Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 25.04.2006
Aktenzeichen: 1 BvR 329/04
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 103 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES

- 1 BvR 329/04 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen a) den Beschluss des Oberlandesgerichts München - Zivilsenate in Augsburg - vom 15. Januar 2004 - 24 U 435/03 -,

b) das Endurteil des Landgerichts Augsburg vom 20. Mai 2003 - 3 O 3384/01 -

hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richterin Haas und die Richter Hömig, Bryde am 25. April 2006 einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 15. Januar 2004 - 24 U 435/03 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Entscheidung wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht München zurückverwiesen.

2. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

3. Der Freistaat Bayern hat der Beschwerdeführerin die Hälfte ihrer notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Verfassungsbeschwerde, mit der die Beschwerdeführerin mehrere Gehörsverstöße rügt, betrifft ein zivilrechtliches Verfahren über einen Werklohnanspruch.

Die Beschwerdeführerin schloss mit der Klägerin des Ausgangsverfahrens, einem Gartenbauunternehmen, einen Vertrag über die Neugestaltung ihres Gartens ab. Nach Durchführung der Arbeiten verweigerte die Beschwerdeführerin die Abnahme, da sie den neugestalteten Garten in mehreren Punkten für mangelhaft hielt. Im Ausgangsverfahren begehrte die Klägerin von der Beschwerdeführerin die Zahlung der noch ausstehenden Vergütung für die Neugestaltung des Gartens.

1. Zwischen den Parteien war ursprünglich der Zahlungsanspruch hinsichtlich der Position 4 der Rechnung über etwa 7.000 DM unstreitig. Diese Rechnungsposition betraf die Pflanzbeeteinfassung durch "Bossensteine". Der vom Landgericht beauftragte Gutachter stellte jedoch bei der Begutachtung der in Position 3 aufgeführten Sauberkeitsschicht für die Pflanzbeeteinfassung fest, dass die Pflanzbeeteinfassung sich in einem Teilbereich von ungefähr 18 m leicht schräg geneigt habe. Damit sei aber nicht die Sauberkeitsschicht unbrauchbar, sondern das Fundament. Wenn das Kippen der Einfassung korrigiert werden solle, wären die Einfassung und die Sauberkeitsschicht abzutragen, der Untergrund zu verdichten, das Fundament tiefer einzubauen und anschließend wieder die Einfassung aufzusetzen. Als mithin unbrauchbar und nicht verwertbar setzte der Gutachter für die Position 3 den Betrag von 223,20 DM an.

In ihrer Stellungnahme zu dem Gutachten merkte die Beschwerdeführerin unter der Überschrift "Bossensteine Pos. 4" an, dass der Sachverständige im Rahmen seiner Ausführungen zu der Position 3 auch zu der Position 4 Stellung genommen habe. Hieraus ergebe sich, dass auch "die Position 3 wirtschaftlich für die Beklagte unbrauchbar" sei. Die aufgezeigten Mängel des Fundaments der Bossensteine seien bereits auf den im Termin vorgelegten Lichtbildern zu erkennen.

Das Landgericht führte in seinem Urteil hinsichtlich der Position 4 aus, dass diese zwischen den Parteien unstreitig sei. Ein Schadensersatzanspruch der Beschwerdeführerin wurde nur hinsichtlich der Position 3 in Höhe des von dem Sachverständigen genannten Betrags von 223,20 DM anerkannt.

Mit ihrer Berufungsbegründung trug die Beschwerdeführerin vor, das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass sie sich den Vortrag des Sachverständigen zu der mangelhaften Pflanzbeeteinfassung aus Bossensteinen ausdrücklich zu Eigen gemacht habe. Die Position 4 sei somit in voller Höhe in Abzug zu bringen.

Das Oberlandesgericht wies die Beschwerdeführerin nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO darauf hin, dass es erwäge, die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Zur Position 4 führte das Oberlandesgericht in seinem Hinweisschreiben aus, das Landgericht habe den Abzug für eine mangelhafte Standfestigkeit der Bossensteine nicht übersehen. Der gerichtliche Sachverständige habe eine leicht schräge Neigung der Pflanzbeeteinfassung in einem Teilbereich von 18 m festgestellt "und dafür offenbar zusammengefasst in der Position 3 einen sodann vom Landgericht als berechtigt angesehenen Abzug von 223,20 DM zugrunde gelegt". Dem sei das Landgericht gefolgt.

In ihrer Stellungnahme zu dem Hinweisschreiben führte die Beschwerdeführerin aus, der Abzug des Sachverständigen in Höhe von 223,20 DM beziehe sich ausschließlich auf die Position 3 und die Unbrauchbarkeit der Sauberkeitsschicht. Dies folge schon daraus, dass der Sachverständige ausweislich des Beweisbeschlusses nur mit der Begutachtung der Position 3 (Sauberkeitsschicht) beauftragt gewesen sei, nicht aber mit der Begutachtung der Position 4 (Bossensteine). Auch an der relativ geringen Höhe des Betrages von 223,20 DM zeige sich, dass damit nicht die umfangreiche Sanierung des Fundaments der Pflanzbeeteinfassungen auf einer Länge von etwa 18 m abgedeckt sein könne. Ferner weise die Berechnung des Sachverständigen aus, dass sich dieser Betrag nur auf die Sauberkeitsschicht beziehen könne. Der Sachverständige gehe von 18 m zu je 12,40 DM aus, wobei 12,40 DM dem Einheitspreis der Sauberkeitsschicht aus der Rechnung der Klägerin entspreche. Demgegenüber habe ein Kostenvoranschlag für die Sanierung des Fundaments der Bossensteine Kosten in Höhe von 5.027,90 € ergeben. Sofern in dem Schriftsatz vom 6. Februar 2003 ausgeführt worden sei, aus dem Sachverständigengutachten folge, "dass auch die Position 3 für die Beklagte unbrauchbar ist", ergebe sich bereits aus der Überschrift dieser Ziffer und aus dem Gesamtzusammenhang, dass es an dieser Stelle richtigerweise Position 4 heißen müsste.

Mit Beschluss vom 15. Januar 2004 wies das Oberlandesgericht die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurück. Zur Begründung wurde auf das Hinweisschreiben vom 13. Oktober 2003 verwiesen. Nähere Ausführungen zur Position 4 enthält der Beschluss vom 15. Januar 2004 nicht.

2. Im Ausgangsverfahren stritten die Parteien außerdem über Mängel an Rasen- und Beetflächen.

In einem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Privatgutachten wurde ausgeführt, dass die Rasen- und Beetflächen mangelhaft angelegt worden seien. Der Rasen sei zu feucht, weil er kein ausreichendes Quergefälle aufweise. Die Gräser könnten daher nur oberflächig wurzeln und keinen dauerhaften Bestand bilden. Der derzeitige optische Eindruck eines grünen Rasens könne hierüber nicht lange hinwegtäuschen. Die Beetflächen litten an denselben Mängeln. Zudem sei unter ihnen ein Filtervlies gelegt worden, welches sich nachteilig auswirke.

Der vom Gericht beauftragte Sachverständige legte in seinem Gutachten dar, dass der Rasen bei einem Ortstermin einen gesunden, deckenden Bestand an Gräsern aufgewiesen habe. Es habe nahezu kein Unkraut gegeben, nasse und weiche Stellen seien nicht vorhanden. Der dichte und gesunde Wuchs zeige, dass der Boden unter dem Rasen geeignet sei. An zwei Grabungsstellen sei festgestellt worden, dass sich unter einer 5 bis 10 cm dicken, schwärzlichen Bodenschicht eine 20 bis 25 cm dicke Bodenschicht aus hellem, bündigem Boden mit geringem Steinanteil befinde. Ein etwas bündiger Boden sei nur dann ungeeignet, wenn Rasenflächen durch Spiel oder Sport belastet würden. Unterliege der Rasen keiner starken Nutzung, sei ein bündiger Boden eher vorteilhaft, weil er ausreichend Wasser und Nährstoffe speichern könne. Bei der Anlegung der Beetflächen sei lediglich die Vliesauflage mangelhaft.

In ihrer Stellungnahme zu dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen merkte die Beschwerdeführerin an, hinsichtlich der Rasen- und Pflanzbeete berücksichtige der Sachverständige die einschlägige Norm DIN 18915 nur unvollständig. Danach müssten Ober- und Unterboden eine vertikale Wasserbewegung im Boden ermöglichen sowie mit einem gleichmäßigen Quergefälle ausplaniert werden, so dass eine horizontale Entwässerung möglich sei. Beides sei hier nicht gegeben. Der Sachverständige habe auch nicht die Zusammensetzung des Bodens geprüft, sondern begnüge sich mit Spekulationen. Daher werde beantragt, ein gerichtliches Obergutachten einzuholen.

In seinem Urteil folgte das Landgericht den Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen, wonach die Rasen- und Beetflächen keine Mängel aufwiesen und Gleiches sinngemäß für die Pflanzflächen gelte. Entscheidend stellte es auf den gesunden Bewuchs ab, der auf Grund der Lichtbilder des Sachverständigen für das Gericht nachvollziehbar sei.

Mit der gegen das Urteil des Landgerichts eingelegten Berufung machte die Beschwerdeführerin insbesondere geltend, dass das Landgericht seiner Entscheidung bezüglich der Rasen- und Pflanzflächen ausschließlich das gerichtliche Sachverständigengutachten zugrunde gelegt habe und das von ihr vorgelegte Privatgutachten mit keinem Wort erwähne.

In seinem Hinweisschreiben zur Möglichkeit einer Entscheidung nach § 522 ZPO führte der Senatsvorsitzende aus, das Landgericht habe die gerichtliche Aufklärungspflicht nicht verletzt und das angegriffene Endurteil beruhe auch nicht auf einer unzureichenden Auflösung von Widersprüchen zwischen dem Privatgutachten und den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen. In der mündlichen Anhörung habe sich der gerichtliche Sachverständige ersichtlich mit den Einwendungen der Beschwerdeführerin auseinander gesetzt. Die Entscheidungsgründe des angegriffenen Endurteils gingen auf den Punkt "Rasen- und Beetflächen" auf der Grundlage der Einwendungen der Beschwerdeführerin und der schriftlichen und mündlichen gutachterlichen Stellungnahmen der gerichtlichen Sachverständigen ein. Dass die privatgutachterliche Wertung überhaupt keine Beachtung gefunden habe, lasse sich dem Urteil nicht entnehmen. Insbesondere sei festzustellen, dass auch der Privatgutachter keine Veranlassung gesehen habe, etwa eine chemisch-biologische Untersuchung des Bodens vorzunehmen. Der Anregung der Beschwerdeführerin zur Einholung eines Obergutachtens habe das Landgericht nicht Folge zu leisten brauchen, weil es offensichtlich die gegensätzlichen Gutachtenergebnisse nach der Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen als aufgelöst angesehen habe und derart habe werten dürfen.

In ihrer Stellungnahme zu dem gerichtlichen Hinweis wiederholte die Beschwerdeführerin ihren Vortrag. In der Begründung der Berufungszurückweisung führte das Oberlandesgericht hinsichtlich der Gutachten aus, das Landgericht habe das Privatgutachten wertend seiner Entscheidung zugrunde gelegt und sich dem gerichtlichen Gutachten angeschlossen. Dass das Gutachten des Sachverständigen überlegene Sachkunde aufweise und das gerichtliche Gutachten demgegenüber evident fehlerhaft sei, lasse sich einer Gegenüberstellung beider Gutachten nicht entnehmen.

II.

1. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch die zivilgerichtlichen Entscheidungen.

Landgericht und Oberlandesgericht hätten ihren mit einem Beweisangebot verbundenen Sachvortrag, die Pflanzbeeteinfassung mit Bossensteinen ("Position 4") sei unbrauchbar, nicht berücksichtigt. Die Auffassung des Oberlandesgerichts, wonach das Landgericht, dem Sachverständigen folgend, offenbar die Positionen 3 und 4 zu einem Schadensposten zusammengefasst habe, stelle sich als pure Spekulation dar. Das Landgericht habe die Position 4 als unstreitig behandelt und damit ihren Vortrag übergangen. Das Oberlandesgericht habe diesen Fehler trotz mehrmaliger Rüge übernommen.

Die Gerichte hätten sich auch nicht hinreichend mit dem von ihr vorgelegten Sachverständigengutachten auseinander gesetzt. Demgegenüber fordere die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass ein Gericht bei widersprüchlichen Gutachten in dem Urteil die Gründe dafür darlege, warum es einem der Gutachten folge.

2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und die Klägerin des Ausgangsverfahrens hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Sie haben von einer Äußerung abgesehen.

III.

Die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung ist gemäß § 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG hinsichtlich des Beschlusses des Oberlandesgerichts angezeigt. Insoweit liegen die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung vor (§ 93 c Abs. 1 BVerfGG). Der Beschluss des Oberlandesgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG, weil das Oberlandesgericht den Vortrag der Beschwerdeführerin zu der Position 4 der Rechnung der Klägerin (Pflanzbeeteinfassung durch "Bossensteine") nicht berücksichtigt hat. Die Verfassungsbeschwerde ist dagegen unbegründet und daher mangels Erfolgsaussichten nicht zur Entscheidung anzunehmen, soweit die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Landgerichts gerichtet ist.

1. Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet ein Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen, damit das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG feststellen kann, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. BVerfGE 86, 133 <145 f.>).

2. Diese Voraussetzungen für die Feststellung eines Gehörsverstoßes durch das Bundesverfassungsgericht liegen hinsichtlich des Vortrags der Beschwerdeführerin gegenüber dem Oberlandesgericht zu der Position 4 (Pflanzbeeteinfassung durch "Bossensteine") vor.

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Stellungnahme zu dem gerichtlichen Hinweis gewichtige Argumente dafür angeführt, warum - entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts in seinem Hinweisschreiben, auf das die angegriffene Entscheidung Bezug nimmt - der Abzug des gerichtlichen Sachverständigen bei der Position 3 keine Zusammenfassung der bei den Positionen 3 und 4 festgestellten Mängel darstellen könne. Die Beschwerdeführerin hat vor dem Oberlandesgericht schriftsätzlich vorgetragen, dass der Sachverständige ausweislich des Beweisbeschlusses des Landgerichts nicht mit der Begutachtung der Position 4 (Pflanzbeeteinfassung mit "Bossensteinen") beauftragt gewesen sei, weil zum damaligen Zeitpunkt der Mangel von ihr noch gar nicht entdeckt worden sei. In seinem Gutachten habe der Sachverständige unmissverständlich ausgeführt, dass sich der Betrag von 223,20 DM ausschließlich auf die Position 3 und die Unbrauchbarkeit der Sauberkeitsschicht beziehe. Anlässlich des Ortstermins habe der Sachverständige aber auch festgestellt, dass die Position 4 (Bossensteine) mangelhaft gewesen sei. Nachdem diese Position indes nicht in dem Beweisbeschluss genannt sei und in dem Gutachten ausdrücklich nur die Position 3 als unbrauchbar bezeichnet werde, sei zwingend davon auszugehen, dass sich der Betrag 223,20 DM nur auf die Position 3 beziehe. Allein an der geringen Höhe des Betrages zeige sich auch, dass damit nicht die vom Gutachter beschriebene umfangreiche Sanierung des Fundaments der Pflanzbeeteinfassungen auf einer Länge von etwa 18 m abgedeckt sei. Auch das Landgericht habe in seinen Entscheidungsgründen allein die Position "Sauberkeitsschicht" aufgeführt. Des Weiteren zeige sich aus der Berechnung des Sachverständigen (18 m zu je 12,40 DM, wobei der Betrag von 12,40 DM dem Einheitspreis der Sauberkeitsschicht entspreche), dass nur die Sauberkeitsschicht selbst, nicht aber der Mangel an dem Fundament der Pflanzbeeteinfassung aus Bossensteinen gemeint sei. Dies werde durch den Kostenvoranschlag bestätigt, der die Kosten der Sanierung des Fundaments auf einer Länge von 18 m mit 5.027,90 € veranschlage.

Diese Argumente - dass der Gutachtenauftrag auf die Position 3 beschränkt gewesen sei und dass der Abzugsbetrag sich ersichtlich an den Kosten der Position 3 orientiere, aber zu niedrig für den Mangel der Position 4 sei - bilden den wesentlichen Teil der Entgegnung der Beschwerdeführerin auf den gerichtlichen Hinweis. Nach der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts ist dieser Vortrag auch von zentraler Bedeutung. Denn das Oberlandesgericht hat in seinem Hinweis einen Gehörsverstoß durch das Landgericht mit der Erwägung ausgeschlossen, dass das Landgericht hinsichtlich der Position 4 dem Sachverständigen gefolgt sei, der die Positionen 3 und 4 zusammengefasst habe. Dennoch ist das Oberlandesgericht in seinem Beschluss auf diesen neuen Vortrag der Beschwerdeführerin nicht eingegangen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür dar, dass das Oberlandesgericht den Vortrag erwogen, aber als unwesentlich beurteilt haben könnte. Aus dem Fehlen einer Würdigung des Vortrags ist demnach zu schließen, dass das Oberlandesgericht das Vorbringen bei der Urteilsfindung nicht in Erwägung gezogen hat.

3. Demgegenüber geht die Rüge der Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG, weil das Oberlandesgericht nicht den Vortrag der Beschwerdeführerin zu den Sachverständigengutachten bei der Beweiswürdigung berücksichtigt habe, fehl. Das Oberlandesgericht hat sich ersichtlich sowohl mit dem Privatgutachten als auch mit dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen auseinander gesetzt. Denn der Beschluss des Oberlandesgerichts enthält die Feststellung, dass sich einer Gegenüberstellung beider Gutachten weder eine überlegene Sachkunde des Privatgutachtens noch eine evidente Fehlerhaftigkeit des gerichtlichen Gutachtens entnehmen lasse.

4. Die gegen das Urteil des Landgerichts erhobene Gehörsrüge ist unbegründet. Dabei kann offen bleiben, ob das Landgericht den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat, indem es die Position 4 als unstreitig behandelt hat, obwohl die Beschwerdeführerin insoweit Mängel geltend gemacht hatte. Ein solcher Gehörsverstoß wäre jedenfalls durch das Oberlandesgericht geheilt worden. Denn indem das Oberlandesgericht die Auffassung vertritt, die Mängel der Position 4 seien in dem Abzug enthalten, den der Sachverständige und das Landgericht bei der Position 3 vorgenommen haben, hat es seiner Entscheidung den Vortrag der Beschwerdeführerin aus dem landgerichtlichen Verfahren zugrunde gelegt. Der gerügte Gehörsverstoß des Landgerichts wirkt sich daher nicht mehr zu Lasten der Beschwerdeführerin aus.

Die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts ist gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache zu erneuter Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.

Entsprechend dem Umfang, in dem die Beschwerdeführerin mit ihrer Verfassungsbeschwerde erfolgreich ist, hat gemäß § 34 a Abs. 2 BVerfGG der Freistaat Bayern der Beschwerdeführerin die Hälfte ihrer notwendigen Auslagen zu erstatten.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

Zurück