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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 12.11.2008
Aktenzeichen: 1 BvR 2492/06
Rechtsgebiete: BVerfGG, AtomG, GG
Vorschriften:
BVerfGG § 23 Abs. 1 Satz 2 | |
BVerfGG § 92 | |
BVerfGG § 93a | |
BVerfGG § 93a Abs. 2 | |
BVerfGG § 93a Abs. 2 Buchstabe a | |
BVerfGG § 93b | |
BVerfGG § 93d Abs. 1 Satz 3 | |
AtomG § 6 Abs. 2 Nr. 2 | |
AtomG § 6 Abs. 2 Nr. 4 | |
GG Art. 2 Abs. 2 Satz 1 | |
GG Art. 14 Abs. 1 | |
GG Art. 74 Nr. 11a |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 2492/06 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
gegen
a) den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. August 2006 - BVerwG 7 B 39.06 -,
b) das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. Januar 2006 - 22 A 04.40010, 22 A 04.40011, 22 A 04.40012, 22 A 04.40014 -
hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier und die Richter Bryde, Schluckebier gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 12. November 2008 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts, die die atomrechtliche Genehmigung zur Aufbewahrung von Kernbrennstoffen aus den Blöcken B und C des Kernkraftwerks Gundremmingen II im Standortzwischenlager in Gundremmingen betreffen. Die Beschwerdeführer und Kläger des Ausgangsverfahrens, die vier beziehungsweise fünf Kilometer von dem Standortzwischenlager entfernt wohnen, sehen sich durch die gerichtlichen Entscheidungen in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 14 Abs. 1 GG verletzt.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>) nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung im Sinne des § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG. Die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Grundrechte der Beschwerdeführer angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist größtenteils unzulässig (1.) Im Übrigen hat sie jedenfalls in der Sache keine Aussicht auf Erfolg (2.).
1. Die Verfassungsbeschwerde wird größtenteils dem Begründungserfordernis gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG, wonach ein Beschwerdeführer innerhalb der Beschwerdefrist die Grundrechtsverletzung durch Bezeichnung des angeblich verletzten Rechts und des die Verletzung enthaltenden Vorgangs substantiiert und schlüssig vortragen muss (vgl. BVerfGE 81, 208 <214>; stRspr), nicht gerecht.
Das Bundesverfassungsgericht soll durch die Beschwerdebegründung in die Lage versetzt werden, den angegriffenen Hoheitsakt ohne eigene weitere Nachforschungen einer verfassungsrechtlichen Überprüfung zu unterziehen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 18. Dezember 2006 - 1 BvR 1930/05 -, juris). Je nach Angriffsgegenstand kann dies erfordern, neben den angegriffenen Entscheidungen auch andere relevante Entscheidungsgrundlagen, beispielsweise vorangegangene Gerichtsentscheidungen oder Sachverständigengutachten, vorzulegen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 10. Mai 1999 - 2 BvR 2259/97 -, juris; Magen, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 92 Rn. 39). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen, erfordert die substantiierte Darlegung einer Grundrechtsverletzung zudem in der Regel eine argumentative Auseinandersetzung mit den Gründen der angegriffenen Entscheidungen (vgl. BVerfGE 85, 36 <52>; 101, 331 <345>; 105, 252 <264>; BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 14. September 2001 - 2 BvR 1275/01 -, juris).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung größtenteils nicht. Sie prüft im Stile eines Gutachtens im Rahmen einer "verwaltungsrechtlichen Beurteilung" die Zulässigkeit und Begründetheit der Klagen der Beschwerdeführer im Ausgangsverfahren. Mit den angegriffenen Entscheidungen und der darin enthaltenen rechtlichen Würdigung setzen sich die Beschwerdeführer nicht in hinreichend differenzierter und verfassungsrechtlich erheblicher Art und Weise auseinander. Die Gutachten, auf die der Verwaltungsgerichtshof sich bei Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 4 des Gesetzes über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) stützt, haben die Beschwerdeführer zudem nicht vorgelegt.
2. Soweit die Beschwerdeführer geltend machen, eine Verletzung ihrer Grundrechte resultiere daraus, dass die rechtzeitige Inbetriebnahme eines Bundesendlagers bis zum Ablauf der Gültigkeitsdauer der auf vierzig Jahre befristeten Aufbewahrungsgenehmigung unmöglich sei und das Standortzwischenlager deshalb faktisch zu einem Endlager werde, hat die Verfassungsbeschwerde jedenfalls in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.
Mit ihrem diesbezüglichen Einwand werfen die Beschwerdeführer in der Sache die Frage auf, ob die Kernenergienutzung zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität trotz der fortbestehenden Schwierigkeiten bei der Lösung der Endlagerungsfrage - wenn auch "nur" für die Dauer der Restlaufzeiten der in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke - noch verantwortet werden kann.
Die Frage nach der Zulässigkeit der Kernenergienutzung zu beantworten obliegt indessen nicht dem Bundesverfassungsgericht. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass die Verfassung selbst die "Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken" durch die mit Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes vom 23. Dezember 1959 (BGBl I S. 813) in das Grundgesetz eingefügte Kompetenzvorschrift des damaligen Art. 74 Nr. 11a GG im Grundsatz als zulässig gebilligt hat und dass zur Grundsatzentscheidung für oder gegen die Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken allein der Gesetzgeber berufen ist (vgl. BVerfGE 53, 30 <56 f.>; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1997 - BVerwG 11 C 7.95 -, NVwZ 1998, S. 623 <627 f.>). Hieran hat der Verfassungsgesetzgeber, der durch Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl I S. 2034) die Materie des Kernenergierechts als solche unverändert in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 73 Abs. 1 Nr. 14 GG) verlagert hat, bislang festgehalten. Eine Grundrechtsverletzung ist daher nicht feststellbar.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 GG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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