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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 29.11.2007
Aktenzeichen: 1 BvR 2496/07
Rechtsgebiete: GG
Vorschriften:
GG Art. 1 | |
GG Art. 2 Abs. 1 | |
GG Art. 2 Abs. 2 Satz 1 | |
GG Art. 19 Abs. 4 Satz 1 |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES
- 1 BvR 2496/07 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
gegen
den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 27. August 2007 - L 5 B 488/07 KR ER -
und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier und die Richter Gaier, Kirchhof am 29. November 2007 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 27. August 2007 - L 5 B 488/07 KR ER - verletzt die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Das Land Schleswig-Holstein hat der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren und für das Verfahren betreffend den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten.
Gründe:
Verfassungsbeschwerde und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffen die Leistungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Konkret geht es um die Versorgung mit einer Hyperthermiebehandlung zur Schmerzbekämpfung.
I.
1. Bei der Hyperthermiebehandlung handelt es sich vereinfacht ausgedrückt um eine gezielt erzeugte Überwärmung des Körpers. Nach dem Zusammenfassenden Bericht des Unterausschusses "Ärztliche Behandlung" des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bewertung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V der Hyperthermie (u.a. Ganzkörper-Hyperthermie, Regionale Tiefenhyperthermie, Oberflächen-Hyperthermie, Hyperthermie in Kombination mit Radiatio und/oder Chemotherapie) vom 15. Juni 2005 (im Folgenden: Abschlussbericht) bezeichnet der Begriff Hyperthermie im Allgemeinen die Überwärmung des Körpers gegen die Tendenz des Wärmeregulationszentrums (im Gegensatz zum Fieber), das heißt bei zu starker Wärmezufuhr (z.B. durch Wärmeeinstrahlung, im heißen Bad) oder bei starker Wärmebildung (durch starke körperliche Belastung) ohne hinreichende Möglichkeit zur Wärmeabgabe (vgl. Abschlussbericht S. 25).
2. Die Hyperthermiebehandlung ist eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Sinne von § 135 Abs. 1 SGB V. Damit ist sie bis zu einer Anerkennung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss von einer Leistungserbringung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. hierzu BVerfGE 115, 25 <30>).
3. Durch Beschluss vom 18. Januar 2005 hat der Gemeinsame Bundesausschuss Hyperthermie (u.a. Ganzkörperhyperthermie, Regionale Tiefenhyperthermie, Oberflächenhyperthermie, Hyperthermie in Kombination mit Radiatio und/oder Chemotherapie) als nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Sinne der Anlage B der Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinie in der Fassung vom 1. Dezember 2003 <BAnz 2004, S. 5678>, zuletzt geändert am 21. September 2004 <BAnz 2005, S. 5> - mittlerweile: Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung <Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung> in der Fassung vom 17. Januar 2006, veröffentlicht im BAnz 2006, S. 1523, in Kraft getreten am 1. April 2006, zuletzt geändert am 18. Januar 2007, veröffentlicht im BAnz 2007, S. 4362, in Kraft getreten am 1. April 2007 - im Folgenden: Richtlinie) eingestuft (vgl. BAnz 2005, S. 7485).
II.
1. Die 72-jährige Beschwerdeführerin ist gesetzlich krankenversichert. Sie leidet an einer Krebserkrankung des Dickdarms mit fortschreitender Metastasierung. Im Jahr 2002 wurde die Beschwerdeführerin operativ versorgt. Im Jahr 2005 musste sie sich wegen eines Beckenbefalls einer Strahlentherapie unterziehen. Im April 2006 wurde ein Rezidiv des Tumors festgestellt. Da eine weitere Bestrahlung aus medizinischen Gründen ausschied, wird die Beschwerdeführerin seither mit einer Chemotherapie behandelt. Gleichzeitig wurde die Beschwerdeführerin zur Schmerzbehandlung mit zwei Mal täglich eingenommenen Morphium behandelt (2 x 10 mg Morphium ret. oral). Seit dem 27. Juni 2006 wird die Beschwerdeführerin ein bis zwei Mal wöchentlich mit einer Hyperthermiebehandlung therapiert. Hierdurch ist nach Angaben der Beschwerdeführerin eine Schmerzremission erreicht worden, die eine weitere Versorgung mit Morphium nicht mehr erforderlich machte. Nach den Feststellungen des Landessozialgerichts betragen die Kosten für die Hyperthermie je Behandlung 160 €. Am 20. Dezember 2006 kamen die behandelnden Ärzte der Beschwerdeführerin zu folgenden Diagnosen: Rektumkarzinom (Port-Patient), ausgedehntes Beckenrezidiv eines Karzinoms des rektosigmoidalen Übergangs im Stadium T3 N0 Mx G2 mit Operation 2002, Zustand nach palliativ Operation im März 2005 mit Nachweis eines ausgedehnten präsakralen Tumorrezidivs mit Infiltration der foramina sacralia und des foramen ischiadicum.
2. Am 14. Juli 2006 hat die Beschwerdeführerin bei ihrer Krankenkasse die Kostenübernahme für die Hyperthermiebehandlungen beantragt. Nach Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) lehnte die Krankenkasse unter Hinweis auf den Ausschluss der Hyperthermie vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung den Antrag ab. Im Rahmen des dagegen gerichteten Widerspruchsverfahrens holte die Krankenkasse eine weitere Stellungnahme des MDK ein. Dieser legte am 24. November 2006 dar, dass die Beschwerdeführerin unzweifelhaft an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leide. Sie sei in der Vergangenheit und auch aktuell leitliniengerecht behandelt worden. Aus grundsätzlichen Erwägungen neige man zu einer negativen Bewertung hinsichtlich der Verordnungsfähigkeit auf der Grundlage des geltenden Rechts. Es empfehle sich aber, den Sachverhalt unter Einbindung juristischen Sachverstands zu diskutieren, weil hier auch eine andere juristische Bewertung aus verfassungsrechtlicher Sicht möglich wäre. Durch Widerspruchsbescheid vom 7. März 2007 wies die Krankenkasse den Widerspruch der Beschwerdeführerin erneut unter Hinweis auf den Leistungsausschluss der Hyperthermie zurück. Hiergegen hat die Beschwerdeführerin Klage zum Sozialgericht Kiel unter dem Aktenzeichen S 3 KR 61/07 erhoben, die derzeit dort noch anhängig ist.
3. Die Beschwerdeführerin beantragte am 13. April 2007 beim Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Durch Beschluss vom 22. Mai 2007 verpflichtete das Sozialgericht die Krankenkasse als Antragsgegnerin im Ausgangsverfahren, vorläufig und längstens bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens die Kosten für künftige Hyperthermiebehandlungen zu übernehmen. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin im Ausgangsverfahren hob das Landessozialgericht durch den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluss vom 27. August 2007 die erstinstanzliche Entscheidung auf und lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Es könne offen bleiben, ob ein Anordnungsanspruch anzunehmen sei. Selbst wenn man ihn unterstelle, fehle es an einem Anordnungsgrund. Die Beschwerdeführerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass sie ohne eine entsprechende einstweilige Anordnung die begehrte Therapie nicht weiterhin erhalte: Es sei davon auszugehen, dass der behandelnde Arzt die Beschwerdeführerin auch ohne umgehende Kostenbegleichung behandle bzw. ihr das ärztliche Honorar stunde. Auch wenn die Beschwerdeführerin lediglich über eine monatliche Rente von 96 € verfüge, sei davon auszugehen, dass sie die möglicherweise entstehenden monatlichen Behandlungskosten von bis zu 1.386 € bei zwei Mal wöchentlich durchgeführter Behandlung tragen könne. Hierfür stünde ihr ein gegen ihren Ehemann gerichteter Unterhaltsanspruch nach §§ 1360, 1360a BGB zu. Dieser sei nach wie vor als leistungsfähig anzusehen, auch wenn er mitgeteilt habe, die Behandlungskosten nur durch das zunehmende Aufbrauchen von Kapitalreserven tragen zu können. Hierzu sei er nach eigenen Angaben auch bereit, damit es der Beschwerdeführerin an nichts fehle. Schließlich belege das fehlende Vollstreckungsbemühen der Beschwerdeführerin, dass sie nicht auf die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes angewiesen sei. Nach der Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses habe die Beschwerdeführerin nichts zu dessen Vollstreckung unternommen. Da ein Anordnungsgrund aus den genannten Gründen nicht gegeben sei, könne die Frage offen bleiben, ob die Beschwerde der Antragsgegnerin im Ausgangsverfahren auch deshalb erfolgreich wäre, weil die Beschwerdeführerin entgegen § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 929 Abs. 2 ZPO die Vollstreckung nicht innerhalb der Monatsfrist eingeleitet habe.
4. Die Beschwerdeführerin hat fristgerecht Verfassungsbeschwerde erhoben und zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie rügt eine Verletzung von Art. 1, Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Die Antragsgegnerin im Ausgangsverfahren sowie das Land Schleswig-Holstein, vertreten durch das Ministerium für Justiz, Arbeit und Europa, hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
III.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung nach § 93c BVerfGG sind gegeben.
1. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.
a) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist hinreichend geklärt, welche Folgen sich gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem grundgesetzlichen Sozialstaatsprinzip aus dem in der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Versicherungszwang ergeben, wenn es um die Versorgung mit einer neuen Behandlungsmethode im Fall einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Krankheit geht (vgl. BVerfGE 115, 25 <49>).
b) Ebenso ist geklärt, welche Anforderungen sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG für den vorläufigen Rechtsschutz ergeben, wenn dessen Versagung zu schweren und unzumutbaren Nachteilen führt (vgl. BVerfGE 94, 166 <216>; im Anschluss daran BVerfGK 5, 237 und speziell für den Leistungsanspruch der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02 -, NJW 2003, S. 1236; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 19. März 2004 - 1 BvR 131/04 -, NJW 2004, S. 3100 m.w.N.).
2. Der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Beschluss des Landessozialgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Ob darüber hinaus auch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt ist, kann aufgrund der fehlenden Feststellungen des Landessozialgerichts zum Anordnungsanspruch nicht beurteilt werden.
a) Der angegriffene Beschluss trägt dem in der gesetzlichen Krankenversicherung herrschenden Versicherungszwang nicht hinreichend Rechnung, indem er den in der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Sachleistungsgrundsatz nicht ausreichend würdigt. Ferner genügt er nicht dem verfassungsrechtlichen Gebot effektiven Rechtsschutzes.
aa) Aus der grundsätzlichen Versicherungspflicht des Einzelnen in der gesetzlichen Krankenversicherung verbunden mit einer Beitragslast im Austausch gegen die gesetzliche Zusage der Verschaffung der notwendigen Krankenbehandlung folgt aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem grundgesetzlichen Sozialstaatsprinzip das Verbot des Ausschlusses einer bestimmten Behandlungsmethode, wenn der Betroffene an einer lebensbedrohlichen oder sogar regelmäßig tödlichen Erkrankung leidet, für die schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht vorliegen und es ernsthafte Hinweise auf eine Heilung oder zumindest eine positive Beeinflussung des Krankheitsverlaufs gibt (BVerfGE 115, 25 <49>). In diesem Fall kann der Betroffene nicht auf eine Finanzierung der Behandlung außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung verwiesen werden (BVerfGE, a.a.O.).
bb) In gerichtlichen Eilverfahren begegnet es zwar grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Fachgerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (vgl. BVerfGK 5, 237 <242>). Allerdings ist ihnen in den Fällen, in denen es um existentiell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung für den Antragsteller geht, eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt. Sie haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (vgl. BVerfGK 1, 292 <296>; BVerfG, NJW 2003, S. 1236 f.). Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl. BVerfGK 5, 237 <242> m.w.N.); die grundrechtlichen Belange des Antragstellers sind umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG, NJW 2003, S. 1236 <1237>).
b) Diesen Anforderungen hält die angegriffene Entscheidung nicht stand.
aa) Soweit das Landessozialgericht das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs ausdrücklich offen gelassen hat, genügt dies nicht den oben dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Prüfungsumfang im Rahmen des gerichtlichen Eilrechtsschutzes, wenn es um die Versorgung mit einer existentiell bedeutsamen medizinischen Leistung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung geht. Das Landessozialgericht hätte vielmehr die Sach- und Rechtslage abschließend prüfen oder, falls ihm eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich gewesen wäre, aufgrund einer Folgenabwägung eine Entscheidung treffen müssen.
bb) Dieser Mangel wird nicht durch die Unterstellung des Vorliegens eines Anordnungsanspruchs geheilt.
Eine derartige hypothetische Überlegung hätte zwangsläufig zur Konsequenz, dass ein materieller Anspruch der Beschwerdeführerin gegen die Antragsgegnerin im Ausgangsverfahren zu bejahen ist, da sich der im Rahmen des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu prüfende Anordnungsanspruch auf das materielle Recht, für das vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, bezieht (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86b Rn. 27 m.w.N.).
(1) Verfahrensgegenständlich wäre damit der sich auf die künftige Versorgung der Beschwerdeführerin mit der Hyperthermiebehandlung richtende Sachleistungsanspruch gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1, § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach haben die Krankenkassen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung zu stellen, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden.
(2) Demgegenüber wäre ein Kostenerstattungsanspruch der Beschwerdeführerin gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V weder verfahrensgegenständlich noch wäre das Bestehen eines derartigen Anspruchs geeignet, den Sachleistungsanspruch der Beschwerdeführerin auszuschließen. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass das Sozialgericht die Antragsgegnerin im Ausgangsverfahren antragsgemäß verpflichtet hat, die künftigen Kosten der Therapie zu übernehmen. Obwohl diese Formulierung ausdrücklich von Kosten spricht, umschreibt sie offensichtlich nicht einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V, sondern bezieht sich auf den materiellrechtlichen Sachleistungsanspruch. Dies folgt bereits aus der zeitlichen Dimension, da die Verpflichtung nur die künftige Therapie umfasst. Sie folgt aber notwendigerweise auch daraus, dass das geltende Recht der gesetzlichen Krankenversicherung für Fälle der vorliegenden Art ebenso wie für die Fälle einer Leistungsverpflichtung aufgrund Systemversagens keine Regelung enthält, wie der Sachleistungsanspruch zu realisieren ist (vgl. hierzu ausführlich BSG, BSGE 88, 62 <74 f.>). Die im Gesetz in § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V vorgesehene Möglichkeit eines Kostenerstattungsanspruchs ist jedoch weder allgemein noch im konkreten Fall geeignet, einen Sachleistungsanspruch eines gesetzlich Krankenversicherten auszuschließen. Bereits nach seinem Wortlaut erfasst § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V nur Notfälle oder Fälle einer rechtswidrigen Leistungsverweigerung durch die Krankenkasse. Damit steht zugleich systematisch fest, dass ein Kostenerstattungsanspruch nur in Ausnahmefällen an die Stelle des Sachleistungsanspruchs tritt, keineswegs aber regelmäßig oder nach Belieben einer Krankenkasse. In derartigen Ausnahmefällen liquidiert der Kostenerstattungsanspruch ausschließlich in die Vergangenheit gerichtet den ursprünglichen Sachleistungsanspruch, er realisiert ihn aber nicht für die Zukunft.
(3) Ist damit im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass das Begehren der Beschwerdeführerin auf die Versorgung mit der verfahrensgegenständlichen Therapie als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgerichtet ist, muss dieser Anspruch notfalls auch mit den Mitteln des gerichtlichen Rechtsschutzes durchsetzbar sein.
(aa) Ebenso wenig wie der materiellrechtliche Sachleistungsanspruch gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1, § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V durch die Existenz eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V allgemein ausgeschlossen werden kann, kann ein derartiger Kostenerstattungsanspruch den auf die Durchsetzung des materiellrechtlichen Sachleistungsanspruchs gerichteten gerichtlichen Rechtsschutz ausschließen.
(bb) Dies gilt auch dann, wenn wie im vorliegenden Fall das Vorliegen eines Sachleistungsanspruchs in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes lediglich unterstellt wird. Ebenso wenig wie das (unterstellte) Vorliegen eines Anordnungsanspruchs ohne weitere Prüfung eines Anordnungsgrunds zwangsläufig die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach sich zieht, maximiert ein "nur" aufgrund einer summarischen Prüfung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes festgestellter - oder wie vorliegend unterstellter - Anordnungsanspruch gleichsam automatisch die Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Insbesondere in den vorliegenden Fällen einer ausnahmsweisen Leistungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenversicherung für eine neue Behandlungsmethode nach den Grundsätzen des Senatsbeschlusses vom 6. Dezember 2005 zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung bei lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Krankheiten (BVerfGE 115, 25) wäre es widersinnig, einen entsprechenden Sachleistungsanspruch zu bejahen oder zu unterstellen, ihm aber automatisch eine Durchsetzungsfähigkeit im gerichtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes abzusprechen oder in diesem Rahmen die Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes besonders hoch zu schrauben.
(4) Von diesen Grundsätzen ausgehend ist die Annahme des Fehlens eines Anordnungsgrundes durch das Landessozialgericht nicht tragfähig.
(aa) Soweit das Landessozialgericht dargelegt hat, dass der behandelnde Arzt der Beschwerdeführerin noch keine Kosten in Rechnung gestellt beziehungsweise ihr die Behandlungskosten möglicherweise gestundet hat, vermag dies nichts daran zu ändern, dass die Beschwerdeführerin für die außerhalb des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung erbrachte Leistung dem Arzt gegenüber leistungspflichtig ist. Darüber hinaus entspricht es der gängigen Praxis, dass Ärzte ihre Behandlungen nicht einzeln, sondern gesammelt, vornehmlich quartalsweise abrechnen. Schließlich bewirkt erst die Erteilung einer ordnungsgemäßen Rechnung gemäß § 12 Abs. 1 Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) die Fälligkeit der Vergütungsforderung.
(bb) Schon aus tatsächlichen Gründen ist die Annahme des Landessozialgerichts, die Beschwerdeführerin könne bei einer monatlichen Rente von 96 € in Vorleistung für die monatlich entstehenden Behandlungskosten von 1.386 € treten, nicht nachvollziehbar. Soweit das Landessozialgericht in diesem Zusammenhang davon ausgeht, dass die Beschwerdeführerin unabhängig von der aus einer Fürsorge des Ehemanns folgenden tatsächlichen Kostenübernahme unter Aufzehrung der Ersparnisse einen rechtlichen Unterhaltsanspruch gegen ihren Ehemann gemäß §§ 1360, 1360a BGB habe, lassen die Gründe der angegriffenen Entscheidung nicht erkennen, inwieweit das Landessozialgericht vom Vorliegen eines solchen rechtlichen Unterhaltsanspruchs überzeugt ist. Es setzt sich vor allem nicht mit den Fragen auseinander, ob und inwieweit überhaupt ein Unterhaltsanspruch besteht, wenn der Unterhaltsbedürftige über eigene Möglichkeiten verfügt, seinen Bedarf zu befriedigen. Eine derartige Möglichkeit ist jedoch bei der Beschwerdeführerin aufgrund des anzunehmenden Sachleistungsanspruchs gegen die gesetzliche Krankenversicherung gegeben. Dieser Anspruch folgt unmittelbar aus der eigenen Versicherung der Beschwerdeführerin in der gesetzlichen Krankenversicherung. Den Gründen der angegriffenen Entscheidung ist nicht zu entnehmen, inwieweit ein potentieller familienrechtlicher Unterhaltsanspruch geeignet sein sollte, einen Sachleistungsanspruch in der gesetzlichen Krankenversicherung auszuschließen oder einem solchen vorzugehen.
(cc) Schließlich ist die Annahme des Landessozialgerichts, aus den fehlenden Vollstreckungsbemühungen der Beschwerdeführerin auf ein fehlendes Bedürfnis nach der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu schließen, nicht nachvollziehbar. Das Landessozialgericht geht hierbei offensichtlich davon aus, dass der erstinstanzliche Beschluss des Sozialgerichts unmittelbar vollstreckungsfähig war. Hierbei stützte sich das Landessozialgericht offenbar auf die Ablehnung des Antrages auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung durch einen nicht rechtskräftigen Beschluss der Urkundsbeamtin des Sozialgerichts wegen Ablaufs der Monatsfrist nach § 86b SGG in Verbindung mit § 929 Abs. 2 ZPO vom 14. August 2007. Das Landessozialgericht hat sich jedoch nicht näher mit den Fragen befasst, ob, wie und ab wann die erstinstanzliche Verpflichtung zur künftigen Kostenübernahme überhaupt vollstreckungsfähig war. Diesbezüglich hat das Sozialgericht im Rechtsmittelverfahren bezüglich des Beschlusses vom 14. August 2007 der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass zur Vollstreckung des erstinstanzlichen Beschlusses die Androhung eines Zwangsgelds in Betracht komme (vgl. § 201 Abs. 1 SGG; hierzu Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 201 Rn. 2). In tatsächlicher Hinsicht ist nach Aktenlage zudem davon auszugehen, dass der behandelnde Arzt erstmals gegenüber der Antragsgegnerin im Ausgangsverfahren durch Rechnung vom 21. August 2007 die im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ab dem 23. Mai 2007 entstandenen Kosten näher spezifiziert hat und hierdurch überhaupt erst die Fälligkeit seiner Honorarforderung gemäß § 12 Abs. 1 GOÄ herbeigeführt haben kann, was vorliegend allerdings nicht abschließend beurteilt werden kann.
3. Die aufgezeigten Rechtsverstöße führen zur Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Beschlusses. Er ist aufzuheben. Die Sache ist an das Landessozialgericht zurückzuverweisen (vgl. § 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG). Es wird unter Berücksichtigung der Gründe dieser Entscheidung erneut über die Beschwerde der Antragsgegnerin im Ausgangsverfahren gegen die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu entscheiden haben.
Soweit das Landessozialgericht dabei in eine Prüfung des Vorliegens eines Anordnungsanspruchs eintritt, wird es Folgendes zu beachten haben:
a) In tatsächlicher Hinsicht wird das Landessozialgericht zunächst bei den behandelnden Ärzten der Beschwerdeführerin Ermittlungen zu deren derzeitigem Gesundheitszustand durchzuführen haben. Hierbei wird es insbesondere zu klären haben, welches Ausmaß die durch die fortgeschrittene Krebserkrankung der Beschwerdeführerin verursachten Schmerzen haben. Hierauf aufbauend wird das Landessozialgericht durch Ermittlungen bei den behandelnden Ärzten und durch eine von der Antragsgegnerin im Ausgangsverfahren einzuholende Stellungnahme des MDK zu klären haben, ob und gegebenenfalls welche Behandlungsmöglichkeiten im Rahmen des Leistungsumfangs der gesetzlichen Krankenversicherung zur Behandlung der Beschwerdeführerin insbesondere im Hinblick auf ihre Schmerzsituation bestehen und welche Nebenwirkungen und Belastungen derartige potentielle Behandlungsalternativen nach sich ziehen.
b) Ausgehend von dem so festgestellten konkreten Therapiekonzept im Fall der Beschwerdeführerin wird das Landessozialgericht zu prüfen haben, ob es sich bei der verfahrensgegenständlichen Hyperthermie-Therapie um eine vom Gemeinsamen Bundesausschuss ausdrücklich vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossene neue Behandlungsmethode handelt. Hierfür spricht zwar die Aufnahme der Hyperthermie als Nr. 42 der Anlage II der Richtlinie. Das Landessozialgericht wird aber durch Ermittlungen beim Gemeinsamen Bundesausschuss zu klären haben, inwieweit dieser Leistungsausschluss auch eine Hyperthermie-Therapie erfasst, die nicht an Stelle einer konventionellen Krebstherapie, sondern simultan hierzu zur Schmerzbehandlung erbracht wird. Für eine Erfassung der Hyperthermie mit einer derartigen Therapierichtung spricht zwar die vom Gemeinsamen Bundesausschuss gewählte Definition der Hyperthermieformen mit "u.a. (...) Hyperthermie in Kombination mit Radiatio und/oder Chemotherapie". Demgegenüber ist jedoch festzustellen, dass der Abschlussbericht als potentiellen Anwendungsbereich der Hyperthermie bei der indikationsoffenen Literaturrecherche unter anderem die Schmerztherapie genannt hat. Mangels Empfehlungen in den eingereichten Stellungnahmen, Hinweisen auf eine breite Resonanz in der Fachdiskussion und Hinweisen auf eine Anwendung durch eine erhebliche Zahl von Ärzten bei nichtonkologischen Indikationen enthält der Abschlussbericht jedoch keine Ausführungen der Hyperthermie bei der Indikation der Schmerztherapie (vgl. Abschlussbericht S. 42 f.).
c) Soweit das Landessozialgericht zu dem Ergebnis kommt, dass auch die individuell im Fall der Beschwerdeführerin durchgeführte Hyperthermie-Therapie zur Schmerzbehandlung in rechtsfehlerfreier Form vom Gemeinsamen Bundesausschuss vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich ausgeschlossen wurde, wird es in rechtlicher Hinsicht in eigenständiger Würdigung zu entscheiden haben, ob die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) für eine im dortigen verfahrengegenständlichen Zeitraum noch nicht anerkannte, aber auch noch nicht ausdrücklich ausgeschlossene neue Behandlungsmethode aufgestellten Grundsätze auch in den Fällen gelten, in welchen eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom Gemeinsamen Bundesausschuss ausgeschlossen wurde (ablehnend BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R -, NJW 2007, 1385 <1388> Rn. 24). Schließlich wird es gegebenenfalls über die Anwendung dieser Grundsätze im konkreten Fall der Beschwerdeführerin zu entscheiden haben.
IV.
Mit dem vorliegenden Beschluss erledigt sich der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Hierfür besteht auch kein Bedürfnis, da durch die Aufhebung des vorliegend angegriffenen Beschlusses des Landessozialgerichts bis zu einer erneuten Entscheidung des Landessozialgerichts über die Beschwerde der Antragsgegnerin im Ausgangsverfahren der der Beschwerdeführerin einstweiligen Rechtsschutz gewährende Beschluss des Sozialgerichts wieder in Kraft tritt.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 und 3 BVerfGG. Es erscheint angemessen, die Erstattung der Auslagen auch für das Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzuordnen.
Ende der Entscheidung
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