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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 07.01.2005
Aktenzeichen: 1 BvR 286/04
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 286/04 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

1. unmittelbar gegen das Urteil des Bundessozialgerichts vom 10. Dezember 2003 - B 9 V 4/03 R -

2. mittelbar gegen § 84 a Satz 1 BVG

hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier und die Richter Steiner, Gaier gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 7. Januar 2005 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Höhe einer Witwengrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz im Beitrittsgebiet.

I.

1. Nach § 84 a Satz 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) in der seit dem 1. Januar 1999 geltenden Fassung erhalten Berechtigte, die am 18. Mai 1990 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet hatten, vom Zeitpunkt der Verlegung des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts, frühestens vom 1. Januar 1991 an, Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz mit den für dieses Gebiet nach dem Einigungsvertrag geltenden Maßgaben, auch wenn sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in das Gebiet verlegen, in dem dieses Gesetz schon vor dem Beitritt gegolten hat. Dies hat zur Folge, dass die Mehrzahl der Geldleistungsansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz bei solchen Berechtigten im Verhältnis zu anderen Empfängern von Versorgungsleistungen niedriger ist, die zum Stichtag des 18. Mai 1990 ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet hatten. Die Vorschrift ist durch den Einigungsvertrag (EV) in das Bundesversorgungsgesetz aufgenommen worden (vgl. Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt II EV i.V.m. Art. 1 des Einigungsvertragsgesetzes vom 23. September 1990, BGBl II S. 885, 1067).

2. Eine Ausnahme von dieser Minderung der Geldleistungsansprüche sieht § 84 a Satz 3 BVG ab dem 1. Januar 1999 für die Beschädigtengrundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG von Berechtigten nach § 1 BVG sowie für Beschädigtengrundrenten von Berechtigten nach dem Häftlingshilfegesetz, dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz und dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz vor, die in entsprechender Anwendung des § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG gezahlt werden (Art. 6 des Gesetzes zur Änderung des Opferentschädigungsgesetzes und anderer Gesetze vom 6. Dezember 2000, BGBl I S. 1676). Diese Ausnahmeregelung geht auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. März 2000 zurück, durch das die Gewährung einer unterschiedlich hohen Beschädigtengrundrente nach § 31 Abs. 1 BVG an Kriegsopfer in den alten und neuen Ländern bei gleicher Beschädigung über den 31. Dezember 1998 hinaus für verfassungswidrig und nichtig erklärt worden ist (BVerfGE 102, 41).

3. Das Bundessozialgericht hat danach entschieden, dass in verfassungskonformer Auslegung des § 84 a BVG auch die nach § 31 Abs. 5 BVG gewährte Schwerstbeschädigtenzulage in den Anwendungsbereich des Satzes 3 der Vorschrift einzubeziehen ist (BSG SozR 4-3100 § 84 a Nr. 1). Die Schwerstbeschädigtenzulage weise im Hinblick auf die tragenden Gründe der Entscheidung BVerfGE 102, 41 dieselben Besonderheiten auf wie die Beschädigtengrundrente, weil sie ihrem Wortlaut und der Zielstellung nach ausdrücklich an die gesundheitliche Beeinträchtigung anknüpfe und damit einen immateriellen Schaden ausgleichen solle.

4. Die vorliegende Verfassungsbeschwerde wirft die Frage auf, ob die in der Entscheidung BVerfGE 102, 41 entwickelten Grundsätze auch auf die Witwenrente als einer versorgungsrechtlichen Hinterbliebenenleistung zu übertragen sind und deswegen eine gleich hohe Versorgungswitwenrente wie in den alten Bundesländern zu gewähren ist. Satz 3 von § 84 a BVG sieht eine solche Ausnahme von der Absenkung nicht vor.

II.

1. a) Der Ehemann der Beschwerdeführerin war Soldat der Wehrmacht in Stalingrad und wird seit dem 26. Dezember 1942 vermisst. Die Beschwerdeführerin erhält deswegen seit dem 1. Januar 1991 eine Versorgung nach § 52 BVG (Verschollenenrente). Die Höhe dieser Rente ist gegenüber einer vergleichbaren Rente in den alten Bundesländern nach § 84 a Satz 1 BVG abgesenkt, weil der Wohnsitz der Beschwerdeführerin vor und nach dem danach maßgeblichen Stichtag in den neuen Bundesländern lag, wo er sich auch weiterhin befindet. Die Höhe der Leistung wurde anschließend im Jahresrhythmus dynamisiert; darüber wurden jeweils Änderungsbescheide ausgestellt.

b) Unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. März 2000 (BVerfGE 102, 41) stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Überprüfung der Höhe der ihr gewährten Verschollenenrente. Das vom Bundesverfassungsgericht als zunächst verfassungsgemäß angesehene Anpassungskonzept sei ab dem 1. Januar 1999 insgesamt - also auch mit Wirkung für die ihr gewährte Verschollenenrente - verfassungswidrig. Sie begehrt deswegen ab dem 1. Januar 1999 eine Versorgungsleistung auf dem Niveau der in den alten Bundesländern gewährten Leistungen. Dies lehnte die zuständige Behörde ab.

2. Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Die vom Landessozialgericht zugelassene Revision hat das Bundessozialgericht als unbegründet zurückgewiesen. Die Beschwerdeführerin habe noch keinen Anspruch auf Verschollenenrente in derselben Höhe wie die Berechtigten in den alten Bundesländern, weil das Beitrittsgebiet weiterhin wirtschaftlich noch nicht zu den alten Bundesländern aufgeschlossen habe. Maßstab für die Absenkung sei daher nach wie vor das Verhältnis, in dem die verfügbare Standardrente (§ 68 Abs. 3 SGB VI) in dem Beitrittsgebiet zur verfügbaren Standardrente in dem Gebiet stehe, in dem das Bundesversorgungsgesetz schon vor dem Beitritt gegolten habe. Zwar lasse sich nach der Entwicklung der Standardrenten in West- und Ostdeutschland nicht absehen, wann Kriegsopfer in den neuen und alten Ländern gleich hohe Leistungen erhalten werden. Deswegen müsse damit gerechnet werden, dass Kriegsopfer im Beitrittsgebiet auf Grund ihres Lebensalters nicht mehr gleich hohe Renten wie im Westen erleben werden.

Diese mögliche Auswirkung der gesetzlichen Regelung begegne jedoch unverändert keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Anpassungskonzept werde weiterhin nachhaltig verfolgt, auch wenn es zurzeit wegen der allgemeinen Wirtschafts- und Finanzsituation nur eingeschränkt wirksam sei. Es lasse sich nicht feststellen, dass der Angleichungsprozess endgültig zum Erliegen gekommen sei. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lasse sich nicht auf die Witwengrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz erstrecken, weil dieser Rente die prägende immaterielle Komponente fehle, die die Beschädigtengrundrente zu einer Leistung eigener Art mache. Soweit die Witwengrundrente gleichwohl auch dem Ausgleich immaterieller Schäden diene (unter Hinweis auf Krasney, ZSR 1973, S. 681 <688 ff.>), komme dieser Zweckbestimmung jedenfalls keine entscheidende Bedeutung zu.

3. Mit ihrer gegen das Urteil des Bundessozialgerichts erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG. Durch das Urteil werde sie weiterhin gegenüber Bezieherinnen von Leistungen nach § 52 BVG in den alten Bundesländern in sachlich nicht gerechtfertigter Weise benachteiligt. Es sei zweifelhaft, ob das in § 84 a BVG in Verbindung mit dem Einigungsvertrag zum Ausdruck kommende Anpassungskonzept des Gesetzgebers mit dem Grundgesetz weiterhin vereinbar sei. Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch das Bundessozialgericht hätten betont, eine vorübergehende Ungleichbehandlung zwischen Ost und West sei nur zulässig, solange das Ziel, einheitliche Lebensverhältnisse im vereinten Deutschland zu schaffen, nachhaltig und effektiv verfolgt werde. Komme der Dynamisierungsprozess jedoch zum Erliegen, entfielen auch die Rechtfertigungsgründe für eine weitere Ungleichbehandlung. Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Daten im Ost-West-Vergleich dürfe davon auszugehen sein, dass es zum faktischen Erliegen des Anpassungsprozesses gekommen sei. Jedenfalls habe der Prozess sich derart verlangsamt, dass von einer Dynamisierung nicht mehr gesprochen werden könne.

Zudem seien hinreichende Gründe für eine Unterscheidung zwischen Witwengrundrente und Beschädigtengrundrente nicht gegeben. Die in der Entscheidung BVerfGE 102, 41 genannten relevanten Gesichtspunkte träfen auch hinsichtlich der Witwenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz zu. Auch bei ihr - der Beschwerdeführerin - sei auf Grund des hohen Lebensalters damit zu rechnen, dass sie gleich hohe Renten wie im Westen nicht mehr erleben werde; der gesamtwirtschaftliche Anpassungsprozess habe sich seit 1997 deutlich verlangsamt. Außerdem treffe auch auf die von ihr bezogene Witwenrente zu, dass diese wesentlich von einer Genugtuungsfunktion im Sinne einer Entschädigung für einen immateriellen Schaden geprägt sei. Insbesondere die Soldatenwitwen seien nach dem Tod ihres Ehegatten in besonderem Maße von der Kriegssituation betroffen gewesen und hätten maßgeblich am Wiederaufbau des Landes mitgeholfen; gleichzeitig hätten sie Kinder erzogen und seien einer eigenen bescheidenen Lohnerwerbstätigkeit nachgegangen.

III.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg.

Die Regelung des § 84 a Satz 1 BVG, auf der das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Urteil des Bundessozialgerichts beruht, ist auch insoweit verfassungsgemäß, als ihre Anwendung auf Witwengrundrenten nach dem Bundesversorgungsgesetz derzeit noch zu einer geringeren Versorgungsleistung der Beschwerdeführerin im Vergleich zu den in den alten Bundesländern gewährten Witwengrundrenten führt.

1. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Die angegriffene Regelung bewegt sich innerhalb der dem Gesetzgeber durch den Gleichbehandlungsgrundsatz bei der Ausgestaltung von Versorgungsleistungen vorgegebenen Grenzen.

a) Die Vorschrift gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt aber das Grundrecht, wenn er bei Regelungen, die Personengruppen betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 102, 41 <54>; stRspr). Hierbei ist die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers vorliegend besonders weit, weil es sich um die Bewältigung der Folgen der Wiederherstellung der Deutschen Einheit handelt (vgl. BVerfGE 95, 143 <155 ff.>; 104, 126 <147>; 107, 218 <245 f.> m.w.N.) und es zudem um die steuerfinanzierte Gewährung von Leistungen geht (vgl. BVerfGE 6, 55 <77>; 11, 50 <60>; 22, 100 <103> m.w.N.).

b) Die Beschwerdeführerin wird gegenüber allen Versorgungsempfängern benachteiligt, die zum Stichtag des 18. Mai 1990 ihren Wohnsitz in den alten Bundesländern hatten. Außerdem wird die Beschwerdeführerin schlechter behandelt als diejenigen, die aus der Regelung in § 84 Satz 3 BVG Nutzen ziehen und daher eine Versorgung auf "West-Niveau" erhalten.

c) Die Ungleichbehandlung ist hinreichend gerechtfertigt.

aa) Das vom Gesetzgeber gewählte Angleichungskonzept ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfGE 102, 41 <45>). Es ist jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG nicht sachwidrig gewesen, die Höhe der Geldleistungen an Kriegsbeschädigte nach dem Bundesversorgungsgesetz an die Entwicklung der Standardrenten und damit - über die Anpassung der Altersrenten in der gesetzlichen Rentenversicherung - an die Entwicklung der Arbeitsentgelte zu knüpfen. Damit ist auch eine gewisse soziale Symmetrie von Arbeitseinkommen, Versichertenrenten und steuerfinanzierten staatlichen Versorgungsleistungen sichergestellt worden (vgl. BVerfGE 102, 41 <55>).

bb) Den aktuellen Wirtschafts- und Sozialdaten ist zu entnehmen, dass die im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorliegende unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Wirtschaft in den alten und neuen Bundesländern nach wie vor gegeben ist. Die Lebensverhältnisse weisen teilweise weiterhin große Unterschiede auf. Allerdings ist eine fortschreitende Angleichung der Verhältnisse festzustellen. Dem Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2004 (BTDrucks 15/3796) ist zu entnehmen, dass das gesamtwirtschaftliche Wachstum im Jahr 2003 gegenüber dem Vorjahr in den neuen Bundesländern höher (+ 0,2 vom Hundert) war als in den alten (- 0,1 vom Hundert). Dadurch ist die Annäherung in der Wirtschaftsleistung weiter vorangeschritten. Die Produktivität (Bruttoinlandsprodukt pro Erwerbstätigem) lag 2003 bei 74,6 vom Hundert des westdeutschen Niveaus, während sie 1991 mit Berlin bei rund 50 vom Hundert und ohne Berlin bei sogar nur 33,4 vom Hundert lag (BTDrucks, a.a.O., S. 8 f.). Auch der Jahresbericht 2004 enthält wieder zahlreiche Diagramme, die die genannte Tendenz bestätigen (a.a.O., § 78 ff.).

Das Anpassungskonzept des Gesetzgebers wird weiterhin nachhaltig verfolgt. Im Rahmen des so genannten Solidarpakts II ist geplant, von 2005 bis 2019 an die neuen Bundesländer Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen in Höhe von 105 Mrd. Euro zu leisten. Weitere 51,1 Mrd. Euro will der Bund - als Zielgröße - in Form überproportionaler Leistungen in den neuen Ländern einsetzen. Auf mehreren Wegen ist die Bundesregierung bemüht, die Arbeitsmarktlage in den neuen Bundesländern zu verbessern (a.a.O., S. 13 ff.).

cc) Dieses Bild von der wirtschaftlichen Entwicklung findet seine Entsprechung in der Situation, die im Rentenversicherungsbericht 2004 der Bundesregierung beschrieben ist (www.bmgs.bund.de/downloads/RVB04_Kabinett.pdf). Zwar sind danach im Jahre 2003 sowohl die Versichertenrenten der Frauen (661 gegenüber 482 Euro monatlich) als auch diejenigen der Männer (1.033 gegenüber 987 Euro monatlich) in den neuen Bundesländern höher als in den alten Bundesländern (a.a.O., S. 17). Bereinigt man aber die Statistik um die unterschiedlichen Arbeits- und Beitragszeiten in den alten und neuen Bundesländern, zeigt sich, dass der "Eckrentner" (Altersrentner nach 45 Versicherungsjahren mit Durchschnittsverdienst in der gesetzlichen Rentenversicherung) am 1. Juli 2004 in den alten Ländern eine Rente von 1.073 Euro und in den neuen Ländern eine Rente von 943 Euro erhielt (a.a.O., S. 22 f.). Aus dem Rentenversicherungsbericht 2004 geht weiter hervor, dass der Verhältniswert am 1. Juli 2004 87,9 vom Hundert des Zahlbetrages in den alten Bundesländern betrug (a.a.O., S. 23 f.). Zwar ist dieser Wert unverändert gegenüber dem 1. Juli 2003. Dies lässt aber noch nicht den Schluss zu, dass die Anpassungsdynamik zum Erliegen gekommen ist. Jedenfalls liegt es nicht in der Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts, dies mit Folgen für die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Regelung festzustellen.

dd) Es ist auch vor Art. 3 Abs. 1 GG hinreichend gerechtfertigt, dass § 84 a Satz 3 BVG die Witwengrundrente nicht von der Absenkung ausnimmt. Denn zwischen den Beziehern einer Beschädigtengrundrente und einer Schwerstbeschädigtenzulage einerseits und den Beziehern einer Soldatenwitwenrente andererseits bestehen Unterschiede, welche ihrer Art nach die Gewährung einer Grundrente in unterschiedlicher Höhe rechtfertigen.

(1) Bereits im Urteil vom 14. März 2000 zur Beschädigtengrundrente (BVerfGE 102, 41) ist ausgeführt, dass zwischen der Grundrente des (selbst) Geschädigten und der Hinterbliebenenversorgung Unterschiede bestehen. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass die Beschädigtengrundrente eine besonders starke immaterielle Komponente aufweist, die ihren Charakter deutlich prägt. Dies liege daran, dass die Beschädigtengrundrente eine Entschädigung für die Beschädigung der körperlichen Integrität darstelle und die hierdurch bedingten besonderen Aufwendungen mit tragen helfen solle (BVerfG, a.a.O., S. 59). Dieser Gedanke lässt sich nicht auf die Hinterbliebenenrenten übertragen. Die Hinterbliebenen haben keine Verletzung ihrer eigenen körperlichen Integrität aufgrund von Kriegshandlungen hinnehmen müssen, an denen sie beteiligt waren. Das Bundesverfassungsgericht hat zudem ausgeführt, die immaterielle Komponente trete dadurch hervor, dass die Beschädigtengrundrente frei von Anrechnungsvorschriften gewährt werde (BVerfG, a.a.O., S. 60 f.). Auch insofern ist die Witwengrundrente des Bundesversorgungsrechts mit der Beschädigtengrundrente nicht vergleichbar. Dies entspricht auch der Auffassung im Schrifttum (Gelhausen, Soziales Entschädigungsrecht, 2. Auflage 1998, Rn. 483; Förster in Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, Kommentar, 7. Auflage 1992, § 40 Rn. 1; Getrost, SGb 1981, S. 354 <358>; Krasney, ZSR 1973, S. 681 <688>; Lauterbach, NJ 2003, S. 670 <671>).

(2) Die Beschwerdeführerin kann sich zur Begründung einer Gleichheitsverletzung auch nicht auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts zur Schwerstbeschädigtenzulage nach § 31 Abs. 5 BVG berufen, die in entsprechender Anwendung der Grundsätze der Entscheidung BVerfGE 102, 41 auf "West-Niveau" zu gewähren ist (Urteil vom 12. Juni 2003, SozR 4-3100 § 84 a Nr. 1). Die Schwerstbeschädigtenzulage knüpft ausdrücklich an den Gesundheitsschaden an. Sie ist - worauf das Bundessozialgericht zutreffend hinweist - besonders eng mit der immateriellen Entschädigungsfunktion der Beschädigtengrundrente verwandt. Dies ist bei der Witwengrundrente nicht der Fall. Deshalb liegt auch in der von der Beschwerdeführerin angegriffenen Regelung des § 84 a Satz 1 BVG keine Abwertung der von Kriegswitwen unstreitig erbrachten besonderen Opfer und ihrer ungewöhnlichen Lebensleistung.

2. Auch ein Verstoß gegen das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG scheidet aus. Ein Eingriff in eine geschützte Rechtsposition liegt nicht vor, weil mit der Einführung des Bundesversorgungsgesetzes zum 1. Januar 1991 im Beitrittsgebiet originär erstmalig Versorgungsansprüche begründet wurden, die von Anfang an der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Absenkung der Leistungsbeträge nach § 84 a Satz 1 BVG unterlagen.

3. Auf eine weitere Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG verzichtet.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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