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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 27.11.2008
Aktenzeichen: 1 BvR 2032/08
Rechtsgebiete: GG
Vorschriften:
GG Art. 3 Abs. 1 | |
GG Art. 12 Abs. 1 |
In dem Verfahren
...
hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts
durch
die Richterin Hohmann-Dennhardt und
die Richter Gaier, Kirchhof
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG
in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl. I S. 1473)
am 27. November 2008
einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die gerichtliche Versagung seiner Bestellung zum Insolvenzverwalter nach seiner Wahl durch die Gläubigerversammlung.
1.
Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt. Er wurde in der ersten Gläubigerversammlung eines Insolvenzverfahrens anstelle des vom Insolvenzgericht bestimmten Insolvenzverwalters von den Gläubigern zum Insolvenzverwalter gewählt. Das Insolvenzgericht lehnte jedoch die Bestellung des Beschwerdeführers zum Insolvenzverwalter gemäß § 57 Satz 3 der Insolvenzordnung (InsO) ab. Dem Beschwerdeführer fehle die fachliche Eignung unter anderem deshalb, weil er nicht über die notwendige praktische Erfahrung aus eigenverantwortlicher Tätigkeit als Insolvenzverwalter verfüge.
Die gegen diesen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde einer Insolvenzgläubigerin wurde vom Landgericht zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer sei für das Insolvenzverwalteramt nicht geeignet, weil es ihm an den erforderlichen praktischen Erfahrungen fehle. Für diese praktischen Erfahrungen könne die Tätigkeit an anderen Insolvenzgerichten als Gutachter, vorläufiger Insolvenzverwalter und Insolvenzverwalter eine Rolle spielen, aber auch eine längere Tätigkeit für einen bestellten Insolvenzverwalter im Bereich der engeren Insolvenzverwaltertätigkeit. Hiermit werde keine, möglicherweise Art. 12 Abs. 1 GG verletzende, Regel aufgestellt, wonach eine Person, die noch nicht Insolvenzverwalter gewesen sei, nicht zum Insolvenzverwalter bestellt werden könne. Denn die erforderliche praktische Erfahrung könne auch durch eine Tätigkeit für einen Insolvenzverwalter gesammelt werden.
2.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Beschlüsse des Insolvenzgerichts und des Landgerichts und rügt die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 sowie Art. 3 Abs. 1 GG. In der Forderung nach einer vorherigen Tätigkeit als Insolvenzverwalter oder vorläufiger Insolvenzverwalter sei ein Verstoß gegen diese Grundrechte zu sehen, weil ihm auf diese Weise der Zugang zum Amt des Insolvenzverwalters verstellt werde. Jedenfalls ein Rechtsanwalt, der erstmalig als Insolvenzverwalter tätig sein wolle, werde unangemessen benachteiligt; außerdem werde auf diese Weise der Beschluss der Gläubigerversammlung, den gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter abzuberufen und den Beschwerdeführer als geeigneten Insolvenzverwalter zu bestellen, übergangen. Als promovierter Wirtschaftsanwalt verfüge er zudem über die erforderliche Eignung für das angestrebte Amt.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen.
1.
Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere durch den Beschluss des Ersten Senats vom 23. Mai 2006 (BVerfGE 116, 1) geklärt.
2.
Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG); denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.
a)
Die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind allein Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen. Nur bei einer Verletzung von spezifischem Verfassungsrecht durch die Gerichte kann das Bundesverfassungsgericht auf eine Verfassungsbeschwerde hin eingreifen (vgl. BVerfGE 1, 418 <420>). Spezifisches Verfassungsrecht ist aber nicht schon dann verletzt, wenn eine Entscheidung, am einfachen Recht gemessen, nach Auffassung eines Beschwerdeführers oder tatsächlich objektiv fehlerhaft ist; der Fehler muss gerade in der Nichtbeachtung von Grundrechten liegen.
Selbst eine zweifelsfrei fehlerhafte Rechtsanwendung begründet noch keinen verfassungsrechtlichen Verstoß.
Im vorliegenden Fall gibt es schon keinen Hinweis dafür, dass die Rechtsauffassung der Fachgerichte des Ausgangsverfahrens gemessen am einfachen Recht unvertretbar wäre. Die Bestellung der von der Gläubigerversammlung gewählten Person zum Insolvenzverwalter darf gemäß § 57 Satz 3 InsO ebenso wegen fehlender Eignung versagt werden wie das Insolvenzgericht nach § 56 Abs. 1 Satz 1 InsO gehindert ist, selbst eine ungeeignete Person als Insolvenzverwalter auszuwählen. Für die Feststellung der Eignung wird allgemein auch das Vorliegen praktischer Erfahrungen in der Insolvenzverwaltung als notwendig angesehen (vgl. etwa Graeber, in: Münchener Kommentar Insolvenzordnung, 2. Aufl. 2007, § 56 Rn. 19 m.w.N.). So wird etwa die Berechtigung, die Bezeichnung eines Fachanwalts für Insolvenzrecht zu führen, alleine nicht als ausreichend betrachtet, wenn es zugleich an einer genügenden praktischen Erfahrung fehlt.
Ebenfalls wird in der einschlägigen Literatur die Auffassung vertreten, dass der Erwerb entsprechender Erfahrungen nur auf dem Weg der Begleitung und des Lernens von einem erfahrenen Verwalter erfolgen kann, unter dessen Aufsicht dann auch die ersten selbständigen Erfahrungen gesammelt werden. Erst wenn diese Erfahrungen selbständiger Verantwortungsübernahme und Abwicklung vorliegen, werde sich ein qualifizierter Verwalter bei Gericht um die selbständige Vergabe von Verfahren bemühen (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster, Handbuch zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2001, S. 475 f. m.w.N.).
b)
Den angegriffenen Entscheidungen ist auch keine grundsätzliche Verkennung des Bedeutungsgehalts der als verletzt gerügten Grundrechte zu entnehmen.
Namentlich das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Recht des Beschwerdeführers auf chancengleichen Zugang zum Insolvenzverwalteramt (vgl. BVerfGE 116, 1 <12 ff.>) wird nicht dadurch verletzt, dass die fachliche Eignung von Bewerbern um dieses Amt - wie im vorliegenden Fall - davon abhängig gemacht wird, dass praktische Erfahrungen durch Tätigkeiten in den Insolvenzverfahren nachgewiesen sind. Insbesondere wird dem Beschwerdeführer hierdurch der Zugang zum Insolvenzverwalteramt nicht gänzlich verstellt oder in unzumutbarer Weise erschwert. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers können die verlangte Qualifikation nicht nur solche Personen erwerben, die bei einem Insolvenzverwalter angestellt sind oder angestellt waren. Vielmehr ist es auch dem Beschwerdeführer aus seiner eigenen Kanzlei heraus möglich, die geforderten praktischen Erfahrungen zu sammeln. Die selbständige Berufsausübung hindert ihn nicht daran, mit einem Insolvenzverwalter zusammenzuarbeiten und auf diesem Weg die vom Insolvenzgericht geforderte federführende Bearbeitung von Insolvenzverfahren unter Aufsicht und Verantwortung eines Insolvenzverwalters zu erbringen.
Für eine Verletzung der vom Beschwerdeführer benannten Verfassungsrechte einschließlich Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Bedeutung als Willkürverbot ist vor diesem Hintergrund nichts ersichtlich.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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