtlich geschützten Rechtspositionen bestimmt, dabei sowohl der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als auch der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 102, 1 <16 f.>). Er muss bei der Inhaltsbestimmung des Eigentums die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls zu einem gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis bringen (vgl. BVerfGE 91, 294 <308>). Die Gerichte haben sich ihrerseits bei der Auslegung und Anwendung eigentumsbeschränkender Vorschriften i.S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG innerhalb der Grenzen zu halten, die dem Gesetzgeber durch Art. 14 Abs. 1 und 2 GG bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Eigentümerbefugnisse gezogen sind. Aufgabe der Gerichte ist es, die im Gesetz auf verfassungsmäßiger Grundlage zum Ausdruck gekommene Interessenabwägung zu beachten und nachzuvollziehen (vgl. BVerfGE 53, 352 <357 f.>).

(1) Der Gesetzgeber hat, was die Nutzung von Grund und Boden zu Telekommunikationszwecken anbelangt, die schutzwürdigen Interessen der Grundstückseigentümer und die betroffenen Belange des Gemeinwohls abgewogen und dabei auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen. Aus Art. 87 f Abs. 1 GG ergibt sich, dass der Telekommunikationssektor im Rahmen der Volkswirtschaft eine herausgehobene Bedeutung hat. Nach dieser Vorschrift gewährleistet der Bund im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen. Soweit für Zwecke der Telekommunikation Grund und Boden benötigt werden, musste daher im Rahmen der gesetzlichen Neuregelung des Telekommunikationssektors zwischen dieser in Art. 87 f GG zum Ausdruck kommenden Wertentscheidung und einschlägigen Rechtspositionen an Grund und Boden abgewogen werden (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 25. August 1999 - 1 BvR 1499/97 -, NJW 2000, S. 798 <799>). In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber in § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG dem Grundeigentümer eine erweiterte Duldungspflicht auferlegt. Diese Duldungspflicht knüpft allerdings an eine rechtlich gesicherte Vorbelastung an, die regelmäßig mit Einverständnis des betroffenen Eigentümers oder seines Rechtsvorgängers begründet worden ist. Weiter wird die Duldungspflicht dadurch begrenzt, dass durch die Errichtung, den Betrieb und die Erneuerung von Telekommunikationslinien die Nutzbarkeit des Grundstücks nicht dauerhaft zusätzlich eingeschränkt werden darf. Zudem hat der Gesetzgeber in § 57 Abs. 2 TKG einen Ausgleichsanspruch des Grundstückseigentümers vorgesehen, wenn durch die Errichtung, Erneuerung oder durch Wartungs-, Reparatur- oder vergleichbare, mit dem Betrieb der Telekommunikationslinie unmittelbar zusammenhängende Maßnahmen eine Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt wird. Der Betreiber hat auch auf seine Kosten den Schaden zu beseitigen, wenn das Grundstück oder sein Zubehör durch die Ausübung der aus § 57 TKG folgenden Rechte beschädigt werden.

Schließlich kann der Eigentümer nach § 57 Abs. 2 Satz 2 TKG darüber hinaus für eine erweiterte Nutzung zu Zwecken der Telekommunikation einen Ausgleich in Geld verlangen, sofern bisher keine Leitungswege vorhanden waren, die zu Zwecken der Telekommunikation genutzt werden konnten. Aufgrund dieser Vorschrift müssen die betroffenen Eigentümer nicht hinnehmen, dass Dritte ihre Grundflächen zu Telekommunikationszwecken nutzen und daraus Gewinn erzielen, sie aber dafür keinen Geldausgleich erhalten. Denn die den Eigentümern in aller Regel für die Einräumung der schon bestehenden Leitungsrechte gezahlten Vergütungen decken in einem solchen Fall die neue Nutzungsdimension nicht ab. Da der aus der Nutzung der betroffenen Grundflächen zur kommerziellen Telekommunikation erzielte Ertrag nicht vorrangig der Allgemeinheit, sondern den Inhabern des Leitungsrechts zugute kommt, ließe sich eine unentgeltliche Duldungspflicht in derartigen Fällen weder mit der besonderen Sozialbindung des Grundeigentums noch mit dem mit der gesetzlichen Regelung verfolgten Zweck rechtfertigen (vgl. BGHZ 145, 16 <32 f.>; siehe auch BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, NJW 2001, S. 2960). Auch die in Art. 87 f Abs. 1 GG getroffene Grundentscheidung des verfassungsändernden Gesetzgebers fordert nicht, derartige Erweiterungen der Nutzungen ohne entsprechenden finanziellen Ausgleich zu eröffnen.

Eine einfachrechtliche Ergänzung der materiellrechtlichen Ausgleichsregelung durch Vorschriften, die sicherstellen, dass mit der Aktualisierung der Duldungspflicht auch über die Höhe des zu gewährenden Ausgleichs entschieden wird, ist von Verfassungs wegen nicht geboten. Insoweit ist die rechtliche Situation anders als bei der Aktualisierung einer Eigentumsbeschränkung durch Verwaltungsakt. Nur im letzteren Fall muss der Betroffene einen ihn in seinem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG beeinträchtigenden Verwaltungsakt, den er für unverhältnismäßig hält, anfechten. Lässt er ihn hingegen bestandskräftig werden, so kann er eine Entschädigung auch als Ausgleich im Rahmen von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nicht mehr einfordern. Er muss demnach entscheiden, ob er den die Eigentumsbeschränkung aktualisierenden Eingriffsakt hinnehmen oder innerhalb der gesetzlichen Frist anfechten will. Diese Entscheidung kann der Betroffene nur sinnvoll treffen, wenn er weiß, ob ihm ein Ausgleich zusteht. Ihm ist es nicht zuzumuten, einen Verwaltungsakt in der unsicheren Erwartung eines nachträglich in einem anderen Verfahren zu bewilligenden Ausgleichs bestandskräftig werden zu lassen (vgl. BVerfGE 100, 226 <246>). Der Grundstückseigentümer, der nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG die Verlegung der Telekommunikationsleitungen dulden muss, weiß hingegen, dass ihm ein Ausgleichsanspruch unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 2 Satz 2 TKG zusteht. Ihm ist zudem die Möglichkeit eröffnet, seinen materiellrechtlichen Ausgleichsanspruch vor den Zivilgerichten geltend zu machen, ohne dass eine entschädigungslos bleibende Duldungspflicht mit einem in Bestandskraft erwachsenden Verwaltungsakt festgesetzt werden könnte. Die Zivilgerichte haben dann im Streitfall über die angemessene Höhe des Ausgleichs zu befinden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bemisst sich die Höhe des Ausgleichsanspruchs des Grundeigentümers in erster Linie nach dem Entgelt, das nach den jeweiligen Marktverhältnissen für die Einräumung eines Nutzungsrechts zu Telekommunikationszwecken, hilfsweise - sollte sich ein solcher Marktwert noch nicht gebildet haben - für die Verlegung von Versorgungsleitungen gezahlt wird (vgl. BGHZ 145, 16 <34 f.>). Von Verfassungs wegen ist die grundsätzliche Orientierung an dem marktüblichen Entgelt nicht zu beanstanden, zumal auf diese Weise die duldungspflichtigen Grundstückseigentümer mittelbar auch an den tatsächlichen oder erwarteten Erträgen der Leitungsinhaber partizipieren.

Vor diesem Hintergrund erscheint es gerechtfertigt, dem betroffenen Grundstückseigentümer im Interesse des gesetzgeberischen Anliegens, die Voraussetzungen für das tatsächliche Entstehen von Wettbewerb im Telekommunikationssektor zu schaffen, die geringfügige Erweiterung seiner Duldungspflicht aufzuerlegen. Es handelt sich insoweit um eine die Sozialpflichtigkeit des Eigentums (vgl. Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG) konkretisierende, unter den gesetzlich normierten Voraussetzungen ausgleichspflichtige Inhaltsbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Denn die Privatnützigkeit und die grundsätzliche Verfügungsbefugnis des Eigentümers über sein Grundstück bleiben erhalten, wenn er nach der Inanspruchnahme des Grundstücks durch eine Telekommunikationslinie dieses weiterhin in derselben Weise nutzen kann, wie dies vor der Inanspruchnahme des Grundstücks der Fall war. Anders wäre es nur, wenn durch die Errichtung einer Telekommunikationslinie die Nutzbarkeit des Grundstücks dauerhaft über das vor der Inanspruchnahme bestehende Maß eingeschränkt werden dürfte (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, NJW 2000, S. 798 <800>). Eine solche dauerhafte Einschränkung der Nutzbarkeit schließt § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG - wie oben dargelegt - aber gerade aus.

(2) Der Bundesgerichtshof hat in dem angegriffenen Urteil die vorgezeichneten Grenzen nicht dadurch überschritten, dass er als Anlage i.S. von § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG den gesamten Schutzstreifen angesehen hat. Denn auch unter Zugrundelegung dieses weiten Anlagenbegriffs erlaubt diese Vorschrift keine dauerhaften zusätzlichen Einschränkungen der Nutzbarkeit des Grundstücks, die über das vorher vom Eigentümer oder seinem Rechtsvorgänger eingeräumte Maß hinausgehen. War nach der zuvor begründeten Dienstbarkeit im Bereich des Schutzstreifens die übliche landwirtschaftliche Nutzung zulässig, wird diese - wie der Bundesgerichtshof hervorhebt - durch die im Schutzstreifen verlegten Schutzrohre nicht zusätzlich eingeschränkt.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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