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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 21.12.2000
Aktenzeichen: 1 BvR 1761/00
Rechtsgebiete: BVerfGG, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 93 b
BVerfGG § 93 a
BVerfGG § 93 a Abs. 2
BVerfGG § 93 a Abs. 2 Buchstabe a
BVerfGG § 90
BVerfGG § 93 d Abs. 1 Satz 3
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 13 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 1761/00 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

der Frau S...

- Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Hans Schmidt-Sibeth und Koll., Steinstraße 1-3, Düsseldorf -

gegen

a) das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 4. August 2000 - 22 S 346/00 -,

b) das Urteil des Amtsgerichts Neuss vom 19. Mai 2000 - 34 C 2106/00 -

hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Richter Kühling, die Richterin Jaeger und den Richter Hömig gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 21. Dezember 2000 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführerin wurde im Wege der einstweiligen Verfügung in erster und zweiter Instanz dazu verpflichtet, einem in einem anderen Prozess gerichtlich bestellten Sachverständigen zu Begutachtungszwecken Zutritt zu dem von ihr bewohnten Wohnhaus zu gewähren. Sie greift die beiden Urteile an und rügt insoweit eine Verletzung des Willkürverbots aus Art. 3 Abs. 1 GG und ihres Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 GG.

II.

Gründe für die Annahme der Verfassungsbeschwerde im Sinne von § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor.

1. Eine Annahme nach § 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG scheidet aus, da der Verfassungsbeschwerde keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt. Die durch sie aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen, insbesondere zur zivilgerichtlichen Durchsetzung von Betretungsrechten (vgl. BVerfGE 75, 318 <326 ff.>), sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits geklärt.

2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 BVerfGG genannten Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Denn die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (BVerfGE 90, 22 <25 f.>).

a) Die angegriffenen Urteile verletzen die Beschwerdeführerin nicht in ihrem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG). Dieses Grundrecht wird berührt. Es ist auf das Betreten und Besichtigen von Wohnungen gegen den Willen des Wohnungsinhabers auch durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen anzuwenden (BVerfGE 75, 318 <326 f.>). Darum ging es hier. Berührt eine zivilgerichtliche Entscheidung Grundrechte der Parteien, so muss das Gericht diesen Grundrechten bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches Rechnung tragen (BVerfGE 7, 198 <206 ff.>; 86, 122 <128 f.>; stRspr). Feststellung und Würdigung des Sachverhalts sowie Auslegung und Anwendung des Zivilrechts bleiben allerdings grundsätzlich Sache der Fachgerichte. Das Bundesverfassungsgericht hat im Rahmen der Verfassungsbeschwerde nur zu überprüfen, ob die angegriffenen Entscheidungen Fehler erkennen lassen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung und Tragweite des Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruhen.

Daran gemessen sind die angegriffenen Entscheidungen nicht zu beanstanden. Beide Gerichte haben erkannt, dass auf Seiten der Beschwerdeführerin das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung zu beachten war. Sie haben sich mit der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 75, 318 <326>) auseinander gesetzt. Gegen die den angegriffenen Urteilen zu Grunde liegende Auffassung, dass Art. 13 Abs. 1 GG einer vertraglichen Zutrittsgewährung durch den Berechtigten nicht entgegensteht, sind durchschlagende verfassungsrechtliche Bedenken nicht erkennbar. Der genannte Beschluss des Bundesverfassungsgerichts steht dieser Auffassung nicht entgegen. Eine von den oben angeführten allgemeinen Grundsätzen abweichende Grundrechtsbindung für Zivilrechtsstreitigkeiten um vertraglich eingeräumte Betretungsrechte, wie sie regelmäßig etwa auch in Mietverträgen vereinbart werden, lässt sich ihm nicht entnehmen.

b) Die Auslegung der zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens getroffenen Vereinbarung durch die Gerichte lässt Verfassungsverletzungen ebenfalls nicht erkennen. Insbesondere ist der gerügte Verstoß gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG nicht feststellbar.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.



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