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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Urteil verkündet am 20.11.2007
Aktenzeichen: 1 BvR 2074/05
Rechtsgebiete: GG
Vorschriften:
GG Art. 1 Abs. 1 | |
GG Art. 2 Abs. 1 |
2. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ermächtigungsgrundlage richten sich nach dem Gewicht der Beeinträchtigung, das insbesondere von der Art der erfassten Informationen, dem Anlass und den Umständen ihrer Erhebung, dem betroffenen Personenkreis und der Art der Verwertung der Daten beeinflusst wird.
3. Die bloße Benennung des Zwecks, das Kraftfahrzeugkennzeichen mit einem gesetzlich nicht näher definierten Fahndungsbestand abzugleichen, genügt den Anforderungen an die Normenbestimmtheit nicht.
4. Die automatisierte Erfassung von Kraftfahrzeugkennzeichen darf nicht anlasslos erfolgen oder flächendeckend durchgeführt werden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist im Übrigen nicht gewahrt, wenn die gesetzliche Ermächtigung die automatisierte Erfassung und Auswertung von Kraftfahrzeugkennzeichen ermöglicht, ohne dass konkrete Gefahrenlagen oder allgemein gesteigerte Risiken von Rechtsgutgefährdungen oder -verletzungen einen Anlass zur Einrichtung der Kennzeichenerfassung geben. Die stichprobenhafte Durchführung einer solchen Maßnahme kann gegebenenfalls zu Eingriffen von lediglich geringerer Intensität zulässig sein.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES
- 1 BvR 2074/05 - - 1 BvR 1254/07 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerden
gegen
§ 14 Abs. 5 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2005 (GVBl I, S. 14)
- 1 BvR 2074/05 -,
gegen § 184 Abs. 5 des Schleswig-Holsteinischen Landesverwaltungsgesetzes (LVwG) in der Fassung des Gesetzes zur Anpassung gefahrenabwehrrechtlicher und verwaltungsrechtlicher Bestimmungen vom 13. April 2007 (GVBl, S. 234)
- 1 BvR 1254/07 -
hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat - unter Mitwirkung der Richterin und Richter Präsident Papier, Hohmann-Dennhardt, Hoffmann-Riem, Bryde, Gaier, Eichberger, Schluckebier, Kirchhof aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. November 2007 durch Urteil
für Recht erkannt:
Tenor:
1. § 14 Absatz 5 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2005 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen, Teil I, Seite 14) ist mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
2. § 184 Absatz 5 des Allgemeinen Verwaltungsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz - LVwG -) in der Fassung von Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe b des Gesetzes zur Anpassung gefahrenabwehrrechtlicher und verwaltungsverfahrensrechtlicher Bestimmungen vom 13. April 2007 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein, Seite 234) ist mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
3. Das Land Hessen hat den Beschwerdeführern zu 1, das Land Schleswig-Holstein dem Beschwerdeführer zu 2 deren notwendige Auslagen zu erstatten.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen polizeirechtliche Vorschriften in Hessen und Schleswig-Holstein, die zur automatisierten Erfassung der amtlichen Kennzeichen von Kraftfahrzeugen ermächtigen.
A.
I.
Bei der automatisierten Kennzeichenerfassung werden die Fahrzeuge nach der derzeit eingesetzten Technik zunächst von einer Videokamera optisch erfasst. Mit Hilfe von Software wird aus dem Bild die Buchstaben- und Zeichenfolge des Kennzeichens ausgelesen. Das so ermittelte Kennzeichen wird automatisch mit polizeilichen Fahndungsdateien abgeglichen. Ist das Kennzeichen in diesen Dateien enthalten, wird eine Treffermeldung ausgegeben. Es werden dann das Kennzeichen sowie weitere Informationen festgehalten, etwa Ort und Zeit der Treffermeldung, und es können sich polizeiliche Maßnahmen anschließen, wie das Anhalten des Fahrzeugs. Ist das Kennzeichen nicht im Fahndungsbestand enthalten, werden das Bild und das erfasste Kennzeichen umgehend gelöscht. Die Erfassungsgeräte können stationär oder mobil eingesetzt werden. Bei stationärem Einsatz können die Kennzeichen in beiden Fahrtrichtungen ermittelt werden, also auch aus der Rückansicht. Bei mobilen Systemen kann die Kamera etwa von einem fahrenden Polizeifahrzeug aus eingesetzt werden.
Die Technik der Kennzeichenerkennung wurde zuerst in Großbritannien entwickelt ("automatic number plate recognition" - ANPR). Sie wird dort in dem derzeit weltweit wohl größten Umfang eingesetzt. So wird sie in der Londoner Innenstadt verwendet, um die Zahlung der Londoner Stadtmaut zu kontrollieren. Auf die dort erhobenen Informationen darf die Polizei seit Sommer 2007 auch zu Zwecken der nationalen Sicherheit ("national security") zugreifen (vgl. Travis, Guardian vom 18. Juli 2007; Ford, The Times vom 18. Juli 2007). An einer eigenständigen gesetzlichen Grundlage für die Kennzeichenerfassung fehlt es derzeit (vgl. dazu: Office of Surveillance Commissioners, Annual Report of the Chief Surveillance Commissioner to the Prime Minister and to Scottish Ministers for 2006-2007, 2007, S. 3, 16 f.). Auch in Frankreich wird die automatisierte Kennzeichenerfassung zur Verhütung und Ahndung terrorismusbezogener Straftaten sowie zur Verfolgung von Straftaten der organisierten Kriminalität, des Diebstahls und der Unterschlagung gestohlener Fahrzeuge sowie bestimmter Zollvergehen eingesetzt (vgl. Conseil Constitutionnel, Entscheidung vom 19. Januar 2006 - Nr. 2005-532 DC -).
II.
Mit ihren Verfassungsbeschwerden rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung ihres Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG durch die angegriffenen Bestimmungen.
1. a) Die Beschwerdeführer in dem Verfahren 1 BvR 2074/05 greifen § 14 Abs. 5 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) in der Bekanntmachung vom 14. Januar 2005 (GVBl I, S. 14) an. § 14 Abs. 5 HSOG lautet:
§ 14
Datenerhebung und sonstige Datenverarbeitung an öffentlichen Orten und besonders gefährdeten öffentlichen Einrichtungen
(1) - (4) ...
(5) Die Polizeibehörden können auf öffentlichen Straßen und Plätzen Daten von Kraftfahrzeugkennzeichen zum Zwecke des Abgleichs mit dem Fahndungsbestand automatisiert erheben. Daten, die im Fahndungsbestand nicht enthalten sind, sind unverzüglich zu löschen.
b) Der Beschwerdeführer in dem Verfahren 1 BvR 1254/07 greift § 184 Abs. 5 des Allgemeinen Verwaltungsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz - LVwG -) in der Fassung von Art. 1 Nr. 6 Buchstabe b des Gesetzes zur Anpassung gefahrenabwehrrechtlicher und verwaltungsverfahrensrechtlicher Bestimmungen vom 13. April 2007 (GVBl, S. 234) an. § 184 LVwG lautet, soweit hier von Bedeutung:
§ 184
Datenerhebung bei öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen sowie auf öffentlichen Flächen
(1) - (3) ...
(4) 1Die Datenerhebung nach den Absätzen 1 bis 3 darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen sind. 2Die angefertigten Bildaufnahmen, Bild- und Tonaufzeichnungen sowie sonstige dabei gewonnene personenbezogene Daten sind außer bei Maßnahmen nach Absatz 3 spätestens einen Monat nach ihrer Erhebung zu löschen oder zu vernichten. 3Dies gilt nicht, wenn sie zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung benötigt werden oder Tatsachen dafür sprechen, dass die Person künftig vergleichbare Straftaten oder Straftaten im Sinne des § 179 Abs. 2 begehen wird. 4Die Zweckänderung der Daten muss im Einzelfall festgestellt und dokumentiert werden. 5Eine Unterrichtung der unvermeidbar betroffenen Dritten im Sinne von Satz 1 und der von Maßnahmen nach Absatz 1 bis 3 Betroffenen unterbleibt, wenn sie innerhalb der in Satz 2 genannten Fristen nur mit unverhältnismäßigen Ermittlungen möglich wäre, insbesondere wenn dadurch eine Grundrechtseingriffsvertiefung zu befürchten ist oder wenn überwiegend schutzwürdige Belange anderer Betroffener entgegenstehen.
(5) 1Die Polizei kann bei Kontrollen im öffentlichen Verkehrsraum nach diesem Gesetz und anderen Gesetzen personenbezogene Daten durch den offenen Einsatz technischer Mittel zur elektronischen Erkennung von Kraftfahrzeugkennzeichen zum Zwecke des automatisierten Abgleichs mit dem Fahndungsbestand erheben. 2Eine verdeckte Datenerhebung ist nur zulässig, wenn durch die offene Datenerhebung der Zweck der Maßnahme gefährdet würde. 3Sofern auf das abgefragte Kennzeichen keine Fahndungsnotierung besteht, sind die gewonnenen Daten unverzüglich zu löschen. 4Besteht zu dem abgefragten Kennzeichen eine Fahndungsnotierung, gilt Absatz 4 Satz 3 bis 5 entsprechend. 5Der flächendeckende stationäre Einsatz technischer Mittel nach den Sätzen 1 und 2 ist nicht zulässig.
(6) ...
§ 179 Abs. 2 LVwG, auf den in § 184 Abs. 4 Satz 3 LVwG verwiesen wird, lautet:
§ 179
Voraussetzungen der Datenerhebung
(1) ...
(2) Wenn Tatsachen dafür sprechen, dass ein
1. Verbrechen,
2. Vergehen gewerbsmäßig, gewohnheitsmäßig, serienmäßig, bandenmäßig oder mittels Täterschaft und Teilnahme organisiert begangen werden soll, können personenbezogene Daten erhoben werden über
a) Personen, bei denen Tatsachen dafür sprechen, dass sie solche Straftaten begehen oder sich hieran beteiligen werden,
b) Personen, bei denen Tatsachen dafür sprechen, dass sie Opfer solcher Straftaten werden, oder
c) Zeuginnen oder Zeugen, Hinweisgeber oder sonstige Auskunftspersonen, die dazu beitragen können, den Sachverhalt solcher Straftaten aufzuklären.
(3) ...
2. Die Beschwerdeführer sehen sich durch diese Regelungen selbst, gegenwärtig und unmittelbar in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung betroffen. Sie seien eingetragene Halter ihrer Personenkraftwagen. Mit diesen seien sie regelmäßig auf den Straßen des jeweiligen Bundeslandes unterwegs.
Die Kennzeichenerfassung greife in den Schutzbereich des Grundrechts ein. Ziel der Erfassung sei es, die Daten für die Polizei verfügbar zu machen, um sie mit dem Fahndungsbestand abgleichen zu können. Ein Eingriff liege auch im Hinblick auf das angefertigte Bild vor, wenn es das Konterfei von Fahrer und Beifahrer erkennen lasse. Der Eingriff verstoße gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Die geförderten Gemeinwohlbelange seien im Regelfall von geringem Gewicht. Eine Gefährdung der Allgemeinheit und der Sicherheit einzelner Bürger werde nur in seltenen Ausnahmefällen abgewehrt werden können. In solchen Fällen genüge es aber, anlassbezogen eine Kennzeichenüberwachung durchzuführen, ohne dass dies zu einer generellen Standardmaßnahme gemacht werden müsse.
Das Gewicht des Eingriffs sei nicht gering zu bewerten. Eine maschinelle, systematische Massenkontrolle habe eine neue Eingriffsqualität. Bislang habe eine anlasslose Erhebung von Fahrzeugkennzeichen nicht zu den Aufgaben der Polizei gehört. Auch Befugnisse wie die der Schleierfahndung oder bei Verkehrskontrollen seien bisher stets nur einzelfallbezogen oder stichprobenartig zum Einsatz gekommen. Dies gelte auch für Kontrollen im Lebensmittel-, Arbeitsschutz- und Umweltrecht, die überdies nur eng umgrenzte Personengruppen träfen. Ermächtigungen zur systematischen, automatisierten Kontrolle beliebiger Personen kenne die deutsche Rechtsordnung bisher nicht. Da durch ein einziges Erfassungsgerät bis zu 3.000 Kennzeichen pro Stunde erkannt werden könnten, sei die Kennzeichenerfassung kein "Minus" zu den bisherigen Kontrollen mit Identitätsfeststellung, sondern ein quantitatives und qualitatives "Aliud". Die Maßnahme ermögliche die Erstellung von Bewegungsprofilen. Tatsächlich hätten 14 % der Treffer in der hessischen Praxis Ausschreibungen zur "polizeilichen Beobachtung und Insassenfeststellung" zum Gegenstand. Es werde eine Infrastruktur geschaffen, die eine generelle Bewegungsüberwachung ermögliche, wie sie etwa in Großbritannien bereits praktiziert werde. Die Erfahrung zeige, dass eine einmal vorhandene Überwachungsstruktur immer intensiver genutzt werde. Der Kennzeichenabgleich sei ein Präzedenzfall für einen automatisierten Massenabgleich der Bevölkerung mit Fahndungsdatenbanken. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der angegriffenen Bestimmungen dürfe nicht nach der derzeitigen technischen Praxis beurteilt werden. Vielmehr sei zu berücksichtigen, dass technische Kapazitätsgrenzen immer nur eine Frage der Zeit seien. So sei der Einsatz von RFID-Chips ("Radio Frequency Identification" - RFID), also Funkchips, wie sie derzeit bereits in Reisepässen oder zur Verbuchung von Büchern in Bibliotheken verwendet werden, zur Fahrzeugerkennung sehr viel preisgünstiger und weniger fehleranfällig als die optische Kennzeichenerkennung. RFID-Lesegeräte ermöglichten daher in technischer und finanzieller Hinsicht eine weitgehend flächendeckende Verkehrsüberwachung; in anderen Ländern sei es bereits Pflicht, solche Chips am Kraftfahrzeug anzubringen. Die angefochtenen Regelungen deckten bereits heute den Einsatz von RFID-Lesegeräten ab.
Das Gebot der Verhältnismäßigkeit lasse die Kennzeichenerfassung daher nur im Einzelfall zum Auffinden eines konkreten Fahrzeugs, zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben und aufgrund richterlicher Anordnung, die zeitlich zu befristen sei, zu. Ohne diese Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssten, sei die Maßnahme auch an Kriminalitätsschwerpunkten nicht zulässig.
Für die angegriffenen Regelungen fehle den Ländern auch die Gesetzgebungskompetenz. Die Regelung diene im Schwerpunkt Zwecken der Strafverfolgung. Mit der Begründung, die Rückgabe gestohlener Fahrzeuge diene präventiven Zwecken, könnten sich die Länder allgemein Gesetzgebungsbefugnisse im Anschluss an Diebstahlsdelikte anmaßen. Sicherstellung und Rückgabe der durch eine Straftat erlangten Kraftfahrzeuge seien in der Strafprozessordnung abschließend geregelte Maßnahmen (§§ 94, 111k StPO). Bei Auffinden eines gestohlenen Fahrzeugs sei die Polizei kraft Bundesrechts (§ 152 Abs. 2, § 163 Abs. 1 Satz 1 StPO) in erster Linie verpflichtet, Maßnahmen zur Ermittlung und Überführung des Täters einzuleiten. Das Fahrzeug dürfe erst herausgegeben werden, wenn es für Zwecke des Strafverfahrens nicht mehr benötigt werde (§ 111k StPO). Der Vorrang der Strafverfolgung vor der Restitution sei folglich sowohl gesetzlich angeordnet wie auch tatsächlich in zeitlicher Hinsicht gegeben. Dementsprechend nehme § 184 Abs. 5 LVwG bezüglich der Verwendung von Treffermeldungen auf § 184 Abs. 4 Satz 3 LVwG Bezug, der an erster Stelle die Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten anführe. Die Verhütung von Straftaten könne eine Länderkompetenz jedenfalls dann nicht begründen, wenn als Präventionsmittel lediglich die Verfolgung bereits begangener Straftaten eingesetzt werde. Sonst müsse jede Maßnahme der Strafverfolgung zugleich als Verhütung von Straftaten angesehen werden, da jede Strafverfolgungsmaßnahme auch der Verhinderung von Anschlusstaten und damit der Verhütung von Straftaten dienen könne. Dadurch würde die Unterscheidung von Strafverfolgung und Gefahrenabwehr obsolet. Das Bundesrecht regele die Verarbeitung von Kennzeichendaten zum Zweck der Strafverfolgung erkennbar abschließend.
Nur hilfsweise werde die Unbestimmtheit der angefochtenen Normen gerügt. Der Begriff des Fahndungsbestands sei zu unbestimmt. Wenn ein Abgleich ausschließlich mit einzelnen Dateien beabsichtigt gewesen sei, habe dies ohne weiteres präzise bestimmt werden können und müssen. Die Bestimmungen legten auch nicht fest, zu welchen Zwecken der Abgleich erfolgen dürfe. Außerdem sei nicht bestimmt, zu welchen Zwecken die Daten im Falle eines Treffers weiter verarbeitet und wie lange sie gespeichert werden dürften. So sei nicht zu erkennen, ob auch die Daten des Halters abgeglichen werden dürften, um zu ermitteln, ob nach dem Halter gefahndet werde. Eine verfassungskonforme einschränkende Auslegung einer zu weiten oder fehlenden Zweckbestimmung verbiete das Gebot der Normenklarheit regelmäßig, so auch hier.
Eine Einschränkung des Grundrechtseingriffs liege zwar bei § 184 Abs. 5 LVwG darin, dass die Vorschrift die Kennzeichenerfassung nur "bei Kontrollen im öffentlichen Verkehrsraum nach diesem Gesetz und anderen Gesetzen" zulasse. Gleichwohl bleibe die routinemäßige, verdachts- und ereignisunabhängige Erfassung zugelassen. Keine Einschränkung liege darin, dass nach § 184 Abs. 5 Satz 5 LVwG der "flächendeckende stationäre Einsatz" nicht zulässig sei. Möglich solle nach dem Gesetz jedenfalls der routinemäßige Kennzeichenabgleich bei Gelegenheit jeglicher Verkehrs-, Personen- oder sonstiger Kontrollen im öffentlichen Verkehrsraum sein.
III.
Zu den Verfassungsbeschwerden haben der Landtag und die Landesregierung von Schleswig-Holstein, die hessische Landesregierung und das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein Stellung genommen.
1. Die hessische Landesregierung hält die Verfassungsbeschwerde im Verfahren 1 BvR 2074/05 für zulässig, aber unbegründet.
a) Die automatische Kennzeichenerfassung werde in Hessen seit Ende Januar 2007 eingesetzt. Der Abgleich erfolge unmittelbar nach der Erfassung. Der Mittelwert der Abgleichsdauer liege bei einer Sekunde. Im Nichttrefferfall würden das angefertigte Bild sowie die Zeichenfolge des Kennzeichens aus dem flüchtigen Speicher des Lesegeräts automatisch gelöscht. Im flüchtigen Speicher sei ein Speicherbereich für höchstens neun Kennzeichen reserviert. Sei dieser Bereich belegt, würden die vorhandenen Informationen bereits im laufenden Betrieb durch neue Informationen überschrieben, das heißt automatisch gelöscht. Nach der Löschung seien die Informationen nicht wieder herstellbar. Bei Unterbrechung der Stromversorgung gingen noch verbliebene Speicherinhalte verloren. Im Trefferfall würden das gefertigte Bild sowie das identifizierte Kennzeichen auf dem Bildschirm des mobilen Standardarbeitsplatzes (Laptop) angezeigt. Im Bedarfsfall könnten sie dort manuell gespeichert werden. Bei einem Treffer vergleiche der Bediener zunächst das Bild mit dem ausgelesenen Kennzeichen. Bei Übereinstimmung werde geprüft, ob die Fahndung noch aktuell sei und welcher Ausschreibungsanlass zugrunde liege. Bei negativem Ergebnis würden die Daten sofort gelöscht.
Der Fahndungsbestand, mit dem abgeglichen werde, umfasse in Hessen die beiden INPOL-Verbunddateien "Sachfahndung" und "NSIS-Sachfahndung". Nach einer Abfrage vom 17. Oktober 2007 umfasse der Gesamtdatenbestand von INPOL und im Schengener Informationssystem (SIS) von Mitgliedstaaten der Europäischen Union 2.719.368 Kraftfahrzeugkennzeichen. Die große Zahl erkläre sich daraus, dass viele Ausschreibungen über einige Jahre aufrechterhalten blieben. Vom Gesamtdatenbestand stammten 778.958 Kennzeichen aus dem deutschen Fahndungsbestand, 1.940.410 Kennzeichen aus dem SIS-Fahndungsbestand. Der größte Teil der Ausschreibungen entfalle auf die Anlässe "abhandengekommen durch" (677.976), "ohne Haftpflichtversicherung" (72.348), "Amts-/Vollzugshilfe" (15.786) sowie auf "sonstige Fälle (ohne Grenzfahndung)" (9.469).
Für eine generelle Speicherung in Trefferfällen werde kein Anlass gesehen. Anders sei es bei der Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung. Die Meldung über das Antreffen führe dort je nach Ausschreibungskategorie zu Speicherungen in unterschiedlichen Spezialanwendungen nach Bundes- oder Landesrecht. Auch könnten sich im Falle eines Zugriffs neue Erkenntnisse ergeben. Im Trefferfall liege es grundsätzlich im Ermessen der eingesetzten Polizeibeamten, ob und welche Informationen sie speicherten. Alle Belastungen des Betroffenen, die sich aus einem Treffer ergäben, dürften aber ausschließlich der speziellen Rechtsgrundlage zugerechnet werden, die zur Ausschreibung im Fahndungsbestand geführt habe. Ein Zugriff auf weitere Dateien sei im Trefferfall regelmäßig nicht erforderlich. Sei es ausnahmsweise erforderlich und praktikabel, dürften die Beamten jedoch nach § 25 Abs. 1 Satz 1 oder 2 HSOG unter Beachtung des Gebots der Zweckbindung alle polizeilichen Datenbestände nutzen. Es seien auch Datenerhebungen denkbar, namentlich Rückfragen bei der ausschreibenden Stelle. Eine abschließende Benennung aller in Betracht kommenden Datenquellen sei nicht möglich.
b) Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu 1) sei unbegründet. Ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung liege nicht nur in den Trefferfällen vor, sondern auch dann, wenn der Abgleich negativ ausfalle. Der Eingriff sei jedoch gerechtfertigt.
aa) § 14 Abs. 5 HSOG sei formell verfassungsgemäß. Die Kennzeichenerfassung nach dieser Regelung verfolge in ihrem Schwerpunkt präventive polizeiliche Zwecke. Der Abgleich bringe zwar zu einem nicht geringen Teil Treffer hervor, bei denen es um die Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten gehe. Doch stünden die repressiven Zwecke nicht im Vordergrund.
bb) Das Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit sei gewahrt. Dass die Vorschrift keine Einschränkungen auf einen bestimmten Anlass sowie keine Gefahren- oder Verdachtsschwelle enthalte, sei kein Bestimmtheitsproblem. Mit der gesetzlichen Formulierung sei klargestellt, dass die Kennzeichenerhebung jederzeit auf jeder öffentlichen Straße oder jedem öffentlichen Platz in Hessen ohne besonderen Anlass oder eine konkrete Gefahr oder einen bestimmten Verdacht stattfinden dürfe. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Bestimmtheitsanforderungen bei geringfügigen Grundrechtseingriffen niedriger seien. Bei negativem Ergebnis erschöpfe sich der Eingriff in dem in Sekundenbruchteilen erfolgenden Abgleich, nach dem die lediglich erfassten Kennzeichendaten unverzüglich gelöscht würden. Soweit der Abgleich zu einem Treffer führe, fänden die sich anschließenden polizeilichen Maßnahmen ihren rechtlichen Grund in den Umständen, die zur Aufnahme in den Fahndungsbestand geführt hätten.
Zweck der Erhebung sei der Abgleich mit dem Fahndungsbestand. Der Begriff des Fahndungsbestands sei hinreichend bestimmt. Dazu hat die hessische Landesregierung zunächst vorgetragen, der Begriff bezeichne die Datenbestände, auf die die Polizeibehörden für die Zwecke der Suche nach Personen und Sachen im Rahmen ihrer Befugnisse zuzugreifen berechtigt seien. Dies erlaube keinen Abgleich mit sämtlichen Dateien, in denen Kennzeichen gespeichert seien, sondern nur mit bestimmten, nämlich mit Fahndungsdateien. Diese setzten voraus, dass der mit ihnen bezweckten Suche nach Personen und Sachen eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorausgegangen sei - etwa in Form einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit - oder eine solche Gefahr weiterhin bestehe, etwa weil die Begehung weiterer Straftaten befürchtet werden müsse. Denn erst ein solcher schwerwiegender Anlass rechtfertige die Suche nach Personen und Sachen in der Form einer polizeilichen Fahndung. Später hat die hessische Landesregierung ausgeführt, als Fahndungsbestand im Sinne von § 14 Abs. 5 HSOG seien ausschließlich die Verbunddateien "Sachfahndung" und die Sachfahndung nach dem Nationalen Schengener Informationssystem ("NSIS-Sachfahndung") des polizeilichen Informationssystems (INPOL) gemäß § 2 Abs. 3, §§ 11 ff. BKAG anzusehen. In der Begründung zu § 10e MEPolG werde der Begriff des Fahndungsbestands nach "Personenfahndung" und "Sachfahndung" unterschieden. Zu ergänzen sei die damals wie heute selbstverständliche Angabe "des Bundeskriminalamts". Relevant seien im hier zu beurteilenden Zusammenhang nur die Dateien "Sachfahndung" und "NSIS-Sachfahndung", weil allein diese Dateien amtliche Fahrzeugkennzeichen beinhalteten. In Hessen würden ausschließlich Abgleiche mit diesen beiden Dateien vorgenommen; der Abgleich mit anderen Dateien sei unzulässig.
cc) Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei nicht verletzt. Die Maßnahme sei insbesondere im engeren Sinne verhältnismäßig. Die Kennzeichenüberprüfung ermögliche den Abgleich einer sehr großen Anzahl von Kennzeichen. Dabei habe aber jeder einzelne Abgleich bei negativem Ergebnis die denkbar geringste Eingriffsintensität. Sofern ein Treffer vorliege, schlössen sich Maßnahmen an, die ihre Rechtsgrundlage in den der Fahndung zugrundeliegenden Sachverhalten hätten, nicht aber im Fahndungsabgleich selbst. Dem Grundrechtseingriff an der Grenze zum Bagatellbereich stünden erhebliche Gemeinwohlinteressen gegenüber. Die Kennzeichenerfassung sei danach auch als Vorfeldmaßnahme verhältnismäßig. Anlass- und verdachtsunabhängige Befugnisse seien an vielen Stellen der Rechtsordnung vorgesehen.
2. Der Landtag und die Landesregierung von Schleswig-Holstein halten die Verfassungsbeschwerde im Verfahren 1 BvR 1254/07 für unbegründet.
a) aa) Die Kennzeichenerfassung werde in Schleswig-Holstein derzeit in zwei Varianten genutzt. Ein Gerät sei mobil im Einsatz, ein weiteres werde an verschiedenen Standorten stationär eingesetzt. Je nach Entfernung des Fahrzeugs zur Kamera könne das gesamte Fahrzeug abgebildet sein. Insassen seien nicht zu erkennen. Die Landesregierung hat Ausdrucke von fünf Beispielfotos von Trefferfällen übersandt. Auf dem bei Tageslicht aus der Vorderansicht erstellten Bild sind im Fahrzeuginnenraum Fahrer und Beifahrer mit ihren Gesichtern, wenn auch nur teilweise und vergleichsweise unscharf, auszumachen. Der Abgleich dauere grundsätzlich weniger als eine Sekunde. Bei einer Fahrzeugkolonne, die mit 100 km/h und jeweils 10 m Sicherheitsabstand am Gerät vorbei fahre, werde alle 36/100 Sekunden ein Kennzeichen detektiert und mit dem Datenbestand abgeglichen. Auch die Kennzeichen einer weiteren versetzt oder in der gegenläufigen Richtung fahrenden Kolonne (Zwei-, Dreispurigkeit) könnten erkannt und abgeglichen werden, ohne dass es zu einem Bearbeitungsstau komme. Für die Dauer des Abgleichs würden Kennzeichen und Bild im flüchtigen Arbeitsspeicher gehalten. Werde kein identischer Eintrag gefunden, würden die Daten gar nicht erst gespeichert. In Abhängigkeit von der Anzahl der nachfolgend gelesenen Kennzeichen verschwinde die Anzeige vom Bildschirm und sei dann auch nicht mehr im Speicher des Geräts vorhanden. Bei einem Treffer erscheine im Gerät das Kennzeichen mit dem Bild des Fahrzeugs. Die Meldung werde optisch überprüft und anschließend durch eine Abfrage in der aktuellen INPOL-Datei verifiziert. Im Trefferfall werde auch das Bild des Fahrzeugs gespeichert.
bb) Nach aktueller Erlasslage kämen im Rahmen der Erprobung lediglich gefilterte Datenbestände aus INPOL zur Verwendung. Konkret beinhalte dieser Datenbestand Fahndungsdaten zu Kennzeichen wegen Verstößen gegen das Pflichtversicherungsgesetz sowie zur Eigentumssicherung bei entwendeten Kraftfahrzeugen unter Befristung auf einen Zeitraum von zwei Wochen nach Einstellung in INPOL. Darüber hinaus werde die Möglichkeit eingeräumt, "manuell anlassbezogene gefahrenabwehrende Fahndungsdaten" einzugeben. Im Falle einer Treffermeldung wegen einer Diebstahlsanzeige oder Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz werde das Fahrzeug entweder angehalten oder es erfolge eine Fahndungsintensivierung über die Einsatzleitung. Bei Treffern wegen Versicherungsverstößen würden die Daten zur weiteren Ahndung in das Vorgangsbearbeitungssystem Artus "eingepflegt", unter anderem durch Einstellen der Bilddatei als Beweisfoto.
cc) Die Nutzung der Spezialbefugnis des § 184 Abs. 5 LVwG sei nur zu Gefahrenabwehrzwecken erlaubt. Dies ergebe sich aus der Kompetenzordnung des Grundgesetzes und der diese beachtenden Aufgabennorm des § 162 LVwG. Der Begriff des Fahndungsbestands meine Dateien, die die Polizei rechtmäßigerweise angelegt habe. Einschlägige Ermächtigungsgrundlage sei die Generalklausel zur Datenverarbeitung gemäß § 188 Abs. 1 LVwG, die die Polizei ermächtige, personenbezogene Daten in Akten und Dateien zu speichern, zu verändern und zu nutzen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sei. Als formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung sei eine Errichtungsanordnung gemäß § 197 LVwG erforderlich.
Die Rechtsfolgen einer Fahndungsnotierung seien die gleichen wie bei der bisherigen manuellen Routineabfrage. Die Polizei ergreife die erforderlichen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr. Für diese Maßnahmen müssten dann natürlich die jeweiligen formellen und materiellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen vorliegen. Zu den möglichen weiteren Maßnahmen gehörten auch sogenannte Kontrollmeldungen gemäß § 187 LVwG. Insbesondere bei der Gefahrenabwehr gegenüber der organisierten Kriminalität könne im Lauf der Zeit auch ein Bewegungsbild der ausgeschriebenen Person entstehen, das Rückschlüsse auf Zusammenhänge und Querverbindungen der ausgeschriebenen Person zu anderen Personen erlaube und kriminelle Strukturen aufdecke, gegen die alsdann vorgegangen werden könne. Insoweit sei die Effektivität der polizeilichen Beobachtung von den Möglichkeiten der Personenkontrolle abhängig. Rechtlich sei sie hingegen von den Kontroll- und Datenerhebungsbefugnissen unabhängig.
b) Dem Land stehe die Gesetzgebungskompetenz zu. Alles spreche dafür, in der Vorschrift keine für die Strafverfolgung vorsorgende, sondern eine gefahrenabwehrende und straftatenverhütende Norm zu sehen. Die Rückgabe eines gestohlenen Fahrzeugs betreffe die präventive Polizeiarbeit, da es um die Beendigung der Verletzung der Rechtsordnung gehe. Der Unterschied zur Strafverfolgung zeige sich deutlich daran, dass die Polizei ein gestohlenes Fahrzeug auch dann dem Eigentümer zurückgebe, wenn kein Täter gefasst worden sei. Gestohlene Kraftfahrzeuge und Kennzeichen würden häufig zur Begehung weiterer Straftaten verwendet. Für den Einsatz bei Kontrollstellen und der Schleierfahndung werde auf das effektive Auffinden von aus polizeilichen Dateien bekannten Störern von Demonstrationen hingewiesen. Auf diese Weise ließen sich sonst erforderliche umfängliche Kontrollen im Interesse der friedlichen Versammlungsteilnehmer minimieren. Die erzielten Treffer seien Grundlage für gefahrenabwehrrechtliche Anschlussmaßnahmen. Dass diese unter bestimmten - in Schleswig-Holstein engen - Voraussetzungen auch für die Strafverfolgung genutzt werden könnten, unterscheide § 184 Abs. 5 LVwG nicht von anderen Datenerhebungsbefugnissen. Dahinstehen könne, ob die Normen anderer Länder, die den gefahrenabwehrrechtlichen Charakter nicht so eindeutig erkennen ließen, schon deshalb nicht mehr in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fielen. Selbst wenn man die Zugehörigkeit zum gerichtlichen Verfahren bejahe, sei ein erschöpfendes Gebrauchmachen des Bundesgesetzgebers von einer konkurrierenden Kompetenz zu verneinen. Unzutreffend sei es, eine Sperrwirkung auf § 4 Abs. 2 Satz 4 und 5, § 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Autobahnmautgesetzes (ABMG) zu stützen. Dieses verfolge fiskalische Zwecke. Ein Ausschluss präventivpolizeilicher Regelungen könne sich daraus nicht ergeben.
c) Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei nicht verletzt.
aa) Der jedenfalls in Trefferfällen vorliegende Eingriff sei von geringer Intensität. Der Abgleich führe lediglich zu der Feststellung, dass das erkannte Kraftfahrzeug gesucht werde. Ob es rechtmäßigerweise gesucht werde, sei nach anderen Rechtsgrundlagen zu beurteilen. Dass ein Fahrzeug rechtmäßigerweise im Fahndungsbestand aufgeführt sei, liege der elektronischen Erkennung voraus und könne diese nicht rechtlich desavouieren. Auch die nach Kenntnisnahme und Verifikation durch die Polizeibeamten erfolgenden Maßnahmen stützten sich auf andere, anerkannt rechtmäßige Befugnisnormen. Es geschehe rechtlich nichts anderes als bei der seit langem eingeführten Routinekontrolle. Es werde rechtmäßigerweise gesucht und bei Sucherfolg rechtmäßigerweise gehandelt. Nur die faktische Zahl der Suchvorgänge steige. Die Beeinträchtigung der Betroffenen bleibe exakt gleich. Solange eine Fahndung rechtmäßig sei, könne ihre Effektivierung nicht rechtswidrig sein. Daher gingen die Argumente bezüglich einer generellen verdachtslosen Überwachung der Bevölkerung fehl. Die materiellen und formellen Beschränkungen des § 184 Abs. 5 LVwG enthielten ausreichende Sicherungen. Die Gefahrenabwehr einschließlich der Straftatenverhütung und vorbeugenden Straftatenbekämpfung sei ein Gemeinwohlbelang von erheblicher Bedeutung. In den Beschlüssen zur Rasterfahndung und zur Kontostammdatenabfrage habe das Bundesverfassungsgericht wesentlich intensiver eingreifende Gesetze, die teilweise weniger wichtigen Gemeinwohlbelangen gedient hätten, für verfassungsgemäß erklärt.
bb) § 184 Abs. 5 LVwG sei ausreichend normenklar und -bestimmt. Die Norm nenne die zuständige Stelle (die Polizei), den Anlass der Datenerhebung (Kontrollen im öffentlichen Verkehrsraum) und ihren Zweck (Abgleich mit dem Fahndungsbestand). Aus dem systematischen Zusammenhang ergebe sich unschwer, dass die Datenerhebung zur Erfüllung der Gefahrenabwehraufgabe, die die Straftatenverhütung und die vorbeugende Verbrechensbekämpfung umschließe, erfolge. Der Begriff Fahndungsbestand sei hinreichend bestimmt, weil er die von der Polizei rechtmäßigerweise auf polizeirechtlicher Grundlage angelegten Dateien umfasse. Der Begriff stehe seit 15 Jahren unangefochten in § 195 Abs. 1 Satz 3 LVwG. Auf § 10e Abs. 1 Satz 3 MEPolG beruhend finde er sich darüber hinaus in den Polizeigesetzen der Länder sowie in verschiedenen Bundesgesetzen. Wegen der Geringfügigkeit des Eingriffs überspanne die Forderung, die Norm müsse einen Straftatenkatalog enthalten, die Anforderungen aus dem Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit.
3. Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein hat ausgeführt, der Begriff des Fahndungsbestands sei kaum eingrenzbar, da verschiedenste Formen der "Fahndung" denkbar seien. Dies lasse nicht nur Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit des § 184 Abs. 5 LVwG aufkommen, sondern führe auch zu der Frage, ob und inwieweit der Einsatz der Systeme noch einen gefahrenabwehrenden Charakter habe. Bei der Selbstbeschränkung der Polizeibehörden auf gefilterte Datenbestände aus dem Gesamtfahndungsbestand INPOL handele es sich lediglich um eine nicht verbindliche verwaltungsinterne Regelung, die jederzeit geändert werden könne.
IV.
Der Senat hat die Verfassungsbeschwerdeverfahren zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. In der mündlichen Verhandlung am 20. November 2007 haben Stellung genommen: die Beschwerdeführer, der Landtag und die Landesregierung von Schleswig-Holstein, die hessische Landesregierung, das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein und der hessische Datenschutzbeauftragte.
B.
Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig. Die Beschwerdeführer sind durch die angegriffenen Vorschriften unmittelbar, selbst und gegenwärtig in ihren Grundrechten betroffen.
I.
Eine Verfassungsbeschwerde kann sich ausnahmsweise unmittelbar gegen ein vollziehungsbedürftiges Gesetz richten, wenn der Beschwerdeführer den Rechtsweg nicht beschreiten kann, weil er keine Kenntnis von der Maßnahme erlangt (vgl. BVerfGE 30, 1 <16 f.>; 67, 157 <169 f.>; 100, 313 <354>; 109, 279 <306 f.>; 113, 348 <362 f.>). Gleiches gilt, soweit eine nachträgliche Bekanntgabe zwar vorgesehen ist, von ihr aber aufgrund weitreichender Ausnahmetatbestände auch langfristig abgesehen werden kann. Unter diesen Umständen ist effektiver fachgerichtlicher Rechtsschutz ebenfalls nicht gewährleistet (vgl. BVerfGE 109, 279 <307>; 113, 348 <362 f.>).
Die Informationserhebungen gemäß § 14 Abs. 5 HSOG und § 184 Abs. 5 LVwG können heimlich erfolgen. § 14 Abs. 5 HSOG selbst trifft keine Regelung über die Zulässigkeit einer verdeckten Erhebung. Gemäß § 13 Abs. 7 Satz 1 HSOG sind personenbezogene Daten grundsätzlich offen zu erheben. Eine Datenerhebung, die nicht als gefahrenabwehrbehördliche oder polizeiliche Maßnahme erkennbar sein soll (verdeckte Datenerhebung), ist aber soweit zulässig, als auf andere Weise die Erfüllung gefahrenabwehrbehördlicher oder polizeilicher Aufgaben erheblich gefährdet würde oder wenn anzunehmen ist, dass dies dem überwiegenden Interesse der betroffenen Person entspricht (§ 13 Abs. 7 Satz 2 HSOG). Vergleichbares gilt für die verdeckte Datenerhebung gemäß § 184 Abs. 5 Satz 2 LVwG, die nach dieser Bestimmung zulässig ist, wenn durch die offene Datenerhebung der Zweck der Maßnahme gefährdet würde. Der Umstand, dass § 29 Abs. 6 HSOG bei verdeckten Datenerhebungen unter bestimmten Bedingungen eine Unterrichtung vorsieht, steht der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde im Verfahren 1 BvR 2074/05 nicht entgegen. Eine zeitnahe Kenntnis von der Maßnahme und eine daran anknüpfende Möglichkeit zur Überprüfung im gerichtlichen Verfahren sind nicht gewährleistet, weil diese Regelung umfangreiche Ausnahmetatbestände enthält. Nach dieser Vorschrift unterbleibt die Benachrichtigung, soweit dies im überwiegenden Interesse der Person liegt, gegen die sich die Maßnahme gerichtet hat, oder wenn die Ermittlung der betroffenen Person oder deren Anschrift einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand erfordern würde (§ 29 Abs. 6 Satz 3 HSOG). Eine Unterrichtung unterbleibt ferner, solange sie den Zweck der Maßnahme, ein sich an den auslösenden Sachverhalt anschließendes strafrechtliches Ermittlungsverfahren oder Leib, Leben oder Freiheit einer Person gefährden würde (§ 29 Abs. 6 Satz 4 HSOG). Insbesondere durch § 29 Abs. 6 Satz 3 HSOG (unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand) kann die Mitteilung an die Betroffenen dauerhaft ausgeschlossen sein. Entsprechendes gilt für die Benachrichtigung von Maßnahmen gemäß § 184 Abs. 5 LVwG. Auch gemäß § 184 Abs. 5 Satz 4 in Verbindung mit § 184 Abs. 4 Satz 5 LVwG unterbleibt eine Benachrichtigung derjenigen Betroffenen, bei denen eine Fahndungsnotierung besteht, wenn sie innerhalb der in § 184 Abs. 4 Satz 2 LVwG genannten Frist von einem Monat nach Datenerhebung nur mit unverhältnismäßigen Ermittlungen möglich wäre, insbesondere wenn dadurch eine Vertiefung des Grundrechtseingriffs zu befürchten ist oder wenn überwiegend schutzwürdige Belange anderer Betroffener entgegenstehen.
II.
Die Beschwerdeführer sind auch selbst und gegenwärtig betroffen. Erfolgt die konkrete Beeinträchtigung - wie hier - zwar erst durch die Vollziehung des angegriffenen Gesetzes, erlangt der Betroffene jedoch in der Regel keine Kenntnis von den Vollzugsakten, reicht es für die Möglichkeit der eigenen und gegenwärtigen Betroffenheit aus, wenn der Beschwerdeführer darlegt, dass er mit einiger Wahrscheinlichkeit durch die auf den angegriffenen Rechtsnormen beruhenden Maßnahmen in seinen Grundrechten berührt wird (vgl. BVerfGE 67, 157 <169 f.>; 100, 313 <354>; 109, 279 <307 f.>; 113, 348 <363>). Der geforderte Grad der Wahrscheinlichkeit wird davon beeinflusst, welche Möglichkeit der Beschwerdeführer hat, seine Betroffenheit darzulegen. So ist bedeutsam, ob die Maßnahme auf einen tatbestandlich eng umgrenzten Personenkreis zielt oder ob sie eine große Streubreite hat und Dritte auch zufällig erfassen kann. Darlegungen, durch die sich der Beschwerdeführer selbst einer Straftat bezichtigen müsste, dürfen zum Beleg der eigenen gegenwärtigen Betroffenheit nicht verlangt werden (vgl. BVerfGE 109, 279 <308>; 113, 348 <363>).
Im Hinblick darauf genügen die Darlegungen der Beschwerdeführer zum Nachweis ihrer persönlichen und gegenwärtigen Betroffenheit. Betroffener einer Überwachung ist jeder, in dessen Persönlichkeitsrechte durch die Maßnahme eingegriffen wird (vgl. BVerfGE 109, 279 <308>; 113, 348 <363>). Die Beschwerdeführer tragen jeweils vor, eingetragene Halter ihrer Personenkraftwagen zu sein und mit ihnen regelmäßig auf Straßen in dem jeweiligen Bundesland unterwegs zu sein. Dies reicht für die Annahme einer eigenen und gegenwärtigen Betroffenheit aus. Die Möglichkeit, einer Kennzeichenerfassung unterzogen zu werden, besteht praktisch für jeden Kraftfahrzeughalter, dessen Fahrzeug auf den Straßen des betroffenen Bundeslandes unterwegs ist. Ein weitergehender Nachweis, etwa dahingehend, dass die Kennzeichen der Beschwerdeführer darüber hinaus in polizeilichen Datenbeständen verzeichnet sind, ist bereits deshalb nicht zu verlangen, weil sich die Beschwerdeführer dadurch unter Umständen selbst einer Straftat bezichtigen müssten (vgl. BVerfGE 109, 279 <308>; 113, 348 <363>).
C.
Die Verfassungsbeschwerden sind auch begründet. Die angegriffenen Vorschriften verletzen das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführer aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.
I.
Die automatisierte Kennzeichenerfassung greift in den Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung ein, wenn das Kennzeichen nicht unverzüglich mit dem Fahndungsbestand abgeglichen und ohne weitere Auswertung sofort wieder gelöscht wird.
1. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung trägt Gefährdungen und Verletzungen der Persönlichkeit Rechnung, die sich für den Einzelnen, insbesondere unter den Bedingungen moderner Datenverarbeitung, aus informationsbezogenen Maßnahmen ergeben (vgl. BVerfGE 65, 1 <42>; 113, 29 <46>; 115, 166 <188>; 115, 320 <341 f.>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 13. Juni 2007 - 1 BvR 1550/03 u.a. -, NJW 2007, S. 2464 <2465 f.>). Dieses Recht flankiert und erweitert den grundrechtlichen Schutz von Verhaltensfreiheit und Privatheit; es lässt ihn schon auf der Stufe der Persönlichkeitsgefährdung beginnen.
Eine derartige Gefährdungslage kann bereits im Vorfeld konkreter Bedrohungen von Rechtsgütern entstehen. Mittels elektronischer Datenverarbeitung sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer Person unbegrenzt speicherbar und jederzeit und ohne Rücksicht auf Entfernungen in Sekundenschnelle abrufbar. Sie können darüber hinaus mit anderen Datensammlungen zusammengefügt werden, wodurch vielfältige Nutzungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten entstehen (vgl. BVerfGE 65, 1 <42>; 115, 320 <342>). Dadurch können weitere Informationen erzeugt und so Schlüsse gezogen werden, die sowohl die grundrechtlich geschützten Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen beeinträchtigen als auch anschließende Eingriffe in seine Verhaltensfreiheit nach sich ziehen können (vgl. BVerfGE 65, 1 <42>; 113, 29 <45 f.>; 115, 320 <342>; BVerfG, NJW 2007, S. 2464 <2466>). Eine weitere Besonderheit des Eingriffspotentials von Maßnahmen der elektronischen Datenverarbeitung liegt in der Menge der verarbeitbaren Daten, die auf konventionellem Wege gar nicht bewältigt werden könnte. Der mit solchen technischen Möglichkeiten einhergehenden gesteigerten Gefährdungslage entspricht der hierauf bezogene Grundrechtsschutz (vgl. BVerfGE 65, 1 <42>; 113, 29 <45 f.>; 115, 320 <342>).
Auch dann, wenn die Erfassung eines größeren Datenbestandes letztlich nur Mittel zum Zweck für eine weitere Verkleinerung der Treffermenge ist, kann bereits in der Informationserhebung ein Eingriff liegen, soweit sie die Informationen für die Behörden verfügbar macht und die Basis für einen nachfolgenden Abgleich mit Suchkriterien bildet (vgl. BVerfGE 100, 313 <366 mit 337, 380>; 115, 320 <343>). Maßgeblich ist, ob sich bei einer Gesamtbetrachtung mit Blick auf den durch den Überwachungs- und Verwendungszweck bestimmten Zusammenhang das behördliche Interesse an den betroffenen Daten bereits derart verdichtet hat, dass ein Betroffensein in einer einen Grundrechtseingriff auslösenden Qualität zu bejahen ist (vgl. BVerfGE 115, 320 <343>).
Der Schutzumfang des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung beschränkt sich nicht auf Informationen, die bereits ihrer Art nach sensibel sind und schon deshalb grundrechtlich geschützt werden. Auch der Umgang mit personenbezogenen Daten, die für sich genommen nur geringen Informationsgehalt haben, kann, je nach seinem Ziel und den bestehenden Verarbeitungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten, grundrechtserhebliche Auswirkungen auf die Privatheit und Verhaltensfreiheit des Betroffenen haben. Insofern gibt es unter den Bedingungen der elektronischen Datenverarbeitung kein schlechthin, also ungeachtet des Verwendungskontextes, belangloses personenbezogenes Datum mehr (vgl. BVerfGE 65, 1 <45>; BVerfG, NJW 2007, S. 2464 <2466>).
Auch entfällt der grundrechtliche Schutz nicht schon deshalb, weil die betroffene Information öffentlich zugänglich ist - wie es für Kraftfahrzeugkennzeichen, die der Identifizierung dienen, sogar vorgeschrieben ist (§ 23 Abs. 1 Satz 3 StVO). Auch wenn der Einzelne sich in die Öffentlichkeit begibt, schützt das Recht der informationellen Selbstbestimmung dessen Interesse, dass die damit verbundenen personenbezogenen Informationen nicht im Zuge automatisierter Informationserhebung zur Speicherung mit der Möglichkeit der Weiterverwertung erfasst werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 23. Februar 2007 - 1 BvR 2368/06 -, NVwZ 2007, S. 688 <690 f.>).
2. Andererseits begründen Datenerfassungen keinen Gefährdungstatbestand, soweit Daten unmittelbar nach der Erfassung technisch wieder spurenlos, anonym und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, ausgesondert werden (vgl. auch BVerfGE 100, 313 <366>; 107, 299 <328>; 115, 320 <343>). Zu einem Eingriff in den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung kommt es daher in den Fällen der elektronischen Kennzeichenerfassung dann nicht, wenn der Abgleich mit dem Fahndungsbestand unverzüglich vorgenommen wird und negativ ausfällt (sogenannter Nichttrefferfall) sowie zusätzlich rechtlich und technisch gesichert ist, dass die Daten anonym bleiben und sofort spurenlos und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, gelöscht werden.
3. Demgegenüber kommt es zu einem Eingriff in das Grundrecht, wenn ein erfasstes Kennzeichen im Speicher festgehalten wird und gegebenenfalls Grundlage weiterer Maßnahmen werden kann. Darauf vor allem ist die Maßnahme gerichtet, wenn das Kraftfahrzeugkennzeichen im Fahndungsbestand aufgefunden wird (sogenannter Trefferfall). Ab diesem Zeitpunkt steht das erfasste Kennzeichen zur Auswertung durch staatliche Stellen zur Verfügung und es beginnt die spezifische Persönlichkeitsgefährdung für Verhaltensfreiheit und Privatheit, die den Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung auslöst.
a) Die Informationen über das Kennzeichen und den zugehörigen Fahrzeughalter sind in dem gemäß § 31 Abs. 2 StVG vom Kraftfahrt-Bundesamt geführten Zentralen Fahrzeugregister (ZFZR) sowie in den örtlichen Fahrzeugregistern (§ 31 Abs. 1 StVG) verzeichnet. Eine Auswahl der Daten des Zentralen Fahrzeugregisters ist im Zentralen Verkehrs-Informationssystem (ZEVIS) durch die Polizeibehörden unmittelbar im Dialog abrufbar.
Mit der Kennzeichenerfassung soll mindestens die Information erhoben werden, dass das Fahrzeug mit dem erfassten Kennzeichen im Zeitpunkt der Erfassung den Standort des Aufnahmegeräts passiert hat. § 14 Abs. 5 HSOG verfolgt dieses Ziel mit der Ermächtigung zur Erhebung von "Daten von Kraftfahrzeugkennzeichen", während § 184 Abs. 5 LVwG, insofern allgemeiner, die Erhebung von personenbezogenen Daten "durch" den Einsatz technischer Mittel zur elektronischen Erkennung von Kraftfahrzeugkennzeichen zulässt, ohne die erhebbaren Daten auf solche "von Kraftfahrzeugkennzeichen" zu begrenzen. Die Information, dass sich ein Fahrzeug mit einem bestimmten Kennzeichen zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort befunden hat, hat einen Bezug zu der Person desjenigen Kraftfahrzeughalters, auf den das Fahrzeug zugelassen oder an den es veräußert wurde.
Die Information, dass ein Fahrzeug mit einem bestimmten Kennzeichen den Erfassungsstandort passiert hat, enthält ferner, etwa wenn das Fahrzeug in der Folge angehalten wird und die Insassen kontrolliert werden, einen Bezug zu derjenigen Person, die das Fahrzeug im Erfassungszeitpunkt gefahren hat sowie gegebenenfalls zu den weiteren Fahrzeuginsassen.
b) Im Hinblick auf die betroffenen Personen greift bereits die zur Speicherung und Auswertung vorgenommene Kennzeichenerfassung in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein, weil durch sie Daten personenbezogen für die Behörden verfügbar gemacht werden, die eine Basis für mögliche weitere Maßnahmen bilden können. Der mit der automatisierten Kennzeichenerfassung verbundene Eingriff erhält sein besonderes Gepräge dadurch, dass die Maßnahme nicht nur eine technische Erleichterung bei der Überprüfung im Einzelfall bietet, sondern die Möglichkeit der seriellen Erfassung einer Vielzahl von Kennzeichen in kürzester Zeit schafft. Dazu wird sie auch eingesetzt, wie die Vertreter der hessischen Landesregierung in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben.
Der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird erweitert, wenn zusätzliche Informationen gespeichert werden, etwa Daten über den Standort oder die Fahrtrichtung des Kraftfahrzeugs. Der Eingriff wird vertieft, wenn die Kennzeichenerfassung zur Gewinnung weiterer Informationen genutzt wird, etwa für Bewegungsbilder einer Person. Schließen sich an die Kennzeichenerfassung konkrete Maßnahmen der Gefahrenabwehr an, wie das Anhalten des Kraftfahrzeugs oder seine Sicherstellung, so stellen diese eigenständige Eingriffe dar, die ihre Rechtfertigung in anderen Ermächtigungen finden müssen, deren Rechtmäßigkeit eigenständigen verfassungsrechtlichen Anforderungen unterliegt (vgl. BVerfG, NJW 2007, S. 2464 <2466>).
II.
Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist nicht schrankenlos gewährleistet. Der Einzelne muss jedoch nur solche Beschränkungen seines Rechts hinnehmen, die auf einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage beruhen. Die Anforderungen an die Ermächtigungsgrundlage richten sich nach der Art und Intensität des Grundrechtseingriffs (1). Sie betreffen zum einen die gebotene Normenbestimmtheit und Normenklarheit (2) und zum anderen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (3). Die angegriffenen Bestimmungen wahren die daraus folgenden verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht. Daher bedarf keiner weiteren Prüfung, ob der Landesgesetzgeber für den Erlass der Ermächtigung zuständig ist (4).
1. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ermächtigungsgrundlage richten sich nach dem Gewicht des Eingriffs, das insbesondere von der Art der erfassten Informationen, dem Anlass und den Umständen ihrer Erhebung, dem betroffenen Personenkreis und der Art der möglichen Verwertung der Daten beeinflusst wird (a). Die vorliegend angegriffenen Ermächtigungen zur automatisierten Kennzeichenerfassung erlauben Grundrechtseingriffe von unterschiedlichem Gewicht (b).
a) Von maßgebender Bedeutung für das Gewicht des Grundrechtseingriffs ist zum einen, welche Persönlichkeitsrelevanz die Informationen aufweisen, die von der informationsbezogenen Maßnahme erfasst werden (vgl. BVerfGE 100, 313 <376>; 109, 279 <353>; 113, 348 <382>; 115, 320 <347>; BVerfG, NJW 2007, S. 2464 <2469>). Mit in den Blick zu nehmen ist auch die Persönlichkeitsrelevanz der Informationen, die durch eine weitergehende Verarbeitung und Verknüpfung der erfassten Informationen gewonnen werden sollen (vgl. BVerfGE 65, 1 <45 f.>; 115, 320 <348>).
Ferner ist bedeutsam, ob der Betroffene einen ihm zurechenbaren Anlass, etwa durch eine Rechtsverletzung, für die Erhebung geschaffen hat oder ob sie anlasslos erfolgt und damit praktisch jeden treffen kann. Informationserhebungen gegenüber Personen, die den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben, sind grundsätzlich von höherer Eingriffsintensität als anlassbezogene (vgl. BVerfGE 100, 313 <376, 392>; 107, 299 <320 f.>; 109, 279 <353>; 113, 29 <53>; 113, 348 <383>; 115, 320 <354>). Werden Personen, die keinen Erhebungsanlass gegeben haben, in großer Zahl in den Wirkungsbereich einer Maßnahme einbezogen, können von ihr auch allgemeine Einschüchterungseffekte ausgehen, die zu Beeinträchtigungen bei der Ausübung von Grundrechten führen können (vgl. BVerfGE 65, 1 <42>; 113, 29 <46>). Die Unbefangenheit des Verhaltens wird insbesondere gefährdet, wenn die Streubreite von Ermittlungsmaßnahmen dazu beiträgt, dass Risiken des Missbrauchs und ein Gefühl des Überwachtwerdens entstehen (vgl. BVerfGE 107, 299 <328>; 115, 320 <354 f.>). Das aber ist gerade bei der seriellen Erfassung von Informationen in großer Zahl der Fall.
Die Heimlichkeit einer in Grundrechte eingreifenden staatlichen Ermittlungsmaßnahme führt zur Erhöhung des Gewichts der gesetzgeberischen Freiheitsbeeinträchtigung (vgl. BVerfGE 107, 299 <321>; 115, 166 <194>; 115, 320 <353>). Dem Betroffenen wird durch die Heimlichkeit des Eingriffs vorheriger Rechtsschutz faktisch verwehrt und nachträglicher Rechtsschutz kann zumindest erschwert werden (vgl. BVerfGE 113, 348 <383 f.>; BVerfG, NJW 2007, S. 2464 <2470 f.>). Er kann also nicht selbst darauf hinwirken, die Eingriffsintensität durch erfolgreichen Rechtsschutz zu verringern, etwa für die Zukunft zu beseitigen. Die Heimlichkeit staatlicher Informationseingriffe betrifft darüber hinaus die Gesellschaft insgesamt (vgl. BVerfGE 93, 181 <188>; 100, 313 <381>; 107, 299 <328>; 109, 279 <354 f.>).
Die Intensität des Eingriffs für den Grundrechtsträger wird davon beeinflusst, welche über die Informationserhebung hinausgehenden Nachteile ihm aufgrund der Maßnahme drohen oder von ihm nicht ohne Grund befürchtet werden (vgl. BVerfGE 100, 313 <376>; 113, 348 <382>; 115, 320 <347 f.>; BVerfG, NJW 2007, S. 2464 <2469>). Die Schwere des Eingriffs nimmt mit der Möglichkeit der Nutzung der Daten für Folgeeingriffe in Grundrechte der Betroffenen zu sowie mit der Möglichkeit der Verknüpfung mit anderen Daten, die wiederum andere Folgemaßnahmen auslösen können.
b) Die vorliegend zu beurteilende automatisierte Kennzeichenerfassung kann insbesondere je nach Verwendungskontext zu Grundrechtsbeschränkungen von unterschiedlichem Gewicht führen.
aa) Dient die Kennzeichenerfassung allein dem Zweck, gestohlene Fahrzeuge ausfindig zu machen und deren Fahrer - die mutmaßlichen Diebe - zu "stellen", insbesondere auch um Anschlusstaten zu verhindern, oder die Weiterfahrt von Fahrzeugen ohne ausreichenden Versicherungsschutz auszuschließen, weist die Informationserhebung für den konkret Betroffenen eine vergleichsweise geringe Persönlichkeitsrelevanz auf. Zwar erlangt der Eingriff auch in diesen Fällen dadurch ein gewisses Gewicht, dass er die Wahrscheinlichkeit für anschließende Eingriffe anderer Art erhöht, wie etwa das Anhalten des Fahrzeugs, eine nachfolgende Identitätsfeststellung, gegebenenfalls auch eine Durchsuchung des Fahrzeugs oder eine Ingewahrsamnahme des Fahrers oder der Fahrzeuginsassen. Sollen jedoch durch die Informationserhebung selbst weder weitere Schlüsse über das Verhalten des Betroffenen gezogen noch die gewonnenen Informationen gesammelt oder mit weiteren Informationen verknüpft werden, ist der Informationseingriff für sich genommen nicht besonders intensiv.
Für das Gewicht ist auch von Bedeutung, dass die Erfassung "auf öffentlichen Straßen und Plätzen" (§ 14 Abs. 5 Satz 1 HSOG) oder "im öffentlichen Verkehrsraum" (§ 184 Abs. 5 Satz 1 LVwG) stattfindet. Sowohl das Kennzeichen als auch das erfasste Bewegungsverhalten sind daher für jedermann ohne weiteres erkennbar. Das Kennzeichen dient seiner Zweckbestimmung nach gerade der Identifizierung. Der öffentliche Charakter des durch die automatisierte Kennzeichenerfassung erfassten Verhaltens beseitigt im Trefferfall zwar nicht die Eingriffsqualität (siehe oben C I 1), reduziert aber das Gewicht des Eingriffs für den Einzelnen.
Bedeutsam ist auch, wenn in solchen Fällen ausschließlich nach einem prinzipiell bekannten Personenkreis mit bestimmten Verhaltensmerkmalen gesucht wird, deren Vorliegen einen konkreten Störerverdacht begründet. Bei einem auf solche Zwecke begrenzten Einsatz ist die Informationserhebung ein bloßes Hilfsmittel, um das gesuchte Fahrzeug zu finden, es so bald wie möglich anzuhalten und gegen seinen Fahrer oder gegen die Insassen sogleich weitere polizeiliche Maßnahmen ergreifen zu können. Die Anforderungen an diese weiteren Maßnahmen richten sich dann nicht nach den Voraussetzungen des Eingriffs in die informationelle Selbstbestimmung, sondern nach den allgemein dafür bestehenden Ermächtigungen, deren Rechtmäßigkeit eigenständigen verfassungsrechtlichen Anforderungen unterliegt (vgl. BVerfG, NJW 2007, S. 2464 <2466>).
bb) Soll die automatisierte Kennzeichenerfassung dazu dienen, die gewonnenen Informationen für weitere Zwecke zu nutzen, etwa um Aufschlüsse über das Verhalten des Fahrers zu erhalten, so wandelt sich die Grundrechtsrelevanz der Maßnahme.
(1) Ist das amtliche Kennzeichen eines Kraftfahrzeugs bekannt, kann dessen Halter ermittelt werden, sofern die Polizeibehörde von den entsprechenden Halterdaten (vgl. § 33 Abs. 1 Nr. 2, § 33 Abs. 1 Satz 2 StVG) entweder bereits Kenntnis hat oder diese über die Einsicht in die im Fahndungsbestand gespeicherten Informationen oder durch eine Abfrage nach §§ 35, 36 StVG aus dem örtlichen oder aus dem Zentralen Fahrzeugregister (vgl. dazu Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, F Rn. 370) erhält. Die so gewonnene Information besteht zunächst darin, dass das Fahrzeug dieses Halters zur fraglichen Zeit an dem Erfassungsgerät vorbeigefahren ist. Die Kenntnis der Identität des Halters erleichtert sodann eine Ermittlung der Identität des Fahrers sowie gegebenenfalls weiterer Fahrzeuginsassen (vgl. Möncke/Laeverenz, DuD 2004, S. 282 <285>). Dadurch kann sich eine konventionelle Identitätsfeststellung (vgl. BVerfGE 92, 191 <197>) erübrigen. Die Verknüpfung der Information über Ort und Zeit der Vorbeifahrt des Fahrzeugs mit einem bestimmten Kennzeichen und derjenigen über die Identität des Fahrers oder der Insassen führt zu einer - zunächst nur punktuellen - Information über das Bewegungsverhalten des Betroffenen.
(2) Je nachdem, an welchem Ort die Kennzeichenerfassung stattfindet und welche weiteren Informationen die Polizei besitzt, kann sich die Persönlichkeitsrelevanz der gewonnenen Information erhöhen, wenn sie Aufschlüsse nicht nur unmittelbar über das Bewegungsverhalten, sondern mittelbar auch über sonstiges Verhalten der Fahrzeuginsassen ermöglichen soll oder durch zusätzliche Abgleiche weitere personenbezogene Dateien erstellt werden sollen.
Sowohl bei einem stationären als auch bei einem mobilen Einsatz der Erfassungsgeräte von einem fahrenden Polizeiwagen aus, etwa auf Parkplätzen, kann durch die Kennzeichenerfassung gegebenenfalls mehr über den Fahrer in Erfahrung gebracht werden als der bloße Aufenthaltsort. So kann aus der Nähe eines geparkten Wagens zu einem Veranstaltungsort oder aus einer Erfassung der Fahrzeuge auf den Zufahrtswegen die Vermutung abgeleitet werden, dass der Fahrer eine bestimmte Veranstaltung, etwa ein Fußballspiel oder eine Versammlung, aufsucht (vgl. Bayerischer Landtag, Drucks. 15/6700, S. 28, 38; Thüringer Landtag, Plenarprotokoll 4/59, S. 6047 <6048>; Landtag Mecklenburg-Vorpommern, Plenarprotokoll 4/79, S. 4810 <4811, l. Sp.>). Die Maßnahme kann sich unter solchen Umständen als funktionales Äquivalent eines grundrechtlichen Eingriffs in andere grundrechtliche Freiheiten darstellen (vgl. BVerfGE 113, 63 <76>; 116, 202 <222>). Werden etwa die Teilnahme an Versammlungen oder die Beteiligung an einer Bürgerinitiative gezielt notiert (vgl. 28. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz in Baden-Württemberg, 2007, S. 18-20), so kann dies verhaltenssteuernde Wirkung entfalten (vgl. BVerfGE 65, 1 <43>) und die ausgeübten Kommunikationsfreiheiten als eingriffsgleiche Maßnahme betreffen.
(3) Die Intensität der individuellen Grundrechtsbeschränkung kann ferner durch die Möglichkeit einer heimlichen Vornahme der Maßnahme erhöht sein. Zwar wird die für die Erfassung eingesetzte Kamera in vielen Fällen für den Vorbeifahrenden wahrnehmbar sein, es sei denn, die Geräte würden verdeckt aufgestellt oder das Fahrzeug würde aus der Rückansicht erfasst. Ob aber ein Trefferfall registriert wird und die Daten gespeichert sowie für weitere Zwecke genutzt werden, ist für den Betroffenen selbst dann nicht erkennbar, wenn er die Kamera gesehen hat. Mangels Kenntnis hat er keinen Anlass, Rechtsschutz zu suchen. Anders liegt es, wenn er über die Erhebung durch Anschlussmaßnahmen erfährt, etwa weil das Fahrzeug umgehend durch die Polizei angehalten wird.
(4) Ermöglicht es die Ermächtigung, persönlichkeitsrelevante Informationen über einzelne Fahrten zu gewinnen, oder sollen Informationen über mehrere Einzelfahrten zu einem Bewegungsprofil zusammengestellt werden, so kann die Kennzeichenerfassung als ein Mittel der technischen Observation eingesetzt werden. Sie bietet dann nicht mehr lediglich einen Schlüssel zu Folgemaßnahmen, indem sie den Adressaten für diese weiteren Maßnahmen greifbar macht. Vielmehr liefert sie selbst dann schon diejenigen Informationen, auf deren Sammlung es der Polizei ankommt. Die Maßnahme effektiviert in diesem Fall nicht lediglich das bisherige Eingriffsinstrumentarium der Polizei, sondern stellt sich selbst als eine neuartige Eingriffsmöglichkeit mit potentiell hoher Persönlichkeitsrelevanz dar.
Die besondere Schlagkraft und Eingriffsintensität eines derartigen Observationsmittels entsteht sowohl aus der Vervielfachung der Zahl der möglichen Erfassungsvorgänge (vgl. BVerfGE 107, 299 <328>; 115, 320 <357>) gegenüber den bisherigen technischen und personellen Möglichkeiten der Polizei als auch aus den durch die Automatisierung und Vernetzung ermöglichten verbesserten Bedingungen für eine effektive und zudem heimliche Datenerfassung und -verarbeitung.
Insbesondere durch längerfristige oder weiträumig vorgenommene Kennzeichenerfassungen, die nicht notwendig im Sinne von § 184 Abs. 5 LVwG "flächendeckend" sein müssen, sind Eingriffe von erheblichem Gewicht möglich, wenn etwa gezielt aus dem Aufenthaltsort auf das weitere Verhalten des Betroffenen geschlossen werden soll oder wenn mehrere Treffermeldungen heimlich gesammelt und zu einem Bewegungsprofil zusammengestellt werden. Werden detaillierte Informationen über das Bewegungsverhalten einer Person gewonnen und mit weiteren Informationen verknüpft, aus denen sich etwa erschließen lässt, zu welchem Zweck eine Person sich über einen längeren Zeitraum zu den jeweiligen Orten begibt, mit wem sie sich getroffen und was sie dort unternommen hat, so kann sich die Intensität des Eingriffs sogar derjenigen der Erstellung eines Persönlichkeitsbilds annähern (dazu vgl. BVerfGE 65, 1 <42>).
2. Die Ermächtigung zur automatisierten Kennzeichenerfassung muss den rechtsstaatlichen Anforderungen der Bestimmtheit und Klarheit einer gesetzlichen Ermächtigung genügen. Dem werden die angegriffenen Normen nicht gerecht.
a) Das Bestimmtheitsgebot soll sicherstellen, dass der demokratisch legitimierte Parlamentsgesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen über Grundrechtseingriffe und deren Reichweite selbst trifft, dass Regierung und Verwaltung im Gesetz steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden und dass die Gerichte eine wirksame Rechtskontrolle durchführen können. Ferner erlauben die Bestimmtheit und Klarheit der Norm, dass der betroffene Bürger sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann (vgl. BVerfGE 110, 33 <52 ff.>; 113, 348 <375 ff.>). Der Gesetzgeber hat Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs hinreichend bereichsspezifisch, präzise und normenklar festzulegen (vgl. BVerfGE 100, 313 <359 f., 372>; 110, 33 <53>; 113, 348 <375>; BVerfG, NJW 2007, S. 2464 <2466>).
Das Bestimmtheitsgebot steht in enger Beziehung zum Parlamentsvorbehalt (vgl. BVerfGE 56, 1 <13>; 83, 130 <152>). Dieser soll sicherstellen, dass Entscheidungen von solcher Tragweite aus einem Verfahren hervorgehen, das der Öffentlichkeit Gelegenheit bietet, ihre Auffassungen auszubilden und zu vertreten, und die Volksvertretung dazu anhält, Notwendigkeit und Ausmaß von Grundrechtseingriffen in öffentlicher Debatte zu klären (vgl. BVerfGE 85, 386 <403 f.>; 108, 282 <312>). Die konkreten Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit der Ermächtigung richten sich nach der Art und Schwere des Eingriffs (vgl. BVerfGE 110, 33 <55>). Die Eingriffsgrundlage muss darum erkennen lassen, ob auch schwerwiegende Eingriffe zugelassen werden sollen. Wird die Möglichkeit derartiger Eingriffe nicht hinreichend deutlich ausgeschlossen, so muss die Ermächtigung die besonderen Bestimmtheitsanforderungen wahren, die bei solchen Eingriffen zu stellen sind (vgl. BVerfGE 113, 348 <377 f.>; 115, 320 <365 f.>).
Ermächtigt eine gesetzliche Regelung zu einem Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, so hat das Gebot der Bestimmtheit und Klarheit auch die spezifische Funktion, eine Umgrenzung des Anlasses der Maßnahme und auch des möglichen Verwendungszwecks der betroffenen Informationen sicherzustellen (vgl. BVerfGE 65, 1 <46>; 110, 33 <70>; 113, 29 <51>; 115, 320 <365>). Dadurch wird das verfassungsrechtliche Gebot der Zweckbindung der erhobenen Information verstärkt, das sonst ins Leere laufen könnte (vgl. BVerfG, NJW 2007, S. 2464 <2466 f.>).
Ist der Verwendungszweck nicht festgelegt, entsteht das Risiko einer Nutzung der Daten für Zwecke, für die sie nicht erhoben wurden. Fehlt es an einer Zweckbindung, können erhobene Daten nach ihrer Speicherung Anlass für unvorhersehbare Maßnahmen in der Zukunft schaffen, insbesondere nach ihrer Verknüpfung mit anderen Daten, etwa nach ihrer Aufnahme auch in Datensammlungen, die sonstigen Zwecken dienen.
b) In den angegriffenen Bestimmungen fehlt es an näheren Voraussetzungen für die Maßnahme, insbesondere an einer hinreichenden bereichsspezifischen und normenklaren Bestimmung des Anlasses und des Verwendungszwecks der automatisierten Erhebung.
aa) Die angegriffenen Vorschriften erlauben die Kennzeichenerfassung "zum Zwecke" des Abgleichs mit dem Fahndungsbestand (§ 14 Abs. 5 Satz 1 HSOG, § 184 Abs. 5 Satz 1 LVwG). Damit wird jedoch weder der Anlass noch, wie die hessische Landesregierung zu Recht festhält, der Ermittlungszweck benannt, dem sowohl die Erhebung als auch der Abgleich letztlich dienen sollen. Erwähnt wird lediglich das Mittel, mit dem ein Ermittlungszweck nach der Erhebung weiter verfolgt werden soll. Welcher Zweck das sein soll, bleibt jedoch offen. Werden im Gesetz zum Verwendungszweck keine Aussagen getroffen, schließt die Ermächtigung alle denkbaren Verwendungszwecke ein. Die Weite der Zwecksetzung beruht dann auf der Unklarheit der gesetzlichen Vorgaben. Ob die Bezugnahme auf den Fahndungsbestand hinreichend einengende Hinweise auf Anlass und Zweck der Maßnahme gibt, hängt von der Art der im Fahndungsbestand vorhandenen Daten und den Anforderungen an ihre Aufnahme ab. Wäre gesichert, dass die Aufnahme in den Fahndungsbestand nur aufgrund eines gesetzlich umschriebenen Anlasses erfolgt, der zugleich automatisierte Informationserhebungen und -verwertungen rechtfertigen könnte, und dass ein solcher Anlass im Trefferzeitpunkt noch fortbesteht, könnte dies eine hinreichende Zweckbindung bewirken. Ist dies jedoch nicht gesichert, lassen sich auch Anlass und Verwendungszweck der Erfassung nicht hinreichend aus der gesetzlichen Bezugnahme auf den Fahndungsbestand erschließen. Die Anforderungen, die bei Grundrechtseingriffen an die Bestimmtheit von Anlass und Grenzen zu stellen sind, werden dabei nicht gewahrt (vgl. BVerfGE 113, 348 <377 f.>; 115, 320 <365 f.>).
bb) Eine Präzisierung des Anwendungsbereichs der Ermächtigung durch Bezeichnung von Anlass und Zweck der Maßnahme wird durch die Verwendung der Begriffe des Fahndungsbestands und - in § 184 Abs. 5 Satz 4 LVwG - der Fahndungsnotierung nicht geleistet. Das Hessische Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung und das schleswig-holsteinische Landesverwaltungsgesetz definieren den Begriff des Fahndungsbestands weder näher, noch gibt es für ihn eine anerkannte Definition in anderen gesetzlichen Vorschriften oder in Rechtsprechung oder Schrifttum, die in Bezug genommen sein könnte. Gleiches gilt für den Begriff der Fahndungsnotierung.
(1) Der Wortlaut der Begriffe steht einem weiten Verständnis offen, nach dem jeder polizeiliche Datenbestand, in dem Fahrzeugkennzeichen enthalten sind (vgl. Hessischer Datenschutzbeauftragter, 33. Tätigkeitsbericht, 2004, S. 56), zum Fahndungsbestand gezählt oder als Fahndungsnotierung betrachtet werden können. Dementsprechend haben der Landtag und die Landesregierung von Schleswig-Holstein in ihrer Stellungnahme angenommen, der Begriff des Fahndungsbestands meine Dateien, die die Polizei rechtmäßigerweise angelegt habe. Einschlägige Ermächtigungsgrundlage sei die Generalklausel zur Datenverarbeitung gemäß § 188 Abs. 1 LVwG, die die Polizei befuge, personenbezogene Daten in Akten und Dateien zu speichern, zu verändern und zu nutzen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sei. Als formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung sei eine Errichtungsanordnung gemäß § 197 LVwG erforderlich. Aus welchem Anlass und zu welchem konkreten Zweck die Erhebung erfolgt, ist jedoch weder durch die Generalklausel noch durch die Errichtungsanordnung vorgegeben, so dass durch die Regelung eine Begrenzung des Anlasses und Zwecks der Kennzeichenerfassung nicht erfolgt ist.
Nach dem weiten Verständnis des Fahndungsbestands kämen nicht nur die "klassischen" Fahndungsdateien Personenfahndung und Sachfahndung in Betracht, die zu den beim Bundeskriminalamt angelegten Verbunddatenbeständen des polizeilichen Informationssystems (INPOL) zählen (vgl. § 2 Abs. 3, § 11 Abs. 1, § 34 BKAG). Gegenwärtig werden auf der Grundlage der in den letzten Jahren verstärkt eingeführten polizeilichen Ermittlungsbefugnisse im Vorfeldbereich sowohl auf Bundes- wie auf Länderebene zunehmend weiterreichende Datenverarbeitungssysteme entwickelt. Bei ihnen geht es nicht mehr allein um das Führen von Akten über Straftäter oder Beschuldigte und Verdächtige, sondern auch darum, Informationen über einen ganzen Kriminalitätsbereich, das Umfeld, die "Szene" und den gesellschaftlichen Hintergrund zu sammeln, also auch über andere Personen wie Anzeigenerstatter, Zeugen und Hinweisgeber oder Personen, die im Kontakt mit verdächtigen Personen oder Organisationen stehen oder bei denen dies angenommen wird (vgl. Petri, in: Lisken/Denninger, a.a.O., H Rn. 60 ff., 82 ff.; Landesbeauftragter für den Datenschutz Baden-Württemberg, 27. Tätigkeitsbericht, 2006, S. 33 ff., 37 ff.). Die Begriffe des Fahndungsbestands und der Fahndungsnotierung schließen es ihrem Wortlaut nach nicht aus, auch derartige "weiche" Datenbestände einzubeziehen und auf diese Weise auch Kraftfahrzeugkennzeichen zu erfassen, die Rückschlüsse auf einen Personenkreis zulassen, der durch sein Verhalten keinen Anlass für die Aufnahme in den Fahndungsbestand gegeben hat.
(2) Aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmungen ergeben sich ebenfalls keine dem Bestimmtheitsgebot genügenden Anhaltspunkte für eine einengende Auslegung der Begriffe des Fahndungsbestands und der Fahndungsnotierung.
Insbesondere grenzen die Begründungen der Regierungsentwürfe die Begriffe nicht ein (vgl. Hessischer Landtag, Drucks. 16/2352, S. 15 f.; Schleswig-Holsteinischer Landtag, Drucks. 16/670, S. 29, 39). Im hessischen Gesetzgebungsverfahren wurden in den Stellungnahmen zur Sachverständigenanhörung zudem ausdrücklich "Vorfeldmaßnahmen zu Großveranstaltungen oder dem Objekt- und Personenschutz", der "Abgleich mit polizeilichen Dateien über bekannte Störer (etwa der Datei 'Gewalttäter Sport') bei Vorfeldkontrollen zu Großveranstaltungen (z.B. Fußballspielen)" sowie ein Einsatz im Rahmen oder "an Stelle" der sogenannten Schleierfahndung unwidersprochen als mögliche Einsatzzwecke benannt (vgl. Hessischer Landtag, Ausschussvorlage INA/16/23, S. 17 <21>; 86 <93>; 127 <132>; 219 <220 f.>; zu dieser Fahndungsmethode: Rachor, in: Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 410, 412, 426).
Nicht geklärt ist weiter, ob und inwieweit der Einsatz der automatisierten Kennzeichenerfassung zur Erstellung von Bewegungsbildern im Rahmen einer polizeilichen Beobachtung oder längerfristigen Observation dienen soll und darf. Anhaltspunkte dafür lassen sich insbesondere nicht aus der im hessischen Gesetzgebungsverfahren geäußerten Auffassung gewinnen, bereits die Pflicht zur Löschung der Nichttreffer schließe die Erstellung von Bewegungsprofilen aus (vgl. Hessischer Landtag, Ausschussvorlage INA/16/23, S. 86 <92 f.>; 212 <216>; Plenarprotokoll 16/38, S. 2519; Plenarprotokoll 16/53, S. 3620). Denn aus der Pflicht zur Löschung im Nichttrefferfall lassen sich keine Schlüsse auf den Verwendungszweck in den Trefferfällen ziehen.
Dementsprechend gehen sowohl die hessische Landesregierung als auch der Landtag und die Landesregierung von Schleswig-Holstein in ihren Stellungnahmen zu den Verfassungsbeschwerden davon aus, dass die mit der Kennzeichenerfassung erhobenen Informationen in den Trefferfällen auch im Rahmen einer Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung - also auch zur Erstellung von Bewegungsprofilen - sollen verwertet werden können (siehe oben A III 1 a, 2 a cc).
(3) Anhaltspunkte für ein enges Verständnis des Begriffs des Fahndungsbestands lassen sich auch nicht aus der als Verwaltungsvorschrift einzustufenden Polizeidienstvorschrift (PDV) 384.1 "Fahndung" gewinnen, so dass nicht geklärt werden muss, ob ein Bezug auf diese verwaltungsinternen Normen überhaupt den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen genügen könnte.
Die Polizeidienstvorschrift 384.1 definiert den Begriff der "Fahndung im polizeilichen Sinn" im Abschnitt 1 (Grundsätze) unter Ziff. 1.1 bis 1.3 wie folgt:
1.1 Fahndung im polizeitaktischen Sinn ist die planmäßige, allgemeine oder gezielte Suche nach Personen oder Sachen im Rahmen der
- Strafverfolgung
- Strafvollstreckung
- Gefahrenabwehr
- Durchführung ausländerrechtlicher Maßnahmen
Es sollen fahndungsrelevante Feststellungen, insbesondere über Täter, Tathergang, Bewaffnung, Fluchtzeit, Fluchtweg, Fluchtfahrzeuge, Zeugen, Beweismittel getroffen werden.
Die Fahndung dient darüber hinaus der Verdachtsgewinnung.
1.2 Fahndung ist ein wesentlicher Bestandteil polizeilicher Aufgabenerfüllung. Sie ist auch ohne besonderen Auftrag Aufgabe jedes Polizeibeamten.
1.3 Die Fahndung erfolgt insbesondere auf Grund von Hinweisen, Auswertungsergebnissen, polizeilich relevanten Ereignissen oder Ersuchen. Sie kann auch ohne konkreten Anlass durchgeführt werden.
Ggf. sind Fahndungskonzeptionen zu erstellen.
Als "Fahndungsmaßnahme" benennt Ziff. 4 PDV 384.1 unter anderem das "Ausschreiben in Fahndungshilfsmitteln (Nr. 6)". Der Begriff der Ausschreibung wird definiert als "Aufnahme von Fahndungsdaten in Fahndungshilfsmittel" (Ziff. 2.1.3, 2.2.3). Fahndungshilfsmittel werden in Ziff. 6.1 wie folgt definiert:
Fahndungshilfsmittel sind Informationssysteme, Dateien und Unterlagen, welche die Suche nach Personen oder Sachen ermöglichen oder unterstützen. <...> Sie unterliegen einer ständigen technischen, rechtlichen und taktischen Entwicklung; eine abschließende Aufzählung ist deshalb nicht möglich.
Als interne Fahndungshilfsmittel nennt Ziff. 6.2 unter anderem folgende Dateien:
- INPOL (Informationssystem der Polizei)
- SIS (Schengener Informationssystem)
- SPUDOK (Spuren-Dokumentations-System): Dateianwendung zur Informationsverarbeitung in umfangreichen Ermittlungsverfahren
- Intranet/Extranet: durch die Polizei genutztes geschlossenes Datennetz
- ASF (Automated Search Facilities): automatisiertes Fahndungssystem von Interpol für Personenfahndung und ausgewählte Sachfahndungsbestände
- NCIC (National Crime Information Center): Fahrzeugfahndung des FBI, Zugriff über BKA (bereits in ASF implementiert)
- Fahndungsunterlagen der Polizeien der Länder, die zum Teil bundesweit genutzt werden, z.B.
- Fahndungsblock der bayerischen Polizei (BY)
- DOKIS (Dokumenteninformationssystem) (BY)
- Verdachtskalender Kfz (NW)
- Fahndungsraster, z.B. nach gestohlenen Kfz, Rauschgift
Angesichts der Weite des Begriffs der Ausschreibung ("Aufnahme von Fahndungsdaten in Fahndungshilfsmittel"), der ausdrücklichen Unabgeschlossenheit des Begriffs der "Fahndungshilfsmittel" sowie der allgemeinen Verweisung für die "Regelungen für die Ausschreibung" auf die "länder- und bundesspezifischen Regelungen" (Ziff. 2.1.3.1.1 Satz 2, Ziff. 2.2.3.1.1 Satz 2), lassen sich diesen Bestimmungen keinerlei Anhaltspunkte für eine Eingrenzung der Begriffe des Fahndungsbestands oder der Fahndungsnotierung entnehmen. Ihnen liegt vielmehr ein nicht klar abgegrenztes Verständnis dieser Begriffe zugrunde.
(4) Die Begriffe des Fahndungsbestands und der Fahndungsnotierung haben den Charakter einer dynamischen Verweisung, durch die insbesondere nicht ausgeschlossen wird, dass sich der Umfang der einbezogenen Datenbestände laufend und in gegenwärtig nicht vorhersehbarer Weise verändert.
Den gesetzlichen Ermächtigungen zur automatisierten Kennzeichenerfassung ist insbesondere nicht zu entnehmen, dass zum Fahndungsbestand, wie die hessische Landesregierung es annimmt, lediglich die INPOL-Verbunddateien "Sachfahndung" und Sachfahndung nach dem Nationalen Schengener Informationssystem ("NSIS-Sachfahndung") beim Bundeskriminalamt gehören sollen. Zudem umfassen selbst diese Dateien noch eine Vielzahl von Ausschreibungen und Fahndungszwecken.
Die Datei "Sachfahndung" dient, wie die hessische Landesregierung ausführt, gemäß Ziff. 2 der nach § 34 BKAG erlassenen Errichtungsanordnung (Stand: 14. Februar 2006) der Ausschreibung unter anderem "von Sachen" zur "Sicherstellung/Beschlagnahme", "Insassenfeststellung" sowie von Kraftfahrzeugen zur polizeilichen Beobachtung "zum Zwecke der Strafverfolgung bzw. Strafvollstreckung oder der Gefahrenabwehr". Die Datei ermögliche danach unter anderem, "Sachen, die zur Begehung einer Straftat benutzt oder durch sie hervorgebracht wurden oder in anderer Weise für ein Strafverfahren, insbesondere für die Täterfeststellung von Bedeutung sind, zu ermitteln", "Sachen, die abhanden gekommen sind, wiederzubeschaffen bzw. einem Besitzer zuzuordnen", "Fahrzeuge, die der polizeilichen Beobachtung unterliegen, festzustellen" sowie "Kraftfahrzeuge festzustellen, deren Insassen ermittelt werden sollen oder deren amtliche Kennzeichen zu entstempeln sind". Die Datei "NSIS-Sachfahndung" diene nach der Errichtungsanordnung (Stand: 21. März 2007) "dem Nachweis von Sachen, die zur Sicherstellung oder Beweissicherung im Strafverfahren" (Art. 100 des Schengener Durchführungsübereinkommens <SDÜ> vom 19. Juni 1990 <BGBl 1993 II, S. 1013>), "zur verdeckten Registrierung (polizeiliche Beobachtung) bzw. zur gezielten Kontrolle (Art. 99 SDÜ) ausgeschrieben" seien.
Die Ausschreibung in der Datei "Sachfahndung" erfolge nach bundesweit verbindlichen Schlüsselkatalogen. Bei der Ausschreibung sei jeweils eine Kombination von "Anlass" und "Zweck" der Ausschreibung festzulegen. Für den "Anlass" der Ausschreibung sei im Datenfeld "N 24" eine von elf verschiedenen Schlüsselnummern zu vergeben, wobei der Schlüssel 07 (polizeiliche Beobachtung) noch um einen von dreizehn auf die polizeiliche Beobachtung bezogenen Schlüsseln (den PB-Schlüsseln) zu ergänzen sei. Zu den PB-Schlüsseln zähle unter anderem ein Schlüssel mit der Bezeichnung "sonstige Gefahrenabwehr" (PB 20). Für den "Zweck" der Ausschreibung sei im Datenfeld "N 25" eine von dreizehn Schlüsselnummern zu vergeben. Für die Ausschreibungen seien Plausibilitäten festgelegt, das heißt es seien nur bestimmte Kombinationen von Anlass (Datenfeld "N 24") und Zweck (Datenfeld "N 25") zugelassen. Danach gebe es insgesamt 41 verschiedene zulässige Kombinationen von Ausschreibungsanlass und Ausschreibungszweck. Für Fahrzeugfahndungen aus den anderen sogenannten Schengenstaaten seien im Datenfeld "N 24" vier Schlüssel vorgesehen (51: verdeckte Registrierung, Art. 99 SDÜ; 53: gezielte Kontrolle, Art. 99 SDÜ; 55: gestohlenes, unterschlagenes oder sonst abhanden gekommenes Fahrzeug, Art. 100 SDÜ; 56: im Rahmen eines Strafverfahrens ausgeschriebenes Fahrzeug, Art. 100 SDÜ).
Daraus folgt, dass der Begriff des Fahndungsbestands auch bei Begrenzung auf die Verbunddatenbestände "Sachfahndung" und "NSIS-Sachfahndung" sowohl nach deren rechtlichen Vorgaben als auch nach der derzeitigen Praxis der Führung dieser Datenbestände eine Vielzahl von Fahndungsausschreibungen und Kombinationen von Verwendungszwecken einschließt. Auch bei einem so eingegrenzten Verständnis ist der Begriff so weit gefasst, dass durch die bloße Verweisung auf den Fahndungsbestand der Anlass der Kennzeichenerfassung nicht hinreichend umschrieben und der Verwendungszweck für die mit der Kennzeichenerfassung erhobenen Informationen selbst dann nicht eindeutig festgelegt wäre, wenn die Verwendung - was bei den angegriffenen Bestimmungen nicht der Fall ist - an den Fahndungszweck der jeweiligen Ausschreibung gebunden wäre.
cc) Die gesetzlichen Ermächtigungen sind so unbestimmt gefasst, dass sie es nicht ausschließen, auch Ausschreibungen zur polizeilichen Beobachtung als Bestandteil des Fahndungsbestands anzusehen mit der Folge, dass mit Hilfe der automatisierten Kennzeichenerfassung auch die polizeiliche Beobachtung durchgeführt werden kann. Damit ändert sich die Qualität der Kennzeichenerfassung, die nunmehr über die Erlangung von Informationen über die Person des Halters oder Fahrers hinausgeht. Der Eingriff erhält dadurch eine veränderte Qualität mit gesteigerter Intensität und bedarf einer darauf abgestimmten Eingriffsermächtigung.
(1) Die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung ist als gesonderte polizeiliche Maßnahme in den Landespolizeigesetzen vorgesehen (vgl. etwa § 17 HSOG, § 187 LVwG; zur entsprechenden strafprozessualen Regelung des § 163e StPO vgl. Krahl, NStZ 1998, S. 339 <341>; Petri, in: Lisken/Denninger, a.a.O., H Rn. 295). Danach können die Polizeibehörden die Personalien einer Person sowie das amtliche Kennzeichen und sonstige Merkmale des von ihr benutzten oder eingesetzten Fahrzeugs zur polizeilichen Beobachtung speichern, damit andere Polizeibehörden das Antreffen der Person oder des Fahrzeugs melden können, wenn dies "bei Gelegenheit einer Überprüfung aus anderem Anlass" (so etwa § 17 Abs. 1 HSOG) festgestellt wird.
Die Ausschreibung dient bislang dazu, bei einem zufälligen Antreffen des ausgeschriebenen Fahrzeugs im Rahmen anderweitiger Verkehrskontrollen heimlich Informationen, insbesondere über den Ort und den Zeitpunkt, aber auch über sonstige Umstände des Antreffens, festzuhalten. Durch das Sammeln derartiger Informationen über einen längeren Zeitraum hinweg soll insbesondere nach und nach ein Bewegungsprofil oder Bewegungsbild der Person zusammengestellt werden können, deren Fahrzeugkennzeichen zur Beobachtung ausgeschrieben ist. Eine Ausschreibung kann unter bestimmten Bedingungen auch europaweit im Schengener Informationssystem (SIS) erfolgen (Ausschreibung zur verdeckten Registrierung); sie geht dann auf Art. 99 SDÜ zurück (vgl. 27. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz in Baden-Württemberg, 2006, S. 14 ff.). Derzeit wird ein Nachfolgesystem eingerichtet (Schengener Informationssystem der zweiten Generation, SIS II), für das unter anderem erweiterte Befugnisse zur Ausschreibung von Fahrzeugen zur verdeckten Registrierung sowie zur Verknüpfung von Ausschreibungen miteinander vorgesehen sind (vgl. Beschluss des Rates vom 12. Juni 2007, ABl. L 205/63).
In allen Polizeigesetzen ist schon bisher die Ermittlungsmaßnahme der polizeilichen Observation einer Person vorgesehen. Dabei ist gesetzlich regelmäßig nur die längerfristige Observation näher ausgestaltet. Darunter fällt eine Beobachtung, wenn sie durchgehend länger als 24 Stunden dauert. Dem wird die wiederholte punktuelle Beobachtung gleichgestellt, sofern die Wiederholungen einen bestimmten zeitlichen Rahmen überschreiten. Bei dessen Bestimmung weichen die Landesregelungen im Einzelnen voneinander ab (vgl. Rachor, in: Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 325 ff.).
(2) Die hessische Landesregierung hält in ihrer Stellungnahme einen Einsatz der automatisierten Kennzeichenerfassung zur polizeilichen Beobachtung oder Observation von Personen, die das zur Fahndung ausgeschriebene Fahrzeug verwenden, ausdrücklich für möglich. Sie hat dazu ausgeführt, dass bei einer solchen Ausschreibung die Meldung über das Antreffen ausgeschriebener Fahrzeuge je nach Ausschreibungskategorie zu Speicherungen "in unterschiedlichen Spezialanwendungen nach Bundes- oder Landesrecht" führe. Nach der schleswig-holsteinischen Erlasslage findet zwar derzeit kein Abgleich mit Ausschreibungen zur polizeilichen Beobachtung statt. Auch die schleswig-holsteinische Stellungnahme geht jedoch davon aus, dass diese Ausschreibungen nach der gesetzlichen Regelung selbst zum Fahndungsbestand gezählt werden können, so dass ein solcher Abgleich grundsätzlich möglich und als "Rechtsfolge der Fahndungsnotierung" eine Kontrollmeldung gemäß § 187 LVwG zulässig sei.
(3) Ein Einsatz der automatisierten Kennzeichenerfassung zu solchen Zwecken würde es ermöglichen, über die punktuelle Erfassung des Kennzeichens und seines Standorts hinaus eine Vielzahl von Informationen über den Fahrer zu gewinnen. Das würde zu einer Veränderung der praktischen Bedeutung des Fahndungsmittels der polizeilichen Beobachtung und der Observation führen, die über eine bloße Effektivierung hinausreicht.
Die Polizeibehörden sind bislang bei einer derartigen Beobachtung ausgeschriebener Fahrzeuge wegen der Aufwendigkeit einer manuellen Durchführung von Erfassung und Abgleich von Kennzeichen letztlich auf Zufallstreffer angewiesen. Durch die Möglichkeit, sowohl die Kennzeichenerfassung als auch den Abgleich automatisiert vorzunehmen, wird eine systematische, räumlich weitreichende Sammlung von Informationen über das Bewegungsverhalten von Fahrzeugen und damit auch von Personen technisch und mit relativ geringem Aufwand möglich. Sie kann - anders als etwa die Observation über das satellitengestützte "Global Positioning System" (GPS) mittels Einbaus eines Peilsenders (vgl. dazu BVerfGE 112, 304 <318 ff.>) - ohne weiteres auch bei einer großen Zahl von Personen durchgeführt werden.
Diese Folgen würden allerdings nicht allein durch die hier angegriffenen Ermächtigungen ermöglicht, sondern ergäben sich aus deren Zusammenspiel mit den weiteren Maßnahmen, für die in den Polizeigesetzen schon Ermächtigungen enthalten sind, die ihrerseits eigenständige polizeirechtliche Anforderungen für die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung aufstellen. Ob eine Nutzung der automatisierten Kennzeichenerfassung für die polizeiliche Beobachtung möglich sein soll, bedarf jedoch der Legitimation durch eine Entscheidung des Parlamentsgesetzgebers. Dass sie in der angegriffenen Ermächtigung enthalten ist, lässt sich nicht feststellen. Der Heranziehung der dort benutzten, seit langem gebräuchlichen Begriffe des Fahndungsbestands und der Fahndungsnotierung ist nicht hinreichend deutlich zu entnehmen, dass eine solche qualitative Veränderung der polizeilichen Beobachtung beabsichtigt ist.
dd) Infolge der in Schleswig-Holstein vorgesehenen zusätzlichen Maßgaben, nach denen die Informationserhebung nur "bei Kontrollen im öffentlichen Verkehrsraum nach diesem Gesetz und anderen Gesetzen" zulässig (§ 184 Abs. 5 Satz 1 LVwG) und ein "flächendeckender Einsatz technischer Mittel" unzulässig ist (§ 184 Abs. 5 Satz 5 LVwG), wird die Möglichkeit der automatisierten Kennzeichenerfassung allerdings eingegrenzt; Anlass und Zweck werden dadurch jedoch nicht in einer Weise festgelegt, die den für die Informationserhebung geltenden Bestimmtheitsanforderungen genügt. Auch die Verweisung des § 184 Abs. 5 Satz 4 LVwG auf die Bestimmungen zur Löschungspflicht in § 184 Abs. 4 Satz 3 LVwG beseitigt die Bestimmtheitsmängel nicht.
(1) Durch die Begrenzung auf die Vornahme bei Kontrollen im öffentlichen Verkehrsraum nach dem Landesverwaltungsgesetz sowie nach anderen Gesetzen wird zwar ein Anlass der Kennzeichenerfassung festgelegt, aber nicht gesichert, dass dieser es zugleich rechtfertigt, Kennzeichen zu erfassen und mit einem Fahndungsbestand abzugleichen, der keinen spezifischen Bezug zu dem Anlass der Kontrollen hat. Namentlich lässt § 36 Abs. 5 StVO Verkehrskontrollen in weitem Umfang zu: Polizeibeamte dürfen Verkehrsteilnehmer zur Verkehrskontrolle einschließlich der Kontrolle der Verkehrstüchtigkeit und zu Verkehrserhebungen anhalten. Landesregierung und Landtag von Schleswig-Holstein bezeichnen die Verkehrskontrolle nach dieser Vorschrift als eine "anlass- und verdachtslose" Überprüfung von Verkehrsteilnehmern. Die angegriffenen Bestimmungen enthalten selbst keine hinreichenden Vorkehrungen dafür, dass ein Zusammenwirken der Ermächtigung zur Kennzeichenerfassung mit einer derart weit gefassten oder verstandenen Ermächtigung ausgeschlossen ist. Darüber hinaus wird durch das Erfordernis der Durchführung "bei" Kontrollen der Verwendungszweck für die erhobenen Informationen nicht an den Zweck der anlassgebenden Kontrolle gebunden. Danach ist ein Verständnis der Ermächtigung nicht ausgeschlossen, nach dem eine allgemeine Verkehrskontrolle dazu benutzt werden kann, "bei Gelegenheit" dieser Kontrolle mit der Kennzeichenerfassung alle sonst in Betracht kommenden Fahndungszwecke zu verfolgen.
(2) Das in Schleswig-Holstein normierte Verbot eines flächendeckenden Einsatzes führt nur zu einer gewissen Eingrenzung des möglichen Umfangs der Kennzeichenerfassung und damit mittelbar auch der mit ihr verfolgten Zwecke. Damit wird jedoch weder ein routinemäßiger Einsatz einer anlasslosen Kennzeichenerfassung bei allen anfallenden Kontrollen nach dem Landesverwaltungsgesetz oder anderen Gesetzen noch deren gezielter Einsatz zur Beobachtung bestimmter Fahrzeuge, etwa auf bestimmten Strecken, ausgeschlossen.
(3) Eine dem Bestimmtheitsgebot genügende Begrenzung des Verwendungszwecks wird auch nicht durch die Verweisung des § 184 Abs. 5 Satz 4 LVwG auf die Regelungen zur Löschung in § 184 Abs. 4 Satz 3 LVwG herbeigeführt.
Der Regelung lässt sich bereits nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen, dass eine Speicherung und weitere Verwendung nur dann in Betracht kommt, wenn die in § 184 Abs. 4 Satz 3 LVwG genannten Voraussetzungen einer weiteren Verwendbarkeit gegeben sind. Gemäß § 184 Abs. 5 Satz 3 LVwG sind die gewonnenen Daten unverzüglich zu löschen, sofern auf das abgefragte Kennzeichen keine Fahndungsnotierung besteht. Gibt es zu dem abgefragten Kennzeichen eine Fahndungsnotierung, so soll hingegen gemäß § 184 Abs. 5 Satz 4 LVwG unter anderem § 184 Abs. 4 Satz 3 LVwG entsprechend gelten. Gemäß § 184 Abs. 4 Satz 3 LVwG gilt "dies" - womit die in § 184 Abs. 4 Satz 2 LVwG angeordnete Löschungs- und Vernichtungspflicht für die gemäß § 184 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 184 Abs. 1 bis 3 LVwG erhobenen Daten gemeint ist - "nicht", sofern die Daten zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung benötigt werden oder Tatsachen dafür sprechen, dass die Person künftig vergleichbare Straftaten oder Straftaten im Sinne des § 179 Abs. 2 LVwG begehen wird. Daraus ergibt sich jedoch nur, dass im Trefferfall eine Pflicht zur Löschung nicht besteht, wenn die in § 184 Abs. 4 Satz 3 LVwG genannten Voraussetzungen gegeben sind. Der Gegenschluss, dass in allen anderen Fällen eine Verpflichtung zur Löschung bestünde, lässt sich hingegen nicht ohne weiteres ziehen. Denn anders als im Falle des § 184 Abs. 4 Satz 2 LVwG, der zunächst eine umfassende Löschungs- und Vernichtungspflicht statuiert, von der § 184 Abs. 4 Satz 3 LVwG dann eine Ausnahme macht, greift die Löschungspflicht des § 184 Abs. 5 Satz 3 LVwG ausdrücklich nur für den Fall, dass auf das abgefragte Kennzeichen keine Fahndungsnotierung besteht. Mit dem Trefferfall, in dem "eine Fahndungsnotierung besteht", befasst sich nach der Systematik der Bestimmung demgegenüber § 184 Abs. 5 Satz 4 LVwG, der wiederum mit § 184 Abs. 4 Satz 3 LVwG auf eine Regelung verweist, die lediglich Ausnahmefälle von der dort bereits vorausgesetzten Löschungspflicht aus § 184 Abs. 4 Satz 2 LVwG regelt, ohne selbst eine Löschungspflicht zu normieren.
ee) Infolge der Anknüpfung der Maßnahme an den Fahndungsbestand bei gleichzeitiger Unbestimmtheit des Verwendungszwecks ist den landesrechtlichen Regelungen nicht zu entnehmen, ob die Kennzeichenerfassung auch zu strafprozessualen Zwecken, einschließlich der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten im Vorfeld eines Verdachts, eingesetzt werden darf.
Der Begriff der Fahndung im polizeitaktischen Sinn, wie ihn die Polizeidienstvorschrift 384.1 definiert, schließt gemäß Ziff. 1.1 die planmäßige, allgemeine oder gezielte Suche nach Personen oder Sachen unter anderem auch im Rahmen der Strafverfolgung ein. Der Begriff des Fahndungsbestands kann dementsprechend so verstanden werden, dass er auch Datenbestände erfasst, die zu Strafverfolgungszwecken angelegt worden sind. Die hessische Landesregierung versteht § 14 Abs. 5 HSOG in ihrer Stellungnahme auch tatsächlich so. Sie verweist darauf, dass die Verbunddateien "Sachfahndung" und "NSIS-Sachfahndung" nach den jeweiligen Errichtungsanordnungen sowohl repressiven als auch präventiven Zwecken dienten. Für eine Trennung der Datenbestände nach gefahrenabwehrrechtlicher und strafprozessualer Zweckrichtung bestehe keine rechtliche Notwendigkeit, weil gemischte Datenbestände der Polizei nach § 483 Abs. 3 StPO insgesamt dem Polizeirecht unterlägen. Auch faktisch sei eine solche Trennung für Hessen nicht durchführbar. Die bundesweit verbindlichen Schlüsselkataloge, nach denen sich die Dateneingabe in die Verbunddatei "Sachfahndung" richte, erlaubten nur teilweise eine eindeutige Zuordnung zu entweder präventiven oder repressiven Zwecken. So könnten im Falle der Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung (PB) die Ausschreibungen nach den Unterkategorien PB 01 bis PB 08 (Rauschgift, Waffen, Falschgeld, Vermögen/Wirtschaft/Umwelt, Eigentum, Kriminelle Vereinigung, Politisch motivierte Kriminalität) auf gesetzlicher Grundlage sowohl zur Gefahrenabwehr wie zur Strafverfolgung erfolgen. Auch die sonstigen Kombinationen der maßgeblichen Datenfelder "N 24" (Anlass der Ausschreibung) und "N 25" (Zweck der Ausschreibung) der Datei "Sachfahndung" erlaubten nur teilweise eine eindeutige Zuordnung. Von den 41 zulässigen Kombinationen von Anlass und Zweck seien lediglich 18 eindeutig zuzuordnen, davon 14 der Gefahrenabwehr und vier strafprozessualen Zwecken. Die (demnach 23) verbleibenden Kombinationen seien hingegen nicht eindeutig zuzuordnen. Auch die Datei "NSIS-Sachfahndung" erlaube eine eindeutige Zuordnung nur beim Schlüssel 56 ("im Rahmen eines Strafverfahrens ausgeschriebenes Fahrzeug", Art. 100 SDÜ). Hingegen sei etwa die Ausschreibung zur verdeckten Registrierung oder gezielten Kontrolle (Schlüssel 51 und 53) nach Art. 99 SDÜ sowohl zur Strafverfolgung wie zur Gefahrenabwehr zulässig.
Eine Ermächtigung zum Zugriff auf sogenannte Mischdateien, die sowohl strafprozessualen als auch präventiven Zwecken dienen, widerspricht dem Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit nicht, sofern jedenfalls die Zugriffszwecke bestimmt sind. Es muss erkennbar sein, ob der Zugriff selbst ausschließlich oder im Schwerpunkt präventiven oder repressiven Zwecken oder beiden dient. Eine entsprechende Klärung ist in der hessischen Ermächtigung nicht vorgesehen, so dass nicht ausgeschlossen ist, die Maßnahme zu präventiven und zu repressiven Zwecken zu nutzen, ohne dass dies aber eindeutig geklärt wäre.
Die schleswig-holsteinische Stellungnahme geht demgegenüber unter Hinweis auf die in § 162 LVwG enthaltene Beschränkung der polizeilichen Aufgaben auf die Gefahrenabwehr von einem Verständnis der dortigen Regelung aus, nach welchem der Einsatz der Kennzeichenerfassung allein zu präventiven Zwecken zugelassen sei. Nach derzeitiger Erlasslage wird in Schleswig-Holstein in erster Linie mit einem gefilterten Datenbestand aus der INPOL-Datei "Sachfahndung" abgeglichen, der lediglich Fahndungsdaten zu Kennzeichen enthält, die wegen Eigentumssicherung oder wegen Verstößen gegen das Pflichtversicherungsgesetz ausgeschrieben sind, also Ausschreibungen, die jedenfalls auch einen präventiven Zweck verfolgen. Die Erlasslage bietet für eine Begrenzung des Fahndungsbestands jedoch keine ausreichende Gewähr. Jedenfalls schließt die gesetzliche Regelung es nicht aus, künftig auch Fahndungsdateien einzubeziehen, die im Schwerpunkt oder gar ausschließlich zu strafprozessualen Zwecken erstellt werden und die Kennzeichenerfassung dabei auch zu repressiven Zwecken zu nutzen. § 184 Abs. 5 Satz 4 in Verbindung mit § 184 Abs. 4 Satz 3 LVwG sieht sogar ausdrücklich vor, dass Kraftfahrzeugkennzeichen, für die eine Fahndungsnotierung besteht, nicht gelöscht werden, wenn sie zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten benötigt werden.
ff) Selbst wenn es möglich sein dürfte, einige der Bestimmtheitsdefizite durch Auslegung zu beseitigen, können die Mängel, insbesondere die fehlende Bestimmtheit des Verwendungszwecks, nicht insgesamt durch eine einengende verfassungskonforme Auslegung geheilt werden. Eine solche Auslegung kann bei Bestimmtheitsmängeln nur mit Rücksicht auf den Sinn und Zweck des Bestimmtheitsgebots erfolgen. Sie kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn es an einem die wesentlichen Fragen umfassenden Regelungskern fehlt, der auf einen erklärten objektivierten Willen des Gesetzgebers zurückgeführt werden kann (vgl. BVerfGE 107, 104 <128 f.>). Wäre bei einer Vorschrift, die aus sich heraus weder bestimmte Ausschlusstatbestände enthält noch deutlich den Zweck erkennen lässt, dem die Regelung dienen soll, eine verfassungskonforme Auslegung gleichwohl zulässig, liefe der Gesetzesvorbehalt leer, der Eingriffe in ein Grundrecht einer gesetzlichen Regelung zuweist und den Gesetzgeber verpflichtet, Art und Umfang des Eingriffs selbst festzulegen (vgl. BVerfGE 107, 104 <128 f.>).
Das Erfordernis einer hinreichenden objektivierten Basis setzt einer verfassungskonformen Einschränkung des Norminhalts insbesondere dann Grenzen, wenn sich die grundrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen - wie es beim Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Fall ist - gerade auf den Zweck der Eingriffsmaßnahme beziehen. Soll der Zweck des Gesetzes selbst einengend ausgelegt werden, kann jene Grenze der verfassungskonformen Interpretation, wonach der gesetzgeberische Zweck nicht in sein Gegenteil verkehrt werden darf (vgl. BVerfGE 83, 130 <144>), leichter als in anderen Fällen erreicht sein.
Soll eine verfassungskonforme Einengung eines an sich verfassungswidrig weit gefassten Verwendungszwecks möglich sein, muss eine methodengerechte Auslegung daher zumindest Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der enger gefasste Zweck der maßgebliche sein sollte. Fehlt es daran, kann es nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts sein, die vom Gesetzgeber weit gefasste Eingriffsnorm auf das verfassungsgemäße Maß zurückzuschneiden. Das gilt erst recht, wenn der Gesetzgeber die Vorschrift bewusst unbestimmt gehalten und deshalb von einer entsprechenden Konkretisierung abgesehen hat.
So liegt es hier. Der hessische Gesetzgeber hat an der weiten Normfassung trotz ausdrücklicher Kritik an der Unbestimmtheit ihrer Reichweite im Gesetzgebungsverfahren, namentlich auch im Hinblick auf die Möglichkeit der Erstellung von Bewegungsbildern, festgehalten (vgl. auch Hessischer Landtag, Ausschussvorlage INA/16/23, S. 63 <65 f.>). Auch der schleswig-holsteinische Gesetzgeber hat auf entsprechende im Gesetzgebungsverfahren geäußerte Bedenken (vgl. insbesondere das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Landtags selbst: Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 16/1530, S. 24 f.; ferner: Umdruck 16/819, S. 4 f.; Innen- und Rechtsausschuss, 16. WP, 41. Sitzung, Niederschrift, S. 11) lediglich mit der Einfügung des Verbots eines flächendeckenden Einsatzes in § 184 Abs. 5 Satz 5 LVwG reagiert (vgl. Schleswig-Holsteinischer Landtag, Drucks. 16/1163, S. 9), das einen entsprechenden Einsatz der Kennzeichenerfassung zur intensivierten Beobachtung jedoch nicht ausschließt. Ein solcher Einsatz kommt etwa auch in dem in beiden Gesetzgebungsverfahren genannten Bereich des Kraftfahrzeugdiebstahls in Betracht, wenn die Suche nach gestohlenen Fahrzeugen nicht sogleich dem Zugriff dienen soll, sondern der Aufklärung von Strukturen der organisierten Kriminalität, etwa einer Aufklärung von Verschiebungswegen und Absatzmärkten von Diebesbanden. Ein derartiger Einsatz der Kennzeichenerfassung "beispielsweise auf Automärkten und Großparkplätzen" zur "Kriminalitätsbekämpfung im Bereich des organisierten Kfz-Diebstahls und der Kfz-Verschiebung" wurde im hessischen Anhörungsverfahren ausdrücklich nahegelegt (vgl. Hessischer Landtag, Ausschussvorlage INA/16/23, S. 219 <220>).
c) Mit dem Fehlen der Zweckbestimmung der automatisierten Kennzeichenerfassung geht eine grundrechtswidrige Unbestimmtheit auch hinsichtlich der erhebbaren Informationen einher.
Es ist weder in § 14 Abs. 5 HSOG noch in § 184 Abs. 5 LVwG ausdrücklich festgelegt, welche Daten überhaupt erhoben werden dürfen. Gemäß § 14 Abs. 5 HSOG können "Daten von Kraftfahrzeugkennzeichen", gemäß § 184 Abs. 5 Satz 1 LVwG "personenbezogene Daten" durch den Einsatz "technischer Mittel zur elektronischen Erkennung von Kraftfahrzeugkennzeichen" erhoben werden. In § 184 Abs. 5 Satz 3 und 4 LVwG wird zwar darauf abgestellt, ob auf das "abgefragte Kennzeichen" eine Fahndungsnotierung besteht, woraus geschlossen werden kann, dass mindestens die Zeichenfolge des Kennzeichens selbst erhoben werden darf. Beide Regelungen lassen jedoch offen, ob oder gegebenenfalls welche weiteren Informationen neben der Ziffern- und Zeichenfolge des Kennzeichens selbst erhoben werden dürfen. Das genügt dem Bestimmtheitsgebot nicht.
Obwohl die Bestimmungen bei enger Auslegung allein eine Erfassung des Kraftfahrzeugkennzeichens erlauben, geht bei der gegenwärtig üblichen Erhebung des Kennzeichens durch Videobilder notwendig eine Erfassung aller auf dem Bild erkennbaren Einzelheiten, möglicherweise auch solcher über die Insassen des Fahrzeugs, einher. Auch wird es zur Erreichung von Zielen der Regelungen, wie dem Auffinden gestohlener Fahrzeuge, regelmäßig unumgänglich sein, neben dem Ort der Erfassung auch die Fahrtrichtung festzuhalten, da die Polizei mit der Information, dass das Fahrzeug an irgendeinem Erfassungsstandort gesichtet wurde, nichts anfangen kann.
Da der Verwendungszweck für die erhobenen Informationen nicht hinreichend klar und bestimmt geregelt ist, kann auch der Umfang der erhebbaren Informationen durch eine solche, auf die Zweckbestimmung verweisende Auslegung nicht hinreichend eingegrenzt werden. Ist der Zweck etwa der sofortige Zugriff auf das Fahrzeug, könnte der Umfang der erhebbaren Daten zumindest auf das technisch zur Erhebung des Kennzeichens selbst Unausweichliche sowie auf den Ort oder allenfalls noch die Fahrtrichtung beschränkt werden. Ist der Zweck jedoch eine Erfassung oder gar Observation des Fahrers, so kann sich das von diesem Erhebungszweck vorgegebene Ermittlungsinteresse auf einen wesentlich größeren Kreis von Informationen erstrecken. So hat die hessische Landesregierung ausgeführt, dass zwar regelmäßig für eine Speicherung von Trefferinformationen kein Anlass bestehe. Anders sei es jedoch bei Ausschreibungen zur polizeilichen Beobachtung, die je nach Ausschreibungskontext zu Speicherungen in unterschiedlichen Spezialanwendungen nach Bundes- oder Landesrecht führen könne. Welche Informationen über den Trefferfall im Einzelnen gespeichert würden, liege grundsätzlich im Ermessen der eingesetzten Polizeibeamten.
In Schleswig-Holstein werden nach der Stellungnahme des Landtags und der Landesregierung bei Treffern wegen Versicherungsverstößen die Daten zur weiteren Fahndung in das Vorgangsbearbeitungssystem Artus "eingepflegt", unter anderem durch Einstellen der Bilddatei als Beweisfoto. Wie die Bildbeispiele zeigen, die die schleswig-holsteinische Landesregierung vorgelegt hat, können auf dem Bild jedenfalls bei günstigen Sichtverhältnissen durchaus Umrisse der Fahrzeuginsassen sowie physiognomische Einzelheiten erkennbar sein. Für eine Erhebung von Bildinformationen des Fahrzeuginnenraums oder gar der Fahrzeuginsassen selbst, die auf deren Auswertung zielt, bieten die angegriffenen Bestimmungen keine dem Bestimmtheitsgebot und dem Parlamentsvorbehalt genügende gesetzliche Grundlage.
3. Die angegriffenen Bestimmungen genügen in ihrer unbestimmten Weite auch dem verfassungsrechtlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit nicht.
Dieses verlangt, dass der Staat mit dem Grundrechtseingriff einen legitimen Zweck mit geeigneten, erforderlichen und angemessenen Mitteln verfolgt (vgl. BVerfGE 109, 279 <335 ff.>). Bestimmtheitsmängel können die Beachtung des verfassungsrechtlichen Übermaßverbots beeinträchtigen, da sie die Beurteilung der Geeignetheit und Erforderlichkeit einer Maßnahme erschweren und das Risiko einer Unangemessenheit des Eingriffs erhöhen (vgl. BVerfGE 110, 33 <55>). Ist die Ermächtigung unklar, weil sie eine Auslegung, nach welcher auch eingriffsintensive Zwecksetzungen zugelassen sind, nicht hinreichend deutlich ausschließt, ist auch für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit das dadurch ermöglichte weite Verständnis ihrer Zwecksetzung und Reichweite zugrunde zu legen.
a) Wie ausgeführt, kann der Eingriff, zu dem die angegriffenen Bestimmungen des § 14 Abs. 5 HSOG und des § 184 Abs. 5 LVwG ermächtigen, zwar zu höchst unterschiedlichen, aber jeweils legitimen Zwecken des Schutzes der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eingesetzt werden (siehe oben C II 1 b). Auch die Einsatzzwecke im Bereich der Strafverfolgung wären, wenn sie von der Regelung gedeckt sein sollten, legitim. Diese Schutzgüter besitzen grundsätzlich ein hohes verfassungsrechtliches Gewicht. Das Gewicht des jeweils konkret verfolgten Einsatzzwecks hängt allerdings davon ab, auf welche beeinträchtigten Rechtsgüter er sich konkret bezieht und welche Intensität deren Gefährdung aufweist (vgl. BVerfGE 113, 348 <385>).
b) Das Mittel der Kennzeichenerfassung ist zur Verfolgung präventiver und gegebenenfalls repressiver Zwecke jedenfalls insoweit geeignet, als die Erfassung des Kennzeichens die Durchführung weiterer auf die Zweckverfolgung bezogener Maßnahmen ermöglicht oder erleichtert.
Ob es jeweils mildere Mittel gibt, die Zweifel an der Erforderlichkeit begründen können, lässt sich mangels Konkretisierung der Zwecke nicht umfassend klären. Da die automatisierte Kennzeichenerfassung aufgrund der möglichen Zahl der Erfassungsvorgänge eine neuartige Reichweite der Beobachtung ermöglicht, ist anzunehmen, dass für eine Reihe polizeilicher Maßnahmen mildere Mittel nicht ersichtlich sind.
c) Die angegriffenen Bestimmungen verletzen allerdings jedenfalls das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Denn sie ermöglichen auch Eingriffe, die das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen erheblich oder sogar schwerwiegend beeinträchtigen, ohne die für derart eingriffsintensive Maßnahmen grundrechtlich geforderten gesetzlichen Eingriffsschwellen hinreichend zu normieren.
aa) (1) Das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne verlangt, dass die Schwere der gesetzgeberischen Grundrechtsbeschränkung bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der sie rechtfertigenden Gründe steht (stRspr; vgl. BVerfGE 109, 279 <349 ff.>). In dem Spannungsverhältnis zwischen der Pflicht des Staates zum Rechtsgüterschutz und dem Interesse des Einzelnen an der Wahrung seiner von der Verfassung verbürgten Rechte ist es dabei zunächst Aufgabe des Gesetzgebers, in abstrakter Weise einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen zu erreichen (vgl. BVerfGE 109, 279 <350>). Dies kann dazu führen, dass Grundrechtseingriffe einer bestimmten Eingriffsintensität erst von bestimmten Verdachts- oder Gefahrenstufen an vorgesehen werden dürfen. Entsprechende Eingriffsschwellen sind durch eine gesetzliche Regelung zu gewährleisten (vgl. BVerfGE 100, 313 <383 f.>; 109, 279 <350 ff.>; 113, 348 <377 f., 387 ff.>; 115, 320 <346>).
(2) Die Verfassung hindert den Gesetzgeber nicht daran, die traditionellen rechtsstaatlichen Bindungen im Bereich des Polizeirechts auf der Grundlage einer seiner Prärogative unterliegenden Feststellung neuartiger oder veränderter Gefährdungs- und Bedrohungssituationen und neuer Ermittlungsmöglichkeiten fortzuentwickeln (vgl. BVerfGE 115, 320 <360>). Dabei gebietet es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im engeren Sinne, dass der Gesetzgeber die Ausgewogenheit zwischen der Art und Intensität der Grundrechtsbeeinträchtigung einerseits und den zum Eingriff berechtigenden Tatbestandselementen andererseits, wie der Einschreitschwelle, der geforderten Tatsachenbasis und dem Gewicht der geschützten Rechtsgüter, zu wahren hat. Je gewichtiger die drohende oder erfolgte Rechtsgutbeeinträchtigung und je weniger gewichtig der Grundrechtseingriff ist, um den es sich handelt, desto geringer darf die Wahrscheinlichkeit sein, mit der auf eine drohende oder erfolgte Verletzung des Rechtsguts geschlossen werden kann, und desto weniger fundiert dürfen gegebenenfalls die Tatsachen sein, die dem Verdacht zugrunde liegen. Selbst bei höchstem Gewicht der drohenden Rechtsgutbeeinträchtigung kann allerdings auf das Erfordernis einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit nicht verzichtet werden. Grundrechtseingreifende Ermittlungen "ins Blaue hinein" lässt die Verfassung nicht zu (vgl. BVerfGE 115, 320 <360 f.> m.w.N.).
bb) Diesen Anforderungen werden die Ermächtigungen nicht gerecht.
Die angegriffenen Vorschriften haben den Verwendungszweck so weit gefasst, dass sie erhebliche Grundrechtseingriffe bis hin zur Nutzung der Kennzeichenerfassung für Zwecke der Observation ebenso wenig ausschließen wie den routinehaften und flächendeckenden Einsatz der Erfassungsgeräte. Die Gesetzgeber haben es unterlassen, tatbestandliche Eingrenzungen vorzusehen und, soweit Maßnahmen der automatisierten Kennzeichenerfassung grundsätzlich unbedenklich sind, auf sie abgestimmte materielle Anforderungen zu normieren und gegebenenfalls ergänzende verfahrensrechtliche Sicherungen vorzusehen. Dies führt zur Unverhältnismäßigkeit der Bestimmungen, weil durch sie unangemessene Grundrechtseingriffe ermöglicht werden.
(1) Mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist es insbesondere nicht vereinbar, dass die angegriffenen Vorschriften aufgrund ihrer unbestimmten Weite anlasslos erfolgende oder - wie es jedenfalls in Hessen nicht ausgeschlossen ist - flächendeckend durchgeführte Maßnahmen der automatisierten Erfassung und Auswertung von Kraftfahrzeugkennzeichnen ermöglichen. So erlaubt § 14 Abs. 5 HSOG die automatisierte Erhebung der Daten von Kraftfahrzeugkennzeichen ohne Einschränkung "auf öffentlichen Straßen und Plätzen". Auch § 184 Abs. 5 LVwG, der die Informationserhebung an anderweitig gesetzlich geregelte "Kontrollen im öffentlichen Verkehrsraum" knüpft und lediglich den "flächendeckenden Einsatz technischer Mittel" untersagt, schließt anlasslose automatisierte Kennzeichenerfassungen nicht aus (siehe oben C II 2 b dd <1>, <2>). In beiden Ländern werden daher die von der Verfassung nicht zugelassenen grundrechtseingreifenden Ermittlungen "ins Blaue hinein" ermöglicht.
Eine automatisierte Kennzeichenerfassung, die unterschiedslos jeden nur deshalb trifft, weil er mit einem Fahrzeug eine ohne besonderen Anlass oder gar dauerhaft eingerichtete Stelle zur automatisierten Erfassung von Kraftfahrzeugkennzeichen passiert, vermittelt im Übrigen den Eindruck ständiger Kontrolle. Das sich einstellende Gefühl des Überwachtwerdens kann - wie bereits dargestellt (siehe oben C II 1 a) - zu Einschüchterungseffekten und in der Folge zu Beeinträchtigungen bei der Ausübung von Grundrechten führen. Hierdurch sind nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen betroffen, sondern auch das Gemeinwohl, weil die Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungs- und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger gegründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ist (vgl. BVerfGE 65, 1 <43>; auch BVerfGE 100, 313 <381>).
(2) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist auch nicht dadurch gewahrt worden, dass die automatisierte Kennzeichenerfassung etwa auf die Abwehr einer konkreten Gefahr beschränkt wäre. Unterblieben ist ebenfalls eine Begrenzung auf eine stichprobenhafte Durchführung der Maßnahme, die zur Ermöglichung von Eingriffen lediglich geringerer Intensität, etwa zur Erfassung der Kennzeichen gestohlener Kraftfahrzeuge, zulässig wäre; allerdings hätte dann zugleich vorgesorgt sein müssen, dass der für die Erfassung herangezogene Datenbestand sich auf diesen Anlass, im Beispiel die Ermittlung gestohlener Kraftfahrzeuge, beschränkt.
Die automatisierte Kennzeichenerfassung ist auch nicht auf Situationen begrenzt worden, in denen Umstände der konkreten Örtlichkeit - zum Beispiel das Fahren auf Straßen in Bereichen nahe der Bundesgrenze - oder dokumentierte Lageerkenntnisse über Kriminalitätsschwerpunkte einen Anknüpfungspunkt geben, der auf gesteigerte Risiken der Rechtsgutgefährdung oder -verletzung und zugleich auf eine hinreichende Wahrscheinlichkeit hinweist, dass diesen Risiken mit Hilfe der automatisierten Kennzeichenerfassung begegnet werden kann.
(3) Die Gesetzgeber haben auch hinsichtlich der Eingriffsvoraussetzungen nicht differenzierend berücksichtigt, ob die von der Maßnahme Betroffenen einen Anlass für die Aufnahme in den Fahndungsbestand gegeben haben. Werden beispielsweise als Fahrzeugkennzeichen zum Fahndungsbestand auch solche gezählt, bei denen der Polizei nur Teile eines Kennzeichens bekannt sind, nach dem gefahndet wird, liegt zwar ein Anlass für die Suche nach dem Kraftfahrzeugkennzeichen vor; weil aber nur ein Teil des Kennzeichens bekannt ist, werden von der Maßnahme möglicherweise in großer Zahl auch Personen erfasst, die diesen Anlass nicht geschaffen haben.
(4) Auch ist gesetzlich nicht ausgeschlossen worden, dass die automatisierte Kennzeichenerfassung erfolgt, obwohl der ursprüngliche Anlass für die Aufnahme in den Fahndungsbestand entfallen ist. Ferner ist die Zweckbindung bei der Datenverwertung nicht hinreichend gesichert.
Weil in den gesetzlichen Regelungen eine Bindung der Kennzeichenerfassung und -verwendung an einen bestimmten Zweck oder auch nur den Zweck, für den das Kennzeichen in den Fahndungsbestand aufgenommen worden ist, fehlt, ist insbesondere nicht ausgeschlossen, dass gespeicherte Treffermeldungen bestehen bleiben und weiterverwendet werden, wenn der ursprüngliche Anlass für die Fahndungsausschreibung oder die Kennzeichenerfassung zwischenzeitlich entfallen ist. So kann etwa die in § 20 Abs. 3 Satz 1 HSOG angeordnete Bindung der Speicherung oder sonstigen Verarbeitung von personenbezogenen Informationen an den Zweck, zu dem sie erlangt wurden, ins Leere laufen, weil die angegriffenen Ermächtigungen den Erhebungszweck nicht festlegen. Ebenso kann das Gebot, gewonnene Informationen nur zu dem Zweck zu übermitteln, zu dem sie erlangt wurden (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 1 HSOG), wegen der fehlenden gesetzlichen Zweckbindung wirkungslos bleiben. Eine Regelung, die auf diese Weise den Grundsatz der Zweckbindung verfehlt oder gar zu "vagabundierenden" Informationen führen kann, entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne nicht.
4. Die Unbestimmtheit der angegriffenen Regelungen führt dazu, dass ihr Einsatz für ausschließlich oder im Schwerpunkt strafprozessuale Zwecke offen bleibt (siehe oben C II 2 b, ee). Ob die Länder zur Regelung der automatisierten Erfassung der Kraftfahrzeugkennzeichen im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung überhaupt befugt wären, braucht vorliegend allerdings nicht entschieden zu werden, da die angegriffenen Regelungen schon aus anderen Gründen verfassungswidrig sind.
III.
Der Verstoß gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG führt zur Nichtigkeit von § 14 Abs. 5 HSOG und § 184 Abs. 5 LVwG.
Den Landesgesetzgebern stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um eine im Rahmen ihrer Zuständigkeit verbleibende und sowohl hinreichend bestimmte als auch angemessene Eingriffsermächtigung zu schaffen.
Die Regelung über die automatisierte Erfassung der Kraftfahrzeugkennzeichen kann die verfassungsrechtlich geforderten Eingriffsvoraussetzungen auf verschiedenen Ebenen normieren: durch einengende Regelungen erstens für die Aufnahme in die zulässigen Abgleichsdatenbestände, etwa über den Fahndungsbestand, zweitens im Hinblick auf die Erfassung der Kennzeichen selbst und drittens betreffend die weitere Verwertung der gewonnenen Informationen. Diese Ebenen sind in Bezug auf die Prüfung der Verhältnismäßigkeit und Bestimmtheit der Ermächtigung zur Kennzeichenerfassung in ihrem Zusammenwirken zu sehen.
Für eine die Verhältnismäßigkeit wahrende Regelung der Voraussetzungen der automatisierten Kennzeichenerfassung scheidet ein weit gefasster Verwendungszweck beispielsweise dann nicht aus, wenn er mit engen Begrenzungen der Eingriffsvoraussetzungen kombiniert ist, wie es die derzeitige brandenburgische Regelung vorsieht (§ 36a Brandenburgisches Polizeigesetz vom 19. März 1996 <GVBl I, S. 74> in der Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Polizeigesetzes vom 18. Dezember 2006 <GVBl I, S. 188>). Möglich sind ferner Kombinationen von enger gefassten Zweckbestimmungen, die die Kennzeichenerfassung auf nicht eingriffsintensive Verwendungszwecke begrenzen, mit entsprechend geringeren Voraussetzungen für die Aufnahme in den Fahndungsbestand und die Voraussetzungen für den Erhebungsanlass.
Eine grundrechtsgemäße Regelung zu finden, ist Aufgabe des Gesetzgebers. Dieser hat die verfolgten Zwecke und abzuwehrenden Rechtsgutbedrohungen tatbestandlich einzugrenzen und zu gewährleisten, dass unangemessene Grundrechtseingriffe durch hinreichende gesetzliche Eingriffsvoraussetzungen wirksam verhindert werden.
IV.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
Ende der Entscheidung
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