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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 10.10.2000
Aktenzeichen: 1 BvR 1789/00
Rechtsgebiete: BVerfGG
Vorschriften:
BVerfGG § 93 d Abs. 2 | |
BVerfGG § 32 Abs. 1 |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 1789/00 -
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn K...
- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Peter Fiedler, Kaiserstraße 10, Saarbrücken -
gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 19. September 2000 - 13 W 3373/00 -
hier: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Papier und die Richter Steiner, Hoffmann-Riem gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93 d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993
(BGBl I S. 1473) am 10. Oktober 2000 einstimmig beschlossen:
Tenor:
1. Unter Aussetzung des Beschlusses des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 19. September 2000 - 13 W 3373/00 - wird der M. GmbH einstweilen, längstens bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde untersagt, die Telefonnummern-CD-Rom T., Ausgabe Sommer 2000, mit der Anschrift ... zu vertreiben.
2. Der Freistaat Bayern hat dem Antragsteller die im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
3. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Gründe:
Mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt der Antragsteller die Einstellung des Vertriebs einer CD-Rom, auf der seine Telefonnummer und seine Adresse verzeichnet sind.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat zum Teil Erfolg.
1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Wegen der meist weit tragenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung in einem verfassungsgerichtlichen Verfahren auslöst, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 BVerfGG ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfGE 87, 107 <111>; stRspr). Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde erweist sich von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Bei offenem Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens muss das Bundesverfassungsgericht die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 71, 158 <161>; 88, 185 <186>; 91, 252 <257 f.>; stRspr). Hierbei hat es mit Blick auf die einschlägigen Grundrechte sowohl der Bedeutung der jeweils betroffenen Schutzgüter als auch dem Grad der Wahrscheinlichkeit und dem Ausmaß möglicher Beeinträchtigungen Rechnung zu tragen.
2. Die Verfassungsbeschwerde ist weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet.
Die demnach gebotene Beurteilung und Abwägung der Folgen, die im Falle des Erfolgs oder Misserfolgs einer Verfassungsbeschwerde einträten, führt im vorliegenden Verfahren zu einem Überwiegen derjenigen Gründe, die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechen, die der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens einen weiteren Vertrieb der fraglichen CD-Rom untersagt.
a) Erginge die einstweilige Anordnung nicht, erwiese sich die Verfassungsbeschwerde aber später als begründet, so wären personenbezogene Daten des Antragstellers gegen seinen rechtlich verbindlich zum Ausdruck gebrachten Willen einer unbekannten Zahl von Personen zugänglich gemacht worden. Außerdem wäre die Gefahr erhöht worden, dass womöglich Personen, die danach trachten, Leib und Leben des Antragstellers zu gefährden, seine Adresse und Telefonnummer erfahren und - jedenfalls solange die fragliche Wohnung noch besteht - zu Taten gegen ihn in Stand gesetzt werden.
b) Erginge die einstweilige Anordnung, erwiese sich die Verfassungsbeschwerde aber später als unbegründet, so hätte die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens allenfalls die in der Zwischenzeit mit dem Verkauf der CD-Rom einhergehenden Gewinne nicht realisieren können.
c) Beurteilt man diese Folgen, überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes das Interesse der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens am Weitervertrieb der CD-Rom. Während auf Antragstellerseite die Gefährdung höchstpersönlicher Rechtsgüter zu besorgen ist, entgeht der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens lediglich eine Chance auf einen gewissen finanziellen Gewinn.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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