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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 12.01.2005
Aktenzeichen: 1 BvR 328/04
Rechtsgebiete: BVerfGG, ZPO, ZVG, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 34 a Abs. 2
BVerfGG § 93 Abs. 1 Satz 1
BVerfGG § 93 a
BVerfGG § 93 a Abs. 2 Buchstabe b
BVerfGG § 93 b
BVerfGG § 93 c
BVerfGG § 93 d Abs. 1 Satz 3
BVerfGG § 95 Abs. 1 Satz 1
BVerfGG § 95 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 91
ZPO § 91 a Abs. 1
ZPO § 139
ZPO § 139 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 139 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 765 a
ZPO § 788
ZPO § 788 Abs. 3
ZPO § 869
ZVG § 83 Ziff. 6
ZVG § 96
ZVG § 99
ZVG § 99 Abs. 1
ZVG § 100 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 103 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES

- 1 BvR 328/04 - - 1 BvR 1092/04 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerden

gegen a) die Beschlüsse des Landgerichts Darmstadt vom 19. Januar 2004 und vom 8. März 2004 - 23 T 201/03 -

- 1 BvR 328/04 -

b) den Beschluss des Landgerichts Darmstadt vom 31. März 2004 - 5 T 116/04 -

- 1 BvR 1092/04 -

hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier und die Richter Steiner, Gaier gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a und § 93 c BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 12. Januar 2005 einstimmig beschlossen:

Tenor:

I. Die Verfassungsbeschwerden werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. 1. Der Beschluss des Landgerichts Darmstadt vom 19. Januar 2004 - 23 T 201/03 - verletzt, soweit über die Kosten entschieden ist (Ziffer 2 des Tenors), die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird insoweit aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache an das Landgericht Darmstadt zurückverwiesen.

2. Damit wird der Beschluss des Landgerichts Darmstadt vom 8. März 2004 - 23 T 201/03 - gegenstandslos.

3. Das Land Hessen hat den Beschwerdeführern die für das Verfahren 1 BvR 328/04 notwendigen Auslagen zu erstatten.

III. Die Verfassungsbeschwerde 1 BvR 1092/04 wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerden betreffen Kostenentscheidungen, die in Beschwerdeverfahren im Zusammenhang mit der Zwangsversteigerung zweier Grundstücke zu Lasten der Ersteher ergangen sind.

I.

1. Ausgangsverfahren der Verfassungsbeschwerde 1 BvR 328/04 ist ein Zwangsversteigerungsverfahren.

a) In diesem Verfahren beantragten die Schuldner nach § 765 a ZPO die Einstellung des Verfahrens, weil eine auf dem Grundstück wohnende Angehörige lebensgefährlich erkrankt sei. Das Amtsgericht wies den Einstellungsantrag zurück und erteilte den Beschwerdeführern für 180.100 € den Zuschlag. Gegen den Zuschlagbeschluss erhoben die Schuldner sofortige Beschwerde nach § 96, § 100 Abs. 1 und § 83 Ziffer 6 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG). Die Beschwerde wurde den Beschwerdeführern nicht bekannt gemacht. Sie erhielten erst durch den Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts Kenntnis von ihr. Die Beschwerdeführer wandten sich an das Landgericht und baten um eine zügige Entscheidung. Das Landgericht übersandte ihnen danach eine ergänzende Beschwerdebegründung "zur Kenntnis und zur Stellungnahme". Daraufhin beantragten sie, die Beschwerde zurückzuweisen.

Am 19. Januar 2004 hob das Landgericht den Zuschlagbeschluss auf und versagte den Zuschlag. In Ziffer 2 des Tenors legte es die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Schuldner den Beschwerdeführern auf. In den Gründen führte es aus, die Entscheidung ergehe gerichtskostenfrei; im Übrigen ergebe sich die Kostenentscheidung aus § 91 ZPO. Den Beschwerdewert setzte es auf 180.100 € fest.

Eine Gegenvorstellung der Beschwerdeführer wies das Landgericht durch Beschluss vom 8. März 2004 zurück. Es führte aus, es habe die Beschwerdeführer als Ersteher zu dem Verfahren hinzugezogen. Sie hätten sich daran beteiligt und seien der Beschwerde dezidiert mit eigenen Anträgen entgegengetreten. Ihre Interessen und jene der Schuldner seien in einer Weise gegensätzlich gewesen, dass ein Obsiegen des einen zwangsläufig ein Unterliegen des anderen Teils zur Folge haben müsse. Dies habe die Beschwerdeführer zu einer unterlegenen Partei gemacht, die gemäß §§ 869, 91 ZPO stets die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten tragen müsse. Zwar habe die Hinzuziehungsverfügung möglicherweise die Beschwerdegegnerschaft nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht, sodass ein ergänzender Hinweis geboten gewesen sei. Dies sei aber für die Kostenentscheidung nicht ursächlich geworden.

b) Mit ihrer gegen die Kostenentscheidung im Beschluss vom 19. Januar 2004 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer, die Auferlegung der Kosten verletze die prozessuale Fürsorgepflicht und den Anspruch auf ein faires Verfahren. Das Landgericht habe sie nicht darüber informiert, dass ihnen durch eine Hinzuziehung als Beschwerdegegner Kosten entstehen könnten. Sie hätten geglaubt, zu einer Stellungnahme verpflichtet zu sein. Sie seien auch gar nicht wirksam hinzugezogen worden, weil die bloße Übersendung der Beschwerdebegründung zur Kenntnis und Stellungnahme hierzu nicht ausreiche. Eine Hinzuziehung wäre auch unnötig gewesen, weil eine Gegnererklärung nicht erforderlich gewesen sei.

c) Das Land Hessen und die Schuldner hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Das Land hat sich geäußert. Es hält die Verfassungsbeschwerde für zulässig und begründet.

Nach seiner Auffassung verletzt der angegriffene Beschluss das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG. Da der Kostenregelung das Verursacherprinzip zu Grunde liege, könne "Partei" im Sinne des § 91 ZPO nur sein, wer das Verfahren und damit die Kosten verursacht habe, weil er sich zu Unrecht eines Rechts berühmt, das Recht eines anderen verletzt oder seine Verpflichtungen nicht erfüllt habe. Dies treffe auf einen Ersteher nur zu, wenn er selbst Beschwerde nach §§ 96 f. ZVG erhebe. Werde er lediglich nach § 99 ZVG hinzugezogen, so diene dies allein dem rechtlichen Gehör. Kosten könnten ihm dann allenfalls auferlegt werden, wenn sein Verhalten oder ein allein in seiner Person liegender Verfahrensmangel zur Aufhebung des Zuschlags führe. Zwar nehme die Rechtsprechung gelegentlich eine Parteirolle schon dann an, wenn der Hinzugezogene eigene Anträge stelle. Dies könne jedoch nur gelten, wenn die Gründe für den Erfolg der Beschwerde in seiner Sphäre lägen. Ihm fremde Kosten aufzuerlegen, für die er keine Veranlassung gegeben habe, wäre dagegen willkürlich.

Jedenfalls verletzt der Beschluss nach Ansicht des Landes das Recht auf ein faires Verfahren. Ein Gericht sei zur Rücksichtnahme verpflichtet. Es dürfe aus eigenen Fehlern keine Nachteile für die Beteiligten ableiten. Deshalb müsse es, wenn es einen Ersteher nach § 99 ZVG hinzuziehe, darauf hinweisen, dass er zu einer Äußerung nicht verpflichtet sei und bei einer Beteiligung an dem Verfahren einem Kostenrisiko unterliege.

2. Im Ausgangsverfahren zur Verfassungsbeschwerde 1 BvR 1092/04 betrieben die Beschwerdeführer aus dem Zuschlagbeschluss die Räumung des ersteigerten Grundstücks. Die Schuldner wandten sich auch hiergegen mit einem Antrag nach § 765 a ZPO. Sie beriefen sich unter anderem auf die angebliche Erfolgsaussicht ihrer Zuschlagbeschwerde. Gegen die Ablehnung durch das Amtsgericht erhoben sie sofortige Beschwerde. Erst jetzt wurde bekannt, dass das Landgericht schon vor der Zurückweisung des Antrags den Zuschlagbeschluss aufgehoben hatte. Daraufhin erklärten die Schuldner und die Beschwerdeführer die Beschwerde für erledigt. Das Landgericht legte den Beschwerdeführern mit Beschluss vom 31. März 2004 die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens auf. Es führte aus, ohne die Erledigung hätten die Schuldner in der Beschwerdeinstanz Erfolg gehabt, weil zum Zeitpunkt einer Entscheidung der Kammer der Zuschlagbeschluss als unabdingbare Voraussetzung der Zwangsvollstreckung weggefallen wäre. Den Beschwerdewert bezifferte es mit 3.000 €.

Mit ihrer gegen diesen Beschluss gerichteten Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Schuldner ohne die Erledigung obsiegt hätten.

II.

1. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde 1 BvR 328/04 zur Entscheidung an und gibt ihr statt (§ 93 b, § 93 c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

a) Die Annahme ist zur Vermeidung eines besonders schweren Nachteils (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG) angezeigt. Die Kostenentscheidung beschwert die Beschwerdeführer angesichts des hohen Gegenstandswerts erheblich.

b) Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Eine gerichtliche Entscheidung kann im Kostenpunkt selbstständig mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden (vgl. BVerfGE 74, 78 <89 ff.>). Die Beschwerdeführer haben ihre Verfassungsbeschwerde in der Frist nach § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG ausreichend begründet (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Zwar haben sie einige Vorgänge aus dem Ausgangsverfahren erst in ihrem Schriftsatz vom 8. März 2004 mitgeteilt. Dabei handelte es sich jedoch nur um eine Ergänzung des tatsächlichen Vortrags, die auch nachträglich möglich ist (vgl. BVerfGE 18, 85 <89>; 81, 208 <214>).

c) Die maßgeblichen Fragen zu den Aufklärungspflichten eines Gerichts aus Art. 103 Abs. 1 GG (BVerfGE 86, 133 <144 f.>) und den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG an eine willkürfreie Rechtsanwendung (vgl. BVerfGE 86, 59 <63>; 89, 1 <14>), insbesondere bei der Anwendung einfachrechtlicher Hinweispflichten (vgl. BVerfGE 42, 64 <72 ff.>; BVerfG, 3, Kammer des Ersten Senats, NJW 1993, S. 1699 f.), sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinreichend geklärt.

d) Hiernach erweist sich die Verfassungsbeschwerde als begründet. Der angegriffene Beschluss des Landgerichts verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf eine willkürfreie Rechtsanwendung, weil sie nicht auf die Kostenfolge einer Beteiligung an dem Beschwerdeverfahren hingewiesen wurden.

aa) Das Recht auf willkürfreie Rechtsanwendung, das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt, betrifft die Anwendung des materiellen Rechts ebenso wie des Verfahrensrechts (vgl. BVerfGE 42, 64 <73>).

Allerdings ist das Willkürverbot nicht schon bei jeder fehlerhaften Rechtsanwendung verletzt. Die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts ist Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der verfassungsgerichtlichen Nachprüfung entzogen (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>). Auch im Bereich des Verfahrensrechts kann das Bundesverfassungsgericht nicht jeden Fehler beanstanden. So verletzt nicht jeder Verstoß gegen eine einfachrechtliche Hinweispflicht zugleich Art. 3 Abs. 1 oder Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, NJW 1994, S. 1699). Eine allgemeine Hinweis- und Aufklärungspflicht ergibt sich aus der Verfassung nicht (vgl. BVerfGE 74, 1 <6>). Insbesondere § 139 ZPO geht über das durch Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete Minimum hinaus (vgl. BVerfGE 60, 305 <310>).

Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch - gerade auch in Zwangsversteigerungsverfahren - eine Verletzung des Willkürverbots angenommen, wenn im konkreten Fall ein einfachrechtlich gebotener und für den Betroffenen besonders wichtiger Hinweis aus Erwägungen nicht gegeben wurde, die bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich waren (vgl. BVerfGE 42, 64 <74>). Das Willkürverbot zieht insoweit den den Gerichten eingeräumten Ermessens- und Beurteilungsspielräumen äußerste Grenzen (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, NJW 1993, S. 1699). Ein subjektiver Schuldvorwurf ist mit der Feststellung willkürlicher Rechtsanwendung nicht verbunden (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, NJW 1993, S. 1699 <1700>).

bb) Ein solcher Fall liegt hier vor.

(1) Das Landgericht musste nach § 139 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO die Beschwerdeführer ausdrücklich darauf hinweisen, dass sie - seiner Ansicht nach - mit den Kosten belastet werden konnten, sollten sie sich mit Anträgen an dem Beschwerdeverfahren beteiligen. Die zivilprozessualen Hinweispflichten gelten auch in den Verfahren nach dem Zwangsversteigerungsgesetz einschließlich der Zuschlagbeschwerde (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 869 Rn. 1). Hier war ein Hinweis geboten, weil die Beschwerdeführer mit diesem Kostenrisiko nicht rechnen mussten.

Zunächst ergibt sich eine Kostenlast des Erstehers nicht ohne weiteres aus den gesetzlichen Vorschriften. Die Kosten eines Zwangsvollstreckungsverfahrens trägt nach § 788 ZPO grundsätzlich der Schuldner und ausnahmsweise der Gläubiger. Auch wenn die Gerichte in Beschwerdeverfahren während der Zwangsvollstreckung stattdessen § 91 ZPO anwenden, so sind doch als Parteien eines solchen Verfahrens in erster Linie Schuldner und Gläubiger an der Kostenentschädigung zu beteiligen. Dies gilt auch für die Zuschlagbeschwerde nach § 96 ZVG, vor allem dann, wenn sie der Schuldner mit der Begründung erhebt, der Zuschlag verstoße gegen § 83 Ziffer 6 ZVG, weil das Vollstreckungsgericht einen Antrag nach § 765 a ZPO zu Unrecht abgewiesen habe. Hier setzt sich im Beschwerdeverfahren der Streit um den Schuldnerschutzantrag fort. An dem Verfahren nach § 765 a ZPO sind aber allein Schuldner und Gläubiger beteiligt; nur ihre Interessen sind zu berücksichtigen (vgl. Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 17. Aufl. 2002, Einl. Nr. 59.5).

Auch die Vorschrift über die Hinzuziehung Dritter (§ 99 Abs. 1 ZVG) ergibt nicht ohne weiteres eine Kostenlast des Erstehers. Die Vorschrift dient in erster Linie der Gewährung rechtlichen Gehörs. Außerdem räumt sie dem Gericht bei der Auswahl des Beschwerdegegners ein Ermessen ein. Das Risiko, Kosten tragen zu müssen, kann aber nicht von einer Ermessensentscheidung abhängen. Dies liefe dem Verursacherprinzip zuwider, das den Kostenregelungen zu Grunde liegt (vgl. BGH, NJW 2004, S. 2309 <2310>).

Entsprechend dieser Rechtslage gehen Rechtsprechung und Literatur überwiegend davon aus, dass ein nach § 99 Abs. 1 ZVG Hinzugezogener grundsätzlich nicht zur Partei des Beschwerdeverfahrens wird, weil er nicht verpflichtet ist, sich zu äußern und auch keine Anträge stellen kann (vgl. Stöber, a.a.O., § 99 Rn. 2; OLG Bremen, Rpfleger 1985, S. 160 <161>; OLG Hamm, Rpfleger 1976, S. 146 <148 f.>; OLG Hamm, JurBüro 1966, S. 894 <896>; LG Nürnberg-Fürth, Rpfleger 1963, S. 205). Hierauf hat das Land Hessen in seiner Stellungnahme zu Recht hingewiesen. Eine Ausnahme hiervon soll nur bestehen, wenn der Zuschlag aus Gründen aufgehoben wird, die allein aus der Sphäre des Erstehers stammen (vgl. OLG Schleswig, SchlHA 1956, S. 294 <295>; OLG Hamm, JMBl NRW 1962, S. 126 <127>). Nur vereinzelt haben Beschwerdegerichte einem Hinzugezogenen allein deshalb die Kosten auferlegt, weil er Anträge gestellt oder sich sonst aktiv am Beschwerdeverfahren beteiligt hat (vgl. OLG Bremen, a.a.O.; OLG Hamm, Rpfleger 1976, S. 146 <148 f.>). Ob diese Auslegung der § 99 ZVG, § 91 ZPO vor Art. 3 Abs. 1 GG vertretbar ist, kann offen bleiben. Sie ist jedenfalls so wenig verbreitet, dass ein Gericht, will es ihr folgen, in einer ausdrücklichen Hinzuziehungsentschließung darauf hinweisen muss (vgl. OLG Oldenburg, JurBüro 1989, S. 1176 <1177>).

(2) Der Hinweis war für die Beschwerdeführer angesichts des hohen Kostenrisikos besonders wichtig. Es ist kein Grund ersichtlich, der das Landgericht von diesem Hinweis abhalten konnte. Die Beschwerdeführer hatten keinen Anlass für die Aufhebung des Zuschlagbeschlusses gesetzt. Den Schuldnern wäre durch einen Hinweis kein Kostenschuldner genommen worden, den sie schon gehabt hätten, denn in den Verfahren vor dem Amtsgericht, der Zwangsversteigerung selbst und dem Schuldnerschutzantrag nach § 765 a ZPO, waren die Beschwerdeführer unstreitig nicht kostentragungspflichtig.

cc) Der angegriffene Beschluss beruht auch auf diesem Verfassungsverstoß. Es ist nicht auszuschließen, dass die Beschwerdeführer, wären sie aufgeklärt worden, angesichts des hohen Kostenrisikos von einer Beteiligung am Beschwerdeverfahren Abstand genommen und so die Kostenlast vermieden hätten.

e) Da die Verfassungsbeschwerde nach Art. 3 Abs. 1 GG begründet ist, kann offen bleiben, ob das Landgericht auch aus Art. 103 Abs. 1 GG zu einem Hinweis verpflichtet war.

f) Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 und 2 BVerfGG sind die Grundrechtsverletzung festzustellen, der angegriffene Beschluss im Umfang der Verletzung aufzuheben und die Sache insoweit an das Ausgangsgericht zurückzuverweisen. Durch die Aufhebung wird der auf die Gegenvorstellung ergangene Beschluss vom 8. März 2004 gegenstandslos (vgl. BVerfGE 80, 315 <317, 353>). Da Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren nicht angefallen sind (vgl. Ziffern 5240 f. der Anlage 1 zum GKG a.F.), muss das Landgericht nur über die außergerichtlichen Kosten beider Seiten neu befinden. Es hat dabei zu unterstellen, dass sich die Beschwerdeführer bei ordnungsgemäßer Belehrung nicht an dem Verfahren beteiligt und insbesondere keinen Antrag gestellt hätten. Kommt es dabei zu dem Ergebnis, dass jede Seite ihre Kosten selbst tragen muss, kann eine erneute Entscheidung auch unterbleiben.

g) Die Kostenentscheidung für das Verfassungsbeschwerdeverfahren beruht auf § 34 a Abs. 2 BVerfGG.

III.

Dagegen ist die Verfassungsbeschwerde 1 BvR 1092/04 nach § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Kostenbelastung der Beschwerdeführer stellt angesichts des niedrigen Beschwerdewerts von 3.000 € keinen besonders schweren Nachteil im Sinne des § 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG dar. Im Übrigen hat die Verfassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg.

1. Anders als im Verfahren 1 BvR 328/04 musste das Landgericht hier nicht besonders auf das Kostenrisiko hinweisen. Die Räumungszwangsvollstreckung hatten die Beschwerdeführer selbst eingeleitet. Als Gläubiger waren sie auch an dem Zwischenverfahren nach § 765 a ZPO unmittelbar beteiligt. In diesem Verfahren wurden auch ihre Interessen gewürdigt. Sie traten dem Einstellungsantrag aktiv entgegen. Dass in solchen Verfahren die unterlegene Seite eine Kostenlast treffen kann (§§ 91, 788 Abs. 4 ZPO), ist allgemein bekannt.

2. Auch inhaltlich verletzt der angegriffene Beschluss nicht das Willkürverbot. Es war vertretbar, die Erfolgsaussichten der Schuldner mit der zwischenzeitlichen Aufhebung des Titels, also dem erledigenden Ereignis selbst, zu begründen. Zwar stellt die Zivilrechtsprechung ansonsten auf den Zeitpunkt unmittelbar vor der Erledigung ab (vgl. OLG Stuttgart, NJW-RR 1999, S. 997). Hier jedoch hatten die Schuldner ihren Antrag nach § 765 a ZPO auch mit den Erfolgsaussichten ihrer Zuschlagbeschwerde begründet. Es durfte berücksichtigt werden, dass sich diese im Nachhinein bestätigt hatten. Ebenso war es vertretbar, die Kosten den Beschwerdeführern aufzuerlegen. § 91 a Abs. 1 ZPO räumt dem Gericht billiges Ermessen ein. Es ist umstritten, ob ein Schuldner die Kosten eines erfolgreichen Antrags nach § 765 a ZPO auch dann grundsätzlich selbst tragen muss (§ 788 Abs. 1, 4 ZPO), wenn er erst in der Beschwerdeinstanz obsiegt (so OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, S. 637 <638>; Zöller/Stöber, a.a.O., § 788 Rn. 27) oder ob für die Kosten des Beschwerdeverfahrens § 91 ZPO gilt (so BGH, NJW-RR 1989, S. 125; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 62. Aufl. 2004, § 788 Rn. 9). Wenn sich das Gericht für die zweite Ansicht entschied, so ist dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Für die Kostenlast der Beschwerdeführer sprach auch § 788 Abs. 3 ZPO, denn diese Vorschrift betrifft die nachträgliche Aufhebung jedes Vollstreckungstitels, auch eines Zuschlagbeschlusses (vgl. § 93 Abs. 1 Satz 1 ZVG).

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

3. Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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