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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 21.04.2005
Aktenzeichen: 1 BvR 347/02
Rechtsgebiete: BVerfGG


Vorschriften:

BVerfGG § 93 a Abs. 2 Buchstabe a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 347/02 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 11. Januar 2002 - 12 WF 290/01 -,

b) den Beschluss des Amtsgerichts Winsen (Luhe) vom 23. Oktober 2001 - 4 F 40/98 -

hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier, die Richterin Hohmann-Dennhardt und den Richter Hoffmann-Riem gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 21. April 2005 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer ist Vater des am 19. April 1991 geborenen J. und des am 30. November 1994 geborenen P., der aus der mittlerweile geschiedenen Ehe des Beschwerdeführers mit der nunmehr knapp vierzigjährigen Kindesmutter hervorgegangen ist. J. ist nicht das leibliche Kind des Beschwerdeführers, es wurde von ihm adoptiert. Seit der Trennung der Kindeseltern Ende Mai 1997 leben die Kinder im Wesentlichen bei der Kindesmutter. Der nunmehr neunundsechzigjährige Beschwerdeführer ging im Jahr 1998 in Altersruhestand und heiratete nach Abschluss des Ausgangsverfahrens im Jahr 2003 eine andere Frau. Aus der Beziehung des Beschwerdeführers mit dieser Frau ging während des Ausgangsverfahrens noch vorehelich eine Tochter hervor.

Mit Beschluss vom 23. Oktober 2001 wies das Amtsgericht Winsen (Luhe) den Antrag des Beschwerdeführers zurück, das Scheidungsverfahren von den Folgesachen abzutrennen und hierüber vorab zu entscheiden. Eine gleichzeitige Entscheidung über die Folgesache würde zwar den Scheidungsausspruch außergewöhnlich verzögern. Der Scheidungsantrag des Beschwerdeführers sei nunmehr seit dreieinhalb Jahren anhängig. Dieser Aufschub stelle jedoch keine unzumutbare Härte dar, da der Beschwerdeführer durch eine unbegründete Dienstaufsichtsbeschwerde und eine unbegründete Strafanzeige gegen den seinerzeit zuständigen Richter Verzögerungen provoziert habe. Das Abwarten der Entscheidungsreife aller Folgesachen im Verbund sei deshalb für ihn zumutbar.

Die hiergegen gerichtete außerordentliche Beschwerde verwarf das Oberlandesgericht Celle mit Beschluss vom 11. Januar 2002. Gegen die durch Beschluss des Amtsgerichts ausgesprochene Ablehnung einer Vorwegentscheidung über die Ehescheidung sei keine Beschwerde zulässig. Das Aufrechterhalten des Ehescheidungsverbundes könne nicht mit einer Aussetzung gemäß § 148 ZPO gleichgesetzt werden. Selbst wenn man den angegriffenen Beschluss für anfechtbar halte, fehle es an der Voraussetzung einer unzumutbaren Härte, weil der Beschwerdeführer erst im Mai 2001 die Frage des Zugewinnausgleichs in das Verbundverfahren eingestellt habe.

Mit der hiergegen gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer unter anderem eine Verletzung seines Rechts auf Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes. Die Grundrechte des Beschwerdeführers erforderten die Zurverfügungstellung eines ordentlichen Rechtsmittels gegen die erstinstanzlich versagte Vorabentscheidung. Allein der angeführte Gesichtspunkt der Mitverursachung der Verfahrensdauer durch den Beschwerdeführer dürfe ohne umfassende Abwägung der einschlägigen Umstände und Interessen eine Ablehnung der Vorabentscheidung nicht rechtfertigen.

Nach dem zwischenzeitlich am 8. Juli 2003 ergangenen Scheidungsurteil, das hinsichtlich des Scheidungsausspruches in Rechtskraft erwuchs, hat der Beschwerdeführer seine Verfassungsbeschwerde nicht für erledigt erklärt. Er hat hierzu die Auffassung vertreten, seine Verfassungsbeschwerde habe grundsätzliche Bedeutung, weil die mit ihr angegriffenen Entscheidungen angesichts seines hohen Alters intensiv in seine Wiederverheiratungsfreiheit eingreifen würden. Angesichts dessen bestehe auch sein Rechtsschutzbedürfnis fort.

II.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie weder grundsätzliche Bedeutung hat noch zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (vgl. § 93 a Abs. 2 BVerfGG). Das für die Annahme seiner Verfassungsbeschwerde erforderliche Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers ist entfallen, nachdem das Amtsgericht mit Urteil vom 8. Juli 2003 über den Scheidungsantrag des Beschwerdeführers rechtskräftig entschieden hat.

1. Ungeachtet der Zulässigkeitsfrage, ob der Beschwerdeführer mit einer Verfassungsbeschwerde gegen die Zurückweisung einer Vorabentscheidung eine überlange Verfahrensdauer überhaupt rügen kann, hat die Verfassungsbeschwerde keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. § 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die vom Beschwerdeführer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen zur überlangen Verfahrensdauer sind vom Bundesverfassungsgericht bereits beantwortet worden (vgl. BVerfGE 60, 253 <269>; 88, 118 <124>).

2. Der Beschwerdeführer vertritt zwar in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 2. Oktober 2003 zu seinem Verfassungsbeschwerdevortrag die Auffassung, seine Verfassungsbeschwerde habe gleichwohl grundsätzliche Bedeutung, weil die verfassungsrechtliche Frage ungeklärt sei, ob und inwieweit Art. 6 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG die Wiederverheiratungsfreiheit des Beschwerdeführers schützten.

Insoweit hat der Beschwerdeführer jedoch kein Rechtsschutzbedürfnis. Ausweislich seiner Verfassungsbeschwerdebegründung hat der Beschwerdeführer die Vorabentscheidung beantragt, um gegenüber dem Scheidungsverbundverfahren eine beschleunigte Entscheidung über seinen Scheidungsantrag zu erlangen. Zwar trifft es grundsätzlich zu, dass die Vorabentscheidung über einen Scheidungsantrag nach § 628 Satz 1 Nr. 4 ZPO geeignet ist, den Scheidungsausspruch beschleunigt herbeizuführen. Nach § 628 Satz 1 Nr. 4 ZPO ist aber Voraussetzung für eine Vorabentscheidung des Scheidungsausspruches, dass die gleichzeitige Entscheidung über die Folgesache den Scheidungsausspruch so außergewöhnlich verzögern würde, dass der Aufschub auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Folgesache eine unzumutbare Härte darstellen würde. Bereits das Oberlandesgericht hat jedoch in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer erst nach mehr als dreijähriger Verfahrensdauer mit Schriftsatz vom 5. April 2001 selbst den Zugewinnausgleich in das Verbundverfahren gestellt und damit einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet hat, das Verfahren noch weiter zu verlängern. Sachliche Gründe für dieses Verhalten gehen aus der Verfassungsbeschwerdebegründung nicht hervor. Es ist widersprüchlich, wenn der Beschwerdeführer einerseits nach geraumer Verfahrensdauer zur Verfahrensverlängerung beiträgt, andererseits mit seinem Antrag auf Vorabentscheidung die Beschleunigung des Scheidungsausspruches beantragt. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers war das Amtsgericht angesichts dessen auch nicht gehalten, die Folgesache zum Zugewinnausgleich sogleich abzutrennen, zumal der Beschwerdeführer dies mit seinem Schriftsatz vom 5. April 2001 nicht beantragt hat.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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