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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 18.11.2004
Aktenzeichen: 1 BvR 2315/04
Rechtsgebiete: GG
Vorschriften:
GG Art. 3 Abs. 1 |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES
- 1 BvR 2315/04 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
gegen
a) den Beschluss des Landgerichts Bochum vom 14. September 2004 - 6 T 5/04 -,
b) den Beschluss des Amtsgerichts Bochum vom 31. August 2004 - 47 C 414/04 -,
c) den Beschluss des Amtsgerichts Bochum vom 26. August 2004 - 47 C 414/04 -
und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Hömig, Bryde, Gaier am 18. November 2004 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 14. September 2004 - 6 T 5/04 -, der Beschluss des Amtsgerichts Bochum vom 31. August 2004 - 47 C 414/04 - und der Beschluss des Amtsgerichts Bochum vom 26. August 2004 - 47 C 414/04 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss des Landgerichts wird aufgehoben.
Die Sache wird an das Landgericht Bochum zurückverwiesen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Das Land Nordrhein-Westfalen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren und für das Verfahren betreffend den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Aushändigung eines schriftlichen Berichts über das Ergebnis von ärztlichen Untersuchungen an eine schwerhörige Patientin.
I.
1. Die Beschwerdeführerin ist 88 Jahre alt. Sie leidet unter anderem an einer erheblichen Sehschwäche, Schwerhörigkeit sowie einer Erkrankung des Herz-Kreislauf-Systems.
Am 26. April 2004 und am 14. Juli 2004 begab sie sich auf Veranlassung ihres Hausarztes und in Begleitung ihrer Tochter zu einer ärztlichen Untersuchung in die Praxis eines Augenarztes (Antragsgegner des Ausgangsverfahrens). Die Beschwerdeführerin konnte - bedingt durch ihre Schwerhörigkeit - bei beiden Untersuchungen nicht verstehen, was der Antragsgegner zur Diagnose geäußert hatte. Ihre ebenfalls schwerhörige Tochter nahm jeweils nur Bruchstücke der Äußerungen des Antragsgegners wahr.
Beim ersten Termin wurde der vordere Augenabschnitt untersucht. Hierbei vernahm die Tochter, dass "wohl ein grauer Star" vorliege. Beim zweiten Termin wurde das hintere Auge untersucht, wobei pupillenweitende Tropfen eingesetzt wurden. Die Tochter glaubt verstanden zu haben, dass es Veränderungen an der Netzhaut geben könnte, die möglicherweise von einem anderen Arzt untersucht werden müssten. Zu dem genauen Befund und der Erforderlichkeit einer Überweisung gab der Antragsgegner trotz wiederholter Nachfrage keine Auskunft.
Weitere intensive Bemühungen der Beschwerdeführerin, einen schriftlichen Bericht über die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen zu erhalten, blieben erfolglos. Der Antragsgegner kam auch ihrer Bitte, einen Untersuchungsbericht an ihren Hausarzt zu senden, nicht nach.
2. a) Am 25. August 2004 stellte die Beschwerdeführerin beim Amtsgericht den Antrag, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung eines Zwangsgeldes zu verpflichten, ihr einen schriftlichen Befundbericht über die am 26. April 2004 und am 14. Juli 2004 durchgeführten augenärztlichen Untersuchungen auszuhändigen.
Der Antrag enthielt eine Schilderung des Sachverhalts. Zur Glaubhaftmachung legte die Beschwerdeführerin jeweils eine von ihr und ihrer Tochter abgefasste "Versicherung" bei. Die Beschwerdeführerin legte dar, dass sie über die Befunde der beiden Untersuchungen nur völlig unzureichend informiert worden sei. Daher sei sie gehindert, eine abgewogene, sinnvolle und eigenverantwortliche Entscheidung darüber zu treffen, ob sie zur Vermeidung von weiteren Verschlechterungen ohne weiteres Zögern einen anderen Augenarzt aufsuchen solle oder ob sie vorläufig auf weitere Untersuchungen und Behandlungen verzichten könne. Die Beschreitung des regulären Klagewegs sei ihr nicht zumutbar, da dies mehrere Monate beanspruchen könnte.
b) Das Amtsgericht wies den Antrag durch Beschluss vom 26. August 2004 als unzulässig zurück, da die verlangte Maßnahme bereits zur Befriedigung der Beschwerdeführerin führen würde. Im einstweiligen Verfügungsverfahren könnten aber in der Regel nur solche Maßnahmen angeordnet werden, die den Anspruch des Gläubigers sicherten, ohne die Entscheidung in der Hauptsache vorwegzunehmen. Ein Ausnahmefall, in dem eine Vorwegnahme der Hauptsache in Betracht kommen könnte, liege nicht vor.
Darüber hinaus sei der Grund für die einstweilige Verfügung zu verneinen. Die Beschwerdeführerin habe die Dringlichkeit für eine Regelung im Eilverfahren nicht hinreichend dargetan. Sie sei jederzeit in der Lage, einen anderen Augenarzt aufzusuchen, der entsprechende Befunde erheben könne. Dies gelte umso mehr, als die Beschwerdeführerin eine akut notwendige Versorgung nicht geltend mache.
c) Mit einem an das Amtsgericht gerichteten Schriftsatz vom 27. August 2004 trug die Beschwerdeführerin - unter Bezugnahme auf ein Telefonat, das ihr (für sie als Vertreter handelnder) Sohn am 26. August 2004 mit dem zuständigen Amtsrichter geführt hatte - ergänzend zu ihrem Antrag vor: Es sei zu berücksichtigen, dass sie 88 Jahre alt sei und unter vielfachen Erkrankungen leide. Jede weitere Untersuchung durch einen Augenarzt führe für sie zu einem erheblichen Eingriff in ihre körperliche Integrität. Insbesondere seien weitere Untersuchungen des Augenhintergrunds stets mit pupillenweitender Medikation verbunden, die für die Beschwerdeführerin wegen ihrer Herz-Kreislauf-Erkrankung unverträglich sei. Unter diesen Umständen könne ihr nicht zugemutet werden, vorsichtshalber erneut einen Augenarzt aufzusuchen.
3. Mit Schriftsatz vom 30. August 2004 erhob die Beschwerdeführerin sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts. Das Amtsgericht entschied durch Beschluss vom 31. August 2004, der sofortigen Beschwerde nicht abzuhelfen.
4. Das Landgericht wies die sofortige Beschwerde durch Beschluss vom 14. September 2004 als unbegründet zurück.
Die Beschwerdeführerin habe keine Umstände dargelegt, aus denen sich die konkrete Gefahr eines unverhältnismäßig großen, gar irreparablen Schadens für den Fall folgern ließe, dass die Befundunterlagen nicht herausgegeben würden. Dies wäre indes erforderlich, um ausnahmsweise die durch die Herausgabe eintretende Vorwegnahme der Hauptsache zu rechtfertigen. Die Beschwerdeführerin habe nicht dargelegt, dass eine akute Versorgung notwendig sei, für die die Unterlagen erforderlich wären.
Es fehle auch am Vorliegen eines Verfügungsanspruchs, da die Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf Herausgabe der Behandlungsunterlagen habe. Der Patient habe grundsätzlich nur einen Anspruch auf Einsichtnahme.
5. a) Die Beschwerdeführerin rügt mit ihrer Verfassungsbeschwerde unter anderem die Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG durch die Beschlüsse des Amtsgerichts und den Beschluss des Landgerichts.
Der Beschwerdeführerin drohten, solange sie nicht wisse, welche Befunde erhoben wurden, bei weiterem Zuwarten konkrete schwere Gefahren, eventuell sogar irreparable Schäden. Vor diesem Hintergrund liege ein Verstoß gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Willkürverbot vor. Bei der Prüfung der Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Verfügung seien überzogene, sachlich nicht mehr nachvollziehbare Anforderungen an den Verfügungsgrund gestellt worden. Bei den Erwägungen zum Verfügungsanspruch sei in den angegriffenen Entscheidungen verkannt worden, dass der Antragsgegner des Ausgangsverfahrens dazu verpflichtet sei, die Beschwerdeführerin über das Ergebnis der durchgeführten Untersuchungen zu unterrichten.
b) Die Beschwerdeführerin beantragt zudem, im Rahmen einer einstweiligen Anordnung nach § 32 BVerfGG den Antragsgegner des Ausgangsverfahrens zu verpflichten, ihr einen Bericht über die anlässlich der augenärztlichen Behandlungen am 26. April 2004 und am 14. Juli 2004 erhobenen Befunde auszuhändigen.
II.
Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen und der Antragsgegner des Ausgangsverfahrens hatten Gelegenheit zur Stellungnahme, von der sie jedoch keinen Gebrauch gemacht haben.
III.
Die Kammer nimmt gemäß § 93 b Satz 1 BVerfGG die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr nach § 93 c BVerfGG statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin aus Art. 3 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung gemäß § 93 c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen insoweit vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage bereits entschieden (§ 93 c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Die Voraussetzungen für einen Verstoß gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG durch eine richterliche Entscheidung sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.> m.w.N.; 89, 1 <13 f.>).
Die angegriffenen Beschlüsse verstoßen gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot.
1. Die Auslegung des Gesetzes und seine Anwendung auf den einzelnen Fall ist Sache der dafür zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen. Ihm obliegt lediglich die Kontrolle, ob die Gerichte bei der Anwendung des so genannten einfachen Rechts Verfassungsrecht verletzt haben (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>). Die Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht erstreckt sich dabei auch auf eine Überprüfung, ob das in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Recht auf eine willkürfreie Entscheidung beachtet ist.
Willkürlich ist ein Richterspruch, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Schuldhaftes Handeln des Richters ist nicht erforderlich. Fehlerhafte Auslegung eines Gesetzes allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst vor, wenn die Rechtslage in krasser Weise verkannt wird. Von willkürlicher Missachtung kann jedoch nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinander setzt und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>).
2. Gemessen an diesen Maßstäben halten die angegriffenen Entscheidungen einer verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht haben das Rechtsschutzziel der Beschwerdeführerin nur unzureichend erfasst. Darüber hinaus sind ihre Erwägungen zur Rechtslage nicht mehr vertretbar.
a) Das Landgericht hat bei seinen Ausführungen zum Verfügungsanspruch das Begehren der Beschwerdeführerin verkannt. Die sehr knappe Argumentation des Gerichts, der Patient habe grundsätzlich nur einen Anspruch auf Einsichtnahme in die Behandlungsunterlagen, geht an der Sache vorbei, da es der Beschwerdeführerin nicht darum ging, die Aufzeichnungen des Arztes einzusehen, sondern darum, erstmals die vom Arzt nach der Untersuchung zu stellende Diagnose zu erfahren.
Ein Anspruch auf Mitteilung des Untersuchungsergebnisses kann sich aus einem zwischen Arzt und Patienten geschlossenen Behandlungsvertrag ergeben. Nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin ist davon auszugehen, dass zwischen ihr und dem Antragsgegner (konkludent) ein ärztlicher Behandlungsvertrag gemäß § 611 BGB abgeschlossen wurde. Für das Zustandekommen des Behandlungsvertrags ist es grundsätzlich ohne Belang, ob es sich bei dem Patienten um einen Privat- oder Kassenpatienten handelt, denn auch der Kassenpatient schließt mit dem Vertragsarzt einen privatrechtlichen Behandlungsvertrag ab (vgl. Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, 5. Aufl., 2003, Rn. 67).
Aus dem Behandlungsvertrag ergibt sich für den Arzt die Pflicht zur Untersuchung und Behandlung des Patienten. Außerdem ist der Arzt grundsätzlich verpflichtet, den Patienten über dessen Leiden und den Verlauf bei behandelter und unbehandelter Form zu unterrichten (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 1982 - VI ZR 222/79 -, NJW 1983, S. 328; Deutsch/ Spickhoff, Medizinrecht, 5. Aufl., 2003, Rn. 89; Richardi, in: Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, §§ 611-615, 13. Bearbeitung, 1999, Vorbem zu §§ 611 ff. Rn. 1268; Uhlenbruck, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 2. Aufl., 1999, § 50 Rn. 18).
Der Anspruch des Patienten auf Unterrichtung über Befunde und Prognosen ist Ausdruck des durch grundrechtliche Wertungen geprägten Selbstbestimmungsrechts und der personalen Würde des Patienten (Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG), die es verbieten, ihm im Rahmen der Behandlung die Rolle eines bloßen Objekts zuzuweisen (vgl. zum Anspruch auf Einsicht in Krankenunterlagen BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 16. September 1998 - 1 BvR 1130/98 -, NJW 1999, S. 1777; BGH, Urteil vom 23. November 1982 - VI ZR 222/79 -, NJW 1983, S. 328 <329>).
Zur Erfüllung dieses Anspruchs reicht es üblicherweise aus, dass der behandelnde Arzt dem Patienten die Diagnose mündlich erläutert. Im vorliegenden Fall war es aufgrund der Schwerhörigkeit der Beschwerdeführerin (und ihrer Tochter) dem Antragsgegner ausnahmsweise nicht beziehungsweise nur erschwert möglich, die Diagnose mündlich mitzuteilen. Dies konnte aber nicht dazu führen, dass er von seiner Pflicht, die Patientin über die Diagnose in Kenntnis zu setzen, entbunden war. Vielmehr gehört es in diesem besonderen Fall zu den vertraglich geschuldeten Pflichten eines Arztes, die Ergebnisse der Untersuchung der Beschwerdeführerin schriftlich zugänglich zu machen.
b) Auch in Bezug auf den Verfügungsgrund haben die Gerichte das Begehren der Beschwerdeführerin nur unzureichend gewürdigt und in ihre Entscheidungen einfließen lassen. Dem Rechtsgut, um dessen Schutz es der Beschwerdeführerin geht, nämlich ihrer Gesundheit, haben sie nicht genügend Bedeutung zugemessen.
Das Amtsgericht hat den Verfügungsgrund mit der Annahme verneint, die Beschwerdeführerin habe die Dringlichkeit der Regelung im Eilverfahren nicht hinreichend dargetan. Die Beschwerdeführerin sei jederzeit in der Lage, einen anderen Augenarzt aufzusuchen, der entsprechende Befunde erheben könne.
Auch das Landgericht nahm an, die Beschwerdeführerin habe keine Umstände dargelegt, aus denen sich die Gefahr eines unverhältnismäßig großen, gar irreparablen Schadens folgern ließe, falls der Antragsgegner die Befundunterlagen nicht herausgeben würde. Sie habe nicht dargetan, dass eine akute Versorgung notwendig sei, für die die Unterlagen erforderlich wären.
Den angefochtenen Beschlüssen lässt sich nicht entnehmen, dass sich die Gerichte hinreichend mit der Frage beschäftigt haben, ob es der Beschwerdeführerin tatsächlich zumutbar ist, einen weiteren Arzt aufzusuchen, um darüber informiert zu werden, ob und in welchem Ausmaß Erkrankungen ihrer Augen vorliegen. Gegen diese Zumutbarkeit sprechen ihr hohes Alter und ihre weiteren Erkrankungen. Von Relevanz ist insbesondere ihr Vorbringen in dem Schriftsatz vom 27. August 2004, dass eine erneute Medikation in Form der Verabreichung pupillenweitender Tropfen, welche Voraussetzung für eine neuerliche Netzhautuntersuchung wäre, angesichts ihrer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen könne.
Darüber hinaus ist das Argument der Gerichte, die Beschwerdeführerin habe eine akut notwendige Versorgung nicht geltend gemacht beziehungsweise sie habe die konkrete Gefahr eines unverhältnismäßig großen, gar irreparablen Schadens nicht dargetan, nicht geeignet, die Ablehnung des Verfügungsgrundes zu tragen. Denn der Gegenstand des Begehrens der Beschwerdeführerin ist gerade die Aufklärung darüber, ob die Gefahr eines gesundheitlichen Schadens besteht, falls sie sich nicht einer weiteren ärztlichen Behandlung unterzieht. Überdies deuten die Informationen über die Untersuchungen, die die Tochter der Beschwerdeführerin vernommen hat, darauf hin, dass bei der Beschwerdeführerin, die ohnehin nur noch über ein stark eingeschränktes Sehvermögen verfügt, ernstzunehmende - möglicherweise fortschreitende und rasch behandlungsbedürftige - Erkrankungen der Augen (grauer Star, Veränderung der Netzhaut) vorliegen könnten.
3. Die angegriffenen Beschlüsse beruhen auf dem festgestellten Verfassungsverstoß. Es ist nicht auszuschließen, dass die Gerichte bei Beachtung der sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen zu einer anderen, der Beschwerdeführerin günstigeren Entscheidung gelangt wären.
4. Der Beschluss des Landgerichts ist demnach aufzuheben, ohne dass es einer Entscheidung über die weiteren Rügen der Beschwerdeführerin bedarf; die Sache wird an das Landgericht zurückverwiesen (§ 93 c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG).
IV.
Mit dieser Entscheidung erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).
V.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34 a Abs. 2 und 3 BVerfGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Ende der Entscheidung
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