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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 22.08.2000
Aktenzeichen: 1 BvR 2121/94
Rechtsgebiete: BVerfGG, Staatsvertrag Ba.-Wü. u. Rhld.-Pf. v. 31.05.97, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 93 b
BVerfGG § 93 a
BVerfGG § 93 a Abs. 2
BVerfGG § 93 d Abs. 1 Satz 3
Staatsvertrages über den Südwestrundfunk vom 31. Mai 1997 zwischen den Ländern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz § 41 Abs. 1 Satz 4 2. Halbsatz
GG Art. 5 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 2121/94 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

des mit Wirkung vom 1. Oktober 1998 kraft Gesetzes aufgelösten Süddeutschen Rundfunks, fortgeführt durch den Südwestrundfunk, Anstalt des öffentlichen Rechts, vertreten durch den Justitiar, Am Fort Gonsenheim 139, Mainz,

- Bevollmächtigte: Rechtsanwalt Dr. Thomas Bohle, Kurfürstendamm 57, Berlin -

gegen

a) das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Juli 1994 - 5 AZR 170/93 -,

b) das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Juli 1994 - 5 AZR 627/93 -,

c) das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Juli 1994 - 5 AZR 628/93 -

hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Papier und die Richter Steiner, Hoffmann-Riem gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 22. August 2000 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft arbeitsgerichtliche Entscheidungen zur Einstufung von programmgestaltenden Rundfunkmitarbeitern als Arbeitnehmer. Gerügt wird die Verletzung des Grundrechts der Rundfunkfreiheit.

Die Voraussetzungen für eine Annahme der Verfassungsbeschwerde gemäß § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG), da die von ihr aufgeworfenen Fragen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits geklärt sind (vgl. insbesondere BVerfGE 59, 231 <256 ff.>). Die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. zu den Annahmevoraussetzungen BVerfGE 90, 22 <24 ff.>).

1. Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob der Südwestrundfunk nach Auflösung des ursprünglichen Beschwerdeführers durch § 41 Abs. 1 Satz 4 2. Halbsatz des Staatsvertrages über den Südwestrundfunk vom 31. Mai 1997 zwischen den Ländern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz als Rechtsnachfolger zur Fortführung des Verfassungsbeschwerdeverfahrens befugt und die Verfassungsbeschwerde mithin zulässig ist. Bislang hat das Bundesverfassungsgericht lediglich über die Befugnis zur Weiterführung für den Fall des Todes des Beschwerdeführers entschieden (vgl. BVerfGE 26, 327 <332>; 37, 201 <206>; 69, 188 <201>); mit der Frage der Weiterführungsbefugnis des Rechtsnachfolgers einer juristischen Person war es bislang - soweit ersichtlich - noch nicht befasst.

2. Diese Zulässigkeitsfrage kann jedoch dahinstehen, da eine Annahme jedenfalls deshalb ausscheidet, weil die Verfassungsbeschwerde in der Sache keine Erfolgsaussichten hat. Die angegriffenen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht auf Rundfunkfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Wie die Kammer in dem Beschluss vom 18. Februar 2000 (vgl. 1 BvR 491/93, 1 BvR 562/93 sowie 1 BvR 624/98, AfP 2000, S. 164 ff.) ausführlich dargelegt hat - hierauf wird Bezug genommen -, ist es von Verfassungs wegen nicht ausgeschlossen, auch im Rundfunkbereich von den für das Arbeitsrecht allgemein entwickelten Merkmalen abhängiger Arbeit auszugehen. Allerdings muss das durch die Verfassung geschützte Recht der Rundfunkanstalten, frei von fremder Einflussnahme über die Auswahl, Einstellung und Beschäftigung programmgestaltender Mitarbeiter zu bestimmen, angemessen berücksichtigt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Rundfunkfreiheit bei solchen Mitarbeitern stets schon bei der Zuordnung zum Arbeitnehmerbegriff berücksichtigt werden muss, wie der Beschwerdeführer in der Verfassungsbeschwerde geltend macht. Dies kommt vielmehr nur insoweit in Betracht, als bereits mit der Einordnung des Beschäftigungsverhältnisses als Arbeitsverhältnis der Schutz aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG versperrt wird. Denkbar ist dies, wenn die verfügbaren Vertragsgestaltungen - wie Teilzeitbeschäftigungs- oder Befristungsabreden - zur Sicherung der Aktualität und Flexibilität der Berichterstattung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht in gleicher Weise geeignet sind wie die Beschäftigung in freier Mitarbeit. Die Frage der Eignung solcher Vertragsgestaltungen lässt sich allerdings nicht abstrakt, sondern nur unter Berücksichtigung der konkret in Rede stehenden publizistischen Aufgabe des jeweiligen Mitarbeiters beantworten. Wenn es - wie hier - um eine auf eine ständig wiederkehrende Sendung bezogene redaktionelle Tätigkeit geht, ist nichts dafür ersichtlich und wird auch von dem Beschwerdeführer nicht substantiiert dargetan, dass mittels Befristungsabreden dem Bedürfnis nach Personalwechsel nicht in gleicher Weise Rechnung getragen werden könnte, wie das im Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses der Fall ist. Zeitliche oder auf das jeweilige Projekt oder Sendekonzept bezogene Befristungen hielten der Rundfunkanstalt in gleicher Weise wie bei freier Mitarbeit die Möglichkeit offen, bei aus publizistischen Gründen erfolgten Programm-, insbesondere Projekt- oder Konzeptänderungen einen notwendig erachteten Personalwechsel umzusetzen und gegebenenfalls auch Veränderungen im Stellenplan vorzunehmen. Hinzu kommt - hierauf hat der Beschwerdeführer selbst hingewiesen -, dass bei einem auf eine gewisse Dauer angelegten freien Mitarbeiterverhältnis auf Grund der dann anwendbaren Regelung über Auslauffristen nach dem Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen die Flexibilität im Vergleich zu befristeten Beschäftigungen ohnehin eher weiter eingeschränkt und die soziale Sicherung auch im Übrigen eher stärker ausgestaltet sein kann.

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.



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